Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.7.14

BGH bestätigt, dass Provider IP-Adressen sieben Tage lang speichern dürfen

Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung, wonach Internetserviceprovider die dynamischen IP-Adressen ihrer Kunden für die Dauer von sieben Tagen speichern dürfen, mit Urteil vom 03.07.2014 (Az.: III ZR 391/13) bestätigt.

Der BGH geht davon aus, dass die Datenerhebung und -verwendung geeignet, erforderlich und im engeren Sinne verhältnismäßig ist, um Gefahren für die Funktionsfähigkeit des Telekommunikationsbetriebs des Providers entgegenzuwirken. Unter Berufung auf einen vom Berufungsgericht beauftragten Sachverständigen geht der BGH davon aus, dass es nach dem derzeitigen Stand der Technik keine anderen Möglichkeiten gebe, um Störungen der Telekommunikationsanlagen zu erkennen, einzugrenzen und notfalls zu beseitigen. Deshalb sei eine siebentägige Speicherung von § 100 Abs. 1 TKG gedeckt.

Auch die aktuelle Rechtsprechung des EuGH zur Vorratsdatenspeicherung kann daran nach Ansicht des BGH nichts ändern, weil diese Speicherung nicht für die Zwecke der Strafverfolgungsbehörden, sondern im Interesse des Netzbetreibers erfolgt und ein Zugriff von Polizei oder Staatsanwaltschaft auf die gespeicherten Daten in dieser Rechtsgrundlage (§ 100 Abs. 1 TKG) nicht vorgesehen sei.

Das ändert freilich nichts daran, dass die so gespeicherten Daten natürlich dann auf Grundlage der StPO dennoch von Strafverfolgungsbehörden angefordert werden können.

posted by Stadler at 16:27  

4 Comments

  1. *seufz*

    Comment by Arne Babenhauserheide — 24.07, 2014 @ 16:39

  2. Ich finde gerade die sieben Tage lustig.
    Hat jemals jemand diese Dauer angezweifelt, die zufälligerweise genau eine Woche darstellt?
    Würden nicht vielleicht auch fünf Tage genügen? Oder könnte man das nicht noch genauer spezifizieren, z. B. in Stunden oder Minuten?
    Wenn die Speicherung wirklich eine zwingende technische Notwendigkeit ist, muss es doch einen konkreten Wert geben.

    Comment by Stefan — 24.07, 2014 @ 17:22

  3. @Stefan (#2):
    Sehr richtig. Gute und auch absolut berechtigte Frage.

    Ergänzend dazu möchte ich gerne 2 Fragen anschließen. Wenn ich das nämlich richtig lese, geht es hier ja im Wesentlichen um § 96 Abs. 1 Satz 2 i.V. m. § 100 Abs. 1 TKG

    1. Wie genau ist „soweit erforderlich“ eigentlich definiert?
    § 100 Abs. 1 TKG sagt ja folgendes:
    (1) Soweit erforderlich, darf der Diensteanbieter zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen oder Fehlern an Telekommunikationsanlagen die Bestandsdaten und Verkehrsdaten der Teilnehmer und Nutzer erheben und verwenden.
    „Soweit erforderlich“ ist in meinem persönlichen Sprachgebrauch zum Beispiel ungleich „immer“! Sonst würde da ja ein „stets“ oder so in der Art stehen… „Soweit erforderlich“ ist für mich jedenfalls eine einschränkende Formulierung, die Ausnahmen zulässt aber keineswegs eine Regel darstellt.

    2. Hat der BGH etwa (mal wieder) die erforderliche Zweckbindung vergessen?

    Einher mit Frage 1 geht für mich persönlich nämlich die Frage nach der Zweckbindung, die auch klipp und und klar im Gesetz verankert ist. Und zwar heißt es im § 96 Abs. 1 wie folgt:
    Diese Verkehrsdaten dürfen nur verwendet werden, soweit dies für die in Satz 1 genannten oder durch andere gesetzliche Vorschriften begründeten Zwecke oder zum Aufbau weiterer Verbindungen erforderlich ist.

    D.h., der ISP darf also im Grunde nur „soweit erforderlich“ und nur zum hier angesprochenen Zweck (Behebung technischer Störungen) diese Daten speichern. Ein Zeitraum wäre dabei selbstverständlich auch noch zu definieren (Vgl. Beitrag #2).

    Denn:

    Das ändert freilich nichts daran, dass die so gespeicherten Daten natürlich dann auf Grundlage der StPO dennoch von Strafverfolgungsbehörden angefordert werden können.

    Inwiefern wird denn eigentlich sichergestellt daß die Zweckbindung und das Erforderlichsein auch tatsächlich in der Praxis eingehalten/berücksichtigt wird.*

    Mir ist dabei durchaus bewusst daß das technisch für die ISPs nicht gerade einfach ist zu bewerkstelligen. Denn eine Störung tritt schließlich seltenst vorab auf – das ist mir schon klar. Das ist aber nun mal nicht mein/unser Problem denn das Gesetz ist diesbzgl. in meinen Augen eindeutig genug. Das hat uns zu interessieren und nicht irgendwelche technischen Belange privater Wirtschaftsunternehmen.

    Mir kann zum Beispiel niemand ernsthaft glaubhaft machen, daß all die zig 100 Tausenden Opfern von Abmahnanwälten allesamt irgendwelche technischen Störungen verursacht haben bzw. deren Daten benötigt wurden diese zu beheben/analysieren/etc.. Im Leben nicht.

    ! Im Umkehrschluss bedeutet das für mich, daß immer gespeichert wird (unabhängig von oben genannten Bedingungen) und wir deshalb
    über eine Form der Vorratsdatenspeicherung reden, bei der für einen Zeitraum X (1 Woche heisst es. Wer garantiert das? Wie wird das kontrolliert?) zumindest die in diesem Zeitraum angefallenen Verkehrsdaten (i.d.R. IP plus Uhrzeit) mit den dazugehörigen Bestandsdaten des Anschlußinhabers verheiratet werden können. Ob eine technische Störung vorlag oder nicht.

    * Eine Zweckbindung respektive ein „Erforderlichsein“ ist damit reinste makulatur und das Gesetz wird de facto nicht eingehalten!
    Auch der BGH versäumt es diesbzgl. nachzuhaken. Er hat das Thema zwar aufgegriffen und extra betont, daß das Urteil des EuGH hierbei wegen der Zweckbindung nicht greift, übersieht aber daß diese Zweckbindung in der Praxis nicht so einfach ist umzusetzen.

    Persönliches Fazit:
    Bleibt zu hoffen, daß das vor’m Bundesverfassungsgericht landen wird!
    Wichtig genug ist das Thema definitiv und von besonders öffentlichem Interesse ist es erst Recht. Dann würde -nebenbei bemerkt- dieser unsägliche sowie verfassungswidrige Abmahnparagraph (§ 101 UrhG) in Einem endlich mitfallen…

    In diesem Sinne, Baxter

    Comment by Baxter — 24.07, 2014 @ 22:56

  4. @Baxter

    gut auf den Punkt gebracht. Ihre Anmerkung stimmt überein mit meinem Beitrag von vor drei Jahren http://blog.delegibus.com/914 anläßlich der ersten Revisionsentscheidung in diesem Fall. Die jetzige Urteilsbegründung läßt darauf schließen, daß von Klägerseite offenbar leider versäumt worden ist, den BGH an die verfassungsrechtliche Dimension des Falls heranzuführen.

    Comment by Oliver García — 25.07, 2014 @ 22:14

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