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Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

26.3.14

BVerfG: Hausdurchsuchung setzt Verdacht einer Straftat voraus, der auf konkreten Tatsachen beruht

Das Bundesverfassungsgericht hat zum wiederholten Male entschieden, dass die Durchsuchung einer Wohnung den Verdacht einer Straftat voraussetzt, der auf konkreten Tatsachen beruhen muss (Beschluss v. 13.03.2014, Az.: 2 BvR 974/12).

In dem Beschluss heißt es hierzu:

Erforderlich zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung zum Zwecke der Strafverfolgung ist daher der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde.

Dieser Verdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus (vgl. BVerfGE 44, 353 <371 f.>; 115, 166 <197 f.>). Eine Durchsuchung darf nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind; denn sie setzen einen Verdacht bereits voraus (vgl. BVerfGK 8, 332 <336>; 11, 88 <92>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 – 2 BvR 15/11 -, juris, Rn. 14). Notwendig ist, dass ein auf konkrete Tatsachen gestütztes, dem Beschwerdeführer angelastetes Verhalten geschildert wird, das den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 – 2 BvR 1774/10 -, juris, Rn. 25). Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 59, 95 <97>).

Die Praxis missachtet diese Vorgaben leider häufig bzw. überdehnt sie in einer kaum mehr vertretbaren Art und Weise, wie beispielsweise der Fall Edathy zeigt. Dass dort ein auf konkrete Tatsachen gestütztes Verhalten des Beschuldigten vorliegt, das den Tatbestand einer Straftat erfüllt, vermag ich nach wie vor nicht zu erkennen.

posted by Stadler at 15:53  

9 Comments

  1. Und nicht jeder hat gerade eine Staatsanwältin zu Besuch, wie in diesem Sketch:
    https://www.youtube.com/watch?v=7deksUdChxQ

    Comment by Thomas — 26.03, 2014 @ 17:34

  2. Frage???
    Wozu gibt es dann die Normierung der Gefahr im Verzug?

    Comment by Anonymous — 26.03, 2014 @ 17:44

  3. Nachdem ich diese Blog jetzt schon eine ganze Weile lese, hier einmal ein: Danke! Es ist selbst für einen Laien, wie mich, gut verständilch und interessant zu lesen!

    Comment by Jeremi — 26.03, 2014 @ 19:43

  4. Und was hat man davon das man sich bis zum BverfG gegen die Hausdurchsung wehrt?
    Die beantragenden und ausstellenden Stellen werden sich auch weiterhin die Bohne darum scheren.
    Meines Wissens werden doch die durch die unrechtmäßige Durchsuchung gefunden Beweise doch trotzden verwertet.

    Comment by Thomas — 27.03, 2014 @ 02:46

  5. #4
    Ja, das werden die in der Regel, nur in einigen Ausnahmefällen wird das durch Ermittlungsrichter verhindert.

    Comment by Heinz — 27.03, 2014 @ 05:50

  6. Rechtspositionen sind wichtig, können bisherige Praktiken zurückdrängen und insgesamt ein Umdenken bewirken. Nichts für XOR.

    Comment by Franz Krojer — 27.03, 2014 @ 06:56

  7. Das problem ist einfach: Polizei, Staatsanwälte und Richter am AG oder LG interessieren sich idR einen Dreck für diese BVerfG Urteile, weil dieses BVerfG Urteil ja quasi Ermittlungen „behindert“. Das Rechtsverständnis mancher Personen in der dt. Justiz kann man manchmal mit gesundem Menschenverstand kaum erklären.

    Comment by maSu — 27.03, 2014 @ 10:07

  8. @Thomas:

    Die beantragenden und ausstellenden Stellen werden sich auch weiterhin die Bohne darum scheren.

    So ist es, bzw. wird’s bleiben. Diese Demokratie- und Rechtstaatsimulation zeichnet(e) sich immer schon dadurch aus, dass korrupte Winkeladvokaten, notorische Rechtbeuger bei Staatsanwaltschaft & Gericht und freidrehendes Prügelbullenpersonal bar jeder Konsequenz, persönlicher Verantwortung und Sachkompetenz schalten und walten, wie es deren Korpsgeistführer in die überwiegend reaktionären Hohlkörper auf ihren Hälsen einflössten.

    Wohldokumetierte „Einzelfälle“ diesbezüglich sind mittlerweile Legion.

    Comment by Fun fact — 31.03, 2014 @ 01:31

  9. Diese Rechtsprechung – tatsachengestützter Tatverdacht – ist jetzt gerade im Fall Edathy durchbrochen worden: Es scheint in unbestimmter Anfangsverdacht unterer Instanzen zu reichen, die zuvor weder vom BKA noch von der StA geteilt worden waren. Ist das der neue „rechtsstaatliche“ Weg ? – Auch die Rechtswegerschöpfung wird nicht weiter hinterfragt: Der BT-Präsident hatte zunächst ein falsches Datum verbreitet, sich dann aber korrigieren müssen (10.2.14), so dass die Immunität noch gegeben war.

    Comment by borselli — 31.08, 2014 @ 12:37

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