Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.1.14

Unzulässige Werbung für Computerspiel gegenüber Kindern

Für das Onlinespiel „Runes of Magic“ wurde mit folgender Aussage geworben:

Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse „Etwas“.

Der BGH hat mit Urteil vom 17.07.2013 (Az.: I ZR 34/12 – Gameforge) entschieden, dass es sich hierbei um eine in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder handelt, selbst die beworbene Ware zu erwerben, die stets unzulässig und damit wettbewerbswidrig ist (Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG).

Die Werbung richte sich, so der BGH, nach der Art ihrer Formulierung ganz allgemein an minderjährige Spieler. Es sollen ganz gezielt Minderjährige und damit auch Minderjährige unter 14 Jahren angesprochen werden. Diese Schlussfolgerung macht der BGH an einer durchgängigen Verwendung der direkten Ansprache in der zweiten Person Singular und überwiegend kindertypischen Begrifflichkeiten einschließlich gebräuchlichen Anglizismen fest.

Diese Auslegung muss man allein in sprachlicher Hinsicht als gewagt bezeichnen. Die Verwendung von Anglizismen in der Werbung deutet heutzutage noch nicht einmal mehr auf eine jugendtypische Werbung hin. Welche kindertypischen Begrifflichkeiten die beanstandete Aussage enthalten soll, ist weder ohne weiteres ersichtlich, noch wird dies vom BGH näher erläutert. Die Verwendung von Umgangssprache ist werbetypisch. Speziell im Spielebereich deutet auch die Verwendung der 2.Person nicht zwingend darauf hin, dass primär Jugendliche angesprochen werden sollen. An dieser entscheidenden Stelle glänzt die BGH-Entscheidung leider durch die Abwesenheit einer Begründung.

Der BGH erörtert anschließend noch die Frage, ob es sich um einen unmittelbaren Kaufappell handelt, was er ebenfalls bejaht.

posted by Stadler at 21:31  

11 Comments

  1. Und der Anglizismus ist bestenfalls grammatischer Art.

    Comment by Ein Mensch — 4.01, 2014 @ 22:48

  2. Ich würde sogar behaupten, dass kein Kind die Redewendung „das gewisse ‚Etwas'“ verwenden würde, nicht einmal Jugendliche. Das klingt vielmehr äußerst altbacken.

    Comment by Lutz — 5.01, 2014 @ 00:20

  3. Also ich würde ja verstehen, wenn man dieses Pay2win-Drecksgame abscalten wollen würde. Aber dieses Urteil macht gar keinen Sinn. Dem Wortlaut nach wird mMn keine Altersgruppe speziell angesprochen. Halte das Urteil für quatsch. Dann kann man demnächst jeden Werbespruch verbieten.

    Ich denke auch, dass es sich das Gericht hier zu leicht macht und von der vermeintlichen Zielgruppe des Spiels direkt auf die angesprochene Altersgruppe schließt. Nach der Logik wäre aber so gut wieder Werbeslogan dann an Kinder gerichtet.

    Ich hoffe dagegen kann noch ein Rechtsmittel eingelegt werden…

    Comment by maSu — 5.01, 2014 @ 07:18

  4. Richter, die die Lebenswirklichkeit nicht kennen. Erschreckend!

    Comment by J. S. — 5.01, 2014 @ 12:53

  5. Warum sollte es hier hinsichtlich der Lebenswirklichkeit anders sein, als bei Streaming vs. P2P und anderen Sacheverhalten aus dem „Neuland“.

    Comment by Christian — 5.01, 2014 @ 13:19

  6. 2. Person is richtig, einen Vertrag macht man mit seinem Gegenueber, also der 2. Person.

    Ich, du, er, sie, es… ich (1. Person) mache den Vertrag mit dir (2. Person), und er, sie und es 3. Personen bekommen keine Spielartikel, wir wollen ja keinen Vertrag zu lasten dritter. Moeglicherweise wird das hier mit der Höflichkeitsform verwechselt, diese is ne besonderheit der deutschen Sprache und in der gesamten IT eher selten anzutreffen. Im Rollenspielkontext nie gesehen. (Ausser man spielt den Bösen)

    Versuchen wir mal experimentell die 2. person aus dem Satz zu nehmen, dann geht die Gegenleistung unseres angebotenen Kaufvertrags an uns selbst, oder einer unbeteiligten 3. Person.

    Das wort „schnapp“ wurd im Kontext etwas günstig zu erwerben im Zeitalter der Schnäppchenmärkte verbreitet. Durch das lied „schni, schna, schnappi“ erlangte es (in einer anderen Bedeutung) 2004 eine kurze Verbreitung in der Kindersprache, die Kinder von damals die schon im Alter waren es bewusst zu verarbeiten werden heute über 14 jahre alt sein.

    Einen Anglizismus erkenne ich nicht, im Urteilstext (lediglich überflogen) findet sich das Wort „Pimp“, dieses richtet sich gewöhnlich nicht an Kinderthemen, war in der Jugendsprache verbreitet, die Jugendlichen dieser zeit sollten mittlerweile nichtmehr als Minderjährig gelten.

    Muss man einem Urteil auch folgen wenn der Inhalt offensichtlicher Bullshit ist?

    Comment by Alarm — 5.01, 2014 @ 15:11

  7. Ich weiß nicht so recht, ob mein Kommentar zum Thema passt. Ich probiers mal, und berichte über eine Werbung, die mir vor einem Jahr oder so bei S-Bahn-Haltestellen in München aufgefallen ist.

    Da gings um Glücksspiel, wo ganz groß und dick mit Leuchtschrift auf den Plakaten sinngemäß hervorgehoben war: „Unter 18 Jahren strengstens verboten!“

    Wenn ich so meine Jugend vergleiche (ich habe z.B. als 15-Jähriger die beneidet, die schon in Filme ab 16 oder 18 gehen durften): so hätte ich dieses „Glücksspielverbot“ geradezu als Aufforderung für 14- bis 18-Jährige verstanden, es doch irgendwie zu versuchen (mit falschen Accounts oder so), da mitpokern zu dürfen.

    Formaljuristisch wird man wenig gegen solche Verbotsschilder ausrichten können, man hat ja sogar in aller Deutlichkeit das Verbot ausgesprochen. Ich will auch überhaupt nicht moralisieren, mich stört nur diese Doppelmoral, die einerseits strengste moralischen Prinzipien posaunt, nur um damit dann eher Ahnungslose oder Minderjährige umso besser anlocken zu können. Dann doch lieber gar keine Moral (und die Justiz soll sich erst recht nicht lächerlich machen).

    Comment by Franz Krojer — 5.01, 2014 @ 22:39

  8. Noch was zum vorherigen Kommentar: ich vermute, dass der Sinn derartiger Werbung gar nicht darin besteht, direkt 14- bis 17-Jährige zum Glücksspiel zu verleiten, denn das wäre ja wirklich sehr sehr angreifbar, sondern vielmehr darin, den geplanten Anreiz zu schaffen, dass ein 18-Jahre alt gewordener nun endlich sagen kann: jetzt aber darf ich endlich das, was bisher „strengstens verboten“ war. Juristisch ist das, vermute ich, noch viel weniger angreifbar.

    Comment by Franz Krojer — 5.01, 2014 @ 23:30

  9. Wäre das Urteil anders gewesen, wenn die Werbung in der Mehrzahl (ihr, euch, eure) formuliert gewesen wäre? Das klingt sogar etwas ritterlicher und fantasievoller.

    Andere Spiele dieser Art scheinen ausschließlich diese Form zu verwenden, z.B. „World of Warcraft“ (ab 15 Jahren) oder „RuneScape“ (ab 13 Jahren). Die empfohlene Mindestalter für „Runes of Magic“ ist übrigens 14 Jahre, auch wenn das Spiel eine Altersfreigabe von USK12 hat.

    Comment by Dreizack — 6.01, 2014 @ 00:21

  10. Mehrzahl klingt nach Betrug. Die Leistung geht an nur eine Person.

    Zumindest wie ich es verstanden habe is das Spiel ansich frei zu spielen, das heisst die Leistung die man in der mehrzahl geniessen kann ist frei. Zahlen tut man in diesem fall um seine Ausrüstung zu beschaffen oder aufzuwerten. Daran hat in der regel nur einer intresse.

    Man kann sich über die moralische verwerflichkeit von „pay-to-win“ im allgemeinen unterhalten. Die Spiele stellen einem Erfolgsgefühle in aussicht die man bekommt wenn man genug Geld zahlt. Vergleichbar dem Suchtdesign bei Drogen. Ok, demnach muessten auch gewisse Autos verboten werden. Mit einem Auto uebt man jedoch nicht den selben sozialen Druck aus wie mit einem bevorstehenden vermeintlichen Versagen in einem Spiel.

    Beispiel: deine Kinder spielen ein Spiel, und haben einen reichen Freund, bzw einen mit reichen Eltern, bzw die Schublade mit der Haushaltskasse war nich abgeschlossen. Deine Kinder sind signifikant von einer sozialen demütigung bedroht, aus einem gewissen sozialen Zwang mitspielen zu wollen bzw müssen, und zu Verlieren, wissend oder unwissend das es am Geldbeutel liegt, selbst wenn man aus moralischen empfinden dieses Spiel nun nicht spielt, trifft es eure Kinder als vermeindliche Verursacher. Die finanzielle Stellung in der Gesellschaft färbt direkt auf die soziale Stellung ab. Ausgrenzung ist die Folge. Dies ist nicht die Lektion die man seinen Kindern auf den weg geben möchte. Jedoch oft wirksamer als jede Moralpredigt.

    Deine Kinder werden die linke wählen, ihre vermeindlichen Freunde die FDP!

    Comment by Alarm — 6.01, 2014 @ 11:50

  11. Das Urteil klingt direkt so, als ob MediaMarkt und Saturn demnächst _sehr_ vorsichtig sein sollten, was ihre Werbesprüche angeht.

    Comment by Der dicke Hecht — 7.01, 2014 @ 15:54

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