Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.11.13

Vertragsklausel die Verkaufsverbot für eBay und Amazon enthält, ist kartellrechtswidrig

Eine Vertragsklausel eines Herstellers von Kameras, die Händler dazu verpflichtet, die Ware nicht über Online-Marktplätze wie eBay oder Amazon Marketplace anzubieten, ist nach einem neuen Urteil des Landgerichts Kiel (Urteil vom 08.11.2013, Az.: 14 O 44/13.Kart) kartellrechtswidrig. Die Klausel verstößt nach Ansicht des Gerichts gegen Art. 101 AEUV und § 1 GWB, da sie eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung enthält.

Das Gericht stellt insoweit allerdings klar, dass für selektive Vertriebssysteme eine Beschränkung des erreichbaren Kundenkreises aus Gesichtspunkten der Qualitätssicherung und der Gewährleistung des richtigen Gebrauchs möglich ist. Das Landgericht geht im konkreten Fall allerdings davon aus, dass ein selektives Vertriebssystem nicht vorliegt, weil der Hersteller seine Kameras auch direkt an Großkunden sowie an den Großhandel veräußert, der sie wiederum auch an nicht autorisierte Händler weitergibt, ohne dass dabei den Abnehmern bestimmte Qualitätsanforderungen auferlegt werden.

Wer den Verkauf seiner Produkte über eBay & Co. verhindern will, muss sich also für ein echtes selektives Vertriebssystem entscheiden und kann nicht bloß einzelnen Händlern verbieten, über Onlinemarktplätze zu verkaufen.

posted by Stadler at 11:38  

4 Comments

  1. Hallo! Was kennzeichnet aus juristischer Sicht ein „selektives Vertriebssystem“? Gibt es dazu Beispiele / Entscheidungen?

    Comment by Andreas G. — 19.11, 2013 @ 12:22

  2. @Andreas G.
    Guck Dir das Vertriebskonzept von Stihl an.
    Der Vertrieb erfolgt über eine Vertriebs GmbH direkt an die lokalen Händler, die auch nur im örtlichen Einzugsbereich selber ausliefern dürfen.

    Sabbatti

    Comment by Harry Sabbatti — 19.11, 2013 @ 14:18

  3. Danke für das Beispiel! Ohne es hier vertiefen zu wollen, stellt sich das oben genannte PRoblem für sehr viele Branchen. Sofern STIHL ausschließlich über Fachhändler verkaufen und auf Onlineangebote verzichten kann, so ist das für diese Firma sicherlich ein guter Weg. Letztlich gibt es aber sehr viele Branchen mit dem druck, online auch die Produkte anbieten zu müssen. Wie organisiert man sich dort? Ähnliches Urteil ist ja wohl auch erst kürzlich (mit Schadensersatz) zu Gunsten eines Online-Großhändlers (Sanitärprodukte) gefallen.

    Comment by Andreas G. — 19.11, 2013 @ 14:57

  4. @Andreas G.

    Weitere Urteile und Informationen:

    Kammergericht: Hersteller von Schulranzen darf Einzelhändler nicht untersagen, die gelieferte Ware auch über Internetplattformen zu vertreiben

    Kammergericht, Urteil vom 19.09.2013, 2 U 8/09 Kart

    http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/kg/presse/archiv/20130919.1425.389498.html

    http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/kammergericht/presse/2_u_8_09_kart_kammergericht_urteil_vom_19.9.2013_anonymisiert.pdf?start&ts=1381146926&file=2_u_8_09_kart_kammergericht_urteil_vom_19.9.2013_anonymisiert.pdf

    OLG Karlsruhe, Urteil v. 25.11.2009 – 6 U 47/08 Kart

    1. Selektive Vertriebssysteme, bei denen die Auswahl der zugelassenen Wiederverkäufer nicht an quantitative Beschränkungen, sondern an objektive Gesichtspunkte qualitativer Art anknüpft, sind als ein mit Art. 81 Abs. 1 EGV vereinbarer Bestandteil des Wettbewerbs und damit nicht als Wettbewerbsbeschränkung anzusehen, sofern sich die Kriterien für die Aus-wahl der Wiederverkäufer nach den Anforderungen des betreffenden Produkts richten und auf die fachliche Eignung des Wiederverkäufers und seines Personals und auf seine sach-liche Ausstattung bezogen sind; sie müssen ferner einheitlich und diskriminierungsfrei angewandt werden (vgl. EuGH Slg. 1977, 1875 – Metro/SABA I). Das gilt auch nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 vom 22. Dezember 1999 (Vertikal-GVO).

    2. Die Anwendung der genannten Grundsätze ist nicht auf den Vertrieb von Luxuswaren beschränkt, die eine „Aura des Exklusiven“ für sich beanspruchen. Sie gelten z.B. auch dann, wenn ein Hersteller von Markenartikeln (hier: Schulranzen und Schulrucksäcke) diese unter Anknüpfung an objektive Produkteigenschaften als hochpreisige Spitzenprodukte positioniert und deshalb Anforderungen an die Wiederverkäufer stellt, die auf eine angemessene Präsentation der Sortimentstiefe, eine fachkundige Beratung und eine Pflege des Markenimage zielen.

    3. In einem solchen Fall können auch an den Vertrieb der Markenartikel über das Internet Anforderungen gestellt werden, die den genannten Zielen dienen; auch diese stellen dann keine Wettbewerbsbeschränkung dar. Wenn die Auswahlkriterien in diesem Zusammenhang einen Vertrieb über Auktionsplattformen wie ebay ausschließen, handelt es sich bei diesem Ausschluss ebenfalls um ein objektives, an die Art und Weise des Vertriebs anknüpfendes Auswahlkriterium.

    4. Macht ein Hersteller von Markenartikeln, der ein solches qualitativ-selektives Vertriebssystem eingerichtet hat, die Belieferung eines Wiederverkäufers von der Einhaltung eines Auswahlkriteriums abhängig, welches den Vertrieb über Internet-Auktionsplattformen generell ausschließt – unabhängig davon, welche der verschiedenen, von der Auktionsplattform angebotenen Vertriebsformen gewählt wird -, so hat die auf Unterlassung dieses Verhaltens gerichtete Klage schon dann keinen Erfolg, wenn dem Markenhersteller bei der gebotenen umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen die konkrete, vom Wiederverkäufer gewählte Vertriebsform (hier: Einzelverkauf ohne übergeordnete Präsentationsstruktur) nicht zuzumuten ist.

    http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=12213

    OLG München, Urteil v. 02.07.2009 – U (K) 4842/08

    Untersagt ein Unternehmen seinen Händlerkunden den Weitervertrieb seiner Waren über Internet-Auktionsplattformen, so liegt darin keine Beschränkung des Kundenkreises i. S. d. Art. 4 lit. b) der Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung (EG) Nr. 2790/1999.

    http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?doc.id=KORE409182009&st=ent&showdoccase=1&paramfromHL=true

    MITTEILUNGEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION
    EUROPÄISCHE KOMMISSION
    Leitlinien für vertikale Beschränkungen (Text von Bedeutung für den EWR) vom 19.05.2010,(2010/C 130/01)

    http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2010:130:0001:0046:DE:PDF

    Comment by RA Michael Seidlitz — 19.11, 2013 @ 19:30

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