Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.9.13

Landgericht Berlin untersagt Jungen Piraten Äußerungen über die AfD

Das Landgericht Berlin hat dem Verein „Junge Piraten e.V. mit Beschluss vom 17. September 2013 (Az.: 27 O 576/13) eine Reihe von Äußerungen über die Partei Alternative für Deutschland (AfD) untersagt. Der Unterlassungstenor ist freundlicherweise in der Pressemitteilung des Landgerichts im Wortlaut wiedergegeben. Die Kostenentscheidung zeigt allerdings, dass die AfD noch wesentlich mehr Aussagen untersagen wollte und mit 3/4 ihrer Einzelanträge erfolglos geblieben ist.

Grundsätzlich halte ich den zunehmenden Trend, Wahlkampfaussagen über politische Gegner mit juristischen Mitteln zu bekämpfen, für verfehlt. Das Landgericht Berlin ist mit seiner einstweiligen Verfügung vor dem erkennbaren Wahlkampfhintergrund über das Ziel hinaus geschossen. Im politischen Meinungskampf ist jedenfalls deutlich mehr erlaubt, als in anderen Auseinandersetzungen. Die Frage wird also sein, ob sich nicht Wahlkampfaussagen der AfD bzw. prominenter Mitglieder finden lassen, die die von den Jungen Piraten gezogenen Schlussfolgerungen legitim erscheinen lassen. Das wird wiederum im Rahmen eines evtl. Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung aber erst deutlich nach der Bundestagswahl geklärt werden. Über homophobe und demokratiefeindliche Tendenzen innerhalb der AfD haben die Medien jedenfalls schon häufiger berichtet. Etwas ausführlicher dargestellt wird das beispielsweise in einem Beitrag bei Publikation.org und in einem Blogbeitrag von Andreas Kemper. Die Thesen der Jungen Piraten mögen sich zwar nicht in Wahlprogrammen der AfD finden, sie sind aber andererseits auch nicht frei erfunden und deshalb als Zuspitzung im Wahlkampf erlaubt.

posted by Stadler at 21:07  

15 Comments

  1. Wenn hier das Thema nicht aufgepeppt würde, hätte niemand jemals gewußt, wer oder was AfD ist.

    So sollte es auch bleiben.

    Derlei Schrott hat sich Sonntag erledigt.

    Sonst noch was? Vor lauter Langeweile habe ich meine Zigarette im Aschenbecher vergessen und mir eine neue Fluppe angesteckt. Jetzt muß ich zweigleisig rauchen.

    Comment by Marlies — 19.09, 2013 @ 21:21

  2. selten blöde Aktion seitens der JuPi, zumal mit dem Ableger der Kriegs-/Agenda2010-Partei.
    und wäherdessen lacht sich die NPD ins Fäustchen.

    Comment by kand.in.sky — 19.09, 2013 @ 22:33

  3. kand.in.sky: Du meinst: AfD, Piraten und NPD haben die gleiche Zielgruppe?

    Comment by Torsten — 19.09, 2013 @ 23:36

  4. „Im politischen Meinungskampf ist jedenfalls deutlich mehr erlaubt, als in anderen Auseinandersetzungen.“

    Wieso?

    Comment by Andreas — 20.09, 2013 @ 00:20

  5. dass sich gerichte mit wahlkampfaussagen befassen (und darüber urteilen) ist schon kurios.

    dem politischen gegner reflexhaft „demokratiefeindliche Tendenzen“ zu unterstellen, zeugt aber auch nicht gerade von lupenreiner demokratischer gesinnung.

    im übrigen könnte man fragen, ob die forderung nach einem wahlrecht nur für steuerrzahler und die nach einem bedingungslosen grundeinkommen, nicht die extremen pole des gleichen spektrums sind.

    Comment by golda meir — 20.09, 2013 @ 06:48

  6. @Andreas: Weil die öffenliche Kritik im politischen Meinungskampf in einem demokratischen Staat einen besonderen Stellenwert genießt. Eine Entscheidung des BVerfG die das deutlich macht: http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv042163.html

    Comment by Stadler — 20.09, 2013 @ 10:23

  7. Mal eben kluggeschissen: das Blog heißt Publikative, nicht Publikation.

    Comment by Robert — 20.09, 2013 @ 10:50

  8. Interessant wäre zu wissen welche Kanzleien, welche Richter beteiligt waren, bei dieser Posse.

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 20.09, 2013 @ 11:37

  9. Ich kann die Einstweilige Verfügung nicht wirklich kommentieren. Stadler kann das weit besser.

    Aber die Pressemitteilung finde ich klasse. Da sind die Behauptungen zur Prüfung für Jedermann aufgelistet. So soll es sein.

    Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

    Comment by Joachim — 20.09, 2013 @ 16:18

  10. Andreas Kemper, alias Schwarze Feder bei Wikipedia, ist ein ‚man on a mission‘ und wirklich sehr seriös. rofl

    Comment by Don — 20.09, 2013 @ 16:37

  11. Die AfD hat sich doch nur aufgeregt, weil man sie enttarnt hat.
    Das ist doch sowie so die Aufgabe eines jeden Bürgers vor Gefahren zu warnen. Das Rechte eine Gefahr ist, ist unumstritten. Man sieht es an der NSU Affäre und auch jetzt wieder wo ein Jugendlicher in Sachsen von Neofaschisten nieder geprügelt wurde.
    Das Walten und Schalten solch einer Partei darf nicht geschönt oder vertuscht werden!

    Comment by Lukaz — 20.09, 2013 @ 19:22

  12. @Joachim, ja ich finde auch die Pressestelle des KG Berlin hat in dieser Hinsicht vorbildlich gehandelt, vor allem in dem sie die Streitgegenständlichen Verbote nochmal aufgeführt hat! Normalerweise findet man sowas nur bei buskeismus.de:)

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 20.09, 2013 @ 22:18

  13. @golda meir:
    > dem politischen gegner reflexhaft “demokratiefeindliche Tendenzen” zu unterstellen, zeugt aber auch nicht gerade von lupenreiner demokratischer gesinnung.

    Genau deswegen lässt die Bundesregierung ja die Linke vom Verfassungsschutz untersuchen.

    Comment by Der dicke Hecht — 21.09, 2013 @ 12:09

  14. Es wäre ja viel wichtiger, dass in der Pressemitteilung auch diejenigen Behauptungen stehen, die die Piraten weiterhin verbreiten dürfen.

    Außerdem ist es lustig, dass die Pressemitteilung gerade auf diejenige Internetseite (tatsächlich wohl eine Datei) verlinkt, die den jungen Piraten untersagt wurde. Jetzt stellt sich die Frage: Reicht es zur Erfüllung der Unterlassungserklärung aus sämtliche eigene Links zu der Datei zu löschen? Oder könnte man die Datei selber zu einem Link auf die gleiche Datei unter anderer Domain umwandeln? Dann würde immernoch aber ausschließlich über die Pressemitteilung zu der eigentlich untersagten Datei kommen.

    Comment by Der dicke Hecht — 21.09, 2013 @ 12:17

  15. @ 10 Don
    Richtig!
    Sich bei Aussagen zu „Homophobie“ und „Demokratiefeindlichkeit“ (und/oder Rechts-, bzw. Nazivorwurf oder Antifeminismus) sich auf den „Experten“ A. Kemper aka Schwarze Feder, zu beziehen widerspricht jeder Seriösität!

    Comment by Hans-Peter Hammer — 21.09, 2013 @ 14:13

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.