Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

5.4.13

Weiterverkauf „gebrauchter“ digitaler Musikdateien?

Wer Musik auf einem physikalischen Tonträger wie einer CD erwirbt, kann diesen Tonträger später beliebig weiterverkaufen. Hieran schließt sich die Frage an, wie es dann mit dem Weiterverkauf digitaler Werkkopien aussieht, die jemand im Wege des (legalen) Downloads beispielsweise bei iTunes erworben hat. Kann man solche Musikstücke genauso wie eine CD weiterverkaufen oder gelten hierfür andere Regeln?

In den USA hat jetzt das United States District Court (Southern District Of New York) entschieden, dass der An-und Verkauf von gebrauchter („used“) digitaler Musik, die ursprünglich über den iTunes Store bezogen wurde, die Urheberrechte der Plattenfirma Capitol Records verletzt. Das Gericht sieht hierin, nämlich anders als beim Weiterverakuf einer CD, einen Vervielfältigungsvorgang, der eine Urheberrechtsverletzung begründet.

Das Gericht weist allerdings auch darauf hin, dass die Unterscheidung zwischen dem Weiterverkauf von CDs oder Kassetten einerseits und per Download erworbener Musik andererseits, nahezu absurd sei und es viele Gründe gebe, beides gleich zu behandeln. Dies sei aber Aufgabe des Kongresses und nicht des Gerichts.

Die Rechtslage in der EU ist nach einer Entscheidung des EuGH zum Weiterverkauf „gebrauchter“ Software jedenfalls für Computerprogramme anders zu beurteilen.  Ob diese Entscheidung allerdings auch auf andere Werkarten wie Musik zu übertragen ist, könnte fraglich sein, nachdem sich der EuGH ausdrücklich auf die Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen stützt. Ob diese Rechtsprechung auf den Weiterverkauf von MP3-Dateien übertragen werden kann, ist folglich unter Juristen umstritten. Die Infosoc-Richtlinie enthält ebenfalls eine Regelung des sog. Erschöpfungsgrundsatzes, der sich nach dem Wortlaut aber nur auf das Verbreitungsrecht und nicht auf das Vervielfältigungsrecht bezieht. Andererseits spricht die Richtlinie über Computerprogramme auch nur von einer Verbreitung einer Kopie und nicht von einer Vervielfältigung.

Es liegt deshalb nahe, die Rechtsprechung des EuGH auch auf Musikdateien zu übertragen. Der EuGH stützt sich nämlich darauf, dass die Berufung auf das Vervielfältigungsrecht es dem Urheberrechtsinhaber ermöglichen würde, die tatsächliche Nutzung einer gebrauchten Kopie, an der sein Verbreitungsrecht erloschen ist, zu verhindern, wodurch dem Erschöpfungsgrundsatz seine praktische Wirksamkeit genommen würde. Dieser Begründungsansatz passt für Musik ebenso wie für Software. Im Ergebnis bedeutet das, dass eine Weiterverbreitung auch dann möglich sein muss, wenn sie aus technischen Gründen eine Vervielfältigung, also einen Kopiervorgang, erfordert.

posted by Stadler at 10:58  

8 Comments

  1. Da sieht man mal wieder zu welchen Absurditäten der Lobbyismus führen kann. Immerhin weist das Gericht auf die mangelnde Arbeit der Gesetzgeber hin. Die werden von den Lobbyisten der Majors als nächstes drangenommen….

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 5.04, 2013 @ 11:39

  2. Bei Software gibt es aber meist eine Lizenz, d.h. die Software funktioniert nur auf einem Rechner.

    Ich bin gespannt wie das bei den neuen Spielkonsolenkonzepten passieren wird. Z.b. der PS4 wo man Spiele nicht mehr als Scheibe kauft, sondern nur noch downloaded.

    Ich wünsche mir die Kassette wieder, da war alles einfacher und auch erlaubt.

    Comment by Troll — 5.04, 2013 @ 12:22

  3. Es liegt deshalb nahe, die Rechtsprechung des EuGH auch auf Musikdateien zu übertragen.

    So nahe liegt das mE gar nicht, denn der EuGH schrammte bei UsedSoft nur durch eigenwillige Auslegung der Computerprogramm-RL als lex specialis an einer Entscheidung contra legem vorbei. Eine analoge Anwendung der Erschöpfung auf alle weiteren digitalen Güter ist schwer vorstellbar, insbesondere bereits wegen Erwägungsgrund 29 InfoSoc-RL und den Agreed Statements zu Art. 6 und 7 WIPO Copyright Treaty. Ich nehme an, der EuGH hätte in Sachen ReDigi ähnlich entschieden, wie das New Yorker Gericht.

    Rechtspolitisch mag das unbefriedigend sein, es ist aber am Gesetzgeber, dies zu ändern.

    Comment by dapperdan — 5.04, 2013 @ 13:45

  4. Ich dachte, iTunes & Co. verbieten die Weiterverbreitung/Vervielfältigung in ihren AGB?

    Comment by fernetpunker — 5.04, 2013 @ 14:04

  5. Wie sieht es aus, wenn man seine „gebrauchten“ digitalen Musikdateien auf einem physikalischen Datenträger, sagen wir einem USB-Stick, verkauft? Sofern man die Dateien nicht für den Verkauf auf den Datenträger kopiert (verschiebt, technisch zur Kopie identisch), kommt es dabei zu keiner Vervielfältigung.

    Das endet genauso verwirrend wie die neuen GEMA-Vergütungen für DJs.

    Comment by Janne — 5.04, 2013 @ 14:07

  6. Und? Wer setzt das Recht durch? Nicht nur gegenüber der MI/Downloadportalen, sondern auch gegenüber Diensten wie STEAM u.a.?

    Toll, theoretische Rechte nützen nicht viel -> Wieso werde ich beim joggen von Hunden angegangen, obwohl Leinenzwang bsteht?

    Es muss endlich aufhören, dem Kunden/Bürger/Verbraucher theoretische Rechte einzuräumen, die er nicht durchsetzen kann oder die seitens der Exekutive nicht durchgesetzt werden

    Comment by Christian — 5.04, 2013 @ 17:30

  7. Bei Software erwirbt man i.d.R. eine Lizenz welche deren Gebrauch auf einer bestimmten Anzahl Geräte oder innerhalb einer Firma/Familie umfasst.

    Wenn diese Lizenz weiter verkauft wird, so erlischt somit automatisch das Recht des Vorbesitzers auf weiteren Gebrauch der Software.

    Dass sich dies nicht mit einfachen Mitteln verifizieren lässt, muss der Lizenzgeber hinnehmen.

    Etwas sinngemässes könnte der Gesetzgeber auch für audio(visuelle) Medien vorsehen.

    Comment by H. Trickler — 7.04, 2013 @ 16:51

  8. Können wir uns bitte auf eine korrekte Wortwahl einigen? Es handelt sich hier nicht um „pysikalische“ Datenträger (sie betreffen eben nicht die Physik), sondern um „physische“, d.h. körperlich vorhandene.
    Danke.

    Comment by Sancho — 8.04, 2013 @ 15:40

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