Sauberes, schönes Internet
Unser Internet soll sauberer werden. Das meint zumindest das von der EU geförderte Clean-IT-Project. Erklärtes Ziel der Projektgruppe ist es, die terroristische Nutzung des Internets einzudämmen. Zu diesem Zweck führt man einen „Public-Private-Dialogue“, wie es auf der Website des Projekts offiziell heißt. Man kennt dieses Prinzip bereits, denn Provider, soziale Medien und Portalbetreiber sollen dieses Vorhaben unterstützen.
EDRi hat heute ein Diskussionspapier der Clean-IT-Gruppe geleakt, das offenbar nicht zur Veröffentlichung vorgesehen war. Inhaltlich ist es möglicherweise nicht ganz so spektakulär, wie man bei netzpolitik.org meint, zumindest wenn man das gelesen hat, was die Projektgruppe bereits selbst veröffentlicht hat.
Gleichwohl sind bürgerrechtliche Bedenken angebracht. Allein der aus einem Fact-Sheet der Projektgruppe stammende Satz
Results of this project can possibly be translated to other types of illegal use of the internet as well
sollte nachdenklich stimmen. Denn es geht wieder einmal darum, Informationsvermittler wie Provider oder soziale Medien dazu zu bewegen, im Rahmen des in Deutschland wohlbekannten Konzepts der freiwilligen Selbstverpflichtung, illegale Inhalte im Netz zu sperren, filtern und auszublenden. Im Rahmen der Debatte um das Zugangserschwerungsgesetz wurde nun wirklich rauf und runter erläutert, warum dieser Ansatz zwangsläufig zu Chilling Effects führt, die die Meinungs- und Informationsfreiheit gefährden. Als hätte es die Netzsperren-Debatte nie gegeben, versucht die Politik aber weiterhin das Internet zu kontrollieren und präsentiert hierfür die immergleichen Ansätze in wechselnden Gewändern.
Abgesehen von der inhaltlichen Fragwürdigkeit sehr vieler der diskutierten Maßnahmen, ist vor allem der nicht gesetzgeberische Ansatz – wie es sogar offiziell heißt – im Rahmen von Public-Private-Partnerships problematisch. Denn damit wird die Grundrechtsbindung des Staates umgangen und das in einem äußerst grundrechtsintensiven Bereich. Die Grundrechtseingriffe sollen von den Akteuren des Netzes „freiwillig“ vorgenommen und damit quasi privatisiert werden.
Hier braut sich gerade wieder etwas zusammen, auf das die Bürgerrechtler ein Auge haben müssen. Und bevor wir wieder ausschließlich auf die EU schimpfen, sollte man erwähnen, dass das Bundesministerium des Inneren offizieller Projektpartner von Clean IT ist. Wie hätte es auch anders sein können.
Andre Kleister hat die wichtigsten Forderungen aufgelistet:
https://netzpolitik.org/2012/clean-it-die-eu-kommission-will-das-internet-uberwachen-und-filtern-ganz-ohne-gesetze/
Das Ende des Rechtsstaates wie wir ihn kennen. Sie versuchen es immer wieder :-)
Comment by Wolfgang Ksoll — 21.09, 2012 @ 22:09
Sorry, Meister statt Kleister.
Comment by Wolfgang Ksoll — 21.09, 2012 @ 22:09
Ach das BMI ist mal wieder dabei. Hat Friedrich eigentlich irgendwas gutes gemacht ?
Comment by Oliver — 22.09, 2012 @ 11:11
Das Netz läßt sich weder reinigen noch in die Polcor-Schranken weisen. Jeder staatlicher Eingriff kommt ans Tageslicht. Viele Wege führen nach Rom, daher sind Websperren, Ausblendungen, Filterungen nutzlos. Programmierer in aller Welt arbeiten täglich an Gegenmaßnahmen, die Gemeinde wird sekündlich über Neuerungen informiert. Eine vernetzte Welt läßt sich nicht beschränken, im Gegenteil, den Cleanern werden ihre Schranken und Grenzen vor Augen geführt.
Comment by Saskia — 22.09, 2012 @ 11:21
„Freiwillige Selbstkontrolle“. Das Unwort des Jahres 2012, 2011, 2010, oder wann hat das begonnen? Man sollte nicht vergessen, daß Provider Wirtschaftsunternehmen sind, die Kundschaft brauchen. Wer von denen versagt, wird gebasht. Die Lücken werden gefüllt durch neue Anbieter, die von Selbstkontrolle nichts halten werden. Dieser Staat ist nicht clean, daher sollte er von anderen solches nicht fordern. NSU und andere Skandale! Untersuchungsausschuß belogen und betrogen! Ein feiner Staat ist es, der das Web zähmen möchte. Dieser Staat hat sich in die Ecke zu stellen und zu schämen, anstatt mit dem Finger auf die Webgemeinde zu zeigen. Dieser Staat wird sich noch wundern!
Comment by Nerd — 22.09, 2012 @ 13:22
Artikel 20.(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Comment by Nerd — 22.09, 2012 @ 14:21
Man sollte sich nicht nur um sonstige Auswirkungen kuemmern, sondern sich auch mal die primaere Begruendung ansehen. Um welche Faelle geht es und warum gehen die Europa etwas an? Warum sind die Inhalte „schmutzig“? Was ist das ueberhaupt fuer eine Sprache? Ist Denken schmutzig, Widerspruch?
Es wird anscheinend auf eine dumpfe politische Korrektheit gesetzt, die man frueher „Ruhe ist die erste Buergerpflich“ nannte. Gerade deshalb sollte man die Plaene frontal angehen. Europaeische Interessen…..
Comment by Heikor — 23.09, 2012 @ 02:47
Wirklich herb, was sie vorhaben, vor allem durch Definitionen. Ein „Krieg gegen den Terror“ ohne Ende, bei dem die Freiheit auf der Strecke bleibt
Comment by Heikor — 23.09, 2012 @ 02:52
Vor allem sollte man nicht vergessen, dass es sich bei allem um Diskussionen handelt, die in den USA nicht von den einschlaegigen Stellen, sondern auch in der juristischen Offentlichkeit ausgiebigst und sehr kontrovers gefuehrt wurden.
Die Wahrscheinlichkeit, von einem Terrorangriff betroffen zu werden, ist nahe Null, nicht groesser als die Wahrscheinluchkeit, dass einem ein Blumentopf auf den Kopf faellt. Es geht eher nur um eine Idee von Herrschaft und Vorhersehbarkeit, im Hinblick auf Informationen auch um eine Herrschaft ueber die Koepfe. Ueber die Koepfe der Araber, die sich nicht frei informieren koennen als ob eine politische Gruppe des Teufels waere, und um unsere, die wir das Theater hinnehmen sollen.
Den alten Usama wegzublasen war ganz sicher Unfug und ihn als blosen Narren hinzustellen und nicht als politischen Gegner nur ein Trick. Er war auch nicht ganz erfolglos, auch wenn man sich darueber nicht freuen kann. Es geht auch wohl weniger um Verteidigung, sondern eher um den Angriff. Angriffe des angegriffenen Gegners im eigenen Hinterland verhindern, who knows.
Es wird jedenfalls in der Art eines Raketenschutzschirmesw die entsprechende Infrastruktur aufgebaut, die dann fuer alle Zwecke nutzbar ist.
Comment by Heikor — 23.09, 2012 @ 20:20
Wie man als Terrorist sicher Verschlüsselt:
1.) rechner installieren, der nie verbindung mit dem internet hatte
2.) dem Terroristen bei seiner Ausbildung einen Key bestehend aus zufälligen Zeichen bei seiner Ausbildung mitschicken
3.) der Terrorist verschlüsselt die Nachricht auf seinem nicht ans Internet angeschlossenen PC
4.) der angehende Terrorist geht in ne Fremde Grossstadt, logt sich in ein offenes WLAN ein und verschickt die nachricht.
Aktion Reaktion…
Comment by hm — 24.09, 2012 @ 17:49
achso – verschlüsselung natürlich per one-pad-patter (simple xor verschlüsselung, aber einzig sichere)
Comment by hm — 24.09, 2012 @ 17:50
Oh man als würde man mit ner Wand reden.
http://www.youtube.com/watch?v=sboGELOPuKE
und
http://www.youtube.com/watch?v=qSXDo72pkis
Comment by derPaddy — 24.09, 2012 @ 20:19
Man sollte sich nicht nur um sonstige Auswirkungen kuemmern, sondern sich auch mal die primaere Begruendung ansehen.
Comment by Texas Land Conservation Conference — 25.06, 2013 @ 12:29