EU will Verwertungsgesellschaften wie die GEMA regulieren
Die EU-Kommission hat vor wenigen Tagen einen Vorschlag für eine Richtlinie über kollektive Rechtewahrnehmung und multiterritoriale Lizenzierung von Rechten an musikalischen Werken für die Online-Nutzung vorgestellt. Die Kommission möchte damit ein Mitspracherecht der Rechteinhaber bei der Wahrnehmung ihrer Rechte sicherzustellen und aufgrund europaweit einheitlicher Vorschriften besser funktionierende Verwertungsgesellschaften schaffen.
Vorab hatte die Kommission eine Bewertung des Online-Musikmarkts in Europa vorgenommen, die eine äußerst kritische Einschätzung der aktuellen Tätigkeit der nationalen Verwertungsgesellschaften – in Deutschland die GEMA – beinhaltet. Die Kommission führt hierzu aus:
(…) in den letzten Jahren gab es vermehrte Anzeichen für eine unzureichende Kontrolle der Abläufe in einigen Verwertungsgesellschaften. Rechteinhaber aus dem In- und Ausland sind über die Aktivitäten ihrer Gesellschaften nur unzureichend informiert und können keine echte Kontrolle über sie ausüben. Dies gilt vor allem für die Einziehung, Verwaltung und Verteilung der Lizenzeinnahmen. Ebenso gibt es bei einigen Gesellschaften Hinweise auf ein mangelhaftes Finanzgebaren; die den Rechteinhabern zustehenden Tantiemen sammeln sich an, ohne dass diese einen Überblick darüber hätten, und/oder werden schlecht verwaltet. Viele der befragten Urheberverbände, Verleger, kommerziellen Nutzer und Verbraucher erklären, dass in Bezug auf die Leitung, Beaufsichtigung und Transparenz von Verwertungsgesellschaften Handlungsbedarf besteht, wohingegen die Verwertungsgesellschaften selbst eine Selbstregulierung für ausreichend halten. Für Rechteinhaber sind schlecht funktionierende Verwertungsgesellschaften gleichbedeutend mit verpassten (Lizenzierungs-)Chancen und überhöhten Abzügen von ihren Lizenzeinnahmen. Für die Nutzer bedeuten fehlende Transparenz und Rechenschaftspflicht schlechtere Leistungen und in einigen Fällen eine Verteuerung der Lizenzen.
Die Kommission möchte mithilfe einer Richtlinie die Organisation von Verwertungsgesellschaften harmonisieren und mehr Transparenz schaffen. Außerdem soll die Grundlage für die EU-weite Online-Nutzung von Musik geschaffen werden.
Die GEMA hat den Vorschlag der Kommission in einer Pressemitteilung begrüßt – es bleibt ihr vermutlich auch nichts anderes übrig – obwohl die Kritik der Kommission natürlich auch die GEMA trifft und diese Richtlinie dazu führen könnte, dass auch die GEMA zu mehr Transparenz verpflichtet wird.
Der Richtlinienvorschlag sieht u.a. auch vor, dass die Rechteinhaber das Recht erhalten, eine Verwertungsgesellschaft ihrer Wahl zu beauftragen und zwar ungeachtet der Niederlassung oder der Staatsangehörigkeit des Rechteinhabers beziehungsweise der Verwertungsgesellschaft. Es soll also einen europäischen Wettbewerb der bisher nationalen und faktisch monopolistischen Verwertungsgesellschaften geben.
Prominente britische Musiker haben den Richtlinienvorschlag der EU postwendend scharf kritisiert. Musiker bekannter Bands wie Radiohead oder Pink Floyd werfen der Kommission vor, mit ihrem Vorschlag wiederum nur eine Minderheit von Managern und Rechteinhabern zu privilegieren.