Sind digitale Privatkopien tatsächlich erlaubt?
Christoph Keese – der „Außenminister“ des Springer-Verlags – bloggt bekanntlich gerne und regelmäßig und zwar aktuell über das Thema digitale Privatkopie. Seine These lautet, dass digitale Privatkopien ohnehin erlaubt seien, womit er gleichzeitig der Forderung nach Schaffung eines Rechts auf digitale Privatkopie kritisiert, die ausgerechnet von einem Unionsabgeordneten erhoben wurde. Man muss seine Beiträge aber immer auch als das lesen was sie sind, nämlich die Ausführungen eines Urheberrechtslobbyisten.
Rechtsdogmatisch betrachtet schafft § 53 UrhG bislang kein Recht des Nutzers auf Privatkopie, sondern beschränkt nur die Befugnisse des Urhebers. Die Vorschrift steht deshalb auch im 6. Abschnitt des Urheberrechtsgesetzes, der mit Schranken des Urheberrechts überschrieben ist. Mit diesem Aspekt möchte ich mich hier aber nicht weiter befassen, sondern mit den inhaltlichen Aussagen Keeses.
Keese verschweigt in seinem Blogbeitrag nämlich, dass § 53 Abs. 1 UrhG nachträglich ergänzt wurde, wodurch die Möglichkeit einer digitalen Privatkopie eingeschränkt worden ist. Die vom Gesetzgeber nachträglich vorgenommene Einschränkung habe ich hervorgehoben:
Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird.
Diese Einschränkung zielt auf die digitale Privatkopie und das Filesharing ab. Man streitet insoweit auch noch über die Frage, ob eine zuläsisge Privatkopie schon dann ausscheidet, wenn die Kopiervorlage überhaupt öffentlich zugänglich gemacht wurde, also insbesondere online gestellt worden ist, oder ob das Merkmal „offensichtlich rechtswidrig“ zusätzlich erfüllt sein muss. Insbesondere das Filesharing über P2P-Netzwerke wurde damit endgültig als offensichtlich rechtswidrig qualifiziert. Der Gesetzgeber wollte dem Nutzer dadurch die Möglichkeit nehmen, sich darauf zu berufen, er habe nicht gewusst, ob ein bestimmtes Werk legal oder illegal online ist.
Die Privatkopie wurde vom deutschen Gesetzgeber vor einigen Jahren aber noch an einer anderen Stelle zurechtgestutzt. Denn das Gesetz verbietet in § 95a UrhG die Umgehung technischer Maßnahmen ausdrücklich. Wer also Kopierschutzmaßnahmen umgeht, kann sich ebenfalls nicht mehr auf § 53 UrhG berufen. Gerade das ist übrigens eine Regelung, die es keineswegs schon in allen Staaten gibt, sondern deren Umsetzung explizit auch in dem umstrittenen ACTA-Abkommen gefordert wird. Der deutsche Gesetzgeber hat an dieser Stelle nur deshalb keinen Umsetzungsbedarf, weil er die Forderungen der Urheberrechtslobbyisten längst erfüllt hat.
Digitale Privatkopien sind also tatsächlich nur (noch) in sehr eingeschränktem Umfang erlaubt. Die Frage müsste daher lauten, ob der Gesetzgeber die (digitale) Privatkopie ganz generell erlauben sollte und zwar unabhängig davon, ob eine urheberrechtswidrige Kopiervorlage benutzt wird und unabhängig vom Verbreitungsweg der Kopiervorlage.
„verschweigen“ ist vielleicht das falsche Wort, da er auf die Zusätze zwar eingeht, aber sie als gegeben/natürlich hinnimmt, da es sich dabei ja um Hehlerware handeln muss.
Zugegeben, er geht nicht darauf ein, dass das Gesetz nachträglich geändert wurde.
Comment by Crispy Chriz — 22.02, 2012 @ 20:07
Nun, ein Aspekt fehlt noch, auf den jemand anders hingewiesen hatte: man darf auch Kopien machen von Originalen, die nicht im eigenen Eigentum stehen. Das heisst ich darf mir auch von Nachbars CD eine Kopie machen. Brigitte Zypries war in der Wahlperiode 2005-2009 Mitglied im Fernsehrat des ZDF. Sie war also befangen und hätte als Befangene gar nicht an der Gesetzgebung des Urheberrechtes teilnehmen dürfen bei der sie eine Partei vertritt. Zumal bei den steuerfinanzierten öffentlich-rechtlichen Anstalten überhaupt nicht einzusehen ist, warum die nicht Amtliche Werke nach§ 5 UrhG publizieren. Hätte sich Brigitte Zypries, SPD, mit dem §95a korrumpieren lassen hätten wir heute folgende Lage:
– jeder Deutsche kann sich von einem Datenträger seines Nachbarn eine Privatkopie machen
– der Unsinn, der von der deutschen Justiz gepflegt wird, dass „gewerbliches Ausmass“ über die Menge (statt des Umsatzes) zur Stützung des Lebensunterhaltes der Berufskollegen aus der Abmahnanwaltschaft geschlossen wird, zeugt davon, dass große Wissenslücken im Gewerberecht bestehen zum Nachteil der durch Richter für die Kollegen abgezockten Bürger. Nimmt man kein Geld ist es privat und nicht gewerblich. Wäre es gewerblich, wäre der von den Richtern Abgezockte Gewerbesteuerpflichtig.
– dann hätten wir den Fall, dass 80 Mio Deutsche legal ihre Privatkopie von einer einzigen Quelle machen dürften. Dann hätten wir eine glasklare Marktwirtschaft und wir würden sehen, was die Kunden bereit sind zu zahlen. SO aber wird dem Sozialismus geföhnt und bei zu (gefühlt) niedrigem Preise, der Staat herangerufen, der erst die Kunden kriminalisieren muss, dann Preise per Gesetz durch die Justiz eintreiben, die auf dem Markt nicht zu erzielen sind. Wie bei Honecker.
Das wollte die gewerbliche Lobby nicht und Zypries musste das Recht beugen und für die Lobby passend machen. Brigitte Zypries ist leider immer noch im Ausschuss Kultur und Medien, im Unterausschuss Neue Medien und stv. Mitglied in der überflüssigen Internet-Enquete, die jetzt schnellst möglich abgewickelt werden soll, damit sie bedeutungslos bleibt wie schon die erste unter Tauss. So werden wir also weiter davon ausgehen müssen, dass der Fortschritt aktiv von der SPD wie bisher behindert wird. Man sieht es ja auch an der SPD-Forderung der VDS.
Politisch bleibt da nur, knallhart mehr Transparenz bei den Korruptionsversuchen durch die Medienlobby durchzusetzen oder solange Piraten umfallen, bis die Weicheier wie beim Zugangserschwerungsgesetz umfallen, weil sie Angst um ihre Diäten haben und den Machtverlust. Die Staatsbetriebe ARD und ZDF muss nahe gebracht werden, was das bedeutet, dass man nicht in der Privatwirtschaft ist, keine privatrechtlichen Verträge am Gesetzgeber und Bürger vorbei macht(wie Ursula von der Leyen das mit Ihrer Kinderpornografiebereitstellung für ihre Priester erst auch wollte) und dass man von Steuern und nicht von Umsätzen lebt.
Comment by Jan Dark — 22.02, 2012 @ 21:22
Korrektur: Keese ist nicht „Außenminister“ sondern „Propagandaminister“
PS: Ihr wisst das wahrscheinlich alle, aber ich bin echt neugierig irgendwann mal zu erfahren, wer „Jan Dark“ ist. Das wollte ich schon länger mal loswerden.
Comment by Jens Best — 22.02, 2012 @ 22:02
Wider die leistungslosen Raubritter auch eine qualifizierte Polemik in der FAZ:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/urheberrechte-im-internet-acta-oder-der-schutz-der-raubritter-11658717.html
Comment by Jan Dark — 22.02, 2012 @ 23:49
Heißt das, ich darf nicht (mehr) legal TV-Sendungen aufnehmen, weil die Vorlage öffentlich zugänglich ist?
Comment by Heinz — 23.02, 2012 @ 08:01
@Jan Dark
Die Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten sind nicht steuerfinanziert und für ein amtliches Werk fehlt es am Amt, auch wenn der Kontraktionszwang diesen Körperschaften quasi-amtlichen Charakter verleiht.
Ich denke, dass es in 2013 zu diesem Thema noch viel Kaffeesatz zum Lesen gibt. Denn wenn man „Kohlepfennig“ durch „Rundfunkbeitrag“ ersetzt wird die Sache spannend.
Comment by Falk D. — 23.02, 2012 @ 13:26
@3.
Jan Dark ist wohl die Anglifizierung von Jeanne d’Arc :-)
Comment by Frank — 23.02, 2012 @ 14:28
@Falk D.
Nun, die letzte „Gebühren“-Änderung haben eine Umstellung von nutzungsabhängigen Gebühren auf nutzungsunabhängigen Haushaltsabgaben beschlossen.
http://www.rundfunkbeitrag.de/
Die Abgabenpflicht wurde von den Bundesländern im 15.ten Rundfunkstaatsvertrag beschlossen. Die Steuer nennt sich jetzt Rundfunkbeitrag und wir wie Grundsteuer vom Wohnunsginhaber erhoben.
Nach den Landesmediengesetzen sind Rundfunkanbieter öffentlich-rechtliche Träger.
In den §5 UrhG sind bei „amtlich“ auch die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten einbezogen. Siehe z.B. Randnummer 117
http://books.google.de/books?id=gEPoAqH-A7EC&pg=PA88&lpg=PA88&dq=%C2%A75+Urhg+%C3%B6ffentlich-rechtliche+anstalten&source=bl&ots=atgI5CkOSj&sig=0SCz30dzX4y53J8UYunwfMIAf6c&hl=de&sa=X&ei=LGhGT7vJHIPQsgajxe2ACw&ved=0CCYQ6AEwAQ#v=onepage&q=%C2%A75%20Urhg%20%C3%B6ffentlich-rechtliche%20anstalten&f=false
Nun nach der Umstellung von nutzungsabhängigen Gebühren auf Wohnungssteuern und den Diskussionen über ACTA, wo wir klar sehen, dass die Bürger mit der der Rechtssetzung nicht einverstanden sind, werden wir wohl eine neue Diskussion über den §5 UrhG bekommen und eine stärkere Diskussion über den Versuch entschädigungsloser Enteignung des Steuerzahlers bei amtlichen Werken öffentlich-rechtlicher Anstalten.
Aber man kann natürlich glauben, alles blieb wie früher. Hat die korrupte CSU und FDP mit Kohl, Wulff, Kanther, Lambsdorff auch geglaubt. Erwies sich als Irrglaube und Irrlehre.
Comment by Jan Dark — 23.02, 2012 @ 17:37
@7 Das würde einiges erklären.
Comment by Ein Mensch — 24.02, 2012 @ 12:37
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Pingback by Lesezeichen vom 11.3.2012 | "Nun war er im Begriff ein Tagebuch anzulegen." — 11.03, 2012 @ 09:03