Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

8.10.11

Machtkampf am BGH?

Beim Bundesgerichtshof tobt derzeit ein Streit zwischen dem Gerichtspräsidenten Klaus Tolksdorf und dem Bundesrichter Thomas Fischer, dem Autor des führenden Kommentars zum StGB, um die Besetzung des Vorsitzes des 2. Strafsenats. Auf Vorschlag Tolksdorfs soll dieser Posten nämlich mit dem Bundesrichter Rolf Raum besetzt werden und nicht mit Fischer, der zunächst als Favorit galt. Hiergegen wehrt sich Fischer mittlerweile vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe.

Die ZEIT (Print) hat dieser Personalie in ihrer aktuellen Ausgabe (Nr. 41 vom 06.10.2011, S. 17) ein Dossier gewidmet, das versucht, den Fall aufzuarbeiten. Die Gerichtsreporterin der ZEIT Sabine Rückert, der man die Sympathie für Fischer anmerkt, hält diese Entscheidung nicht für nachvollziehbar, zumal Fischer offenbar zunächst zwei äußerst positive dienstliche Bewertungen von Tolksdorf erhalten hat, während die dritte dann eher negativ ausfiel.

Rückert skizziert Fischer als unbequemen Richter, der sich auch gerne deutlich zu rechtspolitischen Fragestellungen äußert und u.a. als erklärter Gegner und Kritiker des mittlerweile gesetzlich geregelten „Deals“ im Strafverfahren gilt. Dies könnte auch der Grund für die Nichtberücksichtigung Fischers sein.

Ob es nur die fehlende Zurückhaltung Fischers ist oder ob vielleicht auch persönliche Animositäten eine Rolle spielen oder gar politische Gründe – Fischer wurde beispielsweise vom CDU-Abgeordneten Volker Kauder wegen eines Auftritts im Rechtsausschuss des Bundestags gerügt – deutet der Artikel von Rückert zwar an. Letztlich bleibt dies aber Spekulation.

Der Blick auf das Besetzungskarussell eines Bundesgerichts ist in jedem Falle lesenwert. Zumal man schon immer vermuten durfte, dass auch dort nicht nur sachliche Kriterien eine Rolle spielen.

 

posted by Stadler at 09:42  

13 Comments

  1. Ausführlich auch die FAZ:

    http://www.faz.net/artikel/C31408/richter-am-bundesgerichtshof-marsch-marsch-durch-die-instanzen-30492117.html

    Es mag vielleicht eine gewissen Naivität darin liegen, daß Fischer sich nun den Senatsvorsitz vor dem Verwaltungsgericht einklagen will (das letzte Mal ist ein solcher Versuch schief gegangen: 4 S 1929/96). Doch man sollte nicht allzusehr darüber lächeln. Gerade kürzlich hat ein Richter, der seines Erachtens zu Unrecht nicht zum Präsidenten des OLG Koblenz ernannt worden ist, sich mit Hilfe des Bundesverwaltungsgerichts durchgesetzt (2 C 16.09). Zur Strafe für die Einmischung der Justiz in Richterernennungen will jetzt allerdings Ministerpräsident Beck das OLG Koblenz abschaffen.

    Comment by Oliver García — 8.10, 2011 @ 10:53

  2. Von einem Kauder gerügt zu werden hat Gewicht? Passt ja auch irgendwie. Die Spätzlebrüder sind ja ein Sinnbild für das Postengeschacher.

    Comment by Atheist — 8.10, 2011 @ 11:32

  3. Fischer ist ein toller Kommentator, warum soll er auch noch vorsitzender Richter werden?

    Comment by Heiko — 8.10, 2011 @ 17:11

  4. Was lieber Thomas, ist denn ein sachliches Kriterium? Ein Kriterium, das uns gefaellt?

    Comment by Heiko — 8.10, 2011 @ 17:12

  5. Hallo Heiko,

    Beurteilungen sind immer subjektiv, aber wenn politische Einmischung stattfindet, ist das in jedem Fall unsachlich.

    Comment by Stadler — 8.10, 2011 @ 17:28

  6. Dass die Zeit zu dumm fuer Tolksdorf ist, kann man ihm nicht vorwerfen. Irgendeinen Grund wird er schon haben und im Zweifel hat er Recht.

    Comment by Heiko — 8.10, 2011 @ 17:30

  7. Thomas, eine politische Einmischung anzunehmen ist doch vollkommen absurd. Kennst Du Tolksdorf?

    Comment by Heiko — 8.10, 2011 @ 17:31

  8. Nein. Ich wollte das auch nicht behaupten, sondern habe nur abstrakt auf Deine Frage nach der Sachlichkeit geantwortet.

    Comment by Stadler — 8.10, 2011 @ 17:35

  9. Wenn Sie im Blog schreiben „Zumal man schon immer vermuten durfte, dass auch dort nicht nur sachliche Kriterien eine Rolle spielen“ bedeutet das ja wohl: „Jetzt wissen wir es positiv“.

    Wenn Sie, wie wir Ihrem letzten Kommentar entnehmen, das gar nicht behaupten wollten, waren Sie dann nur recht leichtfertig im Umgang mit Formulierungen, die einen bösen Verdacht suggerieren, oder wie wollen Sie das jetzt verstanden wissen?

    Comment by Gast — 8.10, 2011 @ 19:05

  10. Der Beck will das OLG Koblenz abschaffen! Ist das wirklich wahr? Oh man: Elektriker, bleib bei deinen Kabeln!
    Aber indirekt hat der Mann recht, er weiß nur nicht was er machen soll. Wie jetzt?
    Ich bin kein Jurist im Sinne dessen was darunter hier verstanden ist. Aber: Juristen für Ihresgleichen schreiben was die ohnehin schon wissen ist langweilig. Hier lesen hoffe ich auch andere. So melde ich mich wieder zu Wort.
    Ich kenne ne Menge an Juristen, Richter, StAwälte, Anwälte, und die noch da dran hängen auch. Freunde sind wir nicht. Und mir ist da mal etwas aufgefallen: Gute oder schlechte Anwälte gibt es nicht, die sind alle gleich schlecht (schlagt mich jetzt nicht), was es gibt, sind gute oder schlechte Richter. Ein Anwalt etwa, der „gut“ ist (für einen Richter also), so meine Beobachtung, wird nie ins Richteramt berufen. Warum nicht? Nun. Der Anwalt macht die Arbeit des Richters, der schon lange nicht mehr in kein Fachbuch mehr hineingesehen hatte. Der sitzt da und kämpft dieser guten Anwälte die seine Arbeit gemacht haben gegen seinen Schlaf der ihn zu überfallen droht noch vor dem Frühstück. Solche Anwälte sind gut für die Richter, und werden daher auch nicht zum Richter berufen. Je besser ein Anwalt (einem Richter) zuarbeitet, umso geringer dessen Aussicht auf ein Richteramt, damit der dem müden Richter erhalten bleibe. Abgesehen wenn einer Beziehungen hat.
    Die Folge davon ist die: Gleiche bestellen sich Gleiche ins Amt. So wie bei einer Inzucht. So wie es auf dem Papier steht, ein Minister die Richter bestellt – das ist nur auf Papier so. Tatsächlich ist es ja der jeweilige Direktor der jemanden vorschlägt, den er kennt, und der konform, und damit bequem ist. Nun, hier geht es um deren Geschäftsverteilungsplan, der bestimmt dann, wer der „Gesetzliche Richter“ ist; aber, auch diese Macht, wie hier deutlich ist, sollte ein Präsident nicht haben. Gerade diese nicht!
    Ich habe seit langem schon die Vision: dass Richter und Staatsanwälte nicht von Unter Gleichen bestellt werden sollten, sondern dass es eine Kommission geben solle (die es derzeit nicht gibt), die aus Vertretern aus dem Volke, etwa auch aus Wissenden aus Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften etc. herkommen müssten, die dann entscheiden, wer Richter für was werden darf.
    Ansonsten, wie hier, ist das eine Diskussion am eingentlichen Thema ja vorbei: Ein Richter sollte nicht einen Richter bestellen können, auch nicht durch die Herrschaft über den Geschäftsverteilungsplan, denn auch damit ist noch genug Schindluder möglich. Da ist überhaupt die Ursache des Schindluder, „wer von euch schaut nicht als erstes dahin, mit welchem Richter er es zu tun bekommt?“, wo das doch Gesetzten Rechts eigentlich irrelevant ist? Und die Politiker, die tun das auch – OMG.
    Ich selbst hatte es demnach schon mit Universalrichtern zu tun, also welchen, die überall dort zuständig waren wo ich auftauchte, und zwar für jedwede Gerichtsbarkeit – ja, so etwas gibt es auch. – Das muss aber jetzt nicht mehr jeder verstehen, denn das wäre eine Katastrophe.
    Die Kontrolle des Volkes über das was bei der Justiz vor sich geht, muss meines Erachtens über die Kontrolle nur dessen wie ein Richter sein Urteil begründet hatte (also nur recht theoretisch) hinausgeführt werden. So wie es Gesandte gibt, die unsere Zustände in Strafanstalten und Psychiatrien begutachten und kontrollieren (also sie versuchen es zumindest), muss es eine vergleichbare denen übergeordnete Einrichtung auch für die innerstaatliche Justiz geben die aus dem dem Volke kommt, die diese angemessen kontrollieren kann. Und zwar eine, die über einen Ministerpräsidenten Beck hinausgeht. Denn der ist nicht eine Kontrolle in diesem Sinne wie ich das hier meine.

    Comment by Michael Pliester — 8.10, 2011 @ 23:48

  11. Schon lange nicht mehr soviel wirres Zeugs gelesen. Glückwunsch!

    Comment by r.nuwieder — 9.10, 2011 @ 00:42

  12. Schliesse mich dem Vorkommentator vollen Umfangs an! Auch von mir herzlichen Glückwunsch! Nur – was wollen Sie wem damit sagen?

    Comment by Anno Nüm — 9.10, 2011 @ 02:46

  13. Jede Wahl ist wirr. Schwer vorstelbar, dass die Richterwahl als die einzige Ausnahme unserer Lebenswirklichkeit nichts Wirres enthält.

    Da darf man doch wirr dazu etwas schreiben. Die Treffersicherheit dürfte dabei nicht geringer sein als die Voraussage von Richterentscheidungen durch die wirren und die nicht wirren Anwälte.

    Comment by Rolf Schälike — 9.10, 2011 @ 09:56

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