Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.7.11

Soziale Netzwerke wirklich erst ab 16?

Heute entstand auf Twitter und in Blogs eine gewisse Aufregung um die Meldung, dass der Bundesrat soziale Netzwerke erst ab einem Alter von 16 Jahren erlauben will. Hintergrund war eine etwas irreführende Meldung von internetworld, die sich mit einer geplanten Änderung des Telemediengesetzes befasst, die ich hier aus anderen Gründen schon kritisiert habe.

Worum geht es bei dieser Altersgrenze genau? Hier ist der relevante Wortlaut:

Der Diensteanbieter hat denNutzer bei der erstmaligen Erhebung von personenbezogenen Daten in allgemein verständlicher Form, leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar darüber zu unterrichten, welche Sicherheitseinstellungen zum Schutz der Privatsphäre des Nutzers voreingestellt sind. Der Diensteanbieter muss dem Nutzer die Einstellungsmöglichkeit bieten, dass das Nutzerkonto sowie sonstige vom Nutzer erstellte Inhalte mittels anderer, nicht in diesen Telemediendienst integrierter Telemediendienste, welche die Suche von Inhalten ermöglichen (externe Suchmaschinen), nicht gefunden oder ausgelesen werden können; der Diensteanbieter hat dies entsprechend Satz 1 voreinzustellen. Satz 3 gilt nicht, soweit der Zweck des Telemediendienstes bei objektiver Betrachtung die Auffindbarkeit oder Auslesbarkeit von Inhalten mittels externer Suchmaschinen umfasst. Einem Nutzer, der bei der Erhebung seiner personenbezogenen Daten ein Alter von unter 16 Jahren angegeben hat, darf eine Änderung der Voreinstellung nach Satz 3 erst ermöglicht werden, wenn er das Alter von 16 Jahren erreicht hat.

Die Grundidee besteht – neben wieder einmal neuen Belehrungspflichten – darin, die sozialen Netzwerke zu verpflichten, per default die strengsten Privacy-Einstellungen vorzugeben, die der Nutzer dann durch eine bewusste eigene Änderung lockern kann. Die Grundeinstellung soll dafür sorgen, dass weder Suchmaschinen noch Nichtmitglieder die Nutzeprofile sehen können. Und diese Lockerung soll erst möglich sein, wenn der Nutzer 16 Jahre alt ist.

Jetzt muss man ganz pragmatisch natürlich sehen, dass sich speziell Facebook bislang wenig um die Einhaltung des TMG und BDSG schert und man deshalb zunächst überlegen sollte, wie man das bestehende Vollzugsdefizit beseitigt. Denn immer neue Gesetze, die die großen Player wie Facebook ohnehin wieder ignorieren, verbessern die Position der Nutzer ja nicht.

Außerdem wird die Regelung in der Praxis bereits deshalb leerlaufen, weil die Nutzer dann eben im Zweifel angeben werden, dass sie 16 sind. Die geplante Regelung bringt aber eine interessante datenschutzrechtliche Problematik in Erinnerung. Für eine datenschutzrechtliche Einwilligung ist nach überwiegender Ansicht zwar keine Geschäftsfähigkeit (also Volljährigkeit), wohl aber eine ausreichende Einsichtsfähigkeit erforderlich, die Kindern regelmäßig fehlt. Deshalb können sich Kinder eigentlich schon nach geltendem Recht nicht selbständig in sozialen Netzen anmelden.

posted by Stadler at 17:07  

6 Comments

  1. Die Prügel bekommen eh die deutschen Netzwerke ab, die hier ihren Hauptsitz haben. Vorallen halten sich die großen Deutschen weitestgehend an Datenschutz… man ärgert also nur die, die eh schon verantwortungsvoll umgehen..

    Comment by Christian — 15.07, 2011 @ 20:20

  2. Ein Sargnagel kommt zum anderen, bis der Fortschritt und die Freiheit in Deutschland beerdigt werden kann.

    Comment by Frank — 15.07, 2011 @ 22:21

  3. Das würde ja bedeuten, man MUSS sein Alter angeben! Datenschutzrechtlich nicht nur bedenklich sondern völliger Nonsens.

    Wieder einmal zeigen die alten Herren in grauen Anzügen, daß sie weder die Menschen noch das Internet verstehen. So weit entrückt, ohne jegliche Bodenhaftung, ohne Sinn und Verstand.

    Solche Menschen sollten keine Gesetze machen dürfen…

    Comment by Frank Schenk — 16.07, 2011 @ 11:39

  4. Ob es erforderlich ist, so etwas gesetzlich zu regeln, ist nicht nur deshalb zweifelhaft, weil ausländische Diensteanbieter sich vermutlich eher weniger dafür interessieren. Seit über zwei Jahren gibt es zudem eine Vereinbarung der großen deutschen Anbieter, genau das oben Zitierte freiwillig umzusetzen (vgl. http://www.fsm.de/inhalt.doc/VK_Social_Networks.pdf S. 13).

    Comment by Martin Drechsler — 18.07, 2011 @ 10:32

  5. Internet ab 18!

    Comment by Anonymous — 28.10, 2011 @ 21:45

  6. Hallo

    Comment by günther — 10.01, 2013 @ 10:21

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