Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

8.6.11

kino.to und die Folgen

Das heutige Top-Thema – zumindest in den Blogs und Online-Medien – war die Polizeiaktion gegen die Betreiber der Plattform kino.to. Das Portal verlinkt gezielt auf illegale Streamingangebote von Filmen. Wie das genau funktioniert, beschreibt ein anonymer Uploader im Netzfeuilleton und gibt an, dass er damit 1000 Dollar pro Monat verdient hat und das Geld von den Video-Hostern kommt und nicht (direkt) von kino.to.

Eine ganze Reihe von Kollegen ist heute schon der Frage nachgegangen, wer sich wie strafbar gemacht und ob auch die reinen Nutzer des Portals eine Strafverfolgung zu befürchten haben.

Den Betreibern des Portals wird man vermutlich mehr nachweisen müssen, als die Verlinkung auf urheberrechtswidrige Inhalte, denn die bloße Linksetzung ist nach der Paperboy-Entscheidung des BGH keine urheberrechtliche Nutzungshandlung. Anders sieht es natürlich dann aus, wenn die Betreiber mit den Hostern gemeinsame Sache gemacht haben oder gar einige der beteiligten Hoster selbst betrieben haben.

Am Einfachsten ist noch die Frage der Strafbarkeit der Uploader zu beantworten. Wer gezielt urheberrechtlich geschützte Filme bei einem Sharehoster einstellt, in dem Bewusstsein, dass diese anschließend bei kino.to verlinkt werden, macht diese Dateien vorsätzlich öffentlich zugänglich.

Was den normalen Nutzer angeht, ist die Rechtslage in der juristischen Literatur umstritten. Gegen eine Strafbarkeit spricht an sich der Umstand, dass der bloße Werkgenuss grundsätzlich keine Nutzungshandlung darstellt. Wer also ein Buch liest, eine CD oder DVD abspielt, begeht keine Urheberrechtsverletzung, auch wenn er eine Raubkopie benutzt. Was das Streaming angeht, sind jetzt findige Juristen auf die Idee gekommen, dass es in diesem Fall anders sein könnte, weil ja beim Streaming durch das Caching eine zumindest vorübergehende Vervielfältigung stattfindet. Das mag man so sehen, wenngleich ich diese Betrachtung wenig überzeugend finde, weil sich das Streaming phänomenologisch nicht vom Betrachten einer DVD unterscheidet. Wenn man das Streaming als Vervielfältigung betrachtet, dann könnte das immer noch durch die Vorschrift des § 44a UrhG gedeckt sein. Bezüglich Auslegung und Anwendungsbereich dieser Norm bestehen allerdings viele Unklarheiten. Der Kollege Härtel hat den Stand der Diskussion in einem lesenswerten Beitrag dargestellt.

Unabhängig von der Frage, ob sich ein Nutzer strafbar gemacht haben könnte, glaube ich nicht, dass sich die Ermittlungen gegen Nutzer richten werden.

Update:
Am 09.06.2011 habe ich On3-Radio ein Interview zum Thema gegeben.

posted by Stadler at 22:04  

5 Comments

  1. Wenn ich eine Audio-CD in einem vernünftigen CD-Player abspiele, macht dieser das gleiche wie beim Streaming. Denn jeder vernünftige Player buffert, damit es bei einem Stoß nicht ruckelt.

    Bei digitalen Medien, wie DVDs wird selbstverständlich eine Kopie im Zwischenspeicher angelegt. Wie sonst soll der Player dies abspielen?

    Comment by Miles — 8.06, 2011 @ 22:30

  2. Guter Beitrag. Sehr unaufgeregt die Sachlage beschrieben. Das deckt sich auch mit meiner Meinung.

    Allerdings glaube ich, dass das mit dem Verbreiten der links keine so eindeutige Angelegenheit bzgl. der Störerhaftung ist. Wenn man sich die Paperboy Entscheidung durchliest, dann ist Paperboy nur deshalb kein Störer gewesen, weil der Inhalt bereits öffentlich vom Berechtigten zugänglich gemacht wurde (MMR 2003, 719 [722]).

    Das war hier wohl nicht der Fall. Wenn man einen Film auf einem der Hoster hochläd, dann erfährt das die Öffentlichkeit ja gerade nur durch den link. Eine Suchfunktion oder ein Verzeichnis gibt es bei den Hostern nicht.

    Paperboy war also kein Störer, weil die Möglichkeit der Verbreitung bzw. die Schaffung der Öffentlichkeit keine qualitative Änderung durch die links erfuhr. Hier gibt es allerdings ohne das link-posten überhaupt keine Öffentlichkeit bzw. Verbreitung.

    Anders bei google, das durch gezielte Suche die öffentlich gemachten links auf kino.to im Snippet dargestellt hätte/hat.

    Mal sehen, was dabei noch rauskommt.

    In Bezug auf das Kopieren durch den Cache, finde ich die Diskussion auch arg bemüht und ziemlich konstruiert…Wenn ich mir ein Gemälde angucke, dann reproduziere ich es auch auf meiner Netzhaut – unzwar auch noch kleiner und verkehrt herum – ist das nicht auch eine Kopie oder eine unzulässige Bearbeitung?!

    Comment by Hans Adam — 8.06, 2011 @ 23:32

  3. Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann Kino.to zu Fall gebracht wird. Das stach doch den Rechteinhabern schon lange wie ein Dolch im Fleisch.

    Aber ob Kino.to wirtschaftlichen Schaden angerichtet hat? Man hört (eher liest) von schlechter Qualität, langsamer Verbindung und Nutzern, die eh kein Geld haben um mehr als ein- zweimal im Monat ins Kino zu gehen.

    Wenn das so war, dann war es nie eine Konkurrenz zu echtem Kino oder ordentlicher DVD.
    Dann war es auch kein ernsthafter wirtschaftlicher Schaden für die Rechteinhaber, weil dessen Fantasieumsätze nie zustande gekommen wären.

    Aber Kino.to hat scheints selbst Geld verdient mit geklautem Material und das dürfte den Rechteinhabern besonders weh getan haben.

    Comment by Frank — 8.06, 2011 @ 23:54

  4. Der einzelne Nutzer hat hier ja immer nur maximal eine einzige Kopie für sich selbst angefertigt. Insofern ist die Schadenssumme niedrig.

    Comment by AndreasM — 9.06, 2011 @ 10:38

  5. @4.
    Insofern kino.to nur Streaming-Formate ausgesendet hätte (ich weiß es nicht), ist es eine philosophische Frage ob man das Kopie nennen soll oder nicht, was beim Downloader zu suchen wäre.

    Anders als bei DVDs die in hochwertiger Qualität als gut gemachtes Plagiat auf den Markt kommen und das original Produkt verdrängen, ist es bei Streams in minderer Qualität kein echter Schaden, weil diese Klientel eher auf eine DVD oder einen Kinobesuch verzichten würde, als dafür Geld auszugeben das sie nicht haben.

    Aber so wie es ausschaut, hat Kino.to ein richtiges Geschäftsfeld aufgebaut mit der Darbietung geklauter Produkte und das ist schon ein starkes Stück.

    Dass Rapidshare und andere Hoster sowohl für das eine als auch das andere benützt werden können, liegt in der Natur der Dinge und ist eher ein Spagat, aber Kino.to hat ja bewusst nur auf dieses Geschäftsfeld aufgebaut und keinen Zweifel gelassen. Kein Wunder also, dass es irgendwann mal so weit kommen musste. Das nennt man, den schlafenden Löwen wecken.

    Comment by Frank — 9.06, 2011 @ 14:43

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