Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

27.11.10

Staatsminister Neumann und seine seltsamen Thesen zum Urheberrecht

Kulturstaatsminister Bernd Neumann hat auf der Website der Bundesregierung ein 12-Punkte-Papier zum Urheberrecht veröffentlicht.

Neumann fordert darin u.a. eine Fortentwicklung der Providerhaftung und die Schaffung weitergehender Prüf- und sonstiger Pflichten für Provider. Dies steht in einem gewissen Widerspruch zur geltenden Rechtslage. Nach der E-Commerce-Richtlinie und dem TMG treffen die Internet-Service-Provider nämlich grundsätzlich keine Prüf- und Überwachungspflichten.

Außerdem spricht sich Neumann auch für die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse aus. Neumann scheint, wie viele andere auch, immer noch nicht erkannt zu haben, dass diese Forderung nicht im Interesse der Autoren ist und letztlich auf eine gebührenfinanzierte Presse hinausläuft.

Wer einerseits den Urheber in den Mittelpunkt stellen will, anderseits aber der Forderung nach einem Leistungsschutzrecht das Wort redet, gibt zu erkennen, dass er die Zusammenhänge nicht durchdrungen hat und unreflektiert Forderungen der Lobbyisten wiederkäut.

Solche Positionsbestimmungen, die immerhin als offizielle Verlautbarung der Bundesregierung daherkommen, machen deutlich, dass der Weg hin zu einem Urheberrecht das zeitgemäß alle denkbaren Interessen in einen möglichst fairen Ausgleich bringt, noch sehr weit ist.

posted by Stadler at 21:48  

8 Comments

  1. Dieser Typ ist seit langem schon so’n richtiger Lobby-Handlanger! Für mich persönlich sogar einer, der diese „Funktion“ auch noch mit einer Offensichtlichkeit betreibt, die ihresgleichen sucht!

    Der steckt für meine persönlichen Begrife so tief im Ars*h der Lobbyisten, daß man schon gar nicht mehr sieht wo der eine anfängt und der andere aufhört…

    Bei seinem in der Vergangenheit oftmals unter Beweis gestelltem technischen know-how und so wie der z.B. letztes Jahr auf der Buchmesse e-book-reader erstaunt angesehen hatte (wie das sprichwörtliche „Auto“), könnte ich mir bei dem ganz gut vorstellen, daß er auch z.B. beim Hören des Begriffes „iPod“ an so ‚was wahrscheinlich denkt: http://tinyurl.com/34ybq2k

    Naja, wie dem auch sei… Mich würde allerdings interessieren, ob der eigentlich ‚was vom Börsenverein zugesteckt bekommt…!?

    In diesem Sinne, Baxter
    http://www.boersenverein.de/de/portal/11.05_Uhr_Bernd_Neumann_Chancen_und_Herausforderungen_der_Digitalisierung_aus_kulturpolitischer_Sicht/326214

    Comment by Baxter — 27.11, 2010 @ 22:52

  2. In der Medienpolitik treiben wirklich ganz schräge Gestalten ihr Unwesen. Aber leider ist das nicht die Ausnahme, man schaue nur auf die Bildungspolitik, Energiepolitik, Lebensmittelpolitik, Landwirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Verkehrspolitik, Arbeitsmarktpolitik, Steuerpolitik…, ein einziges Satireprogramm, wenns nicht so traurig wäre.

    Comment by Johannes — 28.11, 2010 @ 11:32

  3. Eine Providerhaftung / verpflichtung habe ich schon mal von anderen Quellen gehört.
    Der Herr Kulturstaatsminister scheint hier nur nachgeplappert zu haben.
    Man könnte das etwa mit den Kfz-Werkstätten vergleichen, die denn garantieren sollen, dass mit den von ihnen reparierte Fahrzeuge niemals etwas ungesetzliches passieren darf …

    Comment by Tourix — 28.11, 2010 @ 15:55

  4. @3.: Man könnte, man kann aber nicht.

    Comment by ElGraf — 28.11, 2010 @ 21:02

  5. Wie kommt es eigentlich, dass die ü60-Generation so zugänglich für Lobbyismus ist?

    Comment by Klaus — 28.11, 2010 @ 21:29

  6. @5 Die haben nix mehr zu verlieren und es ist ihre letzte Chance, die alte Haut nochmal zu Markte zu tragen.

    Deshalb sind auch so viele defizitäre Persönlichkeiten in der Politik, denen man die Mängel oft schon nach kurzen Momenten ansieht und -hört. Politik und bestmöglicher Verkauf der eigenen Unfähigkeiten, auch ohne Moral und Gewissen, ist ihre einzige Chance, zu Geld oder Einfluss oder Aufmerksamkeit zu gelangen, was sie und die Lobbyisten freilich wissen und wodurch sie deshalb auch so offensichtlich manipulierbar sind.

    Comment by Heinrich — 28.11, 2010 @ 21:43

  7. „Wie kommt es eigentlich, dass die ü60-Generation so „…. überhaupt noch in der Politik aktiv ist??

    Ein normaler Arbeitnehmer ist nach einem Arbeitsleben kaputt und freut sich auf die Rente (sofern das ein Grund zur Freude ist).

    Offenbar ist sabbeln und schicke Bänder bei Eröffnungen durchschneiden weniger anstrengend als bsp. dachdecken oder Rentenanträge bearbeiten.

    Oder macht es etwas aus, dass die Ferien wie die Schulkinder haben? (Sommerferien, Weihnachtsferien usw.) Viel Zeit zur Erholung?

    Comment by Christian — 29.11, 2010 @ 07:40

  8. @7: das Leben als Abgeordneter, Fraktionsvorsitzender und/oder Minister bietet eine Reihe von Annehmlichkeiten. U. a. eine relativ gute Entlohnung, eine fette Altersversorung (in der Höhe unerreichbar für ca. 95% der Bürger), Bahnfahren 1. Klasse, Lizenz zum Reisen auch in ferne Länder sowie fast unbegrenzte Zuverdienstmöglichkeiten inklusive vielfältiger Möglichkeiten der Kontakte zu entsprechend interessierten Kreisen mit dem nötigen Kleingeld. Bei Abgeordneten wird ja gelegentlich über deren Nebenverdienste spekuliert. Bei Leuten wie z. B. Friedrich Merz oder Peer Steinbrück sind die auf den Cent genau bekannt: es sind ihre Abgeordneten Diäten. ;)
    Es ist nirgendwo festgelegt, dass man sich in solchen Ämtern den Allerwertesten für die Arbeit aufreissen muss. Man kann durchaus viel Spaß haben, selbst wenn man gelegentlich sorgenvoll in die Kameras blickt und von Krisen redet, von denen man selbst nicht wirklich betroffen ist. So gesehen kann man in der Politik bis ins hohe Alter seine Zeit relativ angenehm totschlagen.

    Comment by M. Boettcher — 29.11, 2010 @ 10:47

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