Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.11.10

Die „Sammelklage“ gegen DigiProtect

Gulli berichtet darüber, dass der Prozessfinanzierer metaclaims nunmehr eine „Sammelklage“ gegen das Anti-Piracy-Unternehmen DigiProtect erheben möchte. Metaclaims hat sich von sieben abgemahnten Filesharern, die Schadensersatz an DigiProtect bezahlt haben, deren vermeintliche Rückforderungsansprüche abtreten lassen.

Worauf diese Klagen genau gestützt werden sollen, erfährt man in dem Artikel leider nicht. Denn metaclaims muss darlegen und unter Beweis stellen, dass die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt ist und DigiProtect damit ungerechtfertigt bereichert ist. Das bei Gulli angedeutete Argument, DigiProtect könne eventuell als Lizenznehmer gar nicht abmahnen, kann ich auf den ersten Blick nicht nachvollziehen. In den Abtretungserklärungen von DigiProtect, die mir bekannt sind, wurden vom Rechteinhaber immer ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt, beschränkt auf die Nutzung in P2P-Netzwerken. Darüber hinaus wird sich die Frage auch kaum in nur einer Instanz klären lassen.

posted by Stadler at 20:39  

11 Comments

  1. Ich habe heute mit RA Sven Hezel telefoniert und werde ihn mal auf die Bedenken zu seiner „Öffentlichkeitsarbeit“ hinweisen. Ob er allerdings konkrete Argunmente und deren Rechtsgrundlage vor Abgabe der Klagebegründung öffentlich diskutieren sollte…

    Es gibt eine seit langem existierende Fraktion die glaubt, dass die „Abtretungen“ keinesfalls vor einem Gericht bestand haben können, da die Rechteübertragung die das negative Verbotsrecht auslöst in Tauschbörsen nicht umsetzbar ist, da diese keinerlei Jugendschutz garantieren können.

    Die Ausrede, man müsse ja ein Recht zur Verbreitung nicht nutzen, oder man benötige dazu eine gesonderte Erlaubniss des Rechteinhabers ist in Verbindung mit den „ACS-LAW“ + „Kornmeier“-Leaks vom Tisch, da es sich um eine reine IP-Adressenlieferungsmaschine handelt.

    Insofern hätte Digiprotect ermitteln können, aber nicht aus eigenem Recht heraus abmahnen. Erschwerend kommt in einigen Fällen dazu, dass die Verträge auf kalifornischem Recht basieren und generell das Rechte übertragen von Firmen die dort residieren vom Recht massiv erschwert wird. Deswegen müssen in den jüngsten Klagen in Amerika auch die Rechteinhaber selbst auftreten.

    So einfach ist das alles nicht. Möglichweise wäre ein Vorgehen in den USA von bedeutend besserer Erfolgsaussicht. Aber andererseits… deutsche Richter halten sich ja für alles mögliche auf der Welt zuständig.

    Comment by Shual — 1.11, 2010 @ 21:53

  2. Das Jugendschutzrecht soll die urheberrechtliche Rechtseinräumung verhindern? Da bin ich gespannt.

    Comment by Stadler — 1.11, 2010 @ 22:19

  3. Auch wenn ich persönlich nach wie vor die Meinung vertrete, daß eine Strafkammer der bessere Ort wäre, frage ich dennoch: Wieso schwer, wenn’s auch einfach geht!?

    I. Kosten („Werk“ egal)

    Dazu sei als Ausgangspunkt auf die Schnelle an die folgende Pressemitteilung der Digiprotect erinnert, Quelle: http://www.internet-law.de/Pressemitteilung-Digiprotect.pdf

    7. Das im Vergleichswege übermittelte Angebot ist so kalkuliert, dass die Kosten bzw. Ansprüche aller am jeweiligen
    Abmahnverfahren Beteiligten damit abgegolten werden können.
    8. Die von uns mandatierten Anwaltskanzleien liquidieren ihre Kosten und ihr Honorar in jedem Fall in einwandfreier Form gemäß der jeweils geltenden gesetzlichen Grundlagen.

    „jeweils geltenden gesetzlichen Grundlagen“. So, so… Übrigens wurde das VOR der eidesstattlichen Versicherung des Herrn Dr. Udo Maximilian Kornmeier veröffentlicht. Darin versicherte er, daß es Digiprotect „aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich sei, in jedem einzelnen Fall eine 1,3-Gebühr nach dem RVG aus einem Streitwert von EUR 10.000,- zu bezahlen.
    Aber GENAU SO werden die Kosten in den Abmahnschreiben dargestellt und in Rechnung gestellt. Das heißt, daß der Abgemahnte Kosten bezahlt hat, die gar nicht entstanden sind.

    Wie das hinsichtlich § 263 StGB bzw. § 370 AO aussieht, kann ich als Nicht-Jurist selbstverständlich nicht beurteilen und würde mich daher über diesbzgl. Ansichten sehr freuen.

    Zudem handelt es sich ja anscheinend um ein „no cost project“, wie es in dem „berühmten“ FAX eindrucksvoll nachzulesen ist. Oder aber kurz: „Turn Piracy Into Profit„, „dem Auftraggeber entstehen keine Kosten

    II. Verwandte Schutzrechte („Werk“: Porno)

    Das Jugendschutzrecht soll die urheberrechtliche Rechtseinräumung verhindern? Da bin ich gespannt.

    Warum denn nicht? Ich würde das sowieso zunächst ganz allgemein betrachten. Und zwar als Frage formuliert: Kann es eine Lizenz geben, die es ermöglicht/erlaubt gegen das Strafgesetzbuch zu verstoßen?
    M.E. gibt es das nur für James Bond, wonei der ’n hoheitlichen Auftrag hat!
    In dem Zusammenhang möchte ich gerne als Beispiel an den Inhalt der sog. „Rahmeneckwertevereinbarung“ erinnern, in der im Grunde Nutzungsrechte eingeräumt werden, mit der Nutzungsart das „Werk“ dezentral öffentlich zugänglich zu machen. Siehe z.B. (Punkt 3): http://i42.tinypic.com/30bcrgy.jpg
    1. § 184 StGB verbietet genau das! Wie kann der Lizenzgeber also überhaupt über das Recht verfügen, solch ein Material dezentral öffentlich zugänglich zu machen, also ein ausschließliches Nutzungsrecht einräumen gegen das Strafgesetzbuch zu verstoßen?
    2. In jedem GÜFA-Vertrag (Produzent bzw. Urheber/Künstler) steht beispielsweise, daß der Rechteinhaber ausdrücklich versichert, daß eine -in dem Fall- Zugänglichmachung NICHT gegen geltende Strafvorschriften (insb. § 184 ff StGB) verstößt. Darüber hinaus ist zudem die Erteilung der Erlaubnis gemäß § 1 UrhWahrnG durch das DPMA daran strikt geknüpft.
    3. Die sog. „Porno-Abmahnungen“ nehmen stets Bezug auf § 106 UrhG. Allerdings besagt in dem Zusammenhang § 109 UrhG, daß die Tat nur auf Antrag verfolgt wird, was m.E. auch Sinn macht (s.o.). Gemäß § 1 Absatz 3 UrhWahrnG steht dieses Antragsrecht nach § 109 UrhG allerdings nur Verwertungsgesellschaften zu und die Digiprotect GmbH ist nun ‚mal keine, wie auch das DPMA seinerzeit geprüft und festgestellt hatte.
    Am Rande: In dem Zusammenhang sollte man m.M.n. auch ‚mal hinterfragen, ob die Landgerichte überhaupt wissen, was sie da nach § 101 UrhG tausendfach durchwinken…!? In dem Fall darf es m.E. erst gar nicht zu einer Auskunft kommen.
    4. Im Bezug auf die US-Lizenzierungsvereinbarungen: Zunächst einmal regelt in Deutschland § 31 UrhG die Einräumung der Nutzungsrechte, welche räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden können. In Deutschland steht, anders als beim Copyright, der Urheber gemäß § 7 UrhG im Vordergrund, dessen Zustimmung für die Einräumung von Nutzungsrechten erforderlich ist, siehe § 34 UrhG. Teilweise sind die abgemahnten Werke nicht auf dem deutschen Markt erhältlich, so daß neben oben genannten Gründen m.M.n. auch Dinge, wie § 14 JuSchG untersucht werden müssten. Ohne Kennzeichnung ist eine „öffentliche Zugänglichmachung“ m.E. nicht rechtens, weswegen auch kein diesbzgl. Nutzungsrecht eingeräumt werden kann.

    So! Will nicht weiter mit meinen Laien-Ansichten langweilen.
    Experten-Ansichten/Meinungen sind von daher sehr erwünscht.

    Danke und Gute Nacht, Baxter

    Comment by Baxter — 2.11, 2010 @ 01:08

  4. Das war nur meine Meinung und nicht RA Hezels Meinung, dessen Meinung ich nicht kenne und wenn ich sie kennen würde nicht verbreiten würde. :-)

    Comment by Shual — 2.11, 2010 @ 08:44

  5. @Shual: Das grundsätzliche Problem dieser Vorgehensweise besteht darin, dass Rückforderungsansprüche noch schwerer durchsetzbar sind, weil eine zusätzliche Hürde zu überwinden ist. Wenn man sich, wie so häufig auf einen Zahlbetrag verständigt hat, dann ist der Vergleich Rechtsgrund dieser Zahlung. Dieser Vergleich muss dann erst einmal beseitigt werden.

    Grundsätzlich sinnvoller wäre es deshalb m.E., in einem geeigneten Fall, keine Unterlassungserklärung abzugeben und dann gegen den Rechteinhaber vor einem Landgericht negative Feststellungsklage zu erheben. Das passiert deshalb nicht, weil man als Anwalt niemandem ernsthaft raten kann, ein Prozessrisiko im fünfstelligen Bereich einzugehen, wenn er die Sache ansonsten mit ein paar hundert EUR aus der Welt schaffen kann.

    Comment by Stadler — 3.11, 2010 @ 10:30

  6. Sie sagen es, RA Thomas Stadler.

    Ich habe noch mal mit RA Sven Hezel gemailt und wie zu erwarten wird er keine Details vor der Abgabe der Klagebegründung preis geben.

    Er muß eben den Spagat versuchen Leute zu animieren und dabei nichts Wesentliches zu veröffentlichen. Das ist für neutrale Betrachter natürlich unschön und ob sich das Warten lohnt wird man sehen.

    Comment by Shual — 3.11, 2010 @ 14:18

  7. Da die Rechteinhaberschaft angezweifelt wird, wäre doch der Vergleich nach § 779 BGB im Erfolgsfall hinfällig, oder sehe ich das falsch?

    Comment by orchid — 3.11, 2010 @ 15:31

  8. Sollte sich herausstellen, dass DigiProtect keine Nutzungsrechte hat, wäre der Vergleich u.U. wegen arglistiger Täuschung anfechtbar.

    Comment by Stadler — 3.11, 2010 @ 16:15

  9. @Thomas Stadler,

    3 Fragen unabhängig evtl. Nutzungsrechte:

    1. Handelt es sich nicht bereits „per default“ um eine „arglistige Täuschung“, wenn die geldliche Forderung im Abmahnschreiben lediglich und mittlerweile nachgewiesenermaßen vortäuscht, daß sich die Kosten nach § 2 RVG berechnen würden, in Wahrheit dem aber nicht so ist? Vgl. „eidesstattliche Versicherung Kornmeier/Digiprotect“.

    2. Sorry für die folgende, vermeintlich „blöde“ Frage. Bin nun ‚mal „nur“ ein (interessierter) Laie: Kann man unter Umständen verallgemeinert sagen, daß „arglistige Täuschung“ (§ 123 BGB) quasi den „zivilrechtlichen Betrug“ (§ 263 StGB) darstellt?

    3. Wären die Abmahner nicht bereits allein aufgrund der Tatsache unter Punkt 1. schadensersatzpflichtig gemäß § 823 BGB? Immerhin reden wir hier über zig-tausend-fach identische Vorgänge, die zudem durch einen nach § 12a BRAO vereidigten, niedergelassenen Rechtsanwalt begleitet wurden/werden. Ein „Rausreden“ dürfte diesbzgl. m.E. wohl eher zur allgemeinen Belustigung beitragen…

    4. Sollte die Tatsache unter Punkt 1. nicht zwingend/automatisch eine Untersuchung hinsichtlich § 370 AO nach sich ziehen? Hierbei dürfte es doch schnuppe sein, ob Zivil- oder Strafrecht. Oder?

    Über Antworten auf die Fragen wäre ich sehr dankbar bzw. mehr als dankbar, denn ich behaupte, daß Punkt 1. auf ALLE Abmahner im Bereich „filesharing-Abmahnungen“ zutrifft. Zumindest braucht man für diese Erkenntnis m.M.n. nur ‚mal seinen Taschenrechner zu bemühen.

    ——————————————-
    Persönliche Meinungsäußerung: Bleibt zu hoffen, daß die „alten Kumpels“ in den entsprechenden Positionen kalte Füße bekommen und ihre „Gefälligkeiten“ allein aus eigenem Interesse schleunigst einstellen. Ich denke, daß mittlerweile diverse Netzwerke/Verpflechtungen allgemein bekannt sein dürften. Das gilt auch für die, meiner Meinung nach (!), auffallend ermittlungsfaulen Staatsanwaltschaften.
    Bei einem vermeintlichen/angeblichen „filesharer“, der im Grunde aber lediglich (irgend-)ein Anschlußinhaber ist, d.h. also bei dem kein hinreichender Tatverdacht bestehen kann, steht u.U. ruckzuck das Einsatzkommando in Begleitung von Mitarbeitern des Lobby-„anti-piracy“-Verbandes im Wohnzimmer, um Artikel 13, GG mit Füßen zu treten…
    Ein Abmahnanwalt dagegen, der in FAX-Nachrichten ein lupenreines Geständnis verewigt und der zudem bei Gericht eidesstattlich versichert, zig-tausend-fach wider besseren Wissens falsche Forderungen in die Abmahnschreiben mit verwurstet zu haben, macht einfach und in einer an Dreistigkeit kaum zu überbietenden Art und Weise munter weiter. Alle anderen machen einfach die Augen zu und tun so, als sei nichts gewesen!

    Ist doch irgendwie „Verkehrte Welt“, oder!? Naja, wie dem auch sei…
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    Vielen lieben Dank vorab und schöne Grüße aus Kölle,
    Baxter

    Comment by Baxter — 3.11, 2010 @ 18:14

  10. @Thomas Stadler
    Warum sollte § 779 BGB hier nicht einschlägig sein, wenn im Gerichtsverfahren festgestellt wird, dass der zugrunde gelegte Sachverhalt (nämlich die Rechteinhaberschaft) nicht der Wirklichkeit entspricht? Damit wäre der Vergleich unwirksam, ein Anfechten gar nicht erforderlich?!

    Comment by orchid — 6.11, 2010 @ 16:25

  11. @orchid: Wenn festgestellt wird, dass zwischen DigiProtect und dem Rechtsinhaber keinerlei Vereinbarung besteht, dann evtl. ja.

    Sollte sich herausstellen, dass (nur) eine rechtlich unwirksame Rechtseinräumung vorliegt, dann sieht es schon wieder anders aus. Denn ein Rechtsirrtum ist nach § 779 BGB nicht beachtlich.

    Comment by Stadler — 7.11, 2010 @ 11:41

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