Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

26.8.10

Sammelklage gegen DigiProtect?

Bei gulli.com und der Initiative Abmahnwahn-Dreipage ist gerade über einen etwas eigenwilligen Aufruf zu lesen, nämlich eine (angebliche) Sammelklage gegen die bekannten Filesharing-Abmahner DigiProtect. Hierzu sollen Betroffene, die von DigiProtect wegen des Uploads eines pornografischen Films abgemahnt wurden und dann Schadensersatz oder Anwaltskosten bezahlt haben, ihre vermeintlichen Rückforderungsansprüche an eine „Metaclaims Sammelklagen Finanzierungsgesellschaft mbH“ abtreten.

Abgesehen davon, dass es sich nicht um eine Sammelklage handelt, sondern um eine Klage eines Einzelnen aus abgetretenem Recht, macht doch die Voraussetzung, dass das verletzte Werk ein pornografischer Film gewesen sein muss, stutzig. Weil die Erfolgsaussichten bei pornografischen Filmen kaum besser sein dürften als beispielsweise bei Musikstücken, wird man sich die Frage stellen müssen, welche konkreten Interessen sich hinter dieser Einschränkung verbergen.

Aus Sicht der Betroffenen wäre es sicherlich interessanter, wenn in einem geeigneten Musterverfahren einmal mittels eines vom Gericht zu bestellenden IT-Sachverständigen die Zuverlässigkeit der Ermittlung des Anschlussinhabers/Tauschbörsennutzers überprüft würde. Denn speziell bei dieser Frage gibt es, zumindest mit Blick auf einige der technischen Dienstleister die auf diesem Feld agieren, Anlass für Zweifel. Zwei der kritischen Punkte sind hier die korrekte Erfassung der exakten Zeit des Rechtsverstoßes (Zeitspempel) sowie die Frage, wie der Verstoß konkret ermittelt wird, also durch Testdownloads, wie vielfach behauptet wird, oder doch nur über Index-Dateien oder Dateinamen.

posted by Stadler at 20:48  

9 Comments

  1. Oftmals habe ich den Eindruck wird einfach ein request (Kann man sogar mit nem normalen Browser machen der Port ist nur anders) an den Tracker gemacht und die zurückgelieferten IPs abgemahnt.

    Ist ja auch sinnvoll, denn selbst wenn man dadurch viele beschuldigt die gar nichts gemacht haben, mindert weiteres aussortieren ja auch nur die Einahmen.

    Eigentlich ja für den Bürger kaum zu Glauben das die Unterhnehmen verfahren Gewinnen ohne dem Gericht und den Beklagten auch nur Erklären zu müßen wie sie zu dem Verdacht kommen.

    Comment by mark — 26.08, 2010 @ 23:12

  2. Vorallem der Testdownload erscheint fragwürdig, wenn man bedenkt, wieviele Downloads DP & Co. durchführen müssen und sich „alle Tester selbst nach Monaten ganz exakt daran erinnern können, daß die Datei XYZ vom TT.MM.JJJJ um AA:BB:CC“ auch lauffährig war. Da werden selbst Elefanten neidisch, ob solcher Gedächtnisleistungen.

    Comment by anwalt-in-mol.de — 27.08, 2010 @ 09:51

  3. Wie vielfach behauptet? Wieso musste dies nicht bereits vor Gericht belegt werden?

    Ein kompletter Testdownload erscheint mir allerdings auch nicht nötig, ein Prozentsatz an zufällig ausgewählten Blöcken sollte zur Beweisführung ausreichen.

    Comment by name — 27.08, 2010 @ 15:32

  4. @#3: *MÖÖP*, leider falsch gedacht! Guess again!

    @#1:

    Eigentlich ja für den Bürger kaum zu Glauben das die Unterhnehmen verfahren Gewinnen ohne dem Gericht und den Beklagten auch nur Erklären zu müßen wie sie zu dem Verdacht kommen.

    In der Tat! Kann ich absolut bestätigen. Ein Schwank (wenn gestattet):
    Ich war z.B. selbst im Dez. 2009 als Besucher live am LG Köln (Raum 222) zugegen, als es um die Beweisaufnahme ging (Rasch, ProMedia, BVMI e.V.), ob „sauber“ mit dem Mandanten (die „Majors“) nach RVG abgerechnet wird oder nicht. Schließlich wird dies so nun ‚mal in den Abmahnungen auch behauptet.
    Persönlicher Eindruck dieser „Veranstaltung“: DAS war für mich persönlich eine Farce sondersgleichen aber gleichzeitig für mich als „Nicht-Jurist“ eine ganz besondere Erfahrung. Z.B.:
    1. Selbst dem allergrössten Depp, der in Mathe stets eine 6 hatte, kann man diesbzgl. sehr leicht die Wahrscheinlichkeit vorrechnen, wenn man die MASSEN an Abmahnungen berücksichtigt. Welches Unternehmen streckt solche Summen vor?
    2. Sowohl die Zeugen selbst ALS AUCH (!) Richterin Reske und ihr Kollege Hr. Büch (der übrigens m.E. so aussieht wie der junge Dan Aykroyd)wiesen ständig bei den interessanten Fragen auf die anwaltliche Schweigepflicht hin. WAS soll ich als „normaler“, zuhörender, steuerzahlender Bürger der dafür extra einen Tag Urlaub genommen hat, spätestens zu dem Zeitpunkt von der deutschen Justiz denken?

    Da wurden Zeugen einladen, die aber gar nichts sagen dürfen und der eigentliche Auftraggeber („Rechteinhaber“) wird als Kläger zu Hause lassen. Vertreten wurden die Kläger von einem Anwalt, der bei der Kanzlei Rasch angestellt ist. Auf dem Türschild vor Raum 222 am LG Köln stand EINZIG „EMI Music…“ als Kläger (logisch, ist ja auch das einzige Major aus Köln und das LG Köln ist ja bekanntermaßen…egal), im Gerichtssaal wurden die anderen Majors direkt mitbehandelt! Dabei dachte ich, daß „Massenklagen“ in Deutschland nicht zulässig seien… Lange Rece, kurzer Sinn:
    Für mich persönlich ging es da gar nicht primär um die Wahrheitsfindung, denn dafür hätte ein Anruf von den Richtern beim Finanzamt gerreicht…!

    @#2: Die Briefkastenfirmen an sich sind bereits fragwürdig! Da ist dieser „Testdownload“ eher zweitrangig. Ketzerisch könnte ich sowieso fragen, weshalb die einen „Testdownload“ brauchen, wenn die den Kram doch selbst verbreiten…

    @all, nur ‚mal so nebenbei: Hier werden übrigens massiv Grundrechte eingeschränkt… § 101 UrhG Abs. 10! Nicht nur daß das Gericht das ignoriert und alles ungeprüft durchwinkt, es scheint auch sonst keinen sonderlich zu interessieren… DAS finde ich persönlich sehr bedauerlich!

    In diesem Sinne, Baxter

    Comment by Baxter — 27.08, 2010 @ 16:38

  5. @#4 Wenn ein Rechteinhaber eine Rechtsverletzung behauptet, muss er sie auch nachweisen. Es ist ja nicht der Dateiname geschützt sondern der Inhalt. Sollte dies nicht geschehen und sollte die Verteidigung es nicht bemängeln, wurde wohl ein unfähiger Anwalt gewählt.

    Vielleicht könnte sich jemand mit praktischer juristischer Erfahrung hierzu äussern.

    Comment by name — 27.08, 2010 @ 17:26

  6. @5: Sorry, eben ganz vergessen zu konkretisieren: Ich bezog mich natürlich auf den zweiten Tei, d.h. auf den „Testdownload“. Da reicht ein unvollständiger download nun ‚mal nicht aus um entsprechende hash-Werte zu bilden. Die Prüfsummen einzelner chunks taugen ebenso wenig eine (gerichtsverwertbare) Aussage über die komplette Datei zu machen.
    Zum 1. Teil kann ich als „Nicht-Jurist“ natürlich nichts sagen, allerdings befürchte ich daß darauf kein Anwalt antworten wird…!
    Noch ‚mal xix für ungut!

    Gruß, Baxter (Dipl.-Ing. , also zumindest mit praktischer technischer Erfahrung… ;-) )

    Comment by Baxter — 27.08, 2010 @ 18:06

  7. @6: Da wäre ich mir nicht so sicher.

    Die aktuell häufigste „Piece Size“ von Bittorrent beträgt laut BEP-0003 256kb, d.h. es sollten sich bereits genügend Daten in einem „Piece“ befinden, um urheberrechtlichen Schutz zu geniessen – es sind ja bereits einzelne Bilder und kleinste Tonfolgen geschützt.

    Weiterhin reicht für eine Abmahnung (um die es bei diesem Geschäftsmodell dem Anschein nach primär geht) ja auch schon die Gefahr der Begehung. Diese kann bei einem aktiven Torrent-Download wohl bejaht werden kann, zumindest wenn der Client tatsächlich auf der Suche nach Daten ist. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass die von Bittorrent verwendeten SHA1-Checksummen sehr stark sind und in praktischer Hinsicht als kollisionsfrei angenommen werden können, d.h. spätestens bei Übermittlung des Info-Hashes kann man davon ausgehen, dass tatsächlich ein konkretes Torrent-File dem Client übergeben wurde.

    Und schlußendlich übermittelt der Client ja noch seine bereits vorhandenen Pieces, was man mit etwas Kreativität eventuell einem Eingeständniss gleichsetzen kann, auch wenn es nur von einem Program „geäussert“ wurde.

    Comment by name — 27.08, 2010 @ 18:31

  8. Eine letzte Anmerkung noch: bezüglich des Zeitstempels muss man Herrn Stadler natürlich zustimmen, da wohl in den wenigsten Fällen eine Synchronisation der Uhren mit dem jeweiligen ISP stattgefunden hat. Dies liesse sich in den meisten Fällen wohl noch durch speichern des ersten und des letzten Zeitpunktes, zu dem ein Peer gesehen wurde, umgehen. Allerdings melden sich Peers aus verschiedenen Gründen oft nicht sauber bei den Trackern ab (Zwangstrennung, Leitungsüberlastung durch Downloads, schlecht programmierte Clients, …), so dass der Tracker oftmals veraltete Informationen über aktive Peers führt.

    Gruß, Anonym (der in den letzten zwei Tagen zu Testzwecken ein entsprechendes Torrent-Überwachungs-Program geschrieben hat. RSS-Feed Überwachung, bei interessanten Torrents die Tracker abfragen, GeoIP-Zuordnung, Filterung nach interessanten Zielländern, Testdownload, alles voll automatisiert. Entwicklungsmässig eine ziemliche Trivialität, so viel zu den häufig geforderten „Ermittlungskosten“) :)

    Comment by name — 27.08, 2010 @ 18:45

  9. @5: Das möchte man zwar meinen, aber ganz so einfach ist es in der Praxis nicht. Manche Gerichte lassen ein einfaches Bestreiten der Rechtsinhaberschaft nicht genügen, sondern verlangen ein substantiiertes Bestreiten. Im Prozess legen die Abmahner außerdem im Regelfall noch Urkunden und Verträge vor.

    Comment by Stadler — 27.08, 2010 @ 20:17

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