Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.8.10

Günter Grass und das Urheberrecht

Günter Grass äußerst sich in einem Gespräch mit dem SPIEGEL auch zum Urheberrecht und sagt, er hätte mit seinem Verleger abgesprochen, das keines seiner Bücher für Lesegeräte wie das iPad freigegeben wird, bevor nicht ein die Autoren schützendes Gesetz wirksam wird.

Vielleicht kann mir ja jemand erklären, was er damit meint. Das Urheberrecht schützt die Autoren umfassend. Schutzlücken sehe ich auch im Digitalbereich nicht. Oder möchte Grass damit dem unsäglichen Leistungsschutzrecht für Verleger das Wort reden?

posted by Stadler at 12:41  

16 Comments

  1. Der Grass, nun will er also auch physisch deutlich machen, was er im allgemeinen Diskurs längst ist: überflüssig. Offenbar geht es so manchem – erfolgreichen – Schriftleger gar nicht darum, dass er seine Ansichten, seine Ideen, seine Analysen einer breiten Öffentlichkeit bekannt macht. Möglicherweise wird es noch einige Jahre dauern, bis eBook-Reader der Verschwendung kanadischer und russischer Regenwälder den Rang endgltig abgelaufen haben, aber dann wird es nur noch einige Liebhaber geben, die hinter irgendwelchen halbverschimmelten Erstausgaben herjagen. Nicht für den Inhalt, sondern für die Schönheit des Gedruckten.

    Für zukünftige Schülergenerationen hat das den Vorteil, nicht ausgerechnet den verlogenen Langweiler Grass lesen zu müssen, sondern relevante Autoren, die sich ernsthaft und intelligent mit Deutschland und der Welt auseinandersetzen. Denn in Zukunft wird es in der Schule keine tonnenschweren Ranzen voller Papier geben, sondern einmal günstig anzuschaffende eBook-Reader, auf die jedes Jahr einfach die aktuellen Schulbücher draufgespielt werden. Die Vorteile sind offensichtlich. Nur Grass wird nicht dabei sein.

    Comment by Dierk — 15.08, 2010 @ 12:55

  2. Nun ja, der alte Grass. Die großen Impulse für die Literatur des 21. Jahrhunderts sind von ihm ja ohnehin nicht mehr zu erwarten, also spielt es auch keine Rolle, wenn er noch auf längere Zeit nicht auf dem iPad verfügbar sein wird.

    Comment by Matthias — 15.08, 2010 @ 13:04

  3. Damit „Die Box – HÖRBUCH von Günter Grass gesprochen von Günter Grass“ ist Günter Grass längst drin im iTunes-Store.

    Comment by kluelz — 15.08, 2010 @ 13:10

  4. In dem Interview ist er ja total begeistert von den Gebrüdern Grimm. Gut, dass es damals kein Urheberrecht auf den ganzen Märchen gab und sie sich nicht gegen die Verbreitung ihrer Werke ausgesprochen haben. Wir hätten sonst nie was von ihnen gehört.

    Comment by Balkonschlaefer — 15.08, 2010 @ 13:21

  5. Günther Grass hat in letzter Zeit ein ausgesprochenes Talent dafür gezeigt für Unverständnis zu sorgen und sich selbst überflüssig zu machen.

    Fakt ist: wer über kurz oder lang nicht unter freien Lizenzen publiziert und im Netz nicht präsent ist, wird in den nächsten 30 Jahren untergehen und im Wesentlichen nicht gelesen werden. Es sei denn er hätte a) Weltliteratur verfasst, oder b) einen großen Namen.

    Man mag geteilter Auffassung sein, aber mit Weltliteratur in der Größenordnung eines Goethe, Brecht, Fontane oder E.T.A Hoffmann, hat uns Herr Grass bisher nicht beglückt und sein Schreibstil ist nicht gerade derart mitreißend, dass die breite Masse seine Werke förmlich verschlingen würde. Die Möglichkeit sich dauerhaft einen großen Namen zu erarbeiten sind in der heutigen globalen Gesellschaft auch sehr begrenzt. Einen zweiten Goethe wird es möglicherweise nie wieder geben.

    Wir haben 6 Milliarden Menschen auf der Welt mit der Fähigkeit ein Buch in schlechter bis mittelprächtiger Qualität zu schreiben. Selbst wenn nur 1% davon das tut und davon wiederum nur 1% gute Literatur schreibt und diese nur alle 10 Jahre 1 Buch herausbringen, ist das noch eine überwältigende Konkurrenz von 60.000 freien Büchern pro Jahr, der Grass nichts entgegenzusetzen hat.

    Selbst die gesamte Industrie weltweit zusammengenommen hat allein den Zahlen nach nicht den Hauch einer Chance gegen den Markt zu kämpfen. Sie können nur mitmachen oder untergehen.

    Willkommen in der Realität, Herr Günther Bedeutungslos! Sehen Sie es ein: die Welt braucht Sie nicht – passen Sie sich an oder lassen Sie es bleiben. Ihre Abwesenheit ist bisher der breiten Masse nicht aufgefallen und wird es auch künftig nicht.

    Bücher auf Papier wird es freilich immer geben: aber da sie auch teuer, sperrig und schwer sind, wird die Verbreitung wohl eher sinken als steigen.

    Die technischen Möglichkeiten erlauben multimediale Kunst statt Texten in schwarz/weiß. Es gibt keinen Grund, warum ein digitales Buch keine Musik, bewegte Bilder, anklickbare Querverweise, Suchfunktion oder Vorlesemodus enthalten sollte. Und je mehr Bücher das liefern, umso selbstverständlicher wird es werden.
    Autoren haben sich darauf einzustellen, oder sie werden sich künftig in einer Nische wiederfinden. Denn einfach nur schreiben und publizieren stellt kein technisches Hindernis mehr dar.

    Also entweder passt ein Herr Grass sich der veränderten Nachfragesituation an, wie es in der Marktwirtschaft von allen anderen (bis zum kleinsten Handwerksbetrieb) auch verlangt wird, oder er hat Pech gehabt. Bei Leuten, die nicht mitmachen wollen, erledigt die Strömung des Marktes den Rest.

    Kunst von Weltrang wird es daneben freilich immer geben: ein Goethe wird immer ein Goethe bleiben. Heute genauso wie in 200 Jahren.

    Wie gut, dass uns bei Goethe kein Urheberrecht im Weg steht!
    Man stelle sich vor eine digitale Neuauflage von Goehte’s Faust mit multimedialen Inhalten, passender Untermalung mit klassischer Musik und Live-Abruf von Interpretationen und Kommentaren zu gerade gezeigten Textstellen. Goethe würde frohlocken, hätte er das noch erleben dürfen!
    Welcher Literaturfreund würde dafür nicht mit Freuden zahlen? Was wäre das für eine Bereicherung für jedes Schulkind!

    Man kann im digitalen Zeitalter gutes Geld verdienen: wenn man sich nicht dagegen sträubt.

    Comment by Tom — 15.08, 2010 @ 15:06

  6. Wenn Meinungsträger prominenter Provenienz sich zu Themen, bei denen man eigentlich mit deren Kompetenz rechnen müsste, ahnungslos zeigen, fördert dies immerhin nicht den ohnehin fragwürdigen Über-Respekt vor vermeintlichen Eliten.

    Wenn Einbildung und Ahnungslosigkeit groß machen würden, könnten manche den Mond im Knien am A…. lecken (sorry, das war b ö s e ;)

    Comment by Ralf Petring — 15.08, 2010 @ 15:07

  7. Grass: ein Genie, zweifellos (siehe „Blechtrommel“). Aber das Verfallsdatum ist überschritten. Das tut weh.

    Comment by Wolf-Dieter — 15.08, 2010 @ 16:53

  8. Laut Spiegel: „bevor ein die Autoren schützendes Gesetz wirksam wird“

    Laut diesem Blog das Gegenteil: „bevor nicht ein die Autoren schützendes Gesetz wirksam wird“.

    „bevor nicht“ ergibt hier absolut keinen Sinn, weswegen ich sofort vermutete, dass Herrn Grass eine derartige Sprachkatastrophe kaum unterlaufen sein würde.

    Merkregel: In Sätzen mit „bevor“ hat ein „nicht“ meistens nichts zu suchen.

    Mit besten Grüßen,
    Mike Nolte

    Comment by Mike Nolte — 15.08, 2010 @ 17:34

  9. Grass wird doch noch über sein eigenes Werk entscheiden dürfen.

    Comment by jo — 15.08, 2010 @ 18:49

  10. @jo
    klar darf er das, und das sagt das aktuelle gesetz ja auch aus. nur hat er es scheinbar nicht kapiert, oder einige leute hustVerlegehust haben ihm da einige falsche infos gegeben

    Comment by jojo — 15.08, 2010 @ 19:44

  11. zu 9. (jo):
    Selbstverständlich „darf Grass über sein eigenes Werk entscheiden“; erstaunlich nur sind die diffusen Unkenntnisse über geltendes Urheberrecht, wie diese sich in dem Interview offenbaren. Ein weiteres Beispiel, wie verzerrte Medien-Darstellungen sogar eigentlich einschlägig kompetente Akteure verwirren können. Vielleicht schmeichelt diese Erklärung dem mir in letzter Zeit etwas zu verbitterten Schriftsteller sogar.

    Comment by Ralf Petring — 15.08, 2010 @ 19:46

  12. @Mike Nolte: Diese Grammatikregel ist mir unbekannt. Der Unterschied besteht darin, dass ich anders als der Spiegel nicht in wörtlicher Rede wiedergebe.

    Comment by Stadler — 15.08, 2010 @ 22:21

  13. Es geht doch nicht um Grass. Es geht darum, daß ich laut Urheberrecht an Bekannte eine Kopie weitergeben darf.
    Also ich schicke ihnen Allen, weil wir jetzt miteinander bekannt sind eine Kopie, die ist als eBook schnell zu fertigen.

    Und, Die Blechtrommel und Grimms Märchen haben die neuen Medien nicht gebraucht und sind nicht in Vergessenheit geraten.

    Wobei ich nicht gegen die neuen Medien bin, ein Urheber muß nur geschützt sein, seine Werke vermarkten zu können. Davon lebt der. Und jetzt schreiben Sie bitte nicht : Die Blechtrommel hat doch schon ihr Geld gebracht, da kann sie doch jetzt verschenkt werden.

    Comment by jo — 15.08, 2010 @ 22:33

  14. Dass die FAZ wegen Urheberrechtsverletzung verurteilt wurde, weil sie selbstgerechte Briefe von Grass ohne seine Zustimmung im Meinungsstreit um seine SS-Vergangenheit publiziert hat, passt doch gut ins Bild.

    Comment by Dr. Klaus Graf — 16.08, 2010 @ 05:39

  15. @jo

    Wie wär’s, keine Ahnung nicht laut zu rauszuschreien? Oder beim Thema bleiben?

    Noch mal unpolemisch:

    – Ich kann Kopien von Grass Werken auch ohne eBook vertreiben.
    – Ich darf von urheberrechtlich geshcützten Werken weder elektronische noch Papier- oder andere Kopien vertreiben.
    – Über die Frage wie lange die Schutzzeit sein sollte, kann, sollte und muss geredet werden. Allerdings geht es darum weder bei Grass noch bei Stadler.

    Comment by Dierk — 16.08, 2010 @ 07:58

  16. Holla , für mich war das Thema Grass und das Urheberrecht.
    Und, daß das Urheberrecht keinen ausreichenden Schutz bietet.

    Comment by jo — 17.08, 2010 @ 22:38

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