Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

22.7.10

Amnesty: Kampagne gegen Polizeigewalt in Deutschland

Amnesty International hat gerade eine unterstützenswerte  Kampagne gegen Polizeigewalt in Deutschland und für die individuelle Kennzeichnung von Polizeibeamten gestartet und berichtet darüber auch als Schwerpunktthema im neuesten Amnesty Journal.

Polizeigewalt, gerade bei Demonstrationen, ist ein ernstes Problem in Deutschland, auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen. Im Zeitalter der Digitalkamera und von YouTube werden allerdings immer öfter grundlose polizeiliche Übergriffe gegenüber Demonstranten und Pasanten dokumentiert und öffentlich gemacht. In vielen Fällen wird das Opfer von den Behörden sogar noch wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angezeigt. Ein  solcher Fall ereignete sich auch auf der letztjährigen Freiheit statt Angst Demo in Berlin. Der Betroffene hatte Glück, weil der Vorgang von anderen Demonstranten gefilmt wurde, weshalb das Strafverfahren gegen ihn kürzlich eingestellt wurde. Eine Anklage gegen die prügelnden Beamten gibt es in diesem Fall aber nach wie vor nicht.

Um Fälle dieser Art einzudämmen, ist eine Kennzeichnung jedes einzelnen Beamten unbedingt erforderlich. Wenn sich Vertreter der Polizei demgegenüber auf Datenschutz berufen, haben sie offenbar nach wie vor nicht verstanden, dass sie dem Bürger als Staatsgewalt gegenüber treten und, dass dies mit offenem Visier geschehen muss. Ein „Vermummungsrecht“ für Polizeibeamte ist aus rechtsstaatlicher Sicht nicht hinnehmbar.

posted by Stadler at 08:19  

6 Comments

  1. Zumal auch mehr als fraglich ist, wessen Daten bei einer Kennzeichnung geschützt werden sollen und vor wem? Eine variierende protokollierte Nummer die auf Anordnung eines Richters in eine Person umgemünzt wird, kann gar keine Datenschutzbedenken auslösen.
    Etwas anderes ist das Argument, dass Beamte damit kriminalisiert würden. Ich halte aber die Möglichkeit der Zuordnung von Tätigkeiten der Staatsgewalt zu Individuen für wichtig, eben aus Gründen des „offenen Visiers“. Wer sich mir gegenüber nicht nachvollziehbar identifizieren will, ist kein Polizist, sondern ein Clown in Uniform und gehört eigentlich auch so behandelt. Leider hat es derzeit noch keine Auswirkungen, wenn man auf einer Demo wegen solche Spaßkasper die Polizei ruft. Das muss sich ändern. Wer ohne zuordenbare Kennzeichnung auf einer Demo in Polizeiuniform auftritt, sollte wegen Amtsanmaßung hinter Gitter.

    Comment by Kommentator — 22.07, 2010 @ 09:00

  2. Das Argument der ‚Kriminalisierung durch Kennzeichnung‘ ist natürlich auch Blödsinn; kommt ja auch kein vernünftiger Mensch auf die Idee, Kfz-Kz abzuschaffen, weil durch diese eindeutig zuortbaren Nummern alle Autohalter – nicht mal die Fahrer! – kriminalisiert würden. Anders sieht das durch Anonymisierung aus, die zwar nicht zwingend aber doch fast immer dazu führt, seinen dunkleren Abgründen nachzugeben, angefangen von eher harmlosen Beschimpfungen [z.B. im Net] bis hin zu mal eben was mitgehen lassen oder einem anderen die Fresse polieren.

    Hinzu kommt, wie Kommentator richtig bemerkt, dass neben dem systematischen Ungleichgewicht – anonymgekennzeichnet – auch noch ein Machtungleichgewicht besteht, da die Polizisten die legitimen Arme und Hände der Volksgewalt sind, sie dürfen prinzipiell als einzige Gewalt anwenden. Die Demonstranten dürfen das aus guten Gründen nicht. Die Gewaltübertragung, die sich aus dem GG ergibt, auszunutzen schädigt die Akzeptanz, das Gewaltmonopol und schlussendlich die Verfassung.

    Comment by Dierk — 22.07, 2010 @ 09:26

  3. Zu jeder Macht braucht es eine Gegenmacht, um das Gleichgewicht zu erhalten.

    Und generell sehe ich das vor allem durch folgendes Prinzip gegeben:
    Je mehr Macht jemand hat, desto mehr Information muss er preisgeben und desto mehr Öffentlichkeit hinnehmen.
    Je weniger Macht jemand hat, desto mehr Herrschaft über seine eigenen Informationen sollte er haben und desto mehr vor Öffentlichkeit geschützt werden.

    Dem Machtgefälle sollte also ein Informationsgefälle als Ausgleich gegenüberstehen.

    Und das gilt natürlich insbesondere auch für das Gewaltmonopol. Diejenigen, die es innehaben sind inherent im Vorteil gegenüber denen, die es nicht haben und damit sollten sie auch besonders im Rampenlicht stehen und sich nicht einfach so verstecken können.
    Eine vorgeschriebene Kennzeichnung und es grundsätzlich hinnehmen zu müssen, gefilmt zu werden, ist da das Mindeste.

    Comment by AndreasM — 22.07, 2010 @ 10:54

  4. Die Nummer wird dann wohl wie folgt aussehen:
    B-117561-axt-22781l-1313-a9981e

    Viel Spaß beim merken …

    Comment by CaBi — 22.07, 2010 @ 13:08

  5. Wenn man es sich nicht merken kann, kann man es wenigstens filmen. Aber richtig ist natürlich, dass die Kennzeichnung merkbar sein sollte.

    Comment by AndreasM — 22.07, 2010 @ 13:17

  6. Dann fordere ich mal, dass die Kennzeichnung fälschungssicher sein muss. Am besten einen RFID-Chip mit biometrischen Merkmalen.

    Comment by EIn Mensch — 23.07, 2010 @ 09:14

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