Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.6.10

GEZ für alle

Die Ministerpräsidenten der Länder sollen sich bereits auf eine Reform der Rundfunkgebühren geeinigt haben, obwohl das Thema (auch) für heute auf der Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz steht. Danach soll das bisherige Modell, das darauf abgestellt hat, dass Empfangsgeräte vorgehalten werden, durch eine Rundfunkabgabe für jeden Haushalt abgelöst werden. Man zahlt also auch dann, wenn man keinen Fernseher hat.

Die GEZ soll allerdings nicht abgeschafft werden. Die Streitigkeiten werden sich möglicherweise jetzt hin zu der Frage verlagern, was ein Haushalt ist. Es steht auch zu vermuten, dass es in Deutschland mehr Haushalte gibt als Gebührenzahler, so dass dieses Modell eine Erhöhung der Anzahl der Beitragszahler verspricht und damit höhere Einnahmen.

Vermutlich werden die ersten Verfassungsbeschwerden nicht lange auf sich warten lassen. Denn auch wenn Paul Kirchof das Modell als verfassungskonform bezeichnet hat, kann man natürlich der Auffassung sein, dass ein „Anschluss- und Benutzungzwang“ nicht so ganz in das grundgesetzliche Konzept der Meinungs- und Rundfunkfreiheit passt.

posted by Stadler at 08:00  

15 Comments

  1. Es ist ja nicht so sehr ein “Anschluss- und Benutzungzwang” als viel mehr ausschliesslich ein Bezahlzwang.

    Comment by STP1910 — 10.06, 2010 @ 09:10

  2. „Die Streitigkeiten werden sich möglicherweise jetzt hin zu der Frage verlagern, was ein Haushalt ist.“
    Kirchhof hat’s vorgeschlagen und die Ministerpräsidenten sind nach eigenen Angaben gefolgt: Abgestellt werden soll auf die Wohnung. Wer in einer Wohnung lebt, ist ein Haushalt. Nach Kirchhof sollten dazu ausdrücklich auch WGs zählen.

    Ausnahme: Zweitwohnungen. Hier soll es nach den Ministerpräsidenten (abweichend zum Gutachten) einen reduzierten Tarif geben.

    Was den „Anschluss- und Benutzungszwang“ angeht empfehle ich die Lektüre des Kirchhof-Gutachtens. Ich persönlich finde den Teil sehr überzeugend, wo er herleitet, dass es sich bei der „Rundfunkgebühr“ nur um einen „Beitrag“ handeln kann – mit der Konsequenz, dass jeder zahlen muss.

    Interessant werden hier vor allem die genauen Härtefallregelungen, die neu hinzu kommen sollen. Und natürlich die Prognosen darüber, wie viele beitragszahlende Haushalte es am Ende geben wird und wie hoch dementsprechend der Beitrag werden wird.

    Comment by Adrian — 10.06, 2010 @ 09:33

  3. Es ist zumindest eine Art Anschluss- und Benutzungszwang. Sie sind ja in den klassischen Fällen auch nicht verpflichtet, den Wasserhahn aufzudrehen oder das Licht einzuschalten.

    @Adrian: Mir war nicht klar, dass der Haushalt mit dem Begriff der Wohnung definiert werden soll.

    Es gibt auch eine negative Informationsfreiheit, die das Recht beinhaltet, Rundfunk gerade nicht zu nutzen. Und hierin liegt möglicherweise der Unterschied zum Anschluss an die Wasserversorgung. Ich möchte gar nicht in Abrede stellen, dass das Gutachten von Kirchof überzeugend ist. Aber auch zu überzeugenden juristischen Ausführungen gibt es oftmals Gegenauffassungen. ;-)

    Comment by Stadler — 10.06, 2010 @ 10:35

  4. Wenn die Gebühr nun per Haushalt erhoben wird, wird die gute alte WG und Kommune wieder zum Zuge kommen und Konjunktur erleben. Drei Fernseher in der WG, 5 Benutzer, aber nur ein Haushalt.
    Zählen Wohnheime für Studenten und Senioren eigentlich als ein Haushalt oder sind es deren Hunderte je nach Bewohner? Krankenhäuser und Hotels?
    Das wird spannende Diskussionen vor Gericht geben.

    Comment by Groucho — 10.06, 2010 @ 10:52

  5. Bezahlt der Bundeshaushalt dann auch die GEZ-Abgabe?

    Comment by ck — 10.06, 2010 @ 12:07

  6. Zumindest 2,5 Vorteile fallen mir bei dieser Lösung ein.

    1. Der GEZ_Verwaltungsapparat kann immens verkleinert werden, so leid mir das auch für die Mitarbeiter tut.

    2. Der Gesamtbetrag für zahlende (und nutzende?) könnte sich verringern.

    (3.) Man kann sich die Ausgaben für die schon GEZahlt-Werbung sparen.

    Überzeugend ist das Gutachten von Kirchof allemal, aber über die Einstufung unter Gebühren oder Beiträge kann man viel debattieren. Selbst dort gibt es Differenzierungen. Ich muss ja auch keine Studienbeiträge zahlen, wenn ich nicht vor habe zu studieren.

    Abhängig von den Härtefallausnahmen halte ich das neue Modell tatsächlich für einen Fortschritt. Ich bin im Grunde auch bereit für die bloße Bereitstellung zur Nutzung ohne die tatsächliche Nutzung zu zahlen. Ich bin aber nicht ohne weiteres bereit für jedweden Inhalt zu zahlen. Auf Eigenproduktionen wie Serien oder Filme kann ich verzichten, genauso wie auf den teuren Einkauf von ausländischen Filmen soweit diese die Gebühren/Beiträge erhöhen. Diese können ruhig zu 100% aus Werbung und Sponsoring finanziert werden, das ließe sich auch unter Berücksichtigung der Unhabhängikeit des Systems von ökonomischen Interessen des Marktes realisieren.

    Comment by me — 10.06, 2010 @ 14:18

  7. Das ärgerliche an ÖR ist nicht der Bezahlzwang, sondern Nicht-Erfüllung des ursprünglich richtigen Gedankens er staatsfernen Information des Bürgers über das Weltgeschehen.

    Wie es anders aussähe, sahen wir in USA, dessen Medienwelt von Fox & Co beherrscht ist, und z. B. die Bushs Irak-Feldzug der (Steuern zahlenden) Bevölkerung erfolgreich verkauft hat.

    Wir haben den Musikantenstadl — zweifellos ärgerlich; aber wir haben auch „Neues aus der Anstalt“ — bei RTL & Co zweifellos undenkbar!

    Comment by Wolf-Dieter — 10.06, 2010 @ 15:14

  8. Über die freie Berichterstattung was Themen, Inhalt und das Weglassen von Informationen angeht, kann man sich beim öffentlichem-Rundfunk streiten aber die RTL&Co Variante mit Startalk, Models und Computerspielberichten wäre der Untergang.

    Das Problem ist eher das zum Rundfunkauftrag auch die Kulturförderung dazu kommt. Ob man Musikantenstadl und Rosamunde Pilcher als deutsche Kultur bezeichnen kann ist wie ich finde allerdings fraglich.

    Comment by me — 10.06, 2010 @ 15:47

  9. Der Gesmatbeitrag soll aber vorerst nur nicht angehoben werden. ;-)

    Comment by Stadler — 10.06, 2010 @ 16:31

  10. @9
    Absicht-Mauer-bauen

    #k.

    Comment by Kand.in.Sky — 10.06, 2010 @ 22:44

  11. @stadler
    deshalb schrieb ich könnte. Würde das nicht noch mehr Unmut erzeugen wäre der „Beitrag“ bestimmt die letzten Jahre schon angehoben worden. Letztlich geht es ja nur darum das bei den Rundfunkanstalten noch mehr geld aus der Steckdose kommt. Der Beitrag für internetfähige Computer war leider nicht genug :-( was mich wirklich wirklich zutiefst trifft. Deshalb sollte man m.E. eher die Inhalte und Ausgaben auf den Prüfstand stellen.

    Comment by me — 11.06, 2010 @ 10:16

  12. … im Sinne der FDP sollte man das Ding doch beim Namen nennen:
    Es gibt Kirchensteuer, Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer … und jetzt eben die Rundfunksteuer … oder Rundfunksoli … dann könnte man den Kosten GEZ endlich einsparen und die Frage nach Wohnung und Härtefallregelung gäbe es auch nicht mehr.

    ;-)

    Comment by Cross — 12.06, 2010 @ 08:23

  13. @Wolf-Dieter … da muss ich dir voll und ganz Recht geben! Ich höre gerne Deutschlandradio weil die ein gutes und informatives Radioprogramm machen … und im Fernsehen würde ich mir auch wünschen, dass ich mehr Sendungen vom Niveau von „Neues aus der Anstalt“, Frontal21, Aspekte usw. … zu sehen bekomme.

    Comment by Cross — 12.06, 2010 @ 08:28

  14. Je dichter das Netzwerk der Zwangseingriffe durch die Staatsräson in das Leben des Einzelnen, desto größer der innere und äußere seelische Druck beim Individuum – was sich aus meiner Erfahrung grundsätzlich schlecht auswirken wird (ähnliches Beispiel: der Eingriff in den Biorhythmus jedes Einzelnen durch die zweimal-jährliche Zwangsumstellung der Zeit). Und: von der Kirchensteuerpflicht kann ich durch Austritt doch auch mich befreien. Weshalb sollte ich Kirchensteuer zahlen wenn ich keinen Gott habe, weshalb sollte ich Rundfunkgebühren zahlen wenn ich keinen Empfänger habe, weshalb sollte ich die Uhr umstellen müssen wenn ich gesund leben will?
    Wie Huxley zeigte und Adorno sagte: leider hat unser Zwangssystem kein Außen, so daß alles hier verhandelte nur dem Wimmern von Mäusen in einer Schuhschachtel gleicht, die sie nie verlassen können.

    Comment by Dr. Hartmann — 12.06, 2010 @ 17:21

  15. Ich wohne in einem 5-Personen-Haushalt – für mich wird’s billiger – 1/5 des bisherigen Beitags!

    Echt mal ’ne tolle Regelung!

    Blöd natürlich für 1-Personen-Haushalte – Pech gehabt!

    Comment by Ich wohne in eine 5-Personen-Haushalt — 14.06, 2010 @ 22:53

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