Links auf Wikileaks strafbar?
Rechtsanwalt Markus Kompa stellt in seinem Blog die Frage: „Darf man auf Wikileaks linken?“.
Es geht ihm konkret um die Verlinkung von geheimen Dokumenten zur sog. Kundus-Affaire der Bundeswehr, die Wikileaks kürzlich publiziert hatte. Hierbei unterstellt Kompa, dass es sich wegen des Vermerks „VS“ (Verschlusssache) um ein Staatsgeheimnis handeln würde,weshalb auch die Verlinkung auf Wikileaks eine Straftat nach §§ 94 ff StGB (Landesverrat, Offenbaren von Staatsgeheimnissen) darstellen könnte. Kompa gelangt zu dem Ergebnis, dass bereits die Veröffentlichung bei Wikileaks dazu führt, dass es sich nicht mehr um ein Geheminis handelt und deshalb verlinkt werden darf. Das ist sicher richtig.
Man sollte trotzdem ergänzend darauf hinweisen, dass eine Veröffentlichung von behördlichen Dokumenten, die als Verschlusssache gekennzeichnet sind, in den wenigsten Fällen eine Strafbarkeit nach § 94 ff. StGB nach sich zieht, was man in Deutschland spätestens seit der Spiegel-Affäre weiß.
Die Definition von Staatsgeheimnissen in § 93 StGB ist relativ eng:
Staatsgeheimnisse sind Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und vor einer fremden Macht geheimgehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden.
Ein schwerer Nachteil für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik ist wohl kaum gegeben, wenn die Hintergründe des Luftangriffs von Kundus öffentlich bekannt gemacht werden. Abgesehen davon, waren die äußeren Fakten, aufgrund eigener Ermittlungen der ISAF und der Nato, den Bündnispartnern ohnehin bereits bekannt. Für die Bundesregierung ging es lediglich darum, die Motive des Luftangriffs und den Umfang der Kenntnis politischer Entscheidungsträger zu verschleiern. Dieses illegitime politische Interesse schützt das Strafgesetzbuch nicht.
ich habe mir die frage auch gestellt, dennoch aber genau in dieser sache bewusst auf wikileaks gelinkt. (art "ziviler ungehorsam")
wo kämen wir denn sonst hin?
Comment by julia seeliger — 14.12, 2009 @ 14:12
Da kann man ja froh sein, dass Richter B. aus HH nicht auch im Staatsschutzsenat beim OLG HH sitzt ;)
Comment by Anonymous — 14.12, 2009 @ 14:18
gibt es andere als staatsgeheimnisse in diesem zusammenhang (nicht z.b. firmen- oder vertragsgeheimnis)?
ist grundsätzlich davon auszugehen, dass bei wikileaks veröffentlichte dokumente keine geheimnisse mehr sind? (man also unbesorgt verlinken kann)
Comment by vera — 14.12, 2009 @ 14:22
Ausserdem allein "VS" ohne zusatz steht ja auf ziemlich viel drauf …
Comment by Anonymous — 14.12, 2009 @ 14:52
Ein schwerer Nachteil für die äußere Sicherheit ist schwierig zu konstruieren. Für die INNERE Sicherheit schon eher. Terrorismusgefahr wäre doch sowas, oder? Rein unjuristisch gesehen zumindest.
Comment by lars.duesing — 14.12, 2009 @ 15:46
Was unter "schwerem Nachteil für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland" zu verstehen ist, liegt ein bisschen im Auge des Betrachters.
Ich begleite derzeit als Zaungast die Klage auf Freigabe einer betagten BND-Akte, bei der man in Pullach – aber auch im Kanzleramt – der Meinung ist, dass da so ein Nachteil vorliegen könnte. Der Nachteil wird bereits darin gesehen, dass Partnerdienste mit einem ggf. "lecken" Geheimdienst keine Geheimnisse teilen wollen.
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30977/1.html
Comment by Markus Kompa — 14.12, 2009 @ 17:46
Bei "normalen" internen Dingen wird wie u.a. bei der Geschichte um den Bundes-/Bayerntrojaner schon einmal bei Zeugen eine Hausdurchsuchung durchgeführt und diesen mit dem Entzug der IT gedroht wenn sie nicht kooperieren.
Wenn Wikileaks den Server in Deutschland hätte wäre er wohl schon (lange) weg.
Grüße
ALOA
Comment by Anonymous — 15.12, 2009 @ 08:48
Die erste URL mit Verweis auf den Blog von Kompa ist kaputt …
Comment by Anonymous — 15.12, 2009 @ 10:40
Wenn es sich um eine korrekt eingestufte deutsche Verschlussache mit dem Grad VS-Geheim handelt , so kann man nach meiner Meinung schon davon ausgehen dass es ein Staatsgeheimnis ist…
§ 3 VSA Bund
…
GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland
oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann,
….
Hat man eine deutsche VS-Geheim veröffentlicht, ist man entweder wohl dran oder die Einstufung war falsch…
Bei ausländischen Verschlusssachen könnte es sich allerdings anders verhalten…
Comment by christian — 8.12, 2010 @ 00:27