Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

31.12.09

Der nackte Bürger

Um die Bürgerrechte ist es in diesem Land und in Europa allgemein nicht zum Besten bestellt. Der wachsende und zunehmend organisierte Widerstand vieler Bürger gegen den Kontrollwahn und die Datensammelwut des Staates macht allerdings Hoffnung und hat bei Themen wie Netzsperren und Vorratsdatenspeicherung auch durchaus Wirkung gezeigt. Und diese neue Bürgerrechtsbewegung ist angesichts dessen, was kommen wird, nötiger denn je. Elena, ACTA und Nacktscanner sind nur einige der Schlagworte für die Themen, die die Bürgerrechte 2010 gefährden werden.

In einem Kommentar zum Thema Nacktscanner – man sagt neuerdings verharmlosend Körperscanner – hat der wackere Heribert Prantl in der SZ vom 30.12.2009 die gesamte sicherheitspolitische Doktrin exakt auf den Punkt gebracht.

Es gibt in der Sicherheitspolitik eine Veralltäglichung des zunächst Unvorstellbaren: Wer hätte vor 25 Jahren geglaubt, dass die Polizei eines Tages ganz legal in Wohnungen einbrechen und dort elektronische Wanzen anbringen darf? Wer hätte gedacht, dass dem Lausch- der Spähangriff und dann auch noch der Zugriff auf die Computer folgen würde? Nirgendwo werden aus Absurditäten so schnell Normalitäten wie auf dem Gebiet der inneren Sicherheit. Präventive Logik ist expansiv.

Überwachung und exzessive Datenerhebung geschieht aber nicht nur aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, sondern vermeintlich auch zum Zwecke des Bürokratieabbaus. Das – wohlgemerkt rot-grüne – Projekt Elena startet am 01.01.2010 und will verschiedene Daten (Einkommen, Fehl- und Streiktage, Abmahnungen, Kündigungsgründe) von 40 Millionen Arbeitnehmern und Beamten zentral speichern und damit verschiedenen Stellen und Behörden zum Abruf zur Verfügung stellen. Der Staat schafft dadurch ein neues bürokratisches Monster und begründet dies mit Bürokratieabbau. Die informationelle Selbstbestimmung einer Mehrheit von Bürgern wird damit praktisch beseitigt. Der Bürger hat längst keine Möglichkeit mehr in Erfahrung zu bringen, wer was über ihn weiß bzw. in der Lage ist, sich bestimmte personenbezogene Daten zu beschaffen. Damit befindet sich auch der Datenschutz am Scheideweg. Einerseits wird ein absurd hohes Datenschutzniveau propagiert, während der Staat andererseits Bankdaten seiner Bürger an die USA übermittelt und zudem Einkommens- und Beschäftigungsdaten seiner Bürger zentral erfasst und für Behörden zum Abruf bereitstellt.

posted by Stadler at 13:44  

10 Comments

  1. … der status quo bei den Einkommensnachweisen gefällt mir auch nicht, da weiß der Arbeitgeber alles. ELENA ist daher im Prinzip sinnvoll, aber natürlich sollte man sich die konkrete Umsetzung durch das Ministerium genauer anschauen. Die Zahl der erfaßten Daten ist noch viel zu groß.

    Comment by Anonymous — 31.12, 2009 @ 15:10

  2. Tja, wenn 70% aller Deutschen so dumm sind akkute Angst vor einem Terroranschlag zu haben, dann ist die Suche nach jedem Quentchen Sicherheit, welches letztlich in der Regel auch nicht schützt wohl, das was Deutschland verdient hat. Führen CDU/FDP Nacktscanner ein, werd ich denen das nie verzeihen. Und ich bin 23 und konservativ(/liberal)! Ich bin frustriert.

    Comment by Anonymous — 31.12, 2009 @ 15:32

  3. Führen CDU/FDP Nacktscanner ein, werd ich denen das nie verzeihen.
    Wenn Der "Nackt"Scanner so ausgelegt ist, dass er die Körperoberfläche ohne anatomische Details anzeigt und eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen ist, kann ich damit leben. Das ist mir dann immer noch lieber als irgend ein Typ, der mir auffällig unauffällig zwischen den Beinen herumfummelt.

    Comment by Axel John — 31.12, 2009 @ 17:43

  4. Bei Elena wird vor allem auch die Frage sein, welche Behörden und Stellen unter welchen Voraussetzungen Zugriff auf die Daten haben werden und welche Vorkehrungen man gegen unberechtigte Abrufe trifft. Denn wenn ich Angestellter der Arbeitsagentur bin, kann die Verlockung schon groß sein, einfach mal zu sehen, was über meinen Nachbarn so gespeichert ist.

    Comment by Pavement — 1.01, 2010 @ 13:44

  5. Welche juristischen Möglichkeiten gibt es denn sich gegen ELENA zu wehren?

    Comment by Peter — 1.01, 2010 @ 13:54

  6. @Peter

    Verfassungsbeschwerde sollte das Mittel deiner Wahl sein.

    Comment by Anonymous — 1.01, 2010 @ 21:56

  7. Bei Elena wird vor allem auch die Frage sein, welche Behörden und Stellen unter welchen Voraussetzungen Zugriff auf die Daten haben werden
    Es wir zu Anfang restriktive Nutzungs- und Zugangsbegrenzungen geben, um die Verfassungsrechtler und Datenschützer zu beruhigen.
    Wenn sich das öffentliche Interesse gelegt hat, wird man sie aber nach und nach aufweichen.
    Die Begehrlichkeit wächst proportional zum Umfang der Datenbasis. Die Maut- und Bankkonto-Daten sind das beste Beispiel.

    Comment by Axel John — 1.01, 2010 @ 22:37

  8. …welche Behörden und Stellen unter welchen Voraussetzungen Zugriff auf die Daten haben werden und welche Vorkehrungen man gegen unberechtigte Abrufe trifft.

    Wie so ein Missbruach konkret aussehen kann, liest sich derzeit ja am Untersuchungsausschuss Nürburgring ab. Dort haben gleich zwei CDU-Landtagsabgeordnete unabhängig voneinander ihre Beziehungen zu Polizisten spielen lassen und dabei Informationen aus der Datenbank POLIS "abgegriffen" (O-Ton Billen, MdL).

    Comment by bundesrainer — 2.01, 2010 @ 13:18

  9. Was ich nicht nachvollziehen kann ist dass Nacktscanner offenbar der einzigste Weg ist um die Sicherheit zu erhöhren…
    Seit Jahren setzen Polizei und Zoll Hunde für ihre Dienste ein.. meistens Drogenhunde, aber es gibt ja auch Hunde die auf Sprengstoff abgerichtet sind. Warum setzt man solche Hunde nicht auf Flughäfen ein ? Ok, man braucht ne Menge, zumal die Hunde ja nicht 8 Stunden "durchriechen" können.. aber trotzdem wäre die Abfertigung dadurch wesentlich schneller, und vorallen für die meisten auch kein Eingriff in die Privatsphäre.. eben nur für die für die Hund "anschlägt"
    Vorallen gibt es ja genügend Erfahrungen mit Spürhunden.. mit diesen Nacktscannern eher wenige.. und billig sind die ja auch nicht…

    Comment by Anonymous — 4.01, 2010 @ 12:32

  10. @ Axel John

    Es ist die Frage ob sowas geht.. will man einen Scanner haben die möglichst viel "sieht" oder viel (vom Körper) verdeckt… Wenn Z.b die Genitalien verpixelt würden, dann wäre der "nette Herr Attentäter" durchgekommen.
    In meinen Augen wirderspricht sich sowas..privatsphäre und möglichst gute Aufklärung der Geräte.
    Aus dem Grund würde ich mich lieber mal kurz vom Sprengstoffhund beschnüffeln lassen, und gut ists… (Metellsuchgeräte sollten da natürlich weiterhin verwendet werden)

    Außerdem ist ein Hund nicht auf äußerlichkeiten festgelegt.. während wohl die Kontroleure bei Islamisch aussehenden Personen wohl viel viel genauer sind, ist es dem Hund egal.Und so sollte es auch sein, jeder sollte gleich genau kontrolliert werden

    Comment by Anonymous — 4.01, 2010 @ 12:40

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