Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.9.09

OLG Karlsruhe zum gewerblichen Ausmaß beim Filesharing

Das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 01.09.09 (Az. 6 W 47/09) entschieden, dass eine Bereitstellung eines neuen Films zum Download im Wege des Filesharing in der ersten Verkaufsphase des Films eine Rechtsverletzung von gewerblichem Ausmaß darstellt.

Diese Entscheidung bestätigt die Tendenz der meisten Gerichte, möglichst bald ein gewerbliches Ausmaß anzunehmen. Für die Annahme von Filesharing in privatem Ausmaß bleibt damit wenig Raum. Diese Rechtsprechungslinie entspricht freilich nicht der Lebenswirklichkeit, denn gerade das Austauschen von neuen Filmen und neuen Musikdateien entspricht dem typischen Verhalten eines privaten Tauschbörsennutzers.

Wenn man das so sehen will, wie viele Gerichte es derzeit tun, hätte man ehrlicherweise auf das Kriterium des gewerblichen Ausmaßes gänzlich verzichten sollen. Denn wer sich einen neuen Kinofilm über ein Filesharingnetzwerk besorgt – und regelmäßig dann anschließend auch zum Download durch andere zur Verfrügung stellt – macht sich möglicherwiese strafbar und handelt auch zivilrechtswidrig. Dennoch bleibt es im Regelfall typischer privater Konsum. Mit dem Wortsinn des Rechtsbegriffs des gewerblichen Ausmaßes ist die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Köln nicht vereinbar. Und eine Auslegung, die dazu führt, dass es praktisch kaum mehr ein privates Ausmaß gibt, ist auch mit dem Sinn und Zweck der Norm nicht in Einklang zu bringen.

Positiv anzumerken bleibt, dass das OLG Karlsruhe IP-Adressen als Verkehrsdaten betrachtet. Immerhin.

posted by Stadler at 21:40  

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  1. Das Problem ist vor allem die Gesetzesbegründung, bzw. die Empfehlung des Rechtsausschusses. Während die Gesetzesbegründung noch relativ neutral formuliert, ein "gewerbliches Ausmaß" liege vor, wenn "ihr Ausmaß über das hinausgeht, was einer Nutzung zum privaten Gebrauch entspricht", heißt es in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses:

    "Für den Fall der Rechtsverletzung im Internet bedeutet dies, dass eine Rechtsverletzung nicht nur im Hinblick auf die Anzahl der Rechtsverletzungen, also etwa die Anzahl der öffentlich zugänglich gemachten Dateien, ein „gewerbliches Ausmaß“ erreichen kann, sondern auch im Hinblick auf die Schwere der beim Rechtsinhaber eingetretenen einzelnen Rechtsverletzung. Letzteres kann etwa dann zu bejahen sein, wenn eine besonders umfangreiche Datei, wie ein vollständiger Kinofilm oder ein Musikalbum oder Hörbuch, vor oder unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung in Deutschland widerrechtlich im Internet öffentlich zugänglich gemacht wird."

    Der Gesetzgeber meint mit der Formulierung "gewerbliches Ausmaß" also nicht etwa ein gewerbliches Ausmaß der Verletzungshandlung, sondern eher besonders schwerwiegende Folgen für die Rechteinhaber. Mit der Unterscheidung gewerblich/privat auf Verletzerseite hat das nach der Gesetzesbegründung also rein gar nichts zu tun.

    Ich persönlich bin da voll auf der Linie des OLG Oldenburg (Beschl. vom 1.12.2008, Az. 1 W 76/08), das sich schlicht geweigert hat, diesen Mist vom Rechtsausschuss zu schlucken, weil der Wortlaut der Vorschrift damit glatt überschritten wäre. Wenn der Gesetzgeber eine so weite Norm möchte, dann soll er das auch so ins Gesetz schreiben und nicht durch den Rechtsausschuss die deutsche Sprache auf den Kopf stellen.

    Comment by Adrian — 24.09, 2009 @ 22:43

  2. Achso, falls jemand selber nachlesen möchte:

    Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/5048):
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/050/1605048.pdf

    Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 16/8783):
    http://www.bmj.bund.de/files/-/3569/beschlussempfehlung_bericht_rechtsausschuss_durchsetzungsrichtlinie.pdf

    Comment by Adrian — 24.09, 2009 @ 22:48

  3. Ich bin kein Jurist und darf mich daher ganz einfach fragen: Wie kann ich etwas in einem "gewerblichen Ausmaß" betreiben, wenn ich kein Geld damit verdiene und auch nicht das Ziel verfolge, jemals Geld damit zu verdienen? Oder ist die juristische Definition eines "gewerblichen Ausmaßes" ein andere als die, die mir mein gesunder Menschenverstand liefert?

    Comment by Andreas — 28.09, 2009 @ 12:10

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