Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.8.09

Braucht das Internet mehr Ordnung?

Kollege Udo Vetter vertritt in seinem lawblog die Meinung, dass wir in Deutschland keine 2000 zusätzliche „Cybercops“ brauchen. Ihm widerspricht Simon Möller von Telemedicus.

Beide diksutieren sie aber offenbar über verschiedene Dinge und z.T. an der Sache vorbei. Während Möller stark auf das Ordungsgrecht und die Ordnungsbehörden abstellt, konzentriert sich Vetter auf den Aspekt der Kinderpornografie.

Vetter hat sicher Recht, wenn er meint, dass wir keine 2000 zusätzlichen „Cybercops“ benötigen, die „Streife surfen“. Bei den örtlichen Polizeiinspektionen, der Kriminalpolizei und den Landeskriminalämtern liegen ganz andere Dinge im Argen.

Wenn mir ein Beamter einer Polizeiinspektion erzählt, dass er auch im Dienst meistens sein privates Notebook benutzt, mit Software, die er aus dem Netz runtergeladen hat, weil man mit den Dienstcomputern die Dateien, die das LKA schickt, gar nicht öffnen kann, dann versteht man sehr schnell, wo die Probleme liegen.

Bei den Landeskriminalämtern bleiben beschlagnahmte Festplatten z.T. monatelang liegen, weil man nicht ausreichend fachkundiges Personal hat, um die Inhalte zu überprüfen und zu analysieren und auch die externen Firmen, die ohnehin stark in Anspruch genommen werden, häufig nicht kurzfristig liefern können. Das ist für Betroffene eine Zumutung, zumal, wenn sich anschließend der Tatverdacht nicht bestätigt.

Was wir in diesem Bereich brauchen, ist eigentlich sehr klar. Die zuständigen und tatsächlich ermittelnden Dienststellen müssen personell und technisch besser ausgestattet werden. Hauptaugenmerk kann hierbei nicht sein, dass Beamte anlassunabhängig „Streife surfen“, solange bereits bekannte Straftaten nicht verfolgt und laufende Verfahren nur sehr zögerlich geführt werden, weil es an allen Ecken und Enden an der personellen und sachlichen Ausstattung fehlt.

Die Polizeibehörden, die Straftaten mit Bezug zum Internet verfolgen, brauchen insgesamt deutlich mehr Mittel, um die Arbeit zu erledigen, die schon auf ihren Schreibtischen liegt.

Das Internet ist quantitativ betrachtet bereits überreguliert. Freilich gibt es z.B. im Bereich der Haftung weiterhin Regelungsbedarf, um die fortbestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Während der Gesetzgeber in diesen Bereichen zögert, kann es ihm in anderen Bereichen gar nicht schnell genug gehen. Das Ergebnis sind häufig nutzlose und unausgereifte Regelungen wie das Zugangserschwerungsgesetz.

Sämtliche Probleme wären mit etwas Vernunft und etwas Geld in den Griff zu kriegen. Beides scheint aber in Deutschland derzeit nicht in ausreichendem Maß vorhanden zu sein, zumindest nicht dort, wo die Entscheidungen getroffen werden.

In unserem politischen Leben dominieren der Lobbyismus und der Populismus das Geschehen. Und daraus resultieren eben häufig Ergebnisse, die im Sinne der Allgemeinheit nicht vernünftig sind.

posted by Stadler at 11:26  

2 Comments

  1. Herzlichen Dank für diese Klarstellung. Sie treffen – im Gegensatz zu Herrn Vetter und Herrn Möller – den Nagel auf den Kopf bzw. legen den Finger in die richtigen Wunden. In jeder Hinsicht: Respekt!

    Comment by kLAWtext — 17.08, 2009 @ 17:40

  2. So ist das mit dem Diskurs, man nähert sich seinem Ziel schrittweise an. ;-) Ich kann mich dem hier gesagten auch nur anschließen.

    Mein Text ist leider teilweise häufig so verstanden worden (offenbar auch von Ihnen), als ob ich die fast schon sprichwörtlichen 2000 Polizisten als umfassendes Allheilmittel dargestellt hätte. Das wollte ich natürlich nicht sagen (und ich finde auch, das kommt im Text eigentlich schon heraus).

    Es bräuchte, da sind wir uns einig, Veränderungen in vielen Bereichen: Besseres Recht, bessere Durchsetzung, mehr Augenmaß für Verhältnismäßigkeit und die individuellen Bedürfnisse der Bürger, besser ausgebildete Aufsichtsbeamte, bessere Arbeitsmittel, eine bessere Aufsichts- und Behördenstruktur. Und auch das wäre nur der Anfang.

    Voraussetzung dafür ist, dass man überhaupt die Notwendigkeit anerkennt, dass so etwas wie Herrschaft auch im Internet seine Notwendigkeit hat. Diese Erkenntnis sehe ich aktuell weder bei der politischen Elite, noch bei den Netizens wirklich gegeben.

    Comment by Simon — 18.08, 2009 @ 22:40

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