Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

23.1.09

BGH und Google AdWords: Weiterhin keine Rechtssicherheit

Der Bundesgerichtshof hatte in drei Verfahren darüber zu entscheiden, ob die Verwendung fremder Kennzeichen als Schlüsselwörter (Keywords) im Rahmen der Werbung mit sog. AdWord-Anzeigen bei Google zulässig ist.

Es wird manche überrascht haben, dass der BGH in zwei der Verfahren Ansprüche der Kennzeicheninhaber wegen der Verletzung von Unternehmesnkennzeichen (bzw. in dem einem Verfahren nur eine beschreibende Benutzung der Marke) verneint hat und die dritte Sache dem EuGH vorgelegt worden ist, weil es um eine Frage der Auslegung der Markenrechtsrichtlinie geht.

Der I. Senat ist also im Ergebnis ebenso wie das OLG Düsseldorf der Ansicht, dass eine kennzeichenmäßige Benutzung nicht vorliegt und auch keine Verwechslungsgefahr besteht, weil der Verkehr nicht annimmt, dass die gesondert gekennzeichnete Anzeige vom Inhaber des Unternehmenskennzeichens stammt. Dem kann man nur beipflichten. Der durchschnittliche Google-Nutzer weiß, dass die deutlich als Anzeigen gekennzeichneten Einblendungen, die nach einer Stichwortsuche erfolgen, Werbeanzeigen sind, die regelmäßig nicht von dem Unternehmen stammt, nach dem man gesucht hatte.

Da der Schutz der Unternehmensbezeichnungen anders als der Markenschutz aber nicht auf harmonisiertem europäischem Recht beruht, konnte der BGH diese Frage nicht an den Europäischen Gerichtshof vorlegen.

Sollte der EuGH also eine Verletzung annehmen, dann häte dies zur Folge, dass die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit dieser Form der AdWord-Werbung davon abhängt, ob eine Marke oder ein Unternehmenskennzeichen als Keyword benutzt wird.

Die Rechtsunsicherheit bleibt also bestehen, zumindest soweit man nicht (ausschließlich) ein Unternehmenskennzeichen als Schlagwort benutzt.

BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 – I ZR 125/07 – Bananabay
OLG Braunschweig – Urteil vom 12. Juli 2007 – 2 U 24/07MMR 2007, 789

BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 – I ZR 139/07 – pcb
OLG Stuttgart – Urteil vom 9. August 2007 – 2 U 23/07 – WRP 2007, 649

BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 – I ZR 30/07 – Beta Layout
OLG Düsseldorf – Urteil vom 23. Januar 2007 – 20 U 79/06WRP 2007, 440

Quelle: Pressemitteilung des BGH(17/2009)

posted by Stadler at 11:44  

23.1.09

Die Seele der Blogger kocht, aber ist die Indizierung des Ana-Hanna-Blogs tatsächlich zu beanstanden?

Die Blogger-Szene befindet sich seit gestern in hellem Aufruhr. Erstmals hat die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM)mit Beschluss vom 04.12.2008 ein Weblog in die Liste der jugendgefährdenden Medien eingetragen.

Diese Meldung hat viele Blogger in Rage versetzt, beim „lawblog“ finden sich schon weit mehr als hundert Kommentare zu der Meldung, fast durchgehend ist von Zensur die Rede und selbst Juristen bezeichnen den Beschluss des BPjM als „Dokument der Schande“.

Ausgerechnet ein Nichtjurist und einer der bekanntesten Köpfe unter den Bloggern, Johnny Haeusler von Spreeblick, hat die wütende und ablehnende Haltung der Blogger-Community kritisch hinterfragt.

Der hysterischen Reaktion der Blogger-Szene – ein gutes Beispiel sehen wir hier – sollten ein paar Fakten entgegengesetzt werden:

1.
Die Bundesprüfstelle ist für Internetinhalte und damit natürlich auch für Blogs zuständig. Nach § 18 Jugendschutzgesetz (JSchG) hat die Bundesprüfstelle Telemedien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, in eine Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen. Zu den Telemedien gehören u.a. Websites und Weblogs. Blogs nehmen hier keinerlei Sonderstellung ein.

2.
Die Bundesprüfstelle ist hier auf Antrag der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) tätig geworden. Die KJM gehört nach § 21 Abs. JSschG zum Kreis der Antragsberechtigten, d.h., die BPjM muss auf einen solchen Antrag hin aktiv werden und zwingend darüber entscheiden, ob das beanstandete Medium indiziert wird oder nicht.

3.
Wer hier voreilig von Zensur und Einschränkung der Meinungsfreiheit spricht, der sollte vielleicht zuerst die Verfassung lesen. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) ist nicht schrankenlos gewährleistet, sondern findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranken u.a. in den gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendschutz. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch den Jugendschutz ist also bereits im Grundgesetz selbst angelegt.

4.
Der konkrete Beschluss der Bundesprüfstelle das Blog „http://ana-hanna.blogspot.com“ zu indizieren, ist plausibel begründet und enthält nach meiner Einschätzung keine offensichtlichen Rechtsfehler. Magersucht ist ein ernsthaftes Problem und stellt für Jugendliche eine erhebliche Gefahr dar. Ein BLOG, das suggestiv zur Magersucht auffordert, die Magersucht verharmlost und als Lebens- und Glaubensmodell glorifiziert, kann man als jugendgefährdend einstufen.

Die Bundesprüfstelle hat also eine Entscheidung getroffen, die sie nach der gesetzlichen Vorgabe, an die sie gebunden ist, wohl in dieser Form sogar treffen musste. Die Kritik muss sich also gegen das Jugendschutzkonzept unseres Staates richten und nicht gegen die Behörde, die Gesetze ausführt.

5.
Wenn ich in etwa jedem dritten Kommentar zum Thema vom Vorwurf der Willkür lese, dann muss ich mich sehr wundern. Von staatlicher Willkür spricht man dann, wenn ein Staat nach eigenem Gutdünken handelt oder wenn er Gesetze in einer nicht vertretbaren Art und Weise anwendet. Das Gegenteil von Willkür ist die Bindung des Staates an Recht und Gesetz, bei Behörden nennt man das Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Im konkreten Fall hat die Bundesprüfstelle im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabe eine Entscheidung getroffen, die juristisch (gut) vertretbar ist und jedenfalls keine offensichtlichen Rechtsfehler aufweist. Das ist gerade keine Willkür.

Das Niveau der Diskussion bei Heise und im „lawblog“ ist in weiten Teilen schlicht erbärmlich und geistlos.

Bob Dylan sang einst:
„We live in a political world,
Wisdom is thrown into jail,
It rots in a cell, is misguided as hell
Leaving no one to pick up a trail.“

Das passt nicht nur auf das Diskussionsniveau der Politik, sondern auch auf vieles, was ich z.B. im Heise-Forum lese. Die sachliche Diskussion, die auf nachvollziehbaren Überlegungen basiert, scheint langsam auszusterben.

posted by Stadler at 09:13  

21.1.09

Verkündungsplattform Bayern

Hinter dem seltsamen Namen Verkündungsplattform Bayern finden sich ab morgen alle vier Amtsblätter der bayerischen Ministerien online. Der Freistaat gibt sich fortschrittlich. ;-)

posted by Stadler at 18:38  

21.1.09

Was darf man noch fotografieren?

Der Kollege Schwenke hat einen sehr lesenswerten Beitrag zu der fragwürdigen Entscheidung des Landgerichts Potsdam verfasst, wonach eine gewerbliche Verwertung von Fotos preußischer Schloßanlagen, die vom frei zugänglichen Schlosspark aus gefertig worden sind, urheberrechtlich nicht zulässig sein soll.

posted by Stadler at 18:16  

21.1.09

Isle OF Man will Filesharing legalisieren

Die Meldung bei golem.de, wonach die Isle Of Man das Filesharing legalisieren und von seinen Bürgern eine Art Kulturflatrate verlangen will, klingt nur auf den ersten Blick kurios.

Denn die Überlegungen der Musikindustrie weisen nach Jahren, in denen man vergeblich mit juristischen Mitteln gegen das Filesharing gekämpft hat, in eine ähnlich Richtung, wie ein Bericht der New York Times zeigt.

Die Producer-Legende Rick Rubin (Johnny Cash, Red Hot Chili Peppers, Beastie Boys), seit 2007 in der Chefetage von Columbia Records (Sony/BMG), plädiert schon seit einiger Zeit für ein neuartiges Abo- und Flatrate-Modell in der Musikvermarktung. Und diese Idee scheint sich langsam durchzusetzen.

Auch die Koppelung des Vertriebs von Musik an den Verkauf bestimmter Produkte (Handys, MP3-Player) ist ein Modell, das evtl. Zukunft hat.

Die Musikvermarktung wird sich in jedem Fall stark verändern und der klassische Verkauf von Tonträgern wird hierbei nur noch ein Standbein von mehreren sein.

posted by Stadler at 12:49  

21.1.09

Das Gesetz des Stärkeren

Der Journalist Ilja Braun schildert in einem lesenswerten Artikel in der Print-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung (Gesetz des Stärkeren, SZ v. 21.01.09, S. 13) wie die Verlage ihre Interessen zulasten der Autoren durchsetzen und wie die Politik immer wieder einseitig die Lobbyisten unterstützt.

Bei iRights.info ist zudem ein 17-seitiges Dossier von Ilja Braun online, das sich noch ausführlicher mit diesem Thema befasst.

Worum geht es? Im Jahre 2002 wurde mit dem „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ § 63a UrhG eingeführt, der den Urhebern die Einnahmen sichern sollte, die den Verwertungsgesellschaften zufließen. Die Verlage waren in dieser Vorschrift nicht genannt.

Die Verleger, die sich damit von der Vergütung aus dem Topf der VG Wort ausgeschlossen sahen, setzten ihre Lobbymaschinerie in Gang und erreichten schließlich eine Änderung des § 63a UrhG, die am 01.01.2008 in Kraft trat. Die Vorschrift gestattet es seither auch, dass die gesetzlichen Vergütungsansprüche des Urhebers nicht nur an Verwertungsgesellschaften im Voraus abgetreten werden, sondern auch an die Verleger.

Für die Autoren bedeutet dies faktisch eine Verschlechterung gegenüber der Situation vor der Reform des Urhebervertragsrechts, weil die Verlage, nachdem das Gesetz diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht, die Autoren natürlich dazu drängen, sämtliche Ansprüche gegenüber der VG Wort an sich abzutreten, mit der Folge, dass die Urheber selbst regelmäßig leer ausgehen.

Der Gesetzgeber gibt nur vor, die Rechte der Urheber, Autoren und Künstler zu stärken. In Wahrheit werden stets nur die Rechtspositionen der Urheberrechtsindustrie gestärkt. Der Kniefall der Politik vor den Lobbyisten zieht sich wie ein roter Faden durch sämtliche Reformen des Urheberrechts, die in den letzten Jahren stattgefunden haben.

posted by Stadler at 11:08  

21.1.09

Domainstreit um „haug.eu“ vom ADR zugunsten der Fa. HAUG entschieden

Die Schiedskommission des Arbitration Center For .eu Disputes (ADR)hat am 12.01.2009 (Fall-Nr. 05208) verfügt, dass der bisherige Inhaber der Domain „haug.eu“ (Winfried Haug) die Domain auf die HAUG GmbH & Co. KG übertragen muss.

Die Annahme eines Vorrangs des Unternehmenskennzeichens bzw. Firmennamens erschien mir auf den ersten Blick auch unter Berücksichtigung der shell.de-Rechtsprechung des BGH gewagt.

Die Entscheidung des ADR stützt sich, wenn man näher hinsieht, allerdings primär auf eine Nichtbenutzung der Domain. Art. 21(3) b) ii) VO (EG) 874/2004 sieht für EU-Domains eine zweijährige Benutzungsschonfrist und damit einen anschließenden Benutzungszwang vor. Die Benutzungsschonfrist war abgelaufen. Die Schiedskommission hat dann die Ansicht vertreten, dass die vom Antragsgegner vorgetragene Benutzung für private E-Mail-Kommunikation nicht ausreichend dargelegt war.

Die Kommission geht davon aus, dass auch eine Benutzung für E-Mail-Zwecke ausreichend sein kann, dass der Antragsgegner aber eine solche Benutzung nicht nachgewiesen hat. Nach Meinung der Kommission stellt die bloße Einrichtung von E-Mail-Adressen noch keine ausreichende Benutzungshandlung dar.

posted by Stadler at 10:33  

21.1.09

Domainstreit um "haug.eu" vom ADR zugunsten der Fa. HAUG entschieden

Die Schiedskommission des Arbitration Center For .eu Disputes (ADR)hat am 12.01.2009 (Fall-Nr. 05208) verfügt, dass der bisherige Inhaber der Domain „haug.eu“ (Winfried Haug) die Domain auf die HAUG GmbH & Co. KG übertragen muss.

Die Annahme eines Vorrangs des Unternehmenskennzeichens bzw. Firmennamens erschien mir auf den ersten Blick auch unter Berücksichtigung der shell.de-Rechtsprechung des BGH gewagt.

Die Entscheidung des ADR stützt sich, wenn man näher hinsieht, allerdings primär auf eine Nichtbenutzung der Domain. Art. 21(3) b) ii) VO (EG) 874/2004 sieht für EU-Domains eine zweijährige Benutzungsschonfrist und damit einen anschließenden Benutzungszwang vor. Die Benutzungsschonfrist war abgelaufen. Die Schiedskommission hat dann die Ansicht vertreten, dass die vom Antragsgegner vorgetragene Benutzung für private E-Mail-Kommunikation nicht ausreichend dargelegt war.

Die Kommission geht davon aus, dass auch eine Benutzung für E-Mail-Zwecke ausreichend sein kann, dass der Antragsgegner aber eine solche Benutzung nicht nachgewiesen hat. Nach Meinung der Kommission stellt die bloße Einrichtung von E-Mail-Adressen noch keine ausreichende Benutzungshandlung dar.

posted by Stadler at 10:33  

20.1.09

EuGH: Aufnahmen von Bob Dylan weiterhin urheberrechtlich geschützt

The Answer My Friend…
Alte Aufnahmen von Bob Dylan bleiben in der EU für die Dauer von 50 Jahren urheberrechtlich – bzw. nach dem Recht der Tonträgerhersteller – geschützt. Das hat der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 20.01.2009 – C?240/07) entschieden und damit einer Klage der Sony Music Entertainement GmbH stattgegeben, die sich gegen Veröffentlichungen von Dylan-Aufnahmen durch eine andere Plattenfirma gewandt hat. Die Beklagte hatte sich darauf gestützt, dass aufgrund bilateraler Vereinbarung zwischen Deutschland und USA nur Tonträger ab dem 01.01.1966 geschützt seien und sie deshalb vorher erschienene Aufnahmen veröffentlichen dürfe. Dem ist der EuGH entgegengetreten und hat den früheren Schutz auch in nur einem einzigen Mitgliedsstaat auf die gesamte EU erstreckt.
Das Urteil im Volltext

posted by Stadler at 21:34  

20.1.09

Rechtsgutachten zur Haftung der Host- und Access-Provider

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. hat ein 213 starkes Rechtsgutachten von Frey/Rudolph zur Frage der Haftung von Host- und Access-Provider für fremde Inhalte und Rechtsverstöße ins Netz gestellt.

Für die aktuelle Diskussion interessant ist u.a. die kritische Haltung zu „freiwilligen“ Access-Sperren (Rn. 386 ff. des Gutachtens), wie sie die Bundesregierung derzeit fordert und angeblich mit den großen Providern auch bereits vereinbart hat.

posted by Stadler at 20:51  
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