Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.11.10

Jugendmedienschutz: Bußgeld gegen Kunstprojekt „Heroin Kids“

Einen praktischen Anwendungsfall des Jugendmedienschutzes bietet das Vorgehen der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) gegen das Kunstprojekt „Heroin Kids„.

Die Fotografen Christian Kaiser und Corinna Engel stellen Szenen mit professionellen Models nach, die diese beim oder nach dem Drogenkonsum zeigen.

Die BLM scheint zwar den künstlerischen Aspekt nicht ganz zu verkennen, stuft die Fotos, die auch im Internet veröffentlicht waren, aber als entwicklungsbeeinträchtigend ein und spricht von„sozial ethisch desorientierenden“ Inhalten. Die Folge: Ein Bußgeldbescheid.

Bei der Frage was jugendschutzrechtlich als einwicklungsbeeinträchtigend einzustufen ist, wird primär der Wertmaßstab zentraler Grundrechte wie der Menschenwürde und dem Toleranzgebot herangezogen.Letztlich geht es dabei aber immer auch um die Frage, was Kindern zugemutet werden darf oder manchmal auch muss.

Man sollte sich zur Kontrolle die Frage stellen, ob derartige Fotos ebenfalls als jugendgefährdend beanstandet worden wären, hätte man sie in einem Museum ausgestellt.

Die Fotografen haben Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt, über den vor dem Amtsgericht Ebersberg verhandelt wird.

Die Kunstfreiheit wird von der Verfassung vorbehaltlos gewährleistet. Sie unterliegt also nicht der Schranke des Art. 5 Abs. 2 GG, wie das Bundesverfassungsgericht in der Mephisto-Entscheidung dargelegt hat und findet daher nicht (ohne weiteres) ihre Schranken in den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend.

posted by Stadler at 18:45  

17.4.10

Meinungsfreiheit: Die nackte Oberbürgermeisterin

Das Oberlandesgericht Dresden hat mit Urteil vom 16.04.2010 (4 U 127/10) eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Dresden aufgehoben, durch die der Künstlerin Erika Lust verboten wurde, die Dresdener Oberbürgermeisterin auf satirische Weise nackt darzustellen. Hintergrund der Darstellung war der Streit um das Weltkulturerbe.

Das OLG Dresden führt zur Begründung u.a. aus, dass man die Nacktheit der Oberbürgermeisterin in diesem Kontext ohne weiteres als allegorische Darstellung der Unmöglichkeit oder Unfähigkeit zur Abwendung des Verlustes des Unesco-Welterbetitels verstehen kann.

Das Gericht stellt damit den Schutz der Satire im (öffenltichen) Meinungskampf  und damit die Meinungsäußerung und nicht die Kunstfreiheit in den Vordergrund. Eine erfreuliche Entscheidung.

Update: Das Bild ist im Netz schwer zu finden, aber das hier dürfte es sein.

posted by Stadler at 12:38  

23.12.09

BGH: Kein Schadensersatz trotz Verbreitungsverbots für den Roman "Esra"

Der BGH hat es trotz des Verbots, den Roman „Esra“ des Schriftstellers Maxim Biller zu verbreiten, abgelehnt, der in ihren Persönlichkeitsrecht verletzten Klägerin eine Geldentschädigung zuzubilligen. Und der BGH begründet dies mit der Wirkung der Kunstfreiheit:

„Staatliche Maßnahmen dürfen nicht zu einer Einschüchterung des Künstlers und des für die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks Verantwortlichen führen. Das ist auch bei der Frage zu bedenken, ob im Fall eines persönlichkeitsrechtsverletzenden Kunstwerks – zusätzlich zu dem gerichtlichen Unterlassungsgebot – eine Inanspruchnahme des Künstlers auf Geldentschädigung in Betracht kommen kann. Dem Künstler darf das Risiko einer solchen Haftung jedenfalls nicht in einem Umfang zugewiesen werden, dass er sich gezwungen sähe, von künstlerischem Wirken abzusehen, den ihm von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Freiraum also nicht auszuschöpfen, wenn er bloß in die Nähe einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gerät. Mit der Geldentschädigung wäre dann ein vom Grundrechtsgebrauch abschreckender Effekt verbunden, der aus Gründen der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vorbehaltlos garantierten Kunstfreiheit vermieden werden muss (…). Dies ist von besonderer Bedeutung, weil die Grenze zwischen erlaubter Ausübung der künstlerischen Freiheit und einem verbotenen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht – insbesondere auch bei literarischen Werken, bei denen der Autor wie im Streitfall auf Erfahrungen aus dem realen Leben zurückgreift – regelmäßig nur schwer zu bestimmen ist. Ansonsten könnte die im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unerwünschte Folge eintreten, dass „schadensanfällige“ Lebensbereiche in Kunstwerken weitgehend ausgeblendet werden oder die Verbreiter, etwa der Verleger, davor zurückschrecken, solche Werke herauszugeben“

BGH, Urteil vom 24. November 2009, Az.: VI ZR 219/08

posted by Stadler at 13:16  

16.11.09

Bild darf Foto eines Berliner Rechtsanwalts nicht veröffentlichen

Die Bild Zeitung hat sich über einen als Medienrechtler und Strafverteidiger bekannten Berliner Rechtsanwalt lustig gemacht und begleitend ein Foto des Anwalts veröffentlicht. Ob der Anwalt die Veröffentlichung dulden muss, weil er eine Person der Zeitgeschichte ist oder doch sein Persönlichkeitsrecht verletzt wird, hatte das Landgericht Berlin zu entscheiden, das dem Persönlichkeitsrecht des Juristen mit Urteil vom 20.10.09 den Vorrang einräumte.

Auch wenn ich der Bild nur äußerst ungern Recht gebe, kann man die Richtigkeit der Entscheidung des Landgerichts bezweifeln. Denn der Kollege Eisenberg ist einer der schillerndsten Figuren der Berliner Anwaltsszene, der es als Kolumnist der taz und deren Haus- und Hofanwalt und nicht zuletzt durch den Berliner Robenstreit zu einer gewissen Bekanntheit gebracht hat. Eisenbergs Name taucht im Zusammenhang mit seiner anwaltlichen Tätigkeit eigentlich sehr häufig in unterschiedlichen Medien auf. Und Gegenstand der mehr oder minder geschmackvollen „Berichterstattung“ der Bild ist ja keineswegs die Privatperson Eisenberg, sondern der Rechtsanwalt. Lesenswert ist zu diesem Thema auch ein Beitrag des Kollegen Kompa, der sich über den „Man Without A Face“ seine Gedanken macht.

posted by Stadler at 08:00  

13.7.09

BGH: Kannibale von Rotenburg

Der Volltext der Entscheidung des BGH dazu, ob die filmische Darstellung einer Straftat das Persönlichkeitsrecht des Täters, der von den Medien als „Kannibale von Rotenburg“ bezeichnet worden ist, verletzt, liegt nunmehr vor.

Der Bundesgerichtshof hat eine Persönlichkeitsrechtsverletezung verneint und das anderslautende Urteil des OLG Frankfurt aufgehoben. Der Kläger muss die Verbreitung des Films „Rohtenburg“ hinnehmen, weil im konkreten Fall der Kunst- und Filmfreiheit Vorrang einzuräumen sei.
Urteil des BGH vom 26.05.2009, Az.: VI ZR 191/08

posted by Stadler at 11:22  
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