Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.7.14

Polen hat die CIA bei der Verschleppung von Terrorverdächtigen unterstützt und die Menschenrechtskonvention verletzt

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Polen wegen verschiedener Verletzungen der Menschenrechtskonvention im Zusammenhang mit der Verschleppung von zwei Terrorverdächtigen durch die CIA verurteilt (Urteile vom 24.07.2014, Az.: 7511/13 und 2876111/11). Die beiden Kläger waren von der CIA im Jahre 2002 in ein Geheimgefängnis in Polen verschleppt worden. Sie wurden dort gefoltert und schließlich nach Guantanamo verbracht, wo sie bis heute ohne Verfahren einsitzen.

Die beiden Kläger wurden, nachdem sie von der CIA nach Polen geflogen worden waren, dort von einem Fahrzeug, das von den polnischen Behörden zur Verfügung gestellt worden ist, abgeholt und in ein Trainingslager des polnischen Geheimdienstes gebracht. Während ihres mehrmonatigen Aufenthalts in Polen, wurde den Klägern jeglicher Kontakt zu ihren Familien und zur Außenwelt sowie eine medizinische Versorgung verwehrt. Zudem wurden die beiden Kläger in dem Geheimgefängnis systematisch gefoltert. Die Folterpraktiken sind in dem Urteil des EGMR ausführlich beschrieben.

Beide Kläger wurden im Juni und September 2003 aus Polen wieder ausgeflogen und dann z.T. über mehrer Zwischenstationen letztlich nach Guantanamo Bay verbracht. Beide Kläger waren zwischenzeitlich von der CIA auch nochmals jeweils in ein EU-Mitgliedsstaat (Litauen und Rumänien) verschleppt worden.

Nach den beiden Urteilen des EGMR hat der polnische Staat gegen das Verbot der Folter (Art. 3 MRK), gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5 MRK), gegen das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 MRK), gegen das Recht auf wirksame Beschwerde (Art. 13 MRK) und gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 MRK) verstoßen. Der EGMR sieht die aktive Beteiligung polnischer Behörden an den massiven Menschenrechtsverletzungen der CIA als erwiesen an.

Nach der Lektüre dieser Urteile fällt es mir schwer, Polen und vor allen Dingen die USA weiterhin als demokratische Rechtsstaaten zu betrachten.

Die Entscheidungen zeigen außerdem in bedrückender Art und Weise auf, für welches Leid und Unrecht Geheimdienste verantwortlich sind.

Den Betroffenen nutzt die Entscheidung des EGMR zunächst wenig, denn sie sitzen weiterhin in Guantanamo ein. Beide Kläger erhalten je 100.000 EUR Schadensersatz und der eine Kläger zudem 30.000 EUR Kostenerstattung vom polnischen Staat. Dem Gerichtshof gebührt Respekt, dass er Pflöcke einschlägt gegen die menschenunwürdige und rechtsstaatswidrige Behandlung von (angeblichen) Terrorverdächtigen durch die US-Behörden und ihre Helferstaaten.

posted by Stadler at 14:31  

24.7.14

Bundesregierung nutzt die aktuelle Entwicklung zur Ausweitung von Geheimdienstaktivitäten

Die Süddeutsche titelt heute, dass Berlin jetzt auch befreundete Geheimdienste überwachen will. Es geht dabei aber nur um die Überwachung der Aktivitäten von ausländischen Diensten auf deutschem Boden durch den Verfassungsschutz. Der deutsche Auslansgeheimdienst BND ist ohnehin weltweit aktiv. Aus einem aktuellen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass der BND fast die gesamte Welt überwacht, nämlich insbesondere den Telekommunikationsverkehr in und aus 150 Staaten und weiteren 46 Regionen.

Die Bundesregierung verfolgt also konsequent nur ein Konzept, nämlich das der Ausweitung der Aktivitäten deutscher Geheimdienste im In- und Ausland. Offenbar erscheint die Gegelegenheit dafür aktuell günstig, weil man der Öffentlichkeit nach den jüngsten Enthüllungen um amerikanische Spionage auf deutschem Boden die Notwendendigkeit einer solche Gegenspionage gut verkaufen kann. Die unkritische Berichterstattung aller großen Medien befördert eine solche Meinungsbildung. In einem Kommentar in der SZ wird zumindest erwähnt, dass der Schritt der Bundesregierung auch dem Ausbau des deutschen Sicherheitsapparats dienen könnte.

Jeder, der sich kurzfristig darüber gefreut haben sollte, dass Deutschland beim Thema Spionage den Amerikanern jetzt endlich Kontra gibt, sollte sich bewusst machen, dass damit nur die Überwachung insgesamt ausgeweitet wird. Für die an sich notwendigen Strategien zur Eindämmung von Geheinmdienstaktivitäten fehlt es leider auch in Deutschland an jedwedem politischen Willen.

Der Nutzen der Geheimdienstaktivitäten wird erst gar nicht analysiert und überprüft, ebensowenig wie die Bundesregierung an einer wirksamen rechtsstaatlichen Kontrolle der Dienste interessiert ist. Man behauptet die Notwendigkeit von Geheimdiensten sowie der ständigen Ausweitung ihrer Aktivitäten einfach, ohne jemals irgendeine Erfolgskontrolle durchgeführt zu haben. Weil uns die Amerikaner selbst in Deutschland ausspionieren, müssen wir jetzt einfach den Spieß umdrehen und zur Gegenspionage ausholen. Und diese Aufgabe kommt den Inlandsgeheimdiensten zu, die bei uns Verfassungsschutz heißen. Es waren aber gerade diese Behörden, die in der Vergangenheit wenig mitbekommen haben. Während man damit beschäftigt war, kritische Demokraten zu überwachen, konnte der NSU zehn Jahre lang ungestört agieren. Und diese Leute sollen jetzt NSA, CIA und GCHQ überwachen. Da kann man sich als Bürger bestimmt ganz entspannt zurücklehnen.

posted by Stadler at 09:46  

23.7.14

Klage gegen E-Mail-Überwachung des BND unzulässig

Der Berliner Anwaltskollege Niko Härting hatte beim Bundesverwaltungsgericht gegen die E-Mail-Überwachung des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Rahmen der sog. strategischen Fernmeldekontrolle geklagt. Das höchste deutsche Verwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil Härting nicht konkret darlegen konnte, dass der BND auch tatsächlich E-Mails des Rechtsanwalts erfasst hatte (Urteil vom 28.05.2014, Az.: BVerwG 6 A 1.13). Dagegen hat Rechtsanwalt Härting Verfassungsbeschwerde angekündigt.

Das Urteil des BVerwG liegt mittlerweile im Vollext vor und ist stellenweise durchaus aufschlussreich. Grundsätzlich erachtet das BVerwG den Rechtsweg für eröffnet und sieht sich auch als zuständig an.

Das Gericht weist sodann darauf hin, dass jede Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung von Kommunikationsdaten eines Bürgers in den Schutzbereich von Art. 10 GG eingreift. Bereits die Erfassung von E-Mails – was sowohl die Inhalte als auch die Metadaten betreffen dürfte – durch den BND stellt einen solchen Eingriff dar, weil sie die Basis für den nachfolgenden Abgleich mit Suchbegriffen bildet. Schon die grundsätzliche Datenerhebung bewirkt also den Grundrechtseingriff und nicht erst die anschließende Auswertung bzw. Filterung.

Das BVerwG geht allerdings davon aus, dass zwar die Möglichkeit gegeben ist, dass E-Mail-Kommunikation von Rechtsanwalt Härting erfasst worden ist, dass hierfür aber keine überwiegende Warscheinlichkeit besteht und die bloße Möglichkeit für die Annahme einer individuellen Betroffenheit nicht ausreicht. Im Rahmen der Festellungsklage müsse ein konkretes Rechtsverhältnis dargelegt werden, die abstrakte Möglichkeit einer Betroffenheit reiche nicht.

Dieses Ergebnis ist letztlich unbefriedigend. Denn es bedeutet, dass zwar ein nicht ganz unerheblicher Teil von Inländern von der strategischen Fernmeldekontrolle betroffen ist, dass aber im Grunde niemand seine individuelle Betroffenheit darstellen kann, weil schließlich niemand davon erfährt, dass seine E-Mails vom BND erfasst werden. Damit läuft jedenfalls der gerichtliche Rechtsschutz faktisch leer.

Es stellt sich zudem die Frage, ob die Annahme des Gerichts, die strategische Fernmeldekontrolle sei fragmentarisch und würde nur einen geringen Teil des Fernmeldeverkehrs betreffen, zutrifft. Der BND hat gegenüber dem Gericht ganz offenbar erklärt, dass deutlich weniger als 20 % der Telekommunikation auf diese Art und Weise erfasst würde. Ob das zutrifft oder nur eine Schutzbehauptung des BND ist um die Einhaltung der einfachgesetzlichen Vorgaben darstellen zu können, bleibt offen.

posted by Stadler at 15:48  

23.7.14

Entscheidung des OLG Köln in Sachen Kachelmann gegen Schwarzer im Volltext

Alice Schwarzer hatte auch nach dem rechtskräftigen Freispruch des Wettermoderators Jörg Kachelmann den Eindruck erweckt, Kachelmann habe seine frühere Freundin vergewaltigt. Das hat das OLG Köln der Journalistin in zweiter Instanz untersagt und eine Revision zum BGH nicht zugelassen. Das Urteil, über das in den Medien schon vor einigen Wochen berichtet wurde, liegt mittlerweile im Volltext vor.

Schwarzer hatte, in einem von der Zeitschrift Emma als Glosse bezeichneten Text folgende Formulierung gewählt:

… Emma greift diesmal der Entscheidung voraus und verkündet hiermit schon mal ihre Unworte des Jahres, denn wir konnten uns zwischen zweien einfach nicht entscheiden. Sie lauten: „einvernehmlicher Sex“ und „Unschuldsvermutung“. Begründung? Da fragt man am besten E2 oder Claudia D. oder irgendeine von den 86800 geschätzten vergewaltigten Frauen im Jahr, deren Vergewaltiger nie angezeigt, nie angeklagt oder nie verurteilt wurden.

Nachdem die Exfreundin von Kachelmann, die in dem Vergewaltigungsprozess als Nebenklägerin aufgetreten war, in der Berichterstattung regelmäßig als Claudia D. bezeichnet worden war, ist für ein breites Publikum der Bezugspunkt der Aussage klar. Bei Claudia D. handle es sich, so Schwarzer, um eine von 86800 vergewaltigter Frauen, deren Vergewaltiger nie verurteilt worden ist.

Das stellt im Hinblick auf die Person von Jörg Kachelmann eine ehrenrührige Tatsachenbehauptung dar, deren Wahrheitsnachweis Alice Schwarzer zu führen hätte. Das kann sie natürlich nicht, nachdem der Moderator rechtskräftig freigesprochen wurde.

Nebenbei stellt Schwarzer auch noch einen der wichtigsten Grundsätze eines rechtsstaatlich fairen Strafverfahrens in Frage, nämlich die Unschuldsvermutung. Das ist zwar in dem Prozess nicht von Bedeutung, besagt aber sehr viel über die Haltung von Alice Schwarzer.

Das OLG Köln stellt in seinem Urteil zunächst klar, dass die Nennung von Kachelmanns Namen nicht erforderlich war, sondern die Übermittlung von Informationen, aus denen sich die Identität für die interessierte Leserschaft ohne Weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt, ausreichend ist. Der Durchschnittsleser erkennt in „Claudia D.“ das vermeintliche Vergewaltigungsopfer, so das OLG Köln, was genügt, um Kachelmann als Adressat der Aussage zu identifizieren.

Das OLG Köln geht zudem davon aus, dass die Formulierung Schwarzers die zwingende Schlussfolgerung enthält, dass ungeachtet des nur aufgrund der „Unschuldsvermutung“ erfolgten Freispruchs kein „einvernehmlicher Sex“, sondern tatsächlich eine Vergewaltigung durch Kachelmann stattgefunden habe.

Wie man lesen kann, zeigt sich Alice Schwarzer weiterhin uneinsichtig und will die Nichtzulassung der Revision beim BGH angreifen.

posted by Stadler at 10:21  

23.7.14

BGH schränkt Haftung des Geschäftsführers für Wettbewerbsverletzungen ein

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH haftete ein Geschäftsführer einer GmbH bereits dann persönlich für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft, wenn er von ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern. Grundlage dieser Rechtsprechung war die sog. Störerhaftung, die der BGH im Bereich des Wettbewerbsrechts vor einigen Jahren allerdings aufgegeben hat.

Nach einer neuen Entscheidung des BGH (Urteil vom 18.06.2014, Az.: I ZR 242/12 – Geschäftsführerhaftung) genügt die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von Wettbewerbsverletzungen für eine Haftungsbegründung nicht mehr. Erforderlich ist nunmehr, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das dem Geschäftsführer anzulasten ist.

Der Geschäftsführer haftet für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft danach nur dann persönlich, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. Darüber hinaus haftet der Geschäftsführer aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht dann persönlich, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat, sowie für grundlegende Entscheidungen die typischerweise auf Geschäftsführerebene getroffen werden, also z.B. für die Firmierung oder für allgemeine Werbekonzepte und Strategien des Unternehmens.

Erlangt der Geschäftsführer lediglich Kenntnis davon, dass bei der unter seiner Leitung stehenden Geschäftstätigkeit Wettbewerbsverstöße begangen werden oder ihre Begehung bevorsteht, trifft ihn persönlich regelmäßig keine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht im Verhältnis zu außenstehenden Dritten, eine (weitere) Verletzung durch das Wettbewerbsrecht geschützter Interessen von Marktteilnehmern zu verhindern.

Der BGH schränkt mit dieser Entscheidung die persönliche Haftung des Geschäftsführers ein.

posted by Stadler at 09:13  

22.7.14

Verträgt sich die Tätigkeit von Geheimdiensten mit der Vorstellung von global geltenden Bürger- und Menschenrechten?

Die Heinrich Böll Stiftung hat meinen unter einer CC-Lizenz stehenden Text „Geheimdienste und Bürgerrechte“ der auch in dem Sammelband „Überwachtes Netz“ erschienen ist, übernommen. Das ehrt mich und bietet mir die Gelegenheit hier nochmals auf diesen Beitrag hinzuweisen.

Der Text kann unter Beachtung der Lizenzbedingungen CC-BY-SA weiterverbreitet werden.

posted by Stadler at 08:38  

21.7.14

US-Hoster nimmt Liste indizierter Websites vom Netz und wirft Bundesregierung Zensur vor

Das Jugendschutzgesetz (JuSchG) verlangt eine Indizierung jugendgefährdender Medien. In § 18 Abs. 1 JuSchG heißt es hierzu:

Träger- und Telemedien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, sind von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in eine Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen

Für Telemedien, also insbesondere Websites, regelt § 18 Abs. 2 Nr. 3 JuSchG, dass sie in die nichtöffentliche Liste aufzunehmen ist. D.h. eine Veröffentlichung dieser Liste findet nicht statt. Diese Liste soll aber Anbietern nutzerautonomer Filterprogramme zur Verfügung gestellt werden. § 24 Abs. 5 JuSchG regelt hierzu folgendes:

Wird ein Telemedium in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen und ist die Tat im Ausland begangen worden, so soll die oder der Vorsitzende dies den im Bereich der Telemedien anerkannten Einrichtungen der Selbstkontrolle zum Zweck der Aufnahme in nutzerautonome Filterprogramme mitteilen. Die Mitteilung darf nur zum Zweck der Aufnahme in nutzerautonome Filterprogramme verwandt werden.

Diese Liste wird als sog. BPjM-Modul u.a. Suchmaschinen und Herstellern von Routern zur Verfügung gestellt. Bereits diese Praxis erscheint mir klar rechtswidrig, denn Suchmaschinen sind keine nutzerautonomen Filterprogramme. Für eine Weitergabe an Suchmaschinen fehlt es schlicht an einer gesetzlichen Grundlage. Ob Routerhersteller nutzerautonome Filterprogramme anbieten, hängt davon ab, ob der Router eine entsprechende Filterfunktionalität eingebaut hat, die der Nutzer selbst an- und abschalten kann.

Diese nichtöffentliche Liste jugendgefährdender Telemedien wurde kürzlich geleakt und in einem bei Neocities gehosteten Blog veröffentlicht. Das hat für einigen Wirbel gesorgt und auch dazu, dass die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) auch gegen die Berichterstattung über diesen Leak vorgegangen ist.

Die KJM hat darüber hinaus auch den Hoster angeschrieben und aufgefordert, dieses Blog vom Netz zu nehmen. Das hat der Hoster angesichts der aus seiner Sicht unklaren Rechtslage auch getan, allerdings nicht ohne, der Bundesregierung in einem Blogbeitrag Zensur vorzuwerfen. In diesem Text wird u.a. darauf hingewiesen, dass die Liste im Grunde in Deutschland behördlicherseits veröffentlicht wird und nur unzureichend verschlüsselt ist.

Außerdem weist der Hoster zu recht darauf hin, dass sich auf der Liste falsche oder veraltete URLs befinden. Es wäre in der Tat interessant einmal genau zu untersuchen, wieviele Einträge aus der aktuellen Liste die Indizierungsvoraussetzungen tatsächlich erfüllen.

Auf der aktuellen Liste befanden sich m.W. sogar freigegebene Domains. Wer sich also eine Domain registriert, die gerade erst freigeworden ist, könnte damit unverhofft auf der Liste jugendgefährdender Medien gelandet sein.

Gegen die Aufnahme in die Liste ist übrigens der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (§ 25 JuSchG).

 

posted by Stadler at 12:31  

17.7.14

Frag den Staat gewinnt gegen den Staat

Die Bundesrepublik Deutschland ist der Open Knowledge Foundation Deutschland e. V., die das Portal „Frag den Staat“ betreibt in einem Rechtsstreit um die Veröffentlichung von Dokumenten des Innenministeriums unterlegen.

Frag den Staat hatte auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes um die Übersendung einer internen Stellungnahme des Bundesministerium des Inneren (BMI) zur Frage der Zulässigkeit von Sperrklauseln bei der Europawahl ersucht. Das Ministerium hat diese Stellungnahme dann auch übersadt, allerdings verbunden mit dem Hinweis, dass dieses Papier aus urheberrechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden darf.

Nachdem Frag den Staat das Dokument dennoch veröffentlicht hatte, hat das BMI erfolglos versucht, gegen die Open Knowledge Foundation eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Das Landgericht Berlin und das Kammergericht haben den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung abgelehnt, dass das fragliche Schreiben die nach § 2 Abs. 2 UrhG notwendige Schöpfungshöhe nicht erreicht und deshalb keinen Urheberrechtsschutz genießt.

Zwischenzeitlich hatte die Open Knowledge Foundation auch eine sog. negative Feststellungklage gegen die Bundesrepublik Deutschland erhoben. Die anwaltlichen Vertreter der Bundesrepublik haben diese Klageansprüche jetzt prozessual anerkannt, weshalb das Landgericht Berlin ein Anerkenntnisurteil zu Lasten des Staates erlassen hat.

Die auch für künftige Verfahren dieser Art wesentliche Frage, wie das Spannungsverhältnis zwischen Urheberrecht und Informationsfreiheit aufzulösen ist, haben die Gerichte freilich nicht beantwortet, weil sie das Dokument im konkreten Einzelfall erst gar nicht für urheberrechtlich schutzfähig erachtet haben.

posted by Stadler at 10:27  

15.7.14

Kostenloses W-LAN in ganz Bayern?

Die CSU will sich beliebt machen. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer stellt Freibier W-LAN für alle in Aussicht und zwar kostenlos in ganz Bayern. Da kann man nur hoffen, dass die Aussage mehr Substanz hat als Edmund Stoibers Transrapid-Versprechen. Im ländlichen Bereich wird das vermutlich eher nichts werden, aber man darf dennoch gespannt sein.

Möglicherweise kommen durch solche Vorhaben aber auch die in der Vergangenheit schon von einigen Bundesländern angeregten Initiativen zur Begrenzung der Störerhaftung von Betreibern offener W-LANs wieder in Schwung. Auch das wäre wünschenswert.

posted by Stadler at 16:15  

15.7.14

Amtsgericht Düsseldorf dampft Schadensersatz beim Filesharing ein

Das Amtsgericht Düsseldorf hat, vermutlich als erstes deutsches Gericht, entschieden, dass bei einer Schadensersatzhaftung in Fällen des Filesharing nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, der private Filesharer nicht mit einem kommerziellen Lizenznehmer gleichgesetzt werden kann (Urteil vom 03.06.2014, Az.: 57 C 3122/13).

Die Berechnung des Schadenersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie sei in einem solchen Fall zwar nicht unzulässig, denn diese Berechnungsmethode wurde durch den Gesetzgeber ausdrücklich normiert. Jedoch gebiete ihre Anwendung Zurückhaltung dahingehend, dass gegenüber verbraucherähnlich handelnden Personen keine Pauschallizenzen als Vergleichsmaßstab in Betracht kommen dürften, sondern der Schadenersatz nach Lizenzanalogie für Filesharing sich an den auf dem Markt erzielbaren Lizenzeinnahmen für einen Einzeldownload über einen legalen Anbieter zu orientieren habe.

Das Amtsgericht geht demzufolge von einem Betrag von 92 Cent für einen einzelnen Download aus und multipliziert diesen Betrag mit der Zahl der (möglichen) Downloads durch andere Tauschbörsenteilnehmer. Im konkreten Fall unterstellte das Amtsgericht 56 mögliche Kopien, wobei es für das Inland lediglich einen Anteil von 20 % annimmt, also 11 Kopien. Hieraus errechnete es einen Lizenzbetrag von 10,12 EUR pro Titel. Dieser Betrag wurde vom Gericht anschließend aber noch angemessen erhöht, d.h. verdoppelt, weil die zum Vergleich angenommene Lizenz zur Ermöglichung des Downloads durch Dritte eingriffsärmer sei als das vorgenommene Filesharing, dem eine weitergehende Verbreitung immanent sei. Das Amstgericht hat den Lizenzbetrag für einen Titel deshalb verdoppelt auf 20,24 EUR und für die geltend gemachten 15 Titel insgesamt einen Schadensbetrag von EUR 303,60 zugesprochen. Die Klägerin hatte demgegenüber 2500 EUR Schadensersatz geltend gemacht. Ansgesichts des Umstandes, dass andere Gerichte bereits bei einem einzigen Musiktitel regelmäßig einen Schadensersatz von mehreren hundert EUR berechnen, würde dieser Ansatz zu einer deutlichen Reduzierung der Schadensersatzbeträge im Bereich des Filesharing führen.

Auch wenn man die Schadensberechnung des Amtsgerichts Düsseldorf kritisch sehen kann, erscheint der grundlegende Ansatz, dass man einen privaten Filesharer nicht mit einem gewerblichen Lizenznehmer gleichsetzen kann und der Anknüpfungspunkt für die Bemessung des Schadensersatzes die konkrete Dauer des Filesharingvorgangs sein müsse, durchaus zutreffend.

Die ebenfalls eingeklagten Anwaltskosten hat das Gericht nicht zugesprochen. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass die Abmahnung unwirksam war, weil nicht die Unterlassung des konkreten Rechtsverstoßes verlangt worden ist, sondern allgemein die Unterlassung, jegliches Musikrepertoire der Klägerin im Internet verfügbar zu machen. Eine derart unwirksame Abmahnung begründe keinen Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten.

posted by Stadler at 15:53  
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