Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.10.13

Viel diskutiert: Der Start der deutschen Huffington Post

Die heute gestartete deutsche Ausgabe der Onlinezeitung Huffington Post präsentiert einen boulevardesken Mix aus Politik, Wirtschaft, Technik und Unterhaltung. Die Startausgabe wartet außerdem mit ein paar prominenten Gastkommentatoren auf, deren Beiträge zum Teil allerdings arg verunglückt daherkommen. Stefan Niggemeier meint nicht ganz zu Unrecht, dass „der hiesigen Medienlandschaft kaum etwas weniger gefehlt hat als eine solche Windmaschine„, während Mario Sixtus auf Twitter einen Vergleich zum Privatfernsehen zieht, das nur Aufmerksamkeit und Zeit saugt und nichts zurückgibt. Im Netz überwiegt insgesamt die Kritik und der Spott.

Richard Gutjahr spricht in seinem Blog von einem hoffnungsvollen Tag für „Inbetweener“. So nennt Richard die Journalisten seiner (Sandwich-)Generation, die sich, mit klassischer Ausbildung ausgestattet, im „Neuland“ auf die Suche nach einer neuen journalistischen Identität begeben haben. Das klingt zunächst verhalten positiv. Sein Ratschlag an Autoren und Journalisten lautet dann allerdings doch, es lieber mit einem eigenen Blog zu versuchen, als unbezahlt für die Huffington Post zu schreiben.

Was Autoren, die nicht zu den wenigen Stars zählen, die Frau Huffington zweifellos bezahlt, zur Huffington Post treibt, ist wohl die Hoffnung auf Aufmerksamkeit. Wer sich allerdings als Journalist auf die Huffington Post einlässt, wird damit seinen Marktwert kaum steigern, jedenfalls nicht, wenn hochwertiger und kritischer Journalismus sein Anspruch ist. Und die Frage, warum man kostenlos schreiben und damit die Turn­schuhe von Cherno Joba­tey bezahlen soll, ist mehr als berechtigt.

Und was bringt die Huffington Post aus Lesersicht? Wenn der erste Hype verflogen ist, wird man erkennen, dass die Huffington Post irgendwie kaum einen Mehrwert gegenüber Portalen bietet, wie sie sich an jeder Ecke des Netzes finden. Dass die Zukunft des Journalismus derart billig daherkommt, hätte man dann doch nicht erwartet. Ich glaube kaum, dass sich hier ein wirklich relevanter Player unter den deutschen Onlinemedien entwickelt, auch wenn diese Prognose am ersten Tag verfrüht erscheinen mag. Denn anspruchsvolle und gut geschriebene Texte findet man zumindest bislang kaum und für die Freunde des Boulevards dürfte das Ganze optisch zu wenig reizvoll sein.

Update vom 11.10.2013 zu den Nutzungsbedingungen:
Gerade habe ich erstmals einen Blick auf die Nutzungsbedingungen der Huffington Post geworfen und mich doch sehr gewundert. Diese Nutzungsbedingungen sprechen nicht unbedingt dafür, dass Autoren gut beraten sind, dort kostenlos etwas zu veröffentlichen. Denn obwohl kein Honorar bezahlt wird, möchte die Huffington Post eine umfangreiche Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte. Die Rechtseinräumung ist zwar nicht ausschließlich, das heißt, man kann seinen Text anschließend auch noch anderweitig verwerten, aber ansonsten äußerst weitreichend. Die Rechtseinräumung ist zeitlich und örtlich unbeschränkt, gilt also weltweit. Das Recht soll zudem übertragbar sein und beinhaltet insbesondere auch das Recht zur Vergabe von Unterlizenzen. Die Rechtseinräumung erfolgt nicht nur gegenüber der Huffington Post Deutschland (TOMORROW FOCUS Content & Services GmbH) sondern außerdem auch gegenüber AOL Europe und MEDIA & CIE S.E.N.. Schließlich wird auch noch ein Recht zur Bearbeitung eingeräumt, insbesondere die Möglichkeit der Zusammenfassung, Kürzung und Übersetzung sowie der Erstellung davon abgeleiteter Werke.

Diese weitreichende Rechtseinräumung ist angesichts des Umstands, dass keinerlei Vergütung bezahlt wird, starker Tobak und wirft die Frage auf, ob eine solche Rechtseinräumung in Nutzungsbedingungen AGB-rechtlich überhaupt möglich und mit dem grundsätzlichen Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung (§ 32 UrhG) vereinbar ist.

posted by Stadler at 22:40  

10 Comments

  1. Wieso kein Mehrwert? Einen zweiten „BILD-Blog“ gibt es schon ;)
    http://uffingtonpost.tumblr.com/

    Comment by MarvinEmilBrach — 10.10, 2013 @ 22:53

  2. Ich kenne dieses Portal noch garnicht und habe mich mal darauf eingelassen, draufzuklicken.

    Zwischen „Heute ist Welthundetag – unsere süßen Vierbeiner“ und „Prominente Verkehrssünder“ fand ich 2 Artikel, die in DE schon Schnee von vorgestern sind, unzwar über den Werbestreit der Marlboro-Maybe-kampagne und des Monsterbacke-Joghurts. Diese Fälle wurde vor gefühlt…2 Jahren(?) mal angegangen.

    Täusch ich mich, oder sammeln die nur irgendwelche tollen Ereignisse in DE, ohne das Datum zu beachten?

    Comment by Ninni — 11.10, 2013 @ 09:01

  3. Man sollte vor allem auch noch die Haftungsregelungen durchlesen. Der Autor bekommt kein Geld haftet aber für jeglichen Schaden der Huffington Post oder deren Mitarbeitern und auch für anfallende Anwaltskosten, egal wo auf der Welt, durch seinen Artikel entstehen.
    Wer unter solchen Voraussetzungen veröffentlicht ist wohl nicht sehr helle im Oberstübchen. Und echter Journalismus ist unter solchen Bedingungen ja nicht möglich. Schließlich könnte ein kritischer Artikel in Deutschland ohne Folgen sein, aber in den USA als Hochverrat angesehen werden (extremes Beispiel, aber heute nicht mehr ganz abwegig).

    Comment by Jan — 11.10, 2013 @ 11:52

  4. Die Huffpost ist nur in der U:S.-Version interessant für Leser und Schreiber, weil es dort eine verfassungsmäßig garantierte Redefreiheit gibt.

    Comment by Toya — 12.10, 2013 @ 00:08

  5. @Jan: Naja, solche Klauseln sind in Verlagsverträgen nicht ganz unüblich, zumal sich die HuffPo nur bei schuldhaften Verstößen der AutorInnen schadlos halten möchte. Außerdem entspricht im Verhältnis Autor/in-HuffPo der Ort des Schadenseintritts dem Erfüllungsort, d.h. hier München. Insofern ist nach Rom II schlicht deutsches Recht anwendbar, sodass ich die Gefahr für die VerfasserInnen nicht sehe.
    Unausgegoren scheint mir eher Ziffer 9 der AGB. Allein diese drangvolle Großschreibung, die man von diesen „AS IS“-Klauseln aus angloamerikanischen AGB kennt, lässt nichts gutes vermuten. So riecht z.B. der letzte Satz des ersten Absatzes von Ziffer 9 (Würmer, Viren, Malware) mächtig nach Klauselverbot iSv § 309 Nr. 7 BGB. Im Übrigen teile ich die Auffassung von Stadler: die Vergütung scheint angesichts dieser Rechtseinräumung wackelig, insbesondere da die HuffPo wohl profitabel sein möchte(?). Kleine Stilkritik: § 32 UrhG gibt keinen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung, sondern auf Vertragsanpassung ;)

    Ansonsten kann man der HuffPo nur zu einer realistischen Selbsteinschätzung gratulieren: „AUS DIESEN GRÜNDEN SIND DIESE INHALTE […] NUR ZU IHRER KENNTNISNAHME BESTIMMT UND SOLLTEN NICHT ZU IRGENDEINEM ZWECK ALS VERLÄSSLICHE INFORMATIONSQUELLE VERWENDET WERDEN.“
    Na dann.. ;)

    Comment by dapperdan — 12.10, 2013 @ 04:44

  6. Hatte das schon getwittert: Solche Total-Buyout-Verträge müssen freie Journalisten seit Jahren unterschreiben.

    Comment by vera — 12.10, 2013 @ 16:47

  7. @dapperdan: Die Stilkritik sollten Sie an den Gesetzgeber richten. Denn die gesetzliche Überschrift lautet: Angemessene Vergütung. ;-)

    Comment by Stadler — 12.10, 2013 @ 20:10

  8. Wieder ein neues Web-Angebot, auf das man verzichten kann. Wo meine Rechte beschnitten werden, glänze ich durch Abwesenheit.

    Es ist heute schon so, dass sich nur der Bodensatz der Gesellschaft auf entsprechenden Plattformen tummelt, während sich andere dort nicht blicken lassen.

    Die Intelligenz nutzt andere Formate. Oder besser: Man hat Format oder hat es nicht.

    Comment by Till — 13.10, 2013 @ 13:29

  9. Info:

    Facebook-Zuckerberg möchte mehr Privatheit, er kaufte sich daher riesige Ländereien um sein Grundstück. Er möchte unbeobachtet sein.

    Gleichzeitig gibt er bekannt, dass die Option des Versteckens auf Facebook nicht mehr möglich ist, weil alle gefunden werden sollen, die sich dort befinden.

    Ob das dort eine Schlagzeile wert ist? Sicher nicht. Der Bodensatz nimmt sowas gar nicht zur Kenntnis, denn dazu braucht es Hirnschmalz.

    Comment by Till — 13.10, 2013 @ 13:44

  10. Den Laden habe ich mir kürzlich angeschaut. Ich kann nur schreiben, daß jeder, dem seine privaten Daten egal sind, dort bestens aufgehoben ist. Alle anderen Surfer sollten die Webseite meiden, wie der Teufel das Weihwasser.

    Comment by Degenhardt — 27.10, 2013 @ 13:54

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