Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

7.6.13

BGH zu qualifizierter elektronischer Signatur und EGVP

Der BGH hat entschieden, dass die sog. Container-Signatur im Verfahren nach dem Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) die Voraussetzungen einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne von § 130a Abs. 1 S. 2 ZPO erfüllt (Beschluss vom 14.05.2013, Az.: VI ZB 7/13).

Bei der Container-Signatur wird nicht jede einzelne Datei elektronisch signiert, sondern die gesamte elektronische Nachricht, die in diesem Fall ein Anwalt an ein Gericht geschickt hatte. Man spricht insoweit von einer Umschlag- oder Container-Signatur. Das Berufungsgericht war der Meinung, dass eine Einzelsignatur notwendig sei und deshalb die Berufungsbegründung nicht fristgerecht bzw. formgerecht beim Berufungsgericht eingegangen sei. Diese Entscheidung hat der BGH aufgehoben.

posted by Stadler at 09:33  

6.6.13

Was bringt das Datenschutzranking von Lobbyplag?

Richard Gutjahr berichtet heute in seinem Blog über ein Datenschutzranking der Initiative Lobbyplag. Dort wird dargestellt, welche Abgeordneten und Parteien Änderungsanträge zur geplanten Datenschutzgrundverordnung eingebracht haben, die den Datenschutz entweder stärken oder schwächen.

Nach Lektüre des Beitrags ist man allerdings nicht viel schlauer als vorher. Denn wie dieses Ranking zustande gekommen ist, erschließt sich dem oberflächlichen Betrachter nicht, auch wenn Lobbyplag die Vorgehensweise und Kriterien etwas ausführlicher beschreibt. Zentral ist in einem ersten Schritt nämlich immer die Frage, ob man den einzelnen Änderungsantrag als datenschutzfreundlich oder datenschutzfeindlich qualifiziert. Hierzu haben die Macher von Lobbyplag mehr als 3.000 Änderungsanträge jeweils mit einem Plus oder einem Minus versehen oder auch als neutral bewertet.

Bereits bei einem kurzen beliebigen Blick auf einige Einzelbewertungen erkennt man Diskussionsbedarf. Ich möchte hierzu ein beliebiges Beispiel  herausgreifen, um zu zeigen, wie fragwürdig einzelne Bewertungen durch Lobbyplag sein können. Das Beispiel betrifft folgenden Änderungsvorschlag des Abgeordneten Axel Voss:

#413 – Recital 25
(25) Consent should be given explicitlyunambiguously by any appropriate method enabling a freely given specific and informed indication of the data subject’s wishes, either by a statement or by a clear affirmative action by the data subject, ensuring that individuals are aware that they give their consent to the processing of personal data, including by ticking a box when visiting an Internet website or by any other statement or conduct which clearly indicates in this context the data subject’s acceptance of the proposed processing of their personal data. Silence or inactivity should therefore not constitute consent. Consent should cover all processing activities carried out for the same purpose or purposes. If the data subject’s consent is to be given following an electronic request, the request must be clear, concise and not unnecessarily disruptive to the use of the service for which it is provided. The information provided in order for children to express the consent should be given in a clear and age-appropriate language, in a way that it would be easy to understand for a child above the age of 13.

Als schwächende Veränderung wurde hier gewertet, dass bei der datenschutzrechtlichen Einwilligung der Begriff „explicitly“ durch „unambiguously“ ersetzt werden soll. Man kann das allerdings auch als sinnvolle Klarstellung bewerten. Denn der aktuelle Entwurfstext ist widersprüchlich. Er spricht einerseits davon, dass die Einwilligung ausdrücklich (explicitly) erteilt werden soll, um dann auszuführen, dass auch eine eindeutige Handlung (clear affirmative action)  – also konkludentes Verhalten – ausreichend sein soll. Es erscheint mir sinnvoll, diesen Widerspruch aufzulösen, um spätere gegensätzliche Auslegungen zu vermeiden. Die weitere Einfügung des Abgeordneten Voss, wonach die Einwilligungserklärung gegenüber Kindern (über 13 Jahren) in einer klaren und altersgerechten Sprache abgefasst sein muss, ist meines Erachtens als datenschutzfreundliche Ergänzung zu qualifizieren.

Ich würde hier also die erste Änderung als neutral, aber sinnvoll und die zweite als datenschutzstärkend einstufen. Das ergibt dann, anders als bei Lobbyplag, in der Tendenz eine datenschutzfreundliche Wertung. Wenn mir solche Fälle schon bei einer ersten beliebigen Draufsicht auffallen, muss ich unterstellen, dass sich zahlreiche fragwürdige Bewertungen finden lassen. Die Zeit, mehr als 3.000 Einzelbewertungen zu überprüfen, habe ich allerdings nicht. Solche Ungereimtheiten bleiben dem normale Nutzer, der sich nicht in die Einzelheiten vertieft, aber zwangsläufig verborgen.

Jenseits der Einzelbewertungen bestehen aber ganz grundlegende methodische Bedenken gegen das Vorgehen von Lobbyplag. Das Datenschutzranking ist von einem Tunnelblick geprägt und blendet die komplexen Wechselwirkungen zu anderen Rechtspositionen und legitimen Interessen gänzlich aus.

Das Recht auf Schutz personenbezogener Daten bzw. das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung steht, wie jedes Grundrecht, im ständigen Spannungsverhältnis zu anderen Rechten und Grundwerten. Es kann also durchaus sein, dass eine Änderung, die man isoliert als Schwächung des Datenschutzes bewerten kann, gleichzeitig das Recht auf Meinungs- oder Informationsfreiheit stärkt, um nur eines der bekannten Spannungsfelder zu nennen. Und natürlich müssen und dürfen auch legitime wirtschaftliche Interessen berücksichtigt werden. Dass vordergründig datenschutzfreundliche Änderungsvorschläge zu Lasten der Kommunikationsfreiheiten gehen können, habe ich bereits früher erläutert. Carlo Piltz hat einen anderen vermeintlich datenschutzfreundlichen Aspekt der Datenschutzgrundverordnung, das geplante Recht auf Datenübertragbarkeit, kritisch beleuchtet und hinterfragt. Ob man also etwas als datenschutzfreundlich bewertet oder nicht, besagt noch nichts darüber, ob eine Regelung in einem größeren Kontext als ausgewogen und vor allen Dingen – woran es im ganzen Datenschutzrecht erheblich krankt – praxistauglich zu bewerten ist. Die Einteilung in gut oder böse bzw. hier in datenschutzfreundlich und datenschutzfeindlich lässt die komplexe Wechselwirkung mit anderen Rechtspositionen völlig außer Betracht. Genau das müsste aber analysiert und bewertet werden. Dieses Ranking nimmt keinerlei Interessenabwägung vor und das ist wohl auch nicht sein Anliegen. Sein Ansatz ist vielmehr monokausal.

Gerade deshalb ist es aber aus rechtswissenschaftlicher Sicht nicht wirklich brauchbar und hilfreich. Der methodische Ansatz den Lobbyplag gewählt hat, ist nicht geeignet, den notwendigen komplexen Abwägungsprozess abzubilden.

posted by Stadler at 20:57  

6.6.13

Wie die Angst vor einer Haftung den Aufbau öffentlicher W-LANs hemmt

Nicht nur große Städte wie Berlin oder München wollen ihren Bürgern und Besuchern gerne an zentralen Plätzen einen kostenlosen Internetzugang anbieten, sondern auch kleinere Kommunen interessieren sich mittlerweile für das Thema.

Gerade heute habe ich mit einem Provider gesprochen, der für eine kleinere Stadt ein W-LAN an einem zentralen öffentlichen Platz schaffen soll. Die Gemeinde will dabei aber nicht als Anbieter auftreten, weil man befürchtet, wegen rechtswidriger Handlungen der Nutzer in Anspruch genommen zu werden. Als Betreiber soll daher der Provider fungieren. Beratungsanfragen dieser Art hatte ich in letzter Zeit mehrere, die Haftungsfrage, insbesondere bei Urheberrechtsverletzungen durch Nutzer des Angebots, stand dabei regelmäßig im Vordergrund. Vermutlich wäre man in Deutschland beim Aufbau öffentlicher und kostenloser W-LANs vielerorts schon deutlich weiter, gäbe es diese Angst vor einer Haftung nicht.

Gestern hatte ich darüber gebloggt, dass der Bundestag, ebenso wie die Bundesregierung, dennoch eine Haftungsbeschränkung für die Betreiber freier öffentlicher W-LANs nicht gesetzlich verankern will. Die Bundesregierung will stattdessen abwarten, bis der BGH entscheidet. Das kann allerdings Jahre dauern. Es ist zudem gerade die problematische und missverständliche Rechtsprechung des BGH, die die Angst vor einer Haftung der Betreiber freier öffentlicher W-LANs nährt. In dieser Situation müsste der Gesetzgeber klarstellend eingreifen, anstatt darauf zu hoffen, dass das höchste Zivilgericht, das zudem maßgeblich für die bestehende Rechtsunsicherheit verantwortlich ist, die Frage schon noch klären wird. Einer Bundesregierung die nicht handelt, obwohl sie dazu in der Lage ist und eine entsprechende Notwendigkeit besteht, fehlt es an Überzeugungskraft.

posted by Stadler at 14:11  

5.6.13

Bundestag will Haftungsbeschränkung für Betreiber offener W-LANs nicht regeln

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie des Bundestages hat einen Antrag der SPD, der darauf abzielte, Haftungsbeschränkungen für Betreiber offener W-LANs gesetzlich zu regeln, abgelehnt.

Union und FDP haben gegen den Antrag gestimmt, Grüne und Linke enthielten sich, weil ihnen der Antrag der SPD nicht weit genug ging bzw. sie eigene Anträge hatten.

Die Haltung der Regierungsfraktionen ist unverständlich. Nach zutreffender rechtlicher Bewertung müssen Betreiber offener W-LANs denselben Regeln unterliegen wie professionelle Zugangsprovider, also insbesondere der Haftungsprivilegierung des § 8 TMG. Da diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des BGH aber nicht für Unterlassungsansprüche gilt, stellt sich insoweit die Frage nach der sog. Störerhaftung, was der Gesetzgeber ebenfalls klarstellend regeln könnte.

Nachdem es immer mehr Bestrebungen gibt, freie und offene W-LANs anzubieten, aktuell beispielsweise in München, existiert auch ein erheblicher Regelungsbedarf, um die bestehende, erhebliche Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

Die Bundesregierung und die schwarz-gelbe Bundestagsmehrheit hemmen durch ihre politisch nicht nachvollziehbare Haltung damit einmal mehr eine sinnvolle und notwendige Entwicklung.

posted by Stadler at 22:37  

4.6.13

Heimliche Überwachung mittels GPS-Empfänger grundsätzlich strafbar

Der BGH hat heute entschieden, dass sich ein Privatermittler, der am Auto der von ihm observierten „Zielperson“ einen GPS-Empfänger – vermutlich eher einen Sender – anbringt und dadurch ermittelt, wann sich das Fahrzeug wo aufhält, grundsätzlich nach §§ 44, 43 Abs. 2 BDSG strafbar macht (Urteil vom 4. Juni 2013, Az.:  1 StR 32/13).

Für die Frage, ob die Gestattungstatbestände der § 28 oder 29 BDSG eine solche Datenerhebung erlauben, ist zwar eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall erforderlich. Nach Ansicht des BGH kann aber nur bei Vorliegen eines starken berechtigten Interesses an dieser Datenerhebung die Abwägung ausnahmsweise (etwa in notwehrähnlichen Situationen) ergeben, dass das Merkmal des unbefugten Handelns bei diesen Einsätzen von GPS-Empfängern zu verneinen ist.

Die Entscheidung dürfte grundsätzlich für Fälle von Geotargeting bzw. Geolocation ohne ausreichende datenschutzrechtliche Einwilligung des Betroffenen von Bedeutung sein.

Quelle: Pressemitteilung des BGH

posted by Stadler at 16:50  

4.6.13

Die CSU und der Datenschutz

Gerade habe ich versucht, mich online zum Netzkongress der CSU anzumelden. Aber die CSU macht die Anmeldung davon abhängig, dass man sich mit der Zusendung aktueller Informationen zur Politik, den Veranstaltungen und den Terminen der CSU einverstanden erklärt und mit einer Speicherung und Verwendung der Anmeldedaten zu diesem Zweck. Wenn man das entsprechende Häkchen nicht setzt, kann man sich nicht zum Netzkongress anmelden, sondern erhält den Hinweis, dass die „Datenschutz-Zustimmung“ fehlt:

CSU_Datenschutz

Anmelden kann sich online bei der CSU also nur, wer gleichzeitig erklärt, dass sein E-Mail-Account mit politischer Information bzw. Werbung geflutet werden darf und diesbezüglich natürlich auch in die Speicherung seiner Anmeldedaten einwilligt.

Nachdem insoweit von einer Datenschutz-Zustimmung – gemeint ist wohl eine Einwilligung – die Rede ist, müssen auch die Vorgaben des § 13 Abs. 2 TMG beachtet werden. Zudem müsste die Einwilligungserklärung getrennt von anderen Erklärungen stehen und gesondert hervorgehoben sein.

Liebe CSU, ich wäre gern zu eurem Netzkongress gekommen, aber ich glaube so wird das nichts mit uns.

posted by Stadler at 16:02  

4.6.13

Künstler Jonathan Meese: Strafbefehl wegen Hitlergruß

Wie mehrere Medien berichten, hat der Künstler Jonathan Meese einen Strafbefehl wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB) erhalten, weil er in einem öffentlichen Gespräch in Kassel zum Thema „Größenwahn in der Kunst“ die „Diktatur der Kunst“ gefordert und den Arm zum Hitlergruß gehoben hat.

Meese hatte den Hitlergruß bereits mehrfach öffentlich zum Zwecke der Provokation eingesetzt. Die ZEIT hat sich bereits 2007 kritisch u.a. mit diesem Aspekt auseinandergesetzt. Meese bezieht sich damit offenbar auch auf eines seiner künsterischen Vorbilder Anselm Kiefer, der den Hitlergruß ebenfalls in einem künsterischen Kontext einsetzte.

Bislang haben sich die Staatsanwaltschaften dafür offenbar nicht interessiert, anders nunmehr die Staatsanwaltschaft Kassel. Das Zeigen des Hitlergrußes ist grundsätzlich nach § 86a StGB strafbar, was auch durch die Rechtsprechung des BVerfG bestätigt wurde. Es gibt allerdings eine sog. Sozialadäquanzklausel, die besagt, dass der Tatbestand dann nicht erfüllt ist, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Kunst oder anderen priviligierten Zwecken dient.

Die Rechtsprechung macht auch dann eine Ausnahme, wenn die konkrete Verwendung dem Schutzzweck des Gesetzes erkennbar nicht zuwiderläuft. Das ist der Fall, wenn das Kennzeichen gerade zum Zweck einer Kritik an der verbotenen Organisation eingesetzt wird oder der Kontext der Verwendung ergibt, dass eine Wirkung auf Dritte in einer dem Symbolgehalt des Kennzeichens entsprechenden Richtung ausscheidet. Das kommt insbesondere bei erkennbar verzerrter, parodistischer oder karikaturhafter Benutzung in Betracht.

Sollte Meese den Strafbefehl nicht akzeptieren, werden die Gerichte zu klären haben, ob Meese den Hitlergruß in künstlerischer oder karikaturhafter Weise eingesetzt hat. Die Absicht der Provokation alleine wird dafür allerdings nicht ausreichend sein. Der Fall erscheint mir juristisch nicht so ganz eindeutig.

posted by Stadler at 10:39  

3.6.13

Wer ist für die Medien- und Netzpolitik eigentlich zuständig?

Malte Spitz, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen, schreibt heute bei SPON einen Meinungsbeitrag mit dem Titel „Medienstaatsvertrag: Netzpolitik darf nicht Ländersache werden„.  Er bezieht sich dabei auf eine Rede von Olaf Scholz in der u.a. von einem Medienstaatsvertrag (der Bundesländer) die Rede ist und davon, dass die Rundfunkkommission zu einer Medienkommission weiterentwickeln sollte. 

Die Rede von Olaf Scholz ist freilich wenig konkret und lässt kaum Konturen erkennen. Was er genau in einem Medienstaatsvertrag regeln möchte, bleibt unklar. Die Frage wäre dann auch die, was die Länder in einem Staatsvertrag überhaupt regeln dürften. Telekommunikations- und Urheberrecht unterfällt der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenez des Bundes (Art. 73 GG), Landesgesetze sind in diesen Bereichen überhaupt nicht möglich. Das gesamte bürgerliche Recht sowie das Strafrecht unterliegt der sog. konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz. Die Länder dürfen in diesen Bereichen Gesetze nur erlassen, wenn und solange der Bund nichts geregelt hat. Da das Zivilrecht und das Strafrecht umfassend geregelt sind, bleibt in diesem Bereich für die Länder kaum Gestaltungsspielraum. Der Bund hat außerdem über den Kompetenztitel Recht der Wirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG) die Möglichkeit den gesamten Bereich des E-Commerce zu regeln, wovon er  auch Gebrauch gemacht, insbesondere durch das Telemediengesetz.

Klassische Regelungsbereiche der Länder, für die der Bund nicht zuständig ist, sind demgegenüber das Presse- und das Rundfunkrecht. Die Länder haben speziell in den 90’er Jahren, als der längst nicht mehr in Kraft befindliche Mediendienstestaatsvertrag geschaffen wurde, gerne die Auffassung vertreten, dass das Internet ja auch nichts anderes sei als so eine Art Rundfunk und insoweit eine umfassende Regelungskompetenz für sich beansprucht. Mittlerweile hat sich allerdings die Ansicht eingependelt, dass die Länder nur für solche Inhalte eine Gesetzgebungskompetenz haben, die man im engeren Sinne als presse- und rundfunkähnlich ansehen kann.

Für die Schaffung einer umfassenden Medienordnung, von der Olaf Scholz träumt, haben die Länder also gar keine ausreichenden Kompetenzen. Unabhängig von der Kompetenzordnung dürfte es aber auch wenig sinnvoll sein, alte und verkrustete Strukturen des Rundfunkrechts auf das Internet zu übertragen. Im Ergebnis hat Malte Spitz also recht. Die Rede von Olaf Scholz weist nicht in die Zukunft.

posted by Stadler at 21:47  

1.6.13

Von der Polizei zuerst geschlagen und anschließend ausgeforscht

Der Fall der Teresa Z. dürfte das Vertrauen vieler Menschen in die Polizei tief erschüttert haben. Auf einer Münchener Polizeiwache wird der gefesselten 23-jährigen Frau von einem Polizisten derart heftig ins Gesicht geschlagen, dass es zu einem Bruch von Nase und Augenhöhle kommt. Der Polizeipräsident verteidigt das Vorgehen zunächst, der Polizeibeamte besitzt gar die Chuzpe, sich auf Notwehr zu berufen. Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft München I allerdings Anklage gegen den Beamten erhoben, weil ein Gutachten der Rechtsmedizin eine Notwehrlage nicht für gegeben ansieht.

Heute schreibt die Süddeutsche, dass die Polizei zudem das Handy der Frau beschlagnahmt und SMS und E-Mails ausgewertet habe, auch im Hinblick auf Kontakte zu Journalisten. Es gab offenbar eine richterliche Anordnung für die Beschlagnahme des Handys, allerdings wohl nur bezüglich von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die Münchener Polizei hat das zum Anlass genommen, das Handy umfassend auszuwerten und hat dabei auch Kommunikationsinhalte die aus einem Kontakt mit einem Münchener Journalisten resultieren, in der Ermittlungsakte dokumentiert.

Bei der gegebenen Sachlage erscheinen die Ermittlungen gegen die Frau ohnehin konstruiert zu sein und dürften primär dem Zweck dienen, davon abzulenken, dass der eigentliche Straftäter ein Polizeibeamter ist. Auch im Hinblick auf die richterliche Anordnung der Beschlagnahme des Handys der Frau stellt sich daher die Frage, ob ein ausreichender, auf tatsächliche Umstände gestützter Tatverdacht vorliegt und ob, die auf dem Handy befindlichen Daten überhaupt im Sinne von § 94 StPO als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können.

Dass es sich bei den regelmäßig wiederkehrenden Fällen von Polizeigewalt – die Medien dokumentieren hier sicherlich nur die Spitze des Eisbergs – auch um ein strukturelles Problem handelt, wird von der Politik bislang negiert. Und genau diese Haltung ist geeignet, auch künftig den Nährboden für ähnlich gelagerte Fälle zu schaffen.

posted by Stadler at 12:11  
« Vorherige Seite