Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

12.2.13

Beugehaft gegen Onlineredakteur

Das Amtsgericht Duisburg hat mit Beschluss vom 01.02.2013 gegen einen Onlineredakteur des Bewertungsportals „Klinikbewertungen.de“ fünf Tage Beugehaft verhängt, um die Herausgabe von Nutzerdaten zu erzwingen.

Hintergrund ist eine Strafanzeige einer Therapeutin der Rehaklinik Bad Hamm wegen übler Nachrede durch eine anonyme Bewertung auf Klinikbewertungen.de. Der beanstandete Beitrag wurde von dem Portal bereits 2011 gelöscht, der Portalbetreiber bzw. der zuständige Onlineredakteur verweigern gegenüber Staatsanwaltschaft und Polizei aber die Preisgabe der Nutzerdaten.

Aus diesem Grund wurde der Onlineredakteur schließlich zur richterlichen Vernehmung beim Amtsgericht Duisburg geladen. Nachdem er sich auch dort auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen hat, hat das Amtsgericht Dusiburg mit Beschluss vom 02.07.2012 zunächst Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, gegen den Onlienredakteur festgesetzt. Das Gericht geht in der Begründung des Beschlusses davon aus, dass dem Zeugen kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO zusteht, weil bei Mediendiensten eine bloße Einstellung fremder Texte nicht ausreichend sei, sondern vielmehr eine redaktionell aufbereitete Information vorliegen müsse. Diese Rechtsansicht ist nach meiner Einschätzung im Lichte der Rechtsprechung des BVerfG nicht haltbar. Diesen Aspekt hatte ich im Zusammenhang mit der Beschlagnahmeaktion bei der Augsburger Allgemeinen bereits erörtert. Darüber hinaus geht das BVerfG aber auch davon aus, dass § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO keine abschließende Regelung enthält, sondern sich das Zeugnisverweigerungsrecht auch unmittelbar aus Art. 5 GG ableiten lässt.

Nachdem das Landgericht Duisburg den Beschluss des Amtsgerichts im Beschwerdeverfahren bestätigt hat, hat der betroffene Onlineredakteur am 14.12.2012 Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und Landgerichts Duisburg erhoben.

Offenbar will man beim Amtsgericht Duisburg aber die Entscheidung aus Karlsruhe nicht abwarten. Zwischenzeitlich wurde gegen den Onlineredakteur mit Beschluss vom 01.02.2013 nämlich Erzwingungshaft angeordnet.

An dieser Stelle ist aber ganz unabhängig von der Frage, ob ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht oder nicht, immer zu prüfen, ob die Anordnung von Beugehaft gegen einen Zeugen zur Bedeutung der Strafsache nicht außer Verhältnis steht. Insoweit ist die Frage, ob der Vorwurf einer üblen Nachrede – zumal der fragliche Kommentar längst nicht mehr online war – überhaupt die Anordnung von Beugehaft rechtfertigen kann.

Die Frage, ob sich Meinungsportale und Blogs auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen können bzw. unter welchen Voraussetzungen Zwangsmittel gegen einen Betreiber in Betracht kommen, bedarf dringend einer Klärung durch das Bundesverfassungsgericht.

 

Update vom 13.02.2013:
Nachdem in den Blogkommentaren eine rege Diskussion über das Für und Wider eines Zeugnisverweigerungsrechts für Betreiber von Meinungsportalen entstanden ist, möchte ich meinen Beitrag noch um einige rechtliche Ausführungen ergänzen.

Wenn man sich dieser Frage aus dem Blickwinkel des einfachen Rechts nähert, dann muss man zunächst feststellen, dass § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO Personen ein Zeugnisverweigerungsrecht gewährt, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Informations- und Kommunikationsdiensten die der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienen, berufsmäßig mitwirken. Wenn man sich also am Wortlaut der Vorschrift orientiert, dann muss ein Mitarbeiter eines Bewertungsportals diesem Schutz unterfallen, denn das Bewertungsportal dient der Meinungsbildung und der Onlineredakteur wirkt auch berufsmäßig mit. Die Einschränkung, die hier viele vornehmen wollen, dass ein Zeugnisverweigerungsrecht nur dann bestehen soll, wenn Informationen redaktionell aufbereitet werden, lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen.

Dieses Recht dient auch nicht in erster Linie dem Schutz des Verfassers, sondern dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Informationsdienstes.

Die grundlegende Problematik lässt sich anhand des konkreten Falles anschaulich darstellen. Es geht vorliegend um den Vorwurf einer üblen Nachrede, also einer (vermeintlich) falschen Tatsachenbehauptung über eine bestimmte Klinik bzw. das Verhalten des dortigen Personals.

Wer ein Portal eröffnet, in dem Menschen bestimmte Leistungen bewerten können, sieht sich immer mit dem Problem konfrontiert, dass kritische Bewertungen auf bestimmte Missstände oder Mängel hinweisen, deren Richtigkeit der Portalbetreiber nicht überprüfen kann. Wenn man den Portalbetreiber jetzt einer weitgehenden Haftung aussetzt, dann schafft man eine Atmosphäre, in der immer weniger Menschen bereit sein werden, einen derartigen haftungsträchtigen aber sozial erwünschten Dienst zu betreiben. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage, ob sich das Zeugnisverweigerungsrecht vielleicht zusätzlich durch § 10 TMG abstüzen lässt, noch gar nicht erörtert.

Wenn man die rechtliche Fragestellung aus Sicht der Grundrechte erörtert, bietet es sich zunächst an, auf die Rechtsprechung des BVerfG Bezug zu nehmen. Insoweit erscheinen mir die Entscheidungen Chiffreanzeigen, Südkurier und Cicero aus denen ich nachfolgend einige, aus meiner Sicht einschlägige Passagen zitieren möchte, einschlägig.

Chiffreanzeigen:

Das Grundrecht der Pressefreiheit umfaßt, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, auch den Anzeigenteil von Presseerzeugnissen (BVerfGE 21, 271 [278f.]). Wenn die Presse ihren Lesern Anzeigen, ebenso wie Nachrichten oder Leserbriefe im redaktionellen Teil, ohne eigene Stellungnahme zur Kenntnis bringt und die Leser auf diese Weise über die in den Anzeigen enthaltenen wirtschaftlichen Möglichkeiten oder die in ihnen zum Ausdruck gebrachten Meinungen informiert, so gehört dies zu den herkömmlichen und typischen Presseaufgaben (BVerfGE a.a.O., [279]). Nicht unberücksichtigt bleiben darf auch die Bedeutung des Anzeigenteils für die Erfüllung der Kommunikationsaufgabe der Presse (Ricker, Anzeigenwesen und Pressefreiheit, 1973, S. 22 ff. [31, 34]) sowie für die Erhaltung ihrer wirtschaftlichen Grundlagen als wesentlicher Voraussetzung ihrer Unabhängigkeit (vgl. Ricker, a.a.O., S. 42 ff.). Ebenso wie im Bereich des redaktionellen Teils kann schließlich auch im Bereich des Anzeigenteils die Vertrauenswürdigkeit der Presse davon abhängen, daß staatliche Eingriffe nicht zu besorgen sind.

Südkurier:

Das Grundrecht der Freiheit der Presse beschränkt sich aber nicht darauf, Presseorgane vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt in die Verbreitung ihrer eigenen Meinung zu schützen. In weitem Umfange begnügt sich die Presse in ihrem redaktionellen Teil damit, reine Nachrichten weiterzugeben, und enthält sich dabei der Stellungnahme zu der Richtigkeit der verbreiteten Nachricht und erst recht der Verwertung dieser Nachricht als einer Grundlage für eine eigene Meinungsäußerung. Dabei ist es selbstverständlich, daß die Schriftleitung unter den ihr zugegangenen Nachrichten eine gewisse Auswahl treffen muß zwischen ihr wichtig, also zur Verbreitung geeignet erscheinenden und weniger wichtigen oder unwichtigen, die sie von der Verbreitung ausschließt. Daß auch eine solche Verbreitung reiner Nachrichten ohne eigene Stellungnahme von der Pressefreiheit geschützt ist, kann nicht zweifelhaft sein; diese läßt eine Nachrichtensperre nicht zu. Daher beginnt die Pressefreiheit nicht erst mit der pressemäßigen Verbreitung einer eigenen Meinung, sondern umfaßt bereits die Beschaffung der Information und deren Verbreitung (so die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, zuletzt BVerfGE 20, 162 [176]). Auch eine Anzeige stellt eine Nachricht dar. In der Regel gibt die Anzeige keine Meinung des Anzeigenden wieder, sondern fordert lediglich nicht bekannte mögliche Leser auf, ihm ein Angebot zum Abschluß eines Vertrags über den in der Anzeige bezeichneten Gegenstand zu machen. Es kommt aber auch vor, daß der Anzeigende seine eigene Meinung verbreiten will; so bedienen sich politische Parteien, wirtschaftliche und kulturelle Vereinigungen sowie Einzelpersonen häufig des Anzeigenteils von Zeitungen, um ihren Standpunkt der Allgemeinheit gegenüber zu vertreten und für ihre Bestrebungen zu werben. In allen diesen Fällen bringt die Presse die Anzeige, ebenso wie Nachrichten im redaktionellen Teil, ihren Lesern ohne eigene Stellungnahme zur Kenntnis und informiert sie lediglich über die in den Anzeigen enthaltenen wirtschaftlichen Möglichkeiten oder über die in ihnen etwa enthaltenen, von anderen geäußerten Meinungen. Dies gehört zu der typischen Aufgabe der Presse.

Cicero:

Die Gewährleistungsbereiche der Presse- und Rundfunkfreiheit schließen diejenigen Voraussetzungen und Hilfstätigkeiten mit ein, ohne welche die Medien ihre Funktion nicht in angemessener Weise erfüllen können. Geschützt sind namentlich die Geheimhaltung der Informationsquellen und das Vertrauensverhältnis zwischen Presse beziehungsweise Rundfunk und den Informanten (vgl. BVerfGE 100, 313 <365> m.w.N.). Dieser Schutz ist unentbehrlich, weil die Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle aber nur dann ergiebig fließt, wenn sich der Informant grundsätzlich auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses verlassen kann (vgl. BVerfGE 20, 162 <176, 187>; 36, 193 <204>).

Wie so häufig stellt sich dabei natürlich die Frage, ob und in welchem Umfang diese Rechtsprechung übertragbar ist. Man kann allerdings konstatieren, dass eine redaktionelle Aufbereitung kein Kriterium ist, das vom BVerfG für relevant erachtet wird. Auch die bloße Verbreitung reiner Nachrichten, ohne eigene Stellungnahme, wird von der Pressefreiheit geschützt. Dies umfasst Leserbriefe, Zuschriften oder selbst Anzeigen, wenn der Leser über die zum Ausdruck gebrachte fremde Meinung informiert wird.

Nach diesen Maßstäben müssen auch Meinungsforen entsprechend geschützt sein.

Interessant ist außerdem die Frage, ob der Verfasser einer Bewertung oder eines Kommentars nicht auch als eine Art Informant zu betrachten ist, der gerade diejenigen Informationen liefert, die für den Betrieb eines Meinungsforums oder einer Bewertungsplattform essentiell sind. Eine Bewertungsplattform ist nämlich darauf angewiesen, dass die Nutzer Bewertungen vornehmen, also Tatsachen schildern und Werturteile abgeben.

Wenn man dem Betreiber oder Mitarbeiter von Meinungsforen kein Zeugnisverweigerungsrecht zubilligen will, dann wird man ihnen künftig raten müssen, von der gesetzlichen Möglichkeit, Kommentare und Bewertungen anonym abgeben zu lassen, Gebrauch zu machen. Denn wer keine Informationen über die Person des Verfassers eines Kommentars hat, kann auch als Zeuge dazu keine Angaben machen.

posted by Stadler at 16:17  

86 Comments

  1. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16.12.1966
    <b<Artikel 11</b< Niemand darf die Freiheit allein deshalb entzogen werden, weil er
    nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen.

    In Deutchland in Kraft getreten am 16/9/1963 1/6/1968, 1/6/1968)

    Erwingungshaft hat wohl nichts mit nicht erfüllten Verträgen zu tun. Ihr windigen Juristen, erklärt mit das mal.

    Comment by Rolf Schälike — 14.02, 2013 @ 06:08

  2. Ich dachte immer, Ehre und Ehrverletzung wären Themen mit denen vor allem unsere ausländischen Mitbürger Schlagzeilen machen. Wir Deutschen würden diese überzogenen, mittelalterlichen Vorstellungen von Ehre abgelegt haben. Anscheinend nicht. Zur Beleidigung und Verleumdung gehören immer zwei. Einer der es versucht und der andere, der sich die Hose nicht anzieht. Wenigstens in dieser Hinsicht zeigt unsere Kanzlerin das ihrem Amt gebührende, korrekte exemplarische Verhalten.

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 14.02, 2013 @ 06:20

  3. Es gibt die Branchenbuch-Mafia. Seit 1963 ist das ein Thema, auch in den Mainstream-Medien (z.B. Spiegel). Dazu findet man bei Google allerhand. Dr. Peter Niehenke saß zivilrechtlich 1,5 Jahre wegen ihm zugeschriebenen Äußerungen, u.a. und weil die Kläger der Adressbuchmafia zugehörig gesehen wurden. Das ist war Zivilrecht.. Gehört wohl nicht hierher.

    Oliver Heller, dem nachgesagt wird, zur Adressbuch-Mafia zu gehören, bestreitet das. Deswegen darf er bei Verdächtigen, die das geäußert haben sollen, das aber bestreiten, Hausdurchsuchungen beantragen und hat das auch schon erreicht. Eine Hausdurchsuchung ist erfolgt. Strafrechtlich, versteht sich. Dem stehen Tausende von Oliver Heller-Opfern entgegen, die erfolgreich zur Kasse gebeten wurden und immer noch werden, obwohl sie sich betrogen fühlen.

    Eine rechtsstaatliche Perversion.

    Comment by Rolf Schälike — 14.02, 2013 @ 06:31

  4. Zum Thema Bloggen kann gefährlich sein – Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat ein Ermittlungsverfahren wegen eines Blogbeitrags gegen Rechtsanwalt Rainer Pohlen eingeleitet http://bit.ly/VU0pzQ

    Comment by Rolf Schälike — 14.02, 2013 @ 06:38

  5. Pervers, dass man sich gegen kriminell anmutende Adressbuchverlagenur durch Umdrehen des Spießes wehren kann http://bit.ly/YX34uQ

    Sind das unsere neuen und zukünftigen Lebensqualitäten, Spieße umdrehen?

    Comment by Rolf Schälike — 14.02, 2013 @ 06:45

  6. ….oooch, wie (scheinbar?) naiv, die Kollegen in Duisburg…Ein nerdiger Admin böte sich als Zeuge sicher besser an. Der ist (wohl kaum) ein Berufshelfer nach § 53a StPO, zumal geizige Verleger gerne Outsourcen. Her mit den Passwörtern!

    Comment by Bedarfsträger — 14.02, 2013 @ 09:09

  7. @Arno Lampmann: Hier muss ich nochmals ganz klar widersprechen. „Für den redaktionellen Teil“ ist im Lichte der Rechtsprechung des BVerfG dahingehend auszulegen, dass alles was zur Meinungsbildung veröffentlicht wird hierunter fällt. Es war seit jeher auch Bestandteil journalistisch-redaktioneller Tätigkeit die Texte Dritter zu veröffentlichen. Die Formulierung macht aber deutlich, dass eine journalistische Aufbereitung nicht zwingend erforderlich ist, sondern eine Verwendung im redaktionellen Teil stattfindet.

    Das BVerfG geht darüber hinaus davon aus, dass § 53 Abs. 1 Nr. 5 nicht abschließend ist, sondern, dass sich das Zeugnisverweigerungsrecht auch unmittelbar aus Art. 5 GG ergeben kann.

    Die relevante Frage ist also nur, ob die Tätigkeit eines Bewertungsportals – und im konkreten Fall fand sogar eine grobe redaktionelle Vorprüfung der Beiträge statt – vom Schutzbereich der Rundfunk- und Pressefreiheit umfasst ist. Wenn man das bejaht, besteht auch ein Zeugnisverweigerungsrecht.

    Ich habe in zwei Blogbeiträgen dargelegt, warum ich – gerade im Lichte der Rspr. des BVerfG – davon ausgehe, dass hier aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Zeugnisverweigerungsrecht bestehen muss.

    Comment by Stadler — 14.02, 2013 @ 09:42

  8. @Alvar: Die Kommentarliteratur zu § 53 StPO ist zu dieser Frage äußerst dürftig. Bei Meyer-Goßner steht in der aktuellen Ausgabe, ohne weitere Begründung und unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LG Oldenburg, dass Beiträge in Internetdiskussionforen nicht erfasst sind, weil es an einer redaktionellen Bearbeitung fehlt.

    Wir wissen allerdings aus vielen Fällen, dass die Instanzgerichte häufig die Bedeutung und Reichweite der Grundrechte verkennen. Nicht einmal der Gesetzeswortlaut des § 53 StPO verlangt eine redaktionelle Bearbeitung. Es genügt danach, dass etwas für den redaktionellen Teil bestimmt ist. Das BVerfG sieht jede meinungsrelevante Veröffentlichung als vom Schutzbereich der Pressefreiheit umfasst an. Eine redaktionelle Bearbeitung verstärkt den Schutz dann nur noch, wie Jens Ferner auf Twitter zutreffend erläutert hat.

    Und im konkreten Fall sollte man nicht vergessen, dass sogar eine grobe redaktionelle Vorprüfung der Beiträge stattfindet.

    In der heutigen Ausgabe der SZ schreibt Johannes Boie – zu diesem Fall – ganz zutreffend, dass es schon immer zum klassischen Redakteursberuf gehört hat, die Texte Dritter zu veröffentlichen.

    Es ist natürlich auch hier – wie auch im Fall der Augsburger Allgemeinen – zudem so, dass bereits die Annahme einer Strafbarkeit eher fragwürdig erscheint.

    Und darin besteht ein weiteres Grundproblem aller dieser Konstellationen. Man macht einen riesigen Wind um strafrechtlich grenzwertige Fälle, die man als besonnener Staatsanwalt geräuschlos einstellen kann und sollte.

    Comment by Stadler — 14.02, 2013 @ 09:57

  9. @RA Stadler:
    Der klassische Redakteur hat aber, wie man auf den Leserbriefspalten der Zeitungen lesen kann, sich schon immer vorbehalten, Leserbriefe zu kürzen und zu filtern. Und das tut jemand, der erst einmal alles ungefiltert durchs Netz bläst, wo man es vielleicht auch nach Jahren noch trotz angeblicher Löschung bei archive.org oder google cache findet, eben nicht.
    Der Sache nach stellt sich ein derartiger Seitenbetreiber nicht als Journalist dar, der Pressearbeit betreibt und von Art. 5 GG unbedingt zu schützen ist, sondern nur als jemand, der anderen ein Medium bereitstellt. So wie jemand, der einem ein Megafon hinhält, damit noch mehr Leute die Beleidigungen hören können. Oder ihm die Flugblätter mit vorgegebenem und unverändertem Text druckt.

    Comment by klabauter — 14.02, 2013 @ 11:46

  10. @klabauter: Man kann hier unterschiedlichste Differenzierungen vornehmen.

    Nach meiner Einschätzung schützt die Rundfunk- und Pressefreiheit jeden, der (im Netz) meinungsbildende Inhalte veröffentlicht. Und dazu zählen auch Meinungsforen und Bewertungsportale.

    Wie gesagt, im vorliegenden Fall war ohnehin eine redaktionelle Grobfilterung vorgeschaltet, so dass Ihr Argument hier auch gar nicht zieht.

    Comment by Stadler — 14.02, 2013 @ 12:00

  11. @klabauter Filterung durch einen Redakteur kann schlimmer, beleidigender, menschenverachtender, grunbgesetzwidriger, gefährlicher sein als das Hinhalten eines filterlosen Megafons.

    Es hat alles mit den Interessen der Beteiligten zu tun, verbunden mit Geschäften eines Teils davon. Es geht darum, wie verhält sich der Staat gegenüber den verschiedenen Interessengruppen und den unterschiedlichen Geschäftsarten und -formen. Das Internet hat da einiges verändert, durcheinandergebracht.

    Comment by Rolf Schälike — 14.02, 2013 @ 14:33

  12. Vielleicht noch eine Frage zum Verständnis: in der ‚Hauptsache‘ wurde aber noch nicht entschieden, oder? Denn die Anordnung einer Beugehaft macht doch nur Sinn, wenn man die Äußerung im Forum auch als eine justitiable Beleidigung ansieht und auch ein dementsprechendes Urteil fällen will. Für einen Freispruch braucht man doch keine Beugehaft.

    Comment by goll2 — 18.02, 2013 @ 14:29

  13. @goll2: Es handelt sich hier um eine ermittlungsrichterliche Maßnahme, die dazu dient den „Täter“ zu ermitteln. Aus diesem Grund kann er natürlich noch nicht abgeurteilt worden sein.

    Comment by Stadler — 19.02, 2013 @ 09:44

  14. Also muss doch schon ein schwerwiegender Verdacht für eine Beleidigung bzw. strafbare Handlung vorliegen, sonst würde das Verfahren doch schon im Vorfeld eingestellt? Wegen einer ‚Lappalie‘ würde ein Richter doch keine Beugehaft anordnen, oder?

    Comment by goll2 — 19.02, 2013 @ 16:31

  15. Inzwischen ist ja ein wenig mehr bekannt geworden.

    @ goll2
    Die Handlung ist vollkommen überzogen und sorgt nun für einen Streisand Effekt bzgl. der Therapeutin.

    Auf der Seite von klinikbewertung.de steht etwas mehr zu dem Fall.

    Comment by ulrics — 19.02, 2013 @ 20:48

  16. Die Frage ist doch, ob einem Onlineredakteur von einem Bewertungsportal ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Dabei ist es doch völlig egal, wie schwer eine eventuelle Beleidigung war. Oder gilt das Recht bei einer leichten Beleidigungen und bei einer schweren gilt es nicht? Ist die verhängte Beugehaft bei einer schweren Beleidigung verhältnismäßig?

    Was da geschrieben wurde, hat für den Rechtsstreit kaum Bedeutung. Es dreht sich um das allgemeine Recht.

    Comment by Fred S. — 20.02, 2013 @ 07:32

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.