Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.8.12

„Griaß Di“ sorgt für Unmut

„Griaß di“ ist eine in Bayern und Österreich geläufige Grußformel und bedeutet „Grüß Dich“. Eine Druckerei aus dem Allgäu hat sich diesen Ausdruck als Gemeinschaftswortmarke (Nr. 010118396) EU-weit schützen lassen, u.a. für Textilien und Bekleidung, namentlich auch für T-Shirts. Das deutsche Unternehmer hat jetzt einen Kleinunternehmer aus Tirol abgemahnt, der T-Shirts mit dem Aufdruck „Griaß di“ verkauft.

Wenn man der Berichterstattung glauben darf, kocht die österreichische Volksseele gerade über und Bayern und Österreich befindet sich im Sommerloch Grußkrieg.

Zu diesem Vorgang habe ich sowohl als Jurist als auch auch als Bayer einige Anmerkungen zu machen.

Man wird jetzt trefflich darüber streiten können, ob dieser Grußformel jegliche Unterscheidungskraft im markenrechtliche Sinne fehlt und die Marke deshalb vom Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt gar nicht erst als Gemeinschaftsmarke hätte eingetragen werden dürfen. Ungeachtet dessen, steht die Abmahnung des deutschen Unternehmens allerdings auf äußerst wackeligen Beinen. Denn wenn allgemein gängige Begriffe, Abkürzungen oder Redewendungen auf T-Shirts gedruckt werden, sieht der Verkehr nach der Rechtsprechung des BGH darin nur ein dekoratives Element und keine Produktkennzeichnung. Das bedeutet, dass eine Markenverletzung in diesen Fällen ausscheidet. Es könnte also sein, dass diese windige Abmahnung etwas zuviel Wirbel verursacht.

Als Bayer muss ich mich dennoch aufs Schärfste gegen die Behauptung verwahren, „Griaß Di“ sei eine österreichische Grußformel. In Wirklichkeit handelt es sich natürlich um eine originär bayerische Grußformel. Dass man beispielsweise in Tirol ebenso grüßt wie in Bayern, könnte daran liegen, dass das Tirolerische (nur) ein bajuwarischer Dialekt ist.

In Erwartung eines österreichischen Shitstorms beende ich diesen Blogbeitrag hiermit. ;-)

posted by Stadler at 22:25  

14.8.12

Äußerungen über Arbeitgeber auf Facebook: „Drecksladen“ und „Pfeife“

Das Landesarbeitsgericht Hamm (Az.: 5 Sa 451/12) verhandelt morgen einen Fall, in dem es um eher kraftvolle Äußerungen eines Arbeitnehmers in Richtung seines Nocharbeitgebers geht. Der Arbeitnehmer hatte – nachdem ihm gekündigt worden war – den Betrieb als „Drecksladen“ und „armseligen Saftladen“ bezeichnet und seinen Vorgesetzten als „Pfeife“ und „arme Pfanne“.

Das Arbeitsgericht Bochum hat die dagegen gerichtete Unterlassungsklage des Arbeitgebers abgewiesen (Az.: 3 Ca 1203/11). Das Arbeitsgericht war der Ansicht, dass es dem Arbeitgeber im Hinblick auf die Äußerungen, die die Person des leitenden Angestellten betreffen, bereits an der sog. Aktivlegitimation fehlt. Der Arbeitgeber sei nicht berechtigt ist, die Verletzung des Persönlichkeitsrechts eines Mitarbeiters geltend zu machen.

Die gegen den Betrieb gerichteten Aussagen hat das Arbeitsgericht als zulässig qualifiziert. Das Arbeitsgericht war hierbei allerdings davon ausgegangen, dass die fraglichen Äußerungen nicht öffentlich zugänglich waren, sondern nur von den Facebook-Freunden des Beklagten gelesen werden konnten. Das Arbeitsgericht hatte insoweit eine Parallele zu einer vertraulichen Kommunikation unter Kollegen gezogen.  Außerdem war das Arbeitsgericht der Ansicht, dass der Arbeitgeber von außenstehenden Dritten auch kaum identifizierbar gewesen wäre.

posted by Stadler at 10:48  

13.8.12

Google will Urheberrechtsverletzer schlechter ranken

Google baut in seinen Suchalgorithmus einen neuen Rankingfaktor ein, der Urheberrechtsverletzer abstrafen soll. Dies teilt Google über sein Search Blog mit.

Das Problematische daran ist, dass Google lediglich (ungeprüfte) Löschungsaufforderungen als Beurteilungskriterium heranziehen will.  Websites zu denen Google also eine hohe Anzahl an Löschungsaufforderungen erhält, werden in den Suchergebnissen nach untern rutschen.

Nachdem Google allein in den letzten 30 Tagen 4,3 Millionen solcher „Removal Notices“ erhalten hat und deshalb die Berechtigung einer solchen Aufforderung gar nicht prüfen kann, besteht die Gefahr, dass der Suchindex durch unberechtige Löschungsaufforderungen verfälscht wird.

Google betont deshalb, dass es nur Löschungsaufforderungen von Rechteinhabern berücksichtigen und außerdem ein „Counter-Notice-Tool“ bereitstellen wird. Das ganze Prozedere knüpft allerdings an den amerikanischen DMCA an, weshalb sich die Frage stellt, wie das System außerhalb der USA funktionieren soll.

Löschaufforderungen gegenüber Google zur Unterbindung von Urheberrechtsverletzungen haben in den letzten Monaten sprunghaft zugenommen, wie die Statisitik von Google belegt.

posted by Stadler at 16:19  

10.8.12

BGH: Providerauskunft in Filesharingfällen auch ohne gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung

Der BGH hat mit Beschluss vom 19. April 2012 (Az.: I ZB 80/11) entschieden, dass Internet-Service-Provider in Fällen des Filesharings auch dann zur Auskunft über die Person des Inhabers eines Internetanschlusses verpflichtet sind, wenn dem betroffenen Kunden keine Urheberrechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß vorgeworfen wird.

In der Pressemitteilung des BGH heißt es zur Begründung:

Der in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung (im Streitfall das offensichtlich unberechtigte Einstellen des Musikstücks in eine Online-Tauschbörse) gegebene Anspruch des Rechtsinhabers aus § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG auf Auskunft gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht hat (im Streitfall die Deutsche Telekom AG als Internet-Provider), setzt – so der Bundesgerichtshof – nicht voraus, dass die rechtsverletzende Tätigkeit das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht in gewerblichem Ausmaß verletzt hat. Aus dem Wortlaut der Bestimmung und der Systematik des Gesetzes ergibt sich eine solche Voraussetzung nicht. Sie widerspräche auch dem Ziel des Gesetzes, Rechtsverletzungen im Internet wirksam zu bekämpfen. Dem Rechtsinhaber, stehen Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz nicht nur gegen einen im gewerblichen Ausmaß handelnden Verletzer, sondern gegen jeden Verletzer zu. Er wäre faktisch schutzlos gestellt, soweit er bei Rechtsverletzungen, die kein gewerbliches Ausmaß aufweisen, keine Auskunft über den Namen und die Anschrift der Verletzer erhielte. In den Fällen, in denen – wie im Streitfall – ein Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG besteht, hat das Gericht dem Dienstleister auf dessen Antrag nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG zu gestatten, die Auskunft über den Namen und die Anschrift der Nutzer, denen zu bestimmten Zeitpunkten bestimmte IP-Adressen zugewiesen waren, unter Verwendung von Verkehrsdaten zu erteilen. Ein solcher Antrag setzt – so der Bundesgerichtshof – gleichfalls kein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung voraus, sondern ist unter Abwägung der betroffenen Rechte des Rechtsinhabers, des Auskunftspflichtigen und der Nutzer sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in aller Regel ohne weiteres begründet.

Diese Auslegung des BGH entspricht jedenfalls nicht der Gesetzesbegründung, die eine doppelte Gewerbsmäßigkeit verlangt. Danach muss also sowohl die Rechtsverletzung ein gewerbliches Ausmaß erreichen, als auch der Provider seine Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbringen. Zu dieser Frage gab es im Gesetzgebungsverfahren sogar eine Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drs. 16/5048, S. 65), wonach Auskunftsansprüche nur dann vorgesehen seien, wenn die Rechtsverletzung selbst in gewerblichem Ausmaß vorgenommen wird. Diese Auslegung entsprach auch der bisherigen h.M. in Rechtsprechung und Literatur.

Der Bundesgerichtshof ist nicht an die Gesetzesbegründung gebunden, zumal die sog. historische Auslegung nach der juristischen Methodenlehre gegenüber der wörtlichen und der sog. teleologischen Auslegung als nachrangig gilt. Dies bringt er in seiner Entscheidungsbegründung auch deutlich zum Ausdruck.

Gleichwohl zeigt diese rechteinhaberfreundliche Entscheidung, dass der I. Senat dem Gesetzgeber hier die Gefolgschaft verweigert. Andererseits hätte der Gesetzgeber den Wortlaut natürlich auch so fassen können, dass dem BGH die Möglichkeit der abweichenden Auslegung versperrt wird. Es sind also einmal mehr handwerkliche Mängel der Gesetzgebung, die dem BGH eine Auslegung ermöglichen, die ausweislich der Gesetzesmaterialien nicht gewollt war.

Der BGH nimmt in diesem Beschluss außerdem zur Frage Stellung, ob dynamische IP-Adressen Verkehrsdaten im Sinne von § 3 Nr. 30 TKG sind und bejaht dies unter der Voraussetzung, dass eine Verknüpfung der dynamischen IP-Adresse mit dem Nutzer nur unter Verwendung der jeweils hierzu gespeicherten Verkehrsdaten wie Datum und Uhrzeit der Verbindung möglich ist.

Der BGH begründet anschließend – unter Bezugnahme auf das Urteil des BVerfG zur Vorratsdatenspeicherung – dass auch das Fernmeldegeheimnis einer solchen Auskunftserteilung nicht engegensteht.

Leider erläuert der BGH nicht näher, was er sich unter einer offensichtlichen Rechtsverletzung vorstellt, sondern unterstellt lediglich apodiktisch, dass eine offensichtliche Verletzung des Urheberrechts vorliegt. Das Problem, dass der Anschlussinhaber allenfalls in jedem zweiten Fall der tatsächliche Verletzer ist, thematisiert der BGH nicht. Die nach dem Gesetz und auch von Verfassungs wegen durchzuführende Verhältnismäßigkeitsprüfung müsste aber genau bei dieser Frage ansetzen.

Kann man in Bezug auf einen Anschlussinhaber von einer offensichtlichen Rechtsverletzung sprechen, obwohl bei statistischer Betrachtung feststeht, dass im Durchschnitt nur etwa jeder zweite Anschlussinhaber gleichzeitig der Verletzer ist? Oder ist eine Inanspruchnahme des Anschlussinhabers nur dann verhältnismäßig, wenn offensichtlich ist, dass er selbst die Rechtsverletzung begangen hat. Diese Fragen, die durchaus von verfassungsrechtlicher Dimension sind, stellt und beantwortet der BGH nicht.

Der BGH setzt sich deshalb mit einem zentralen Aspekt erst gar nicht auseinander, weshalb mich die Entscheidung des Senats nicht überzeugt.

posted by Stadler at 16:51  

9.8.12

Korruption in Deutschland?

In Deutschland wird gerne so getan, als würde es keine nennenswerte Korruption geben und als sei das ein Problem anderer Länder. Der deutsche Gesetzgeber erweckt allerdings gerade den gegenteiligen Eindruck, denn seine Weigerung, die UN-Konvention gegen Korruption in nationales Recht umzusetzen, ist ein politischer Skandal, der auf alle Titelseiten gehört.

Deutschland hat die Konvention zwar bereits 2003 unterzeichnet, verweigert bzw. verzögert als einziges Land in Europa aber weiterhin die Ratifizierung. Der aktuelle Ratifizierungsstatus der UN zeigt, dass nahezu alle Staaten weltweit bereits ratifiziert haben.

Der eigentliche Skandal ergibt sich aber aus dem Grund für die deutsche Weigerung. Denn der Bundestag müsste in Umsetzung der UN-Konvention den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung erweitern. Derzeit ist nur der sog. Stimmenkauf nach § 108e StGB strafbar. Sonstige Fälle der wirtschaftlichen Interessenverflechtung sind auch dann nicht strafbar, wenn Geld fließt. Der Stimmenkauf als solcher ist aber praktisch nie nachweisbar, weshalb Abgeordnete auch dann, wenn sie Zuwendungen annehmen, in der Regel strafrechtlich nichts zu befürchten haben. Die Union fordert auch ganz offen, dass für Abgeordnete und Beamte unterschiedliche Kriterien gelten müssten, weshalb man die Konvention nicht ratifizieren will. Man fragt sich insoweit allerdings, warum in Deutschland eigentlich etwas anderes gelten sollte als in allen anderen europäischen Staaten und den meisten Staaten dieser Welt?

Die Debatte nährt den Verdacht, dass sich in der deutschen Politik ein System der Vorteilsnahme etabliert hat, das man nicht gefährden will. Vermutlich ist der unmittelbare finanzielle Einfluss der Lobbyisten weitaus größer als bislang bekannt.

Kurioserweise fordern mittlerweile sogar führende Vertreter der deutschen Wirtschaft die Politik zum Handeln auf.

posted by Stadler at 17:55  

8.8.12

BGH: Neue Entscheidung zum Marken- und Domainrecht

Der BGH hat mit Urteil vom 09.02.2012 (Az.: I ZR 100/10) entschieden, dass die Wortmarke „pjur“ – trotz Warenidentität – und das Zeichen „pure“ für Massageöle nicht verwechslungsfähig im markenrechtlichen Sinne sind.

Die vom BGH gegebene Begründung ist interessant und dürfte in einer ganzen Reihe von Fällen Bedeutung erlangen. Der BGH führt wörtlich aus:

Die Wortmarke „pjur“ erlangt Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die in Rede stehende Ware „Massageöl“ nur durch die vom englischen Wort „pure“ abweichende Schreibweise. Das Wort „pure“ ist für Massageöle glatt beschreibend (dazu oben Rn. 30 und 31; vgl. auch BPatG, Beschluss vom 6. Mai 2011 – 28 W (pat) 52/10, juris Rn. 17) und daher nicht unterscheidungskräftig. Der Schutz der Wortmarke „pjur“ erstreckt sich somit nicht auf das die Ware „Massageöl“ beschreibende englische Wort „pure“, ohne dass es darauf ankommt, ob die angegriffene Bezeichnung markenmäßig verwendet wird (vgl. BGH, GRUR 2003, 963, 964 f. – AntiVir/AntiVirus). Die von dem englischen Wort „pure“ abweichende Schreibweise, die die Unterscheidungskraft der Klagemarke im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG begründet, kommt im Klang und im Bedeutungsgehalt bei den sich gegenüberstehenden Zeichen „pjur“ und „pure“ nicht zum Ausdruck. Die Ähnlichkeit im Klang und in der Bedeutung der kollidierenden Zeichen kann zur Begründung der Zeichenähnlichkeit oder identität daher nicht herangezogen werden.

Der BGH sagt also, dass sich die Schutzfähigkeit der Marke „pjur“ überhaupt erst aus der speziellen, von dem englischen Wort „pure“ abweichenden Schreibweise ergibt und sich deshalb ein evtl. Verwechslungsgefahr auch nur aus der Anlehnung an diese ungewöhnliche Schreibweise ergeben kann, nicht aber aus der gewöhnlichen Schreibweise als „pure“.

Die Entscheidung enthält außerdem noch erwähenswerte Ausführungen zu Domainnamen. Wer unter einer Domain im geschäftlichen Verkehr Waren- oder Dienstleistungen anbietet, der nutzt die Domain nach Ansicht des BGH im Regelfall auch kennzeichenmäßig und nicht lediglich beschreibend. Der BGH führt hierzu konkret aus:

Domainnamen, die zu einer aktiven, im geschäftlichen Verkehr verwendeten Homepage führen, kommt in der Regel neben der Adressfunktion eine kennzeichnende Funktion zu. Der Verkehr sieht in ihnen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der unter den Bezeichnungen im Internet angebotenen Waren oder Dienstleistungen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Domainnamen ausnahmsweise eine reine Adressfunktion zukommt oder wenn sie nur als beschreibende Angabe verstanden werden, weil die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen, unter dem Domainnamen ausschließlich Informationen zu dem beschreibenden Begriff zu erhalten (BGH, GRUR 2008, 912, Rn. 19 – Metrosex; BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 – I ZR 231/06, GRUR 2009, 1055 Rn. 49 = WRP 2009, 1533 – airdsl; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., Nach § 15 Rn. 118). (…)

Im Streitfall ist der angegriffene Domainname nicht auf eine reine Adressfunktion oder Informationen zu einem beschreibenden Begriff beschränkt. Die Beklagte zu 1 bot auf der im Klageantrag zu I 1 b wiedergegebenen Internetseite unter dem Domainnamen das von ihr vertriebene Massageöl an. Der Domainname erschien damit als Hinweis auf die Herkunft der angebotenen Waren. Die Beklagte zu 1 verwendete danach auch den Domainnamen markenmäßig.

posted by Stadler at 17:56  

8.8.12

Schutzfristen im Urheberrecht werden verlängert

Während in der aktuellen urheberrechtlichen Diskussion immer wieder eine deutliche Verkürzung der urheberrechtlichen Schutzfristen gefordert wird, geht der Gesetzgeber den umgekehrten Weg.

Nach dem Referentenentwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes sollen die Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers (§ 85 UrhG) und der ausübenden Künstler (§§ 72 ff. UrhG) von 50 auf 70 Jahre verlängert werden. Der deutsche Gesetzgeber setzt damit allerdings (nur) die Richtlinie 2011/77/EU vom 27. September 2011 über die Änderung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte, um.

Die Schutzdauerverlängerung für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller gilt übrigens für alle Schutzrechte die am 1. November 2013 noch nicht erloschen waren.

Das ist ein schönes Geschenk an die Musikindustrie, denn damit werden die großen Labels in die Lage versetzt, die immer noch umsatzstarken Alben der Künstler der 60’er Jahre wie der Beatles, Rolling Stones, Doors, Who, Jimi Hendrix oder Bob Dylan weitere 20 Jahre zu vertreiben.

Ilja Braun weist zurecht darauf hin, dass die Aussage im Gesetzesentwurf wonach „mit quantifizierbaren Auswirkungen des Gesetzes auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau“ nicht zu rechnen sei, kritisch zu hinterfragen bzw. richtig zu lesen ist. Die Bundesregierung ist offenbar nur nicht in der Lage, die Auswirkungen auf das Preisniveau zu beziffern, dass es Auswirkungen geben wird, scheint man aber auch im BMJ anzunehmen.

posted by Stadler at 11:19  

8.8.12

Die Deutschen vertrauen der Justiz und der Polizei

60 Prozent der Deutschen haben Vertrauen in die Gerichte und 40 Prozent hatten bereits mit ihnen zu tun. ;-)

Ersteres zumindest besagt der Roland Rechtsreport 2011, der u.a. die Einstellung der Bevölkerung zum deutschen Rechtssystem untersucht. Grundlage des Reports ist eine repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach.

Nach dieser Untersuchung haben nur 28 Prozent der Deutschen sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Bundesregierung. Interessant ist ferner, dass 73 Prozent der Polizei vertrauen, während den Kirchen und großen Wirtschaftsunternehmen nur  jeweils 32 Prozent der Befragten Vertrauen schenken.

Alle diese Einschätzungen sind m.E. primär auf den Einfluss der Berichterstattung bzw. auf den Medienkonsum zurückzuführen und dürften kaum erfahrungsbasiert sein. Während die Berichterstattung über die Rechtsprechung, insbesondere die des Bundesverfassungsgerichts, überwiegend positiv ist, dürften die schlechten Werte für Politik, große Unternehmen und Kirchen gerade auch das Ergebnis kritischer bzw. negativer Berichterstattung sein.

posted by Stadler at 10:17  

3.8.12

Twitter-Verbot beim Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht stört sich an jeder Form der Direktberichterstattung aus seinen mündlichen Verhandlungen. Das lässt sich bereits seit einiger Zeit den Terminsankündigungen des Gerichts entnehmen. In der Ankündigung des Verhandlungstermins zum Bundestagswahlrecht vom 07.05.2012 hieß es beispielsweise:

Das Telefonieren im Sitzungssaal ist nicht gestattet. Mobiltelefone sind auszuschalten. Laptops dürfen im Sitzungssaal ebenfalls nicht benutzt werden. Medienvertretern kann die Nutzung von Laptops im Offline-Betrieb gestattet werden, soweit sichergestellt ist, dass mit den Geräten weder Ton- und Bildaufnahmen sowie Datenübermittlungen durchgeführt werden.

Diesen Text hat das Gericht in seinen neuesten Terminsankündigungen nochmals verschärft und verbietet gerade auch das Twittern und Versenden von Kurznachrichten sowie jegliche Nutzung des Internets nunmehr ausdrücklich:

Das Telefonieren, Twittern und sonstige Versenden von Kurznachrichten, das digitale Abrufen von Daten sowie jegliche Nutzung des Internets im bzw. aus dem Sitzungssaal sind nicht gestattet. Alle für diese Zwecke nutzbaren elektronischen Geräte, insbesondere Mobiltelefone, Laptops und iPads, dürfen im Sitzungssaal nicht verwendet werden. Medienvertretern kann die Nutzung von Laptops im Offline-Betrieb gestattet werden, soweit sichergestellt ist, dass mit den Geräten weder Ton- und Bildaufnahmen sowie Datenübermittlungen durchgeführt werden.

Ich halte diese Einschränkung für kritisch, auch wenn sie vom höchsten deutschen Gericht kommt. Ähnlich hat das auch der Kollege Henning Krieg beurteilt.

posted by Stadler at 10:52  

2.8.12

BVerfG verhandelt über Antiterrordatei

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am 06.11.2012 über eine Verfassungsbeschwerde gegen das Antiterrordateigesetz. Das Verfahren dürfte vermutlich auch Aufschluss über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit ähnlicher Dateien, wie die gerade vom Bundestag beschlossene Verbunddatei Rechtsextremismus liefern.

In der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts heißt es zum Verfahren und zur Antiterrodatei:

Das Antiterrordateigesetz schafft für den Bereich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus die Rechtsgrundlage für eine Verbunddatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern. Beteiligt sind an der Antiterrordatei das Bundeskriminalamt, das Bundespolizeipräsidium, die Landeskriminalämter, die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der militärische Abschirmdienst, der Bundesnachrichtendienst und das Zollkriminalamt sowie unter bestimmten Voraussetzungen weitere Polizeivollzugsbehörden.

Die automatisierte zentrale Antiterrordatei erleichtert und beschleunigt den Informationsaustausch zwischen den beteiligten Behörden, indem einzelne Erkenntnisse aus dem Zusammenhang der Bekämpfung des internationalen Terrorismus, über die eine der beteiligten Behörden verfügt, für alle beteiligten Behörden schneller auffindbar und leichter zugänglich sind. Gespeichert werden in der Antiterrordatei verschiedene personenbezogene Merkmale zu Angehörigen terroristischer Vereinigungen mit internationalem Bezug, zu Einzelpersonen, die rechtswidrige Gewalt als Mittel zur Durchsetzung international ausgerichteter politischer oder religiöser Belange anwenden oder eine solche Gewaltanwendung unterstützen, vorbereiten, befürworten oder durch ihre Tätigkeiten vorsätzlich hervorrufen, sowie zu Kontaktpersonen, die mit diesen Personenkreisen in Verbindung stehen.

posted by Stadler at 21:53  
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