Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.8.12

Filesharing: Die Höhe der Forderungen nimmt zu

Telemedicus berichtet aktuell von einer Filesharing-Abmahnung der DigiRights Administration GmbH die den Musiksampler „Kontor House of House Vol. 13“ betrifft. In dieser von Rechtsanwalt Daniel Sebastian ausgesprochenen Abmahnung wird ein Streitwert von EUR 320.000 in Ansatz gebracht und ein Schadensersatzbetrag von über EUR 13.000 errechnet, den der Rechteinhaber kulanterweise im Vergleichswege auf EUR 2.800 reduzieren würde.

Da geht allerdings noch mehr, wie eine mir vorliegende aktuelle Abmahnung ebenfalls der DigiRights Adminstration GmbH zeigt. Denn in diesem Fall werden die Rechte an 32 Musikstücken geltend gemacht, die auf dem Sampler „Kontor Top Of The Clubs Vol. 54“ enthalten sind. Den Streitwert rechnet der Kollege Sebastian hier sogar auf EUR 420.000 hoch, der Schaden soll in diesem Fall EUR 17.000 betragen, den man für den Fall einer gütlichen Einigung natürlich wiederum kulanterweise auf einen Zahlbetrag von EUR 4.800 reduzieren könnte.

Bei diesen Mondpreisen fragt man sich natürlich schon auch, was mit so einem Sampler denn tatsächlich für ein Umsatz erzielt wird, wenn ein einziger Filesharingvorgang, der möglicherweise nur wenige Minuten gedauert hat, bereits einen Schaden von EUR 17.000,- verursachen soll.

Zur Firma DigiRights Administration GmbH haben Kollegen vor einigen Monaten bereits erstaunliche Dinge recherchiert, u.a. auch eine Verbindung zur Fa. DigiProtect. Das ist auch nicht weiter erstaunlich, denn die Rechte von Kontor Records wurden beim Thema Filesharing vor einiger Zeit noch von DigiProtect wahrgenommen.Es wäre vielleicht auch mal eine journalistische Aufgabe, die Verflechtungen innerhalb der Abmahnindustrie zu recherchieren und aufzuzeigen.

posted by Stadler at 12:49  

23.8.12

Online-Scheidung: So einfach wie Schuhe bestellen?

Ein redaktionell aufgemachter Artikel – der inhaltlich allerdings eher den Eindruck einer Anzeige und damit von Schleichwerbung erweckt – des Landshuter Wochenblattes mit der Überschrift

Scheidung heute: So einfach wie Schuhe oder CDs bestellen

hat in der örtlichen Anwaltschaft für Unmut gesorgt.

In dem Titelseitenartikel werden die Dienstleistungen einer Landshuter Rechtsanwältin, die mit einer „Online-Scheidung“ wirbt, mit Slogans wie:

Die stressfreie Online-Scheidung ist „in“

oder in der Print-Ausgabe zusätzlich mit der Aussage:

Sandra Segl bietet die Online-Scheidung an: Schneller günstiger und viel stressfreier

angepriesen.

Diese Art der Berichterstattung hat sowohl unter presserechtlichen Gesichtspunkten als auch mit Blick auf das anwaltliche Berufsrecht einen faden Beigeschmack.

Denn das deutsche Recht kennt natürlich keine (stressfreie) Online-Scheidung. Geschieden wird immer noch in mündlicher Verhandlung des Familiengerichts, an der beide Ehegatten teilnehmen müssen. Die Aussage, eine Scheidung sei, wenn man nur diese Anwältin beauftragt, so einfach wie Schuhe oder CDs zu bestellen, ist deshalb schlicht unrichtig und vermittelt den unzutreffenden Eindruck, diese Rechtsanwältin könnte eine Scheidung in irgendeiner Form einfacher abwickeln als andere im Familienrecht tätige Anwaltskollegen.

Außerdem ist auch der durch die Formulierung

Darüber hinaus verlangen wir nur den Mindestsatz

erweckte Eindruck, die Scheidung sei bei dieser Kollegin besonders billig zu haben, irreführend. Die meisten Fachanwälte für Familienrecht bearbeiten Scheidungsmandate auf Basis der festen gesetzlichen Gebühren und damit zu den gleichen Konditionen wie die werbende Kollegin.

Darüber hinaus bieten die meisten familienrechtlichen Kollegen im Rahmen dieser Konditionen aber auch eine persönliche und individuelle anwaltliche Beratung an, was nach dem Modell der Kollegin Segl nicht vorgesehen zu sein scheint, wenn man die Werbeaussage

Bei der Online-Scheidung fallen Besuche bei einem Scheidungsanwalt weg

betrachtet. Gerade in Familiensachen ist eine persönliche Besprechung mit dem Anwalt aber zumeist sinnvoll und notwendig.

Der Artikel des Landshuter Wochenblattes wirft angesichts seines offensichtlich werblichen Charakters außerdem die Frage nach einem Verstoß gegen das presserechtliche Trennungsgebot auf.

posted by Stadler at 16:38  

22.8.12

Zum bewaffneten Einsatz der Bundeswehr im Inneren: BVerfG öffnet die Tür einen Spalt breit

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum – wohlgemerkt bewaffneten –  Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist seit ihrer Veröffentlichung Ende letzter Woche viel diskutiert worden und auf unterschiedliche Resonanz gestoßen.

Mich hat insoweit die – wieder einmal – unkritische und zustimmende Pressemitteilung der Piratenpartei irritiert. Von einer Partei, die sich die Verteidigung der Bürgerrechte auf die Fahnen geschrieben hat, erwarte ich schlicht eine ganz andere Haltung.

Aus bürgerrechtlicher Sicht ist der bewaffnete Einsatz der Streitkräfte im Innern ein absolutes No-Go. Der halbgare Kompromiss zwischen dem Ersten und dem Zweiten Senat des BVerfG ist weder juristisch überzeugend, noch mit einer liberalen Grundhaltung vereinbar.

Liebe Piraten, das Gericht setzt dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren keine engen Grenzen, sondern erlaubt es vielmehr erstmals, bewaffnete Streitkräfte im Inland (in engen Grenzen) überhaupt einzusetzen. Zumindest das hätte in der Pressemitteilung stehen müssen.

Weil der Richter am Bundesverfassungsgericht Gaier in seinem Sondervotum (ab Randnummer 60 des Beschlusses) besser und überzeugender darlegt, warum die Entscheidung des Plenums falsch ist, als ich es je könnte, spare ich mir an dieser Stelle juristische Ausführungen, sondern empfehle einfach die Lektüre dieses Sondervotums.

Update vom 23.08.2012:

Nachdem u.a. in den Kommentaren geäußert wurde, ich hätte die Entscheidung des BVerfG nur falsch verstanden bzw. würde sie falsch interpretieren, möchte ich noch einige Ergänzungen anbringen.

Nachdem das BVerfG schon bisher der Ansicht war, dass die Mittel der Bundeswehr in technisch-unterstützender Art und Weise auch in Unglücksfällen oder bei Naturkatastrophen eingesetzt werden dürfen, hätte es dieser Plenumsentscheidung hierfür nicht bedurft. Der Beschluss zielt vielmehr darauf ab, den bisherigen Einsatzzweck und -umfang der Streitkräfte im Inneren auszuweiten.

Die Erlaubnis des Einsatzes „spezifisch militärischer Kampfmittel“ auch in Unglücksfällen (im Sinne des Art. 35 Abs. 3 GG) eröffnet jedenfalls einen denkbar weiten Anwendungsbereich. Praktische Anwendungsfälle sind nicht Naturkatastrophen, sondern beispielsweise Einsätze im Zusammenhang mit Terroranschlägen. Und genau das ist problematisch.

Man sollte auch nicht vergessen, dass die Entscheidung vor dem Hintergrund des Luftsicherheitsgesetzes ergangen ist und das BVerfG den Aspekt der „Lufzwischenfälle“ ausdrücklich thematisiert. Die Lufzwischenfälle gehören also durchaus zu den denkbaren neuen Anwendungsfällen.

Kriegsgerät (Flugzeuge, Panzer etc.) dürfen auf Grundlage von Art. 35 GG bereits jetzt eingesetzt werden. Zumindest entspricht dies der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG. Technisch-unterstützende Maßnahmen der Bundeswehr waren bereits bisher auch mittels des Einsatzes von Kriegsgerät möglich, solange die personellen oder sachlichen Mittel der Streitkräfte nicht in ihrem Droh- oder Einschüchterungspotential genutzt worden sind (Rn. 50 des Beschlusses).

Das bedeutet zusammengefasst, dass das BVerfG – über die bisherige Rechtsprechung hinaus – nunmehr entschieden hat, dass die personellen und sachlichen Mittel der Bundeswehr in Unglücksfällen gerade auch spezifisch militärisch eingesetzt werden dürfen, um Zwang auszuüben bzw. mit dem Ziel, das militärische Droh- oder Einschüchterungspotential von Kriegswaffen zu nutzen.

posted by Stadler at 17:56  

21.8.12

Eine rechtliche Bewertung des Filesharing-Prangers

Die Ankündigung der Abmahnkanzlei Urmann & Collegen „Gegnerlisten“ ins Netz zu stellen, hat in den letzten Tagen für einigen medialen Wirbel gesorgt. Durch diese Veröffentlichungen sollen offenbar zahlungsunwillige Abgemahnte doch noch zu einer außergerichtlichen Zahlung bewegt werden. Die Betroffenen werden damit in jedem Fall öffentlich als Urheberrechtsverletzer dargestellt, in einer ganzen Reihe von Fällen zudem als Komsumenten von Pornofilmen. Zu den Mandanten der Kanzlei U&C gehören bzw. gehörten neben Pornofilmproduzenten wie der Silwa Filmvertrieb AG oder Magmafilm auch das Antipiracyunternehmen DigiProtect, das mittlerweile ebenfalls häufig die Rechte an pornografischen Inhalten wahrnimmt.

Der Bundesgerichtshof und auch das BVerfG haben sich in der Vergangenheit bereits mit der Rechtsfigur der „Prangerwirkung“ beschäftigt. Danach kann eine an sich zulässige Äußerung einer wahren Tatsache aus der Sozialsphäre im Einzelfall mit Rücksicht auf die überwiegenden Persönlichkeitsbelange des Betroffenen zu untersagen sein. Das ist nach der Rechtsprechung des BGH insbesondere dann der Fall, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung droht.  Das BVerfG hat klargestellt, dass diese Rechtsprechung zur Prangerwirkung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Im Fall des Filesharing-Prangers muss berücksichtigt werden, dass es sich keineswegs nur um Tatsachen aus dem Bereich der Sozialsphäre handelt, sondern vielmehr die Privat- und z.T. sogar die Intimsphäre betroffen ist. Die öffentliche Behauptung von Tatsachen die aus diesen Persönlichkeitsbereichen stammen, ist regelmäßig ohnehin unzulässig. Erschwerend kommt hinzu, dass die öffentliche Darstellung von Personen als Urheberrechtsverletzer und in vielen Fällen zudem als Komsumenten von pornografischen Filmen tatsächlich auf eine Stigmatisierung hinausläuft, die von der Kanzlei Urmann gerade auch beabsichtigt wird. Zudem wird als Gegner in den Filesharing-Fällen immer nur der Anschlussinhaber ermittelt, der aber keineswegs selbst der Rechtsverletzer und Pornokonsument sein muss.

Die allgemeine Aussage des BVerfG, wonach ein Anwalt grundsätzlich Gegnerlisten veröffentlichen darf, sollte also nicht dahingehend missverstanden werden, dass damit auch erhebliche Persönlichkeitsverletzungen gerechtfertigt werden könnten.

posted by Stadler at 15:48  

20.8.12

BGH lässt Verbot der Schleichwerbung nach deutschen Pressegesetzen vom EuGH prüfen

Sämtliche Landespressegesetze enthalten eine Regelung, wonach eine entgeltliche Veröffentlichung kenntlich zu machen und deutlich als Anzeige zu kennzeichnen ist. Das baden-württembergische Pressegesetz lautet beispielsweise wie folgt:

§ 10 Kennzeichnung entgeltlicher Veröffentlichungen

Hat der Verleger eines periodischen Druckwerks oder der Verantwortliche (§ 8 Abs. 2 Satz 4) für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen lassen, so hat er diese Veröffentlichung, soweit sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist, deutlich mit dem Wort „Anzeige“ zu bezeichnen.

Damit wird der Presse sog. Schleichwerbung verboten. Diese Regelung könnte allerdings gegen EU-Recht verstoßen, weil die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken abschließend regelt, welche Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern als unlauter anzusehen und deshalb unzulässig sind. Mit Beschuss vom 19.07.2012 (Az.: I ZR 2/11) hat der BGH diese Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

Die Mitgliedstaaten dürfen im Anwendungsbereich der Richtlinie grundsätzlich keine strengeren als die in der Richtlinie festgelegten Maßnahmen erlassen, und zwar auch dann nicht, wenn damit ein höheres Verbraucherschutzniveau erreichet werden soll.

Der BGH neigt dennoch – m.E. zu Recht – dazu, die Reglungen der Pressegesetze für europarechtskonform zu halten. Im Beschluss heißt es hierzu:

Andererseits ist zu erwägen, ob die im Unionsrecht geregelten Trennungsgebote nicht Ausdruck der verfassungsrechtlich garantierten Rundfunk- und Pressefreiheit sind, die nicht nur im nationalen Recht (Art. 5 Abs. 1 GG) und in der Europäischen Konvention der Menschenrechte (Art. 10 Abs. 1 EMRK), sondern auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 11 EU-Grundrechtecharta) verankert ist. Müssten die Bestimmung des § 10 LPresseG und dem folgend die entsprechenden Regelungen des Trennungsgebots in den anderen Bundesländern richtlinienkonform in der Weise ausgelegt werden, dass sie nur bei Vorliegen der zusätzlichen lauterkeitsrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen angewandt werden können, wäre die Durchsetzung des presserechtlichen Trennungsgebots im Hinblick auf von Dritten finanzierte redaktionelle Inhalte ausgeschlossen, wenn die Dritten damit keine kommerziellen, sondern beispielsweise allein politische Zwecke verfolgten und daher auch keine Gefahr bestünde, dass Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden, die sie ansonsten nicht getroffen hätten.

posted by Stadler at 18:24  

18.8.12

LAG: Äußerungen über Arbeitgeber wie „betrügen“ und „bescheißen“ während des Streiks zulässig

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass während eines Arbeitskampfs im Einzelfall auch zugespitzte Äußerungen von Arbeitnehmern, dass die Arbeitgeberin „betrüge“ bzw. „bescheiße“ zulässig sein können (Urteil vom 17.08.2012, Az.: 8 SaGa 14/12). Das Gericht hat damit in zweiter Instanz den Antrag einer Arbeitgeberin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, die auf die Untersagung dieser Äußerungen abzielte, zurückgewiesen.

Quelle: Pressemitteilung des LAG Düsseldorf vom 17.08.2012

posted by Stadler at 21:44  

17.8.12

LG Berlin verbietet Ausstrahlung einer Folge des RTL2-Formats „Frauentausch“

Das Landgericht Berlin hat dem Fernsehsender RTL2 verboten, eine bestimmte Folge der Sendereihe „Frauentausch“ erneut auszustrahlen bzw. zu veröffentlichen oder zu verbreiten (Urteil vom 27.07.2012, Az.: 27 O 14/12).

Das Landgericht geht dabei davon aus, dass die von der Klägerin erklärte Einwilligung in die Verbreitung ihres Bildnisses im Rahmen der Sendung unwirksam ist.

Das Landgericht weist hierzu darauf hin, dass eine wirksame Einwilligung voraussetzt, dass der Betroffene über Art, Umfang und Zweck der Veröffentlichung ausreichend unterrichtet wird. Die von RTL2 eingeholte Einwilligung bezieht sich aber nur auf eine „TV-Dokumentations-Serie“. Die tatsächlich gesendete Darstellung, ist nach Ansicht des Gerichts aber keine Dokumentation. Vielmehr versuche der Sender durch begleitende Kommentare einer Off-Stimme die Klägerin als Person lächerlich zu machen.

Es ist davon auszugehen, dass gerade Trash-Sender wie RTL2 für ihre zweifelhaften Formate regelmäßig mit Erklärungen arbeiten, die von einer Dokumentation o.ä. sprechen. Sollte dieses Urteil also Bestand haben, müssten Sender wie RTL2 für eine wirksame Einwilligung wohl künftig deutlich darauf aufmerksam machen, dass der Betroffene damit zu rechnen hat, dass er in der Sendung lächerlich gemacht und als Person herabgewürdigt wird.

posted by Stadler at 12:29  

16.8.12

Der Filesharing-Pranger

Die Regensburger Abmahnkanzlei Urmann & Collegen erregte vor einiger Zeit Aufsehen damit, dass sie Forderungen aus zweifelhaften Filesharingabmahnungen, die sie selbst nicht eintreiben konnte, durch das Inkassounternehmern Debcon geltend machen ließ.

Vor einigen Wochen hat die Kanzlei auf ihrer Website dann angekündigt, dass sie ab 01.09.2012 „Gegnerlisten“ im Netz veröffentlichen will. Das bedeutet, die Abgemahnten sollen namentlich genannt werden. Nach einem Bericht des Regensburger Wochenblatts wollen Urmann & Collegen mehr als 150.000 (!) Namen von Abgemahnten auf diese Weise öffentlich machen.

Dieses Vorhaben ist auch deshalb besonders pikant, weil die Betroffenen dadurch nicht nur öffentlich als Urheberrechtsverletzer an den Pranger gestellt werden, sondern in vielen Fällen auch als Konsumenten von Pornofilmen. Denn zahlreiche Abmahnungen der Regensburger Anwaltskanzlei betreffen den Erotiksektor und stammen u.a. von der Fa. DigiProtect.

Urmann & Collegen berurft sich zur Rechtfertigung auf eine Entscheidung des BVerfG, die die Veröffentlichung von (gewerblichen) Gegnern aus dem Bereich des Kapitalanlagerechts unter dem Aspekt der Berufsfreiheit für zulässig erachtet hat. Dass sich diese Rechtsprechung auf Privatpersonen übertragen lässt, deren vermeintlicher Pornokunsum dadurch öffentlich gemacht werden soll, darf bezweifelt werden. Denn die Ankündigung der Regensburger Massenabmahner betrifft das Persönlichkeitsrecht derartiger Gegner in ihrer Privat-, wenn nicht gar Intimsphäre. Damit ist allerdings dann eine ganz andere verfassungsrechtliche Abwägung verbunden, als bei Unternehmen. Die gezielte Erzeugung einer derartigen Prangerwirkung ist nicht nur zivilrechtlich unzulässig, sondern dürfte sich auch strafrechtlich zumindest im Grenzbereich zur Nötigung bewegen.

 

posted by Stadler at 22:21  

16.8.12

Admin-C haftet nicht für Spam-Mails

Ein Rechtsanwalt hat Spam-E-Mails von einem vermeintlich in Frankreich ansässigen Unternehmen erhalten, die über eine zu einer DE-Domain gehörende E-Mail-Adresse verschickt wurden. Der Rechtsanwalt hat daraufhin den Admin-C der Domain – ebenfalls ein Rechtsanwalt – beim Landgericht Berlin erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Diese Entscheidunng hat das Kammergericht mit Urteil vom 03.07.2012 (Az.: 5 U 15/12) aufgehoben. Das Kammergericht hat sich hierbei nicht primär auf die Entscheidung des BGH zur Haftung des Admin-C für Kennzeichenrechtsverletzung gestützt, sondern klargestellt, dass es bereits keinen adäquaten Kausalzusammenhang sieht. Begründet hat das Kammergericht diese Ansicht – in durchaus überzeugender Art und Weise – folgendermaßen:

Das Versenden solcher E-Mails stellt aber eine völlig eigenständige Handlung dar, die nicht adäquat kausale Folge des Umstands ist, dass der Antragsgegner als Admin-C einer solchen Domain fungiert. Der Umstand, dass nach den Bestimmungen der DENIC ein ausländischer Antragsteller eine Domain nur registrieren lassen kann, wenn er eine inländische Person als Admin-C benennt (BGH GRUR 2012, 304, Tz. 50 – Basler Haar-Kosmetik), ändert daran im Streitfall nichts. Denn vorliegend geht das zu unterbindende Unrecht weder von der Domain als solcher aus (z.B. wegen Namensrechtsverletzung, vgl. etwa BGH GRUR 2012, 304, Tz. 50 – Basler Haar-Kosmetik), noch von dem Inhalt des mit der Domain aufrufbaren Internetauftritts (z.B. wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung, vgl. etwa KG [10. Zs.] MMR 2006, 392 f). Es ist mit anderen Worten ein nicht mit dem Unrechtsgehalt in Zusammenhang stehender Umstand, ob die Absenderanschrift der unerbetenen Werbe-E-Mail als Schlussbestandteil eine solche Domain enthält, für die (zufälligerweise) der Antragsgegner als Admin-C fungiert, oder aber irgendeine andere Domain wie beispielsweise “gmx.de“, „web.de“, „t-online.de“ oder „berlin.de“, deren sämtliche administrativen Ansprechpartner augenscheinlich gleichfalls nicht wegen unerbetener E-Mail-Werbung in der hier in Rede stehenden Fallkonstellation als Störer (auch nicht nach vorangegangener Inkenntnissetzung) in Anspruch genommen werden könnten.

posted by Stadler at 11:28  

16.8.12

Verfassungswidrigkeit des Bundeswahlgesetzes (Teil 2)

Das Bundesverfassungsgericht hat das Bundeswahlgesetz vor wenigen Wochen in einem zentralen Punkt, nämlich im Hinblick auf das Verfahren der Zuteilung der Abgeordnetensitze des Bundestages, für verfassungswidrig und nichtig erklärt.

Weniger Beachtung hat ein Beschluss (Az.: 2 BvC 1/11 und 2 BvC 2/11) des BVerfG gefunden, der bereits vom 04.07.2012 stammt, aber erst letzte Woche bekannt wurde. Danach ist das Bundeswahlgesetz nämlich in einem weiteren Punkt verfassungswidrig. Die Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG über das Wahlrecht für Auslandsdeutsche ist danach ebenfalls nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Der Ausschluss von im Ausland lebenden deutschen Staatsbürgern von der Bundestagswahl verstößt nach der Entscheidung des BVerfG gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, wenn ein früherer dreimonatiger Aufenthalt als alleinige Voraussetzung des Wahlrechts postuliert wird.

Inwieweit die Landeswahlgesetze davon betroffen sind, hängt von ihrer konkreten Ausgestaltung ab.

posted by Stadler at 10:55  
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