Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

23.8.12

Online-Scheidung: So einfach wie Schuhe bestellen?

Ein redaktionell aufgemachter Artikel – der inhaltlich allerdings eher den Eindruck einer Anzeige und damit von Schleichwerbung erweckt – des Landshuter Wochenblattes mit der Überschrift

Scheidung heute: So einfach wie Schuhe oder CDs bestellen

hat in der örtlichen Anwaltschaft für Unmut gesorgt.

In dem Titelseitenartikel werden die Dienstleistungen einer Landshuter Rechtsanwältin, die mit einer „Online-Scheidung“ wirbt, mit Slogans wie:

Die stressfreie Online-Scheidung ist „in“

oder in der Print-Ausgabe zusätzlich mit der Aussage:

Sandra Segl bietet die Online-Scheidung an: Schneller günstiger und viel stressfreier

angepriesen.

Diese Art der Berichterstattung hat sowohl unter presserechtlichen Gesichtspunkten als auch mit Blick auf das anwaltliche Berufsrecht einen faden Beigeschmack.

Denn das deutsche Recht kennt natürlich keine (stressfreie) Online-Scheidung. Geschieden wird immer noch in mündlicher Verhandlung des Familiengerichts, an der beide Ehegatten teilnehmen müssen. Die Aussage, eine Scheidung sei, wenn man nur diese Anwältin beauftragt, so einfach wie Schuhe oder CDs zu bestellen, ist deshalb schlicht unrichtig und vermittelt den unzutreffenden Eindruck, diese Rechtsanwältin könnte eine Scheidung in irgendeiner Form einfacher abwickeln als andere im Familienrecht tätige Anwaltskollegen.

Außerdem ist auch der durch die Formulierung

Darüber hinaus verlangen wir nur den Mindestsatz

erweckte Eindruck, die Scheidung sei bei dieser Kollegin besonders billig zu haben, irreführend. Die meisten Fachanwälte für Familienrecht bearbeiten Scheidungsmandate auf Basis der festen gesetzlichen Gebühren und damit zu den gleichen Konditionen wie die werbende Kollegin.

Darüber hinaus bieten die meisten familienrechtlichen Kollegen im Rahmen dieser Konditionen aber auch eine persönliche und individuelle anwaltliche Beratung an, was nach dem Modell der Kollegin Segl nicht vorgesehen zu sein scheint, wenn man die Werbeaussage

Bei der Online-Scheidung fallen Besuche bei einem Scheidungsanwalt weg

betrachtet. Gerade in Familiensachen ist eine persönliche Besprechung mit dem Anwalt aber zumeist sinnvoll und notwendig.

Der Artikel des Landshuter Wochenblattes wirft angesichts seines offensichtlich werblichen Charakters außerdem die Frage nach einem Verstoß gegen das presserechtliche Trennungsgebot auf.

posted by Stadler at 16:38  

4 Comments

  1. So schauts aus, überall wird gelogen und betrogen.
    Die Zeitungen lügen und betrügen.
    Der Anwalt lügt und betrügt.
    Die Politiker lügen und Betrügen.
    Der Versicherungsmakler lügt und betrügt.
    Der Banker lügt und betrügt.

    Wie schön wäre doch eine Welt ohne Anwälte:
    http://www.youtube.com/watch?v=3u_enY2Zw6A

    Comment by Troll — 23.08, 2012 @ 16:54

  2. Ich stelle mir das gerade so vor:

    Sie wollen geschieden werden (ja) (nein)

    Ihre persönlichen Daten…

    Die persönlichen Daten ihres Ehepartners….

    Datum der Eheschließung: (Datum eingeben)

    Datum der Trennung: (Datum eingeben)

    Anzahl Kinder: (Anzahl eingeben)

    Je nach Anzahl der Kinder werden Datenfelder eingeblendet

    Wirtschaftstand der ehelichen Gemeinschaft:

    Auswahl (Gütergemeinschaft) (Zugewinngemeinschaft) usw.

    Button: (Hiermit beantrage ich die kostenpflichtige Scheidung)….

    Sorry, wer jemals eine Scheidung erlebt hat (ich habe zwei SEHR kostenpflichtige Scheidungen hinter mir), wird diese Veröffentlichung ja nur als Lachnummer begreifen können.

    Mal ganz von den rechtlich fragwürdigen Aspekten abgesehen.

    Meiner Meinung nach hat sich die Anwältin damit ganz gewaltig ins Knie geschossen. Denn wer nimmt denn sojemanden als Anwalt noch ernst? Ich mit Sicherheit nicht.

    Comment by Manfred — 23.08, 2012 @ 18:04

  3. Oh, oh. Streisand.

    Comment by Ein Mensch — 23.08, 2012 @ 18:18

  4. Wo ist nun – abgesehen von der presserechtlich bedenklichen Berichterstattung – das erwähneswerte?

    „Die meisten Fachanwälte“ -> aber eben nciht alle, da mag der Hinweis „Wir sind billig“ doch Berechtigung haben.

    „Gerade in Familiensachen ist eine persönliche Besprechung mit dem Anwalt aber zumeist sinnvoll und notwendig.“ -> da mag doch jeder slebst entscheiden. Wer das nicht will und keinen Anwalt aussuchen will, kann das doch wohl noch tun. Es gibt ja andere Mittel der Kommunikation.

    „where is the beef“

    Comment by Christian — 24.08, 2012 @ 07:01

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