Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

28.8.12

Leistungsschutzrecht: Das lobbyistische Tauziehen geht weiter

Zu dem geplanten Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse liegt zwischenzeitlich ein dritter Referentenentwurf vor, der nach Angaben des Kollegen Moenikes nunmehr auch als Beschlussvorlage morgen auf der Tagesordnung der Sitzung der Bundesregierung stehen soll. Die geplante Vorschrift des § 87g Abs. 4 UrhG wird in diesem neuen Entwurf wie folgt gefasst:

Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen oder Teilen hiervon, soweit sie nicht durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder gewerbliche Anbieter von Diensten erfolgt, die Inhalte entsprechend aufbereiten. Im Übrigen gelten die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 entsprechend.

In der 2. Entwurfsfassung, die den ursprünglichen Entwurf deutlich entschärft hatte, um insbesondere Blogger außen vor zu lassen, lautete die Formulierung insoweit noch:

Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen, soweit sie nicht durch die Anbieter von Suchmaschinen erfolgt. Im Übrigen gelten die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 entsprechend.

Man hat also auf die Kritik, dass die 2. Entwurfsfassung auf eine Lex Google hinausläuft, reagiert und deshalb bewusst auch gewerbliche News-Aggregatoren einbezogen.

Google hatte unlängst seine Kritik am geplanten Leistungsschutzrecht erneuert und von einem systemfremden und weltweit beispiellosen Eingriff in die Architektur des Internets gesprochen.

Den Verlauf der Diskussion zum Thema Leistungsschutzrecht habe ich in diesem Blog durch eine ganze Reihe von Beiträgen begleitet.

Update:
Lese gerade die Meldung einer Presseagentur (dapd), die unter Berufung auf die SZ schreibt:

Die Verlinkung und „Nutzung im Rahmen der Zitierfreiheit“ bleibe auch für Suchmaschinen künftig kostenlos.

Wo auch immer diese Aussage herstammt, sie ist unzutreffend. Denn Suchmaschinen können sich überhaupt nicht auf die urheberrechtliche Zitierfreiheit berufen. Die Schrankenbestimmung des § 51 UrhG setzt nach der Rechtsprechung des BGH nämlich u.a. folgende voraus:

Die Verfolgung des Zitatzwecks im Sinne des § 51 UrhG erfordert vielmehr, dass der Zitierende eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk und den eigenen Gedanken herstellt und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint

Da das auf Suchmaschinen nie zutrifft, weil Suchmaschinen keine eigenen Gedanken zum Ausdruck bringen, besteht für sie, ebenso wenig wie für News-Aggregatoren, die Möglichkeit, sich auf die Zitierfreiheit des UrhG zu berufen.

Leider wird in dieser Diskussion einmal mehr Unfug verbreitet.

Update vom 29.08.12:
Die dapd hat mich darauf hingewiesen, dass sie in ihrer Meldung nur die Rechtsauffassung des Justizministeriums wiedergegeben habe und mit dieser Formulierung keine eigene Einschätzung verbunden sei.

posted by Stadler at 15:25  

6 Comments

  1. Was sind denn „gewerbliche Anbieter von Diensten erfolgt, die Inhalte entsprechend aufbereiten“ ? Fallen da dann auch Blogger drunter, wenn die mal nur eine Nachricht posten u eine Suchfunktion auf ihrer Seite haben? Oder sind das dann nur Suchmaschinen wir google oder Yahoo? Was ist mit Apps wie Flipboard? Meinen Sie die fallen auch darunter?

    Comment by Nina M. — 28.08, 2012 @ 19:41

  2. @Nina M. Das seh ich auch als Pferdefuß. Wer abmahnen will, kriegt einen weiteren Angriffspunkt. Und bis die Frage, ob Blogs nie, unter Umständen oder immer unter die Regelung fallen, mit Rechtssicherheit geregelt ist, sieht das Internet schon zum 3. oder 4. Mal anders aus als heute.
    Ich hab das Plugin von D64 installiert, das alle Links auf LSR-relevante Quellen auf eine Kampagnen-Landingpage umleitet. http://d-64.org/d64-startet-aktionsseite-gegen-das-leistungsschutzrecht/ Das ist heute politische Aktion, morgen vielleicht Selbstschutz.

    Comment by VolkerK — 28.08, 2012 @ 20:55

  3. Die Nachrichtenagentur „dapd“ verbreitet hier gerade quer durch das Internet eine Meldung zu dem neuen Entwurf des Leistungsschutzrechtes, die ich persönlich für eine offensichtliche und bewusste Falschmeldung einstufen würde, denn das was die „dapd“ da verbreitet, genau das geht aus diesen Entwurf bei weiten nicht draus hervor ..

    Ich zietere mal:
    „Blogger, Verbände, Vereine, Anwaltskanzleien und sonstige ehrenamtliche, private oder gewerbliche Nutzer sollen auch künftig nichts zahlen müssen, wenn sie auf ihren Homepages und in Blogs journalistische Texte benutzen, sie länglich zitieren oder auf sie verweisen. Nach dem geänderten Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht, das am Mittwoch dem Bundeskabinett vorliegt, sollen Lizenzgebühren nur „die Anbieter von Suchmaschinen“ zahlen sowie die Anbieter von ähnlichen Diensten im Netz, „die Inhalte entsprechend einer Suchmaschine aufbereiten“, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Mittwochausgabe. Die Verlinkung und „Nutzung im Rahmen der Zitierfreiheit“ bleibe auch für Suchmaschinen künftig kostenlos.“

    Quelle: http://goo.gl/EdWvB

    Und genau das sehe ich hier bei weitem nicht so. Ich seh eher genau das Gegenteil hier. Nämlich wiefolgt: Wenn wie in dem Entwurf steht, mit dem Begriff „Diensten“ nämlich „Telemediendiensten“ mit gemeint sein könnten, so dass alle „gewerbliche Anbieter von Telemediendiensten“ dann davon betroffen wären, die Verlagsinhalte mit ihren eigenen Inhalten auf ihrer eigenen Homepage ergänzen wollen, und somit diese aufbereiten, womit durchaus Blogs, die von ihren Anbietern gewerbsmässig betrieben werden, damit gemeint sein könnten ..

    so waren zumindest meine ersten Überlegungen dazu ..

    Comment by sascha — 28.08, 2012 @ 22:52

  4. Dapd hat schon mal neue Offset-Druckmaschinen angeschafft, um die ganze. Abmahnungen drucken zu können.

    Comment by Peter Hense — 29.08, 2012 @ 06:37

  5. Feedreader dürften dann ja wohl auch darunter fallen…

    Na super.

    Der Googlereader könnte recht schnell auf der Abschussliste landen, aber wie sieht es mit lokal installierter Software aus?

    Können Softwarehersteller die Feedreader, die ja auch Aggregatoren sind, von den Verlagen angegangen werden?

    Ich kann mir da überhaupt kein Abrechnungsmodell vorstellen. Die einzige Möglichkeit wäre einen Algorithmus in die Software zu integrieren der genau überwacht welche Feeds der User abboniert und auf welche Artikel er klickt.

    Eigentlich kann es nur auf ein Verbot solcher Programme hinauslaufen. Oder sehe ich das falsch?

    Comment by Netzstachel — 29.08, 2012 @ 17:51

  6. Über die Schrankenregelung in § 87g Abs 4 „[…] gewerbliche Anbieter von Diensten erfolgt, die Inhalte entsprechend aufbereiten.“ bin ich auch gestolpert. Dies ist auch völlig unverständlich.

    Zunächst ist ein „gewerblicher Anbieter von Diensten“ jeder, der mit seiner Internetseite Geld verdient. Der Begriff „gewerblich“ wird nämlich in der Rechtssprechung weit ausgelegt. Also bereits derjenige, der die Kosten einer Internetseite dadurch finanziert, dass er auf der Internetseite Werbung einstellt, ist bereits gewerblicher Anbieter. Sofern also die Internetseite nicht von einer Privatperson oder einer nicht-gewerblichen Personenvereinigung ohne gewerbliche Einnahmen angeboten wird, liegt stets ein gewerblicher Anbieter vor.

    Dann kommt aber die völlig unklare Formulierung „die Inhalte entsprechend aufbereiten“. Damit ist sicherlich gemeint, Inhalte entsprechend eine Suchdienstes aufbereitet. Wie soll das nun bestimmt werden, wie sieht die Abgrenzung aus? Wenn ein Link zu einem Zeitungsartikel gelegt wird zusammen mit dem Artikelname, dann entspricht dies genau dem, was auch Suchmaschinen tun. Die Folge wird eine neue Abmahnwelle gegen kleine Privatanbieter sein, denn diese können sich gegen millionenschwere Presseverlage aufgrund des Prozessrisikos kaum zur Wehr setzen.

    Comment by Henrik Holland — 21.06, 2013 @ 18:23

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