Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

30.8.12

Bushido muss wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung Schadensersatz leisten

Der Rapper Bushido wurde vom Landgericht Berlin zur Zahlung eines Schadensersatzes von 8.000 EUR an eine Mitwirkende des Trash-Formats „Big Brother“, wegen durchaus deftiger Beleidigungen verurteilt. Die Klägerin hatte von dem Proll-Rapper allerdings 100.000 EUR gefordert und war deshalb vor Gericht überwiegend unterlegen.

Die Sache wäre nicht weiter erwähnenswert, hätte sich das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 13.08.2012 (Az. 33 O 434/11) nicht einer bemerkenswerten Argumentation bedient:

Ein höherer Betrag erscheint dem Gericht unter Berücksichtigung folgender Gesichtspunkte unangebracht: Bei der Intensität der Persönlichkeitsrechtverletzung war zu berücksichtigen, dass Äußerungen von Rappern wie B… mit ihrer teilweise unsachlichen und überzogenen Tendenz vom verständigen Durchschnittsbürger nicht für bare Münze genommen werden. Weiter war zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin freiwillig in eine Situation begeben hat, die zwangsläufig die teilweise Preisgabe mindestens ihrer Privatsphäre bewirkte. Die Klägerin wusste, dass sie während ihres Containeraufenthalts 24 Stunden täglich über P…/S… für jedermann in allen Lebenslagen zu beobachten sein würde (im Ergebnis über 3 Monate), dass sie sich als Person mit äußeren und inneren Charakteristika einem Wettkampf mit etwa einem Dutzend anderen Containerbewohner stellte, dass sie zweiwöchentlich eine potentielle Ausscheidungsnominierung zu gewärtigen hatte, dass diese Nominierung nicht nur von den Containerbewohnern, sondern von diesbezüglich Interessierten online, offline und real kommentiert werden würde und dass sie während ihres Containerlebens einer Kontaktsperre nach außen unterlag. Die Klägerin hat sich gezielt der Öffentlichkeit ausgeliefert und sich in eine deprivatisierte Situation begeben, möglicherweise im Hinblick auf einen 6-stelligen Gewinn und eine hohe Medienpräsens. Weiter war zu berücksichtigen, dass nach Ansicht des Gerichts erhebliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es der Klägerin letztlich nur um den Erhalt einer möglichst hohen Zahlung geht: Dafür spricht die deutlich überzogene Forderung von 100.000,00 € bei gleichzeitiger Wiederholung der angegriffenen Äußerungen gegenüber der Presse. Die Klägerin hat gegenüber einem völlig neuen und großen Adressatenkreis (Leser des Berliner Kuriers und RTL-Konsumenten) die – ihrer Darstellung nach – unerträglich belastenden Äußerungen freiwillig überhaupt erst in Umlauf gebracht.

Ob sich der Umstand, dass Bushido ohnehin niemand für voll nimmt, auf die Höhe des Schadensersatzes bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen auswirkt, darf man für eine gewagte These halten. Das zweite Argument des Gerichts ist dann allerdings stichhaltiger. Wenn die Klägerin die Äußerungen von Bushido gegenüber der Presse gezielt wiederholt und damit überhaupt erst dazu beigetragen hat, dass ein größeres Publikum davon Kenntnis nimmt, dann kann ihr der Schutz ihrer Ehre nicht sonderlich wichtig sein.

Mal sehen, ob die Klägerin das Kammergericht bemühen will. Bushido dürfte mit dieser Entscheidung jedenfalls gut bedient sein.

posted by Stadler at 10:58  

3 Comments

  1. also darf ich Leute beleidigen, wenn ich ein rappender Rapper bin?

    OK, zum 2. Punkt:
    Das erinnert mich leicht an das blaue-Strähnen-Argument: „Du bist doch selbst schuld, wenn du verprügelt wirst, weil du hast dir die Haare teilweise blau gefärbt!“
    Oder (um es einfach mal auf die Spitze zu treiben): „Du bist selbst schuld, dass du vergewaltigt wurdest, wenn du dich so anziehst!“.

    Beide Argumente haben die gleiche Struktur, ebenso wie diese Begründung: Wenn eine Person es darauf anlegt, Opfer einer Straftat zu werden, sei die Straftat weniger schlimm.
    Mein einziges Kommentar dazu lautet: Stimmt nicht.

    Und jetzt noch zum 2. Teil des 2. Punktes (Der über Publikmachung des Textes durch die Klägerin): Hier stimme ich (als Laie) einerseits zu. Andererseits wird hier quasi gesagt, Kläger, die sich in einer solchen Situation befinden, dürfen darüber nicht mit den Medien reden…

    Der ganze Zweite teil wirkt auf mich irgendwie, als sei die Klägerin nicht würdig, ihre Ehre zu verteidigen…

    Comment by sylar_5 — 30.08, 2012 @ 11:56

  2. Der Vergleich mit dem „Vergwaltigungsargument“ zieht nicht. Vergleichbar wäre es höchstens mit dem angeblichen Vergewaltigungsopfer welches nur wenige Tage später wieder einvernehmlichen Sex mit ihrem Vergewaltiger hat. Das Gericht hat ja eben nicht nur darauf abgestellt, dass sich die Klägerin bewusst in Gefahr gebracht habe, sondern vielmehr verdeutlicht, dass erst die Klägerin selbst den Wortlaut der Beleidigung einem großem Personenkreis zugänglich gemacht hat.

    Comment by Kommentator — 30.08, 2012 @ 19:12

  3. Ich finde es nicht okay das Rapper mehr oder weniger etwas geschützt werden. Normalerweise sollten doch alle Menschen vor dem Gericht gleich sein?

    Comment by Schadensersatz — 4.09, 2012 @ 12:24

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