Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.4.12

EuGH: Auskunftsansprüche gegen Provider bei Urheberrechtsverletzungen mit EU-Recht vereinbar

Der EuGH hat heute (Urteil vom 19.04.2012, Az.: C?461/10) entschieden, dass Auskunftsansprüche gegen Internet-Service-Provider, die in Mitgliedstaaten auf Grundlage der sog. Enforcement-Richtlinie geschaffen wurden – in Deutschland betrifft dies § 101 Abs. 2, Abs. 9 UrhG – sowohl mit der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung als auch mit der Datenschutzrichtlinie vereinbar sind. Mithilfe dieser Auskunftsansprüche werden in Fällen des Filesharing die von den Rechteinhabern ermittelten IP-Adressen dann von den Providern einem Kunden bzw. Anschlussinhaber zugeordnet.

In der Formulierung des EuGH

Die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) und die Richtlinie 2004/48 sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegenstehen, soweit es diese Rechtsvorschriften dem nationalen Gericht, bei dem eine klagebefugte Person beantragt hat, die Weitergabe personenbezogener Daten anzuordnen, ermöglichen, anhand der Umstände des Einzelfalls und unter gebührender Berücksichtigung der sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Erfordernisse eine Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen.

erkenne ich freilich die deutsche Rechtswirklichkeit bei richterlichen Auskunftsbeschlüssen nach § 101 Abs. 9 UrhG kaum wieder. Denn eine Prüfung des Einzelfalls, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend berücksichtigen würde, findet bei deutschen Gerichten schlicht nicht statt. Es ist vielmehr so, dass die nach § 101 Abs. 9 UrhG angerufenen Gerichte massenhaft, tetxbausteinartig und ohne jegliche Einzelfallprüfung diejnigen Auskunftsbeschlüsse erlassen, die den Provider erst ermächtigen, die Daten seines Kunden herauszugeben. Mir liegen diesbezüglich eine ganze Reihe von Akteneinsichten, insbesondere des Landgerichts Köln, vor, die dieses schematische und textbausteinartige Vorgehen des Gerichts belegen. Der eigentlich als zusätzliche Hürde gedachte Richtervorbehalt verkommt dadurch zur bloßen Makulatur.

Eine gute Erläuterung des Urteils liefert auch der Kollege Dosch.

posted by Stadler at 17:13  

3 Comments

  1. Überwachung total!

    Das globale Netz ist die Falle. Da hängt alles dran von der Kamera in der Bimmelbahn oder im Kaufhaus, Militärtechnik über Geheimdienste bis zur geschäftigen Datensammelleidenschaft (einfach mal Vermieterdatenbanken suchen; jeder kann Verleumdungen reinschreiben, jeder kann sie herausfischen).
    An ein Entkommen ist nur zu denken, wenn das Netz abgebrannt wird.

    Jeden Tag fliegen Millionen geraubte Daten durchs Netz und täglich werden es mehr. Das kriegt man NIE unter Kontrolle, Urteile, Richtlinien, Gesetze – das ist Selbsthypnose.
    Man muß sich nur klar machen, wie viele Unternehmen sich in der Hand eines Dachfonds befinden. Schmeißt einen das Unternehmen A raus, braucht man sich auch B – Z nicht zu bewerben, weil alle eine Datenbank benutzen und darin steht ein großes NO!

    Schon mal von RFID gehört? Die Totalkontrolle setzt sich immer mehr durch.

    Und was ist mit den Blogs? Die Kommunikationsstruktur verläuft vertikal, Kommentare werden an den Moderator gesendet, der schaltet frei. Der Moderator überwacht Nachrichten an die Mitkommentatoren, die durchaus kompromittierend sein können für die Moderation oder die Seite. Horizontal ist keine Kommunikation über den Blog möglich.
    Wie kommt der CIA an kritische Daten? Genau so, mit einem Blog, wo jeder rumschreien kann und unwissentlich Spuren hinterläßt.

    An die Agenten in der NPD denken, die oft selbst zu Straftaten aufgerufen und so die Mitglieder in die Falle gelockt haben.
    Da ist das Netz die willkommene Einladung.

    Facebook macht alles durchsichtig, außer die Betreiber der Seiten.

    Man fällt im Netz schneller auf die Schnauze als man wieder aufstehen kann.

    Comment by Spion — 19.04, 2012 @ 21:19

  2. @Spion: Danke für den hilfreichen Beitrag.
    Was genau hat RFID mit Totalkontrolle zu tun ?

    Comment by Oliver — 20.04, 2012 @ 09:15

  3. Naja, RFID ist auch so ein Thema über das man sicher lange streiten kann… Die Mitarbeiter in vielen Geschäften wissen nicht einmal was das für kleine Chips, beispielsweise in der Kleidung sind.

    Aber vielen Dank @ Stadler für den Beitrag zum EuGH, gerade auch was die Einschätzung des Vorgehens der Gerichte angeht.

    Comment by Anke — 24.04, 2012 @ 11:02

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