Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

22.1.12

Schadensersatz bei vorzeitigem Abbruch von eBay-Auktion

Das Amtsgericht Nürtingen hat entschieden (Urteil vom 16.1.2012, 11 C 1881/11), dass der anderweitige Verkauf einer bei eBay eingestellten Sache nicht zum Abbruch der eBay-Auktion berechtigt. Die Folge ist, dass der Kaufvertrag trotz Abbruch durch den Verkäufer mit dem Höchstbietenden zu Stande kommt. Da der Verkäufer aber nicht mehr liefern kann, führt dies zu einem Schadensersatzanspruch des Höchstbietenden.

Das Amtsgericht Nürtingen hat als Schaden die Differenz zwischen dem objektiven Wert der Kaufsache – im konkreten Fall waren es Autoreifen – und dem Höchstgebot angesehen. Da das Gebot nur bei einem Euro lag, die Reifen aber 579 Euro Wert waren, wurde der Verkäufer zur Zahlung des Differenzbetrags von EUR 578 verurteilt.

Ein interessantes und letztlich in der rechtlichen Bewertung zutreffendes Urteil. Denn der alte römische Rechtsgrundsatz „Pacta sunt servanda“ gilt auch im deutschen Zivilrecht.

posted by Stadler at 22:07  

14 Comments

  1. im ebay umfeld gefallen mir die meisten deutschen richter sprüche. Es gibt einfach viel zuviele betrügerische verkäufer. Ich habe bei ebay schon mehrfach juristischen beistand gebraucht um betrügerische verkäufer zu bändigen. Sowas war bei amazon noch nie nötig. Seit gut 3 jahren kaufe ich mehr bei amazon als via ebay. Amazon hat halt von anfang an erkannt das der käufer die musik bezahlt.

    mfg
    yb

    Comment by yah bluez — 22.01, 2012 @ 22:39

  2. Jetzt stellt sich mir nur noch die Frage, wie bringt ein Privatkunde diese Organisation dazu, dwn Namen des Anbieters herauszugeben.

    Comment by Matthias — 22.01, 2012 @ 23:50

  3. „Bei Ablauf der Auktion und bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande“

    Schön wär’s. In der Praxis wird der Anbieter über einen anderen Account ein höheres Angebot abgeben und danach die Auktion abbrechen.

    Oder er nimmt die Zahlung der fälligen Gebühren in Kauf und bietet selbst bis zum Schluss mit.

    Comment by Avantgarde — 23.01, 2012 @ 02:42

  4. Ich finde das Urteil ein bisschen befremdlich, da der Artikel sicher für mehr als 1€ verkauft worden wäre, wenn er bis zum Ende gelaufen wäre. Der 1€-Bieter hätte ihn also ganz sicher nicht für 1€ bekommen.

    morphium

    Comment by morphium — 23.01, 2012 @ 11:51

  5. Es ist ja nicht der erste derart gelagerte Fall, der so entschieden wurde, vielmehr entscheiden die deutschen Gerichte inzwischen fast immer so.

    Und wie das so ist, tauchen prompt welche auf, die sich das zunutze machen, sprich systematisch ausnutzen.

    Aktuelles Beispiel, dessen Hintergründe und Details man hier ergründen kann:

    Der „Käufer“ bietet systematisch, also mehrere tausend mal pro Monat auf neue oder zumindest unbenutzte iPhones einen Betrag, den die Auktionen, sofern sie durchlaufen, sicher überschreiten. In diesem Fall sind es 333,- €. Nur dann, wenn die Verkäufer in Unkenntnis der Rechtslage die Auktion unrechtmäßig abbrechen, ist er Höchstbietender. Er verlangst dann regelmäßig den Differenzbetrag zur Ersatzbeschaffung oder die Herausgabe des iPhones.
    Er zielt also ausschließlich auf diese Gelegenheit und erzielt dabei monatlich recht interessante Beträge.

    Fragen:

    1. Ist das rechtsmißbräuchlich?

    2. Ist es strafbar? Wenn ja, sofern der Nachweis gelänge, um welche Straftat handelt es sich?

    Comment by Peter Viehrig — 23.01, 2012 @ 15:14

  6. @5. Die Rechtsbeugung findet bereits durch den eBay-Verkäufer statt, der die eBay-„Auktion“ vorzeitig beendet, indem dieser regelmäßig die Leistung aus dem zweifellos geschlossenen Vertrag dem dann Höchstbietenden mit fadenscheinigen Gründen verweigert.

    Zum Nachdenken: es werden auch – ohne erkennbaren Rechtsmißbrauch – mehrere tausend Mal am Tag Knöllchen wegen Falschparkens verteilt. Die Ursache hierfür liegt im Falschparken und nicht in der Präsenz von „armen“ Politessen.

    Man mag das „moralisch“ zweifelhaft finden, wenn der Käufer seine Ansprüche dann zivilrechtlich durchsetzt, jedoch Ursache und Wirkung sollte man dabei wirklich nicht verdrehen. Ein strafbares Verhalten des (klagenden) Käufers mag ich nicht erkennen, denn er hat ja einen zivilrechtlichen Anspruch auf Erfüllung oder Schadenersatz erworben.

    Wenn der Bürger geschäftsmündig sein möchte, sollte er die (Allgemeinen Geschäfts-) Bedingungen, unter denen er einen Vertrag schließt, mit wachem Verstand rezipieren. Tut er das nicht, ist zwar später das Heulen und Zähneklappern groß, aber vermeidbare Unkenntnis schützt nicht den Rechtsverletzer.

    Viele Grüße,
    Coffein am Mittag.

    Comment by Coffein — 24.01, 2012 @ 12:25

  7. Ich versehe meine Autktions-Angebote bzw. Hood-Angebote (www.hood.de) immer mit dem Hinweis:

    Angebot freibleibend, Zwischenverkauf vorbehalten.

    Fraglich ist, ob das dann auch bei Abbruch der Autkion wirksam ist.

    Grüße

    Comment by HB — 24.01, 2012 @ 16:31

  8. @7: zumindest für eBay läßt sich die Frage ganz klar mit „Nein, ist unwirksam“ beantworten. Und zwar beides. Und immer.

    1. Nach eBay-Richtlinien soll Verkäufer und Käufer an die jeweilige Willenserklärung gebunden sein. Das „Angebot“ kann demnach nicht ohne gegen eBay-Grundsätze zu verstossen „freibleibend“ sein.

    2. Der Zwischenverkauf ist durch eBay-AGB ausgeschlossen. Ausserdem, wie im Artikel/Urteil oben zu lesen, ist der „Zwischenverkauf“ kein qualifizierter Grund für eine vorzeitige Auktionsbeendigung.

    Mit beiden „Bestimmungen“ würde der Käufer der reinen Willkür des Verkäufers ausgesetzt, obwohl er selbst an sein Gebot gebunden bleibt. Und gerade das soll verhindert werden.

    Viele Grüße,
    Coffein am Abend.

    Comment by Coffein — 24.01, 2012 @ 18:51

  9. @8
    Sehe ich anders. Die Ebay-Bestimmungen sind keine Gesetze. Maßgeblich für die Auslegung der vom Ebay-Verkäufer abgegebenen Willenserklärungen bleiben die §§ 133, 157 BGB. Er kann seine Willenserklärung daher m.E. durchaus unter die von #7 genannten Bedingungen stellen. Eine andere Sache ist es, dass dann Ebay ggf. Gegen den Verkäufer Vorgehen kann, weil dieser vertragliche Vereinbarungen nicht einhält, also die Nutzungsordnung missachtet.

    Comment by HD — 25.01, 2012 @ 01:24

  10. @8: Dass Angebote bei eBay verbindlich sind und der Vertragsschluss nach §§ 145 ff BGB erfolgt hat der BGH schon mehrfach festgestellt. Daher kann ein Anbieter sehr wohl sein Angebot unter dem Vorbehalt eines Zwischenverkaufs einstellen. Die eBay-AGB dienen zwar laut BGH als Auslegungsgrundlage für das beidseitige Verständnis, entfalten aber zwischen den Mitgliedern selbst keine unmittelbare Wirkung. Ohnehin greift hier der Vorrang der Individualabrede.

    Allerdings halte ich derartige Formulierungen dennoch für äußerst problematisch. Ebay erhebt schließlich eine Verkaufsgebühr. Umgeht man diese, wird es schnell strafrechtlich interessant. Blöd, wenn man dann noch den nötigen Vorsatz plakativ in sein Angebot reinschreibt.

    Comment by Jensemann — 25.01, 2012 @ 18:11

  11. Der Beklagte(Verkäufer)hat im vorliegenden Fall dem Kläger (Käufer) zu viele Informationen über den Verbleib des Kaufgegenstandes übermittelt. Aus diesem Grund dürfte er im vorliegenden Rechtsstreit auch unterlegen gewesen sein.

    Comment by Rechtsanwalt Potsdam — 27.01, 2012 @ 18:19

  12. Einmal mehr wurde nun von einem LG die „Unzulässigkeit“ der vorzeitigen Beendigung bestätigt: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Internetauktion-gilt-auch-bei-vorzeitigem-Abbruch-1471972.html

    Viele Grüße,
    Coffein am Abend.

    Comment by Coffein — 15.03, 2012 @ 18:27

  13. @9, @10

    http://pages.ebay.de/help/policies/selling-practices.html

    Zitat: „Verboten: Sie dürfen ein und denselben Artikel nicht gleichzeitig auf eBay und woanders zum Verkauf anbieten.“

    Und: Ein im Angebotstext formulierter Vorbehalt dürfte m.E. nicht beachtlich sein, da dieser ja gerade den eBay-AGB widerspricht. Es wurde ja bereits höchstrichterlich festgestellt, daß die eBay-AGB zwar nur zwischen Verkäufer-eBay und Käufer-eBay wirksam einbezogen sind, jedoch so die Grundlage für das Handeln auf der Plattform darstellen und damit auch auf die Verkäufer-Käufer-Rechtsbeziehung ausstrahlen.

    Ich bin gespannt, wie ein solcher Fall eines „Verkaufsvorbehaltes“ vor Gericht entschieden wird. Ich wette, zu Gunsten des (geprellten) Käufers…

    Viele Grüße,
    Coffein am Abend.

    Comment by Coffein — 15.03, 2012 @ 19:03

  14. Es gibt Käufer, die senden den Link zu dieser Seite um zu unterstreichen, daß Ihre Forderungen an Verkäufer, die Auktionen vorzeitig abgebrochen haben, berechtigt sind.
    Diese Käufer betreiben das jedoch im großen Stile, sie nehmen was auch immer sie bekommen können, sei es das iPhone für € 100,- oder aber wahlweise eine Summe als Schadensersatz.
    In deren Gebotsübersichten sieht man 2.600 oder mehr Gebote pro Monat (!), auch Gebotsrücknahmen (Stichwort „Gebotsabschirmung“).

    Es fragt sich, was diese Käufer mit all der Ware machen. Entweder sind sie gar nicht auf die Ware aus, dann fehlt der Rechtsbindungswille, oder aber es ist Handel im gewerblichen Umfang, dann müßten sie das auf ihren Ebay-Seiten erkenntlich machen.

    Wer sich genauer informieren will:
    http://www.auktionshilfe.info/thread_10204p1

    Laßt Euch nicht einschüchtern!

    relusa

    Comment by relusa — 1.08, 2014 @ 13:29

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