Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.12.11

BGH zu Bildberichterstattung über Freizeitaktivitäten Prominenter

Der BGH hat wieder einmal zu Gunsten der (Boulevard-)Presse und zu Lasten des Persönlichkeitsrechts monegassischer Adeliger entschieden (Urteil vom 18.10.2011, Az.: VI ZR 5/10).

Die Veröffentlichung eines Bildnisses, einschließlich der Wortberichterstattung ist danach zulässig, wenn es sich um einen unterhaltenden Beitrag über das Privat- oder Alltagsleben prominenter Personen handelt, der Anlass zu sozialkritischen Überlegungen sein kann. Der BGH lässt es hierfür schon genügen, dass weite Kreise der Öffentlichkeit ein Interesse daran haben, zu erfahren, dass junge Menschen als Abkömmlinge reicher und/oder adliger Prominenz ihre Freizeit in London mit dem Besuch einer Vernissage verbringen. Auch wenn es sich um eine geschlossene Veranstaltung für geladene Gäste gehandelt hat, war ein Fotograf einer bekannten Bildagentur anwesend, der von den Gästen Aufnahmen anfertigte. Die Fotos konnten allgemein bezogen werden. Damit könne sich, so der BGH, die Klägerin nicht mehr auf einen geschlossenen Charakter der Veranstaltung berufen. Bei einer solchen Veranstaltung sei es ohnehin nicht ungewöhnlich, dass nur geladene Gäste Einlass finden, aber dennoch publikumswirksam darüber berichtet wird, zumal die Gallerie dem „Rolling Stone“ Ron Wood gehört und Werke eines Warhol-Schülers ausgestellt wurden.

Auch wenn ich grundsätzlich eine äußerst pressefreundliche Haltung einnehme, erscheint mir diese Art der Begründung problematisch. Denn letztlich lässt sich auf diese Weise nahezu aus jeglicher Freizeitaktiviät Prominenter ein Ereignis der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. KUG machen.

 

posted by Stadler at 14:01  

8 Comments

  1. Das hier Dargestellte wirkt in der Tat fast wie ein Rückfall in Vor-Straßburger-Zeiten. Das wird man sich im Hause Monaco/Hannover wohl leider nicht gefallen lassen.

    Entscheidender und m.E. auch überzeugender ist aber die Begründung, die weiter unten kommt:
    „Indem der Artikel sich damit befasst, was im Moment „cool“ ist, welchen Stellenwert „Royals“ in der „Jungsociety“ haben und welche Veranstaltungen diese und die anderen Abkömmlinge Prominenter besuchen, zeichnet er zugleich ein Bild der Nachkommen gesellschaftlich einflussreicher und vermögender Personen, welches für die Öffentlichkeit interessant ist und die sozialen Unterschiede, in denen junge Menschen aufwachsen, deutlich werden lässt. Insbesondere an dem Bezug zur Tätigkeit der Klägerin als „junge Kunstkolumnistin“ und ihrem vertrauten Umgang mit Galleristen wird aufgezeigt, welche Türen
    für solche jungen Menschen offenstehen, wodurch zugleich ihre berufliche Entwicklung gefördert wird („People der nächsten 40 Jahre“).

    Comment by ElGraf — 19.12, 2011 @ 14:36

  2. Die Presse ist für die „Royals“ ein Geschäft. Geschäfte gehören zur Sozialsphäre. Es darf nicht Aufgabe der Pressekammern sein zu entscheiden, welcher Teil von Geschäften öffentlich gemacht wird, welcher nicht.

    Nun ist die Veröffentlichung in der Mainstrem-Presse, erst recht in dem Boulevard, ebenfalls ein Geschäft.

    Streiten sich zwei Geschäftsleute, dann sind das Persönlichkeitsrecht und der Schutz der Würde des Menschen nur vorgeschobene Argumente.

    Diese Streitigkeiten gehören in die Wettbewerbskammern, nicht in die Pressekammern. Nun dann kann im Klartext gesprochen werden.

    „Royal“-Urteile der Pressekammern gelten nämlich als Musterurtreile wegen der vermeitlichen Gleichheit vor dem Gesetz auch für nicht kommerzielle normale Blogger, Lehrer, Dozenten, Universitäten, Schulen, vorallem für unliebsame Kritiker.

    Das Deutung des Grundgesetzes wird durch solche Urteile pervertiert.

    Comment by Rolf Schälike — 20.12, 2011 @ 16:08

  3. Die Deutung von Presserechtsstreitigkeiten als Frage des Wettbewerbs zwischen „Geschäftemachern“ finde ich interessant. Der von Ihnen letztlich angesprochene Aspekt der Kommerzialisierung des Persönlichkeitsrechts ist aber schon länger auf der Forschungsagenda, aber das (vorwiegend) kommerzielle Interesse des Boulevardjournalismus wurde dabei meines Wissens noch nicht so richtig erörtert. Weiß jemand mehr?

    Comment by ElGraf — 20.12, 2011 @ 18:48

  4. @Rolf Schälike:
    Die Monegassen sind keine Royals, sondern eher Landadel. ;-)

    Das Problem ist allerdings – und in diese Richtung geht wohl auch Ihre Anmerkung – dass man solche Entscheidungen dann verallgemeinert.

    Comment by Stadler — 20.12, 2011 @ 20:51

  5. Wesentllich soind für mich noch die beiden folgenden Aspekte:

    – Die Persönlichkeitsrechte werden mit Art. 1 GG „Würde des Menschen“ begründet. Tatsächlich sind es aber geschäftliche Auseinadersetzungen, die in den Pressekammern abgehandelt werden. Die Würde des Menschen hat aber nicht nur die kommezielle Seite. Das Leben ist mehr als nur Kommerz.

    – Die Antragsteller bzw. die Kläger haben das Privileg in den Pressekammern zu bestrafen. Die Antragsgegner bzw. Beklagten haben die wesentlich geringeren Chancen zu obsiegen. Eine Abwägung erfolgt zu Ungunsten der Äußernden. Diese haben ja etwas gamacht, was zu bestrafen ist. Damit sind diese de facto vogelfrei. So hat es mir ein bekannter Zensurrichter erklärt.

    Das entspricht der Denke, Angst und Schrecken müssen regieren, damit die Gesellschaft funktioniert. Dieser Ansatz ist jedoch falsch und gefährlich.

    Comment by Rolf Schälike — 20.12, 2011 @ 23:38

  6. Nun ja, das ist wiederum eher unsinnig. Schade.

    Comment by ElGraf — 21.12, 2011 @ 00:02

  7. Was ist eher unsinnig?

    Die genannten Tatsachen oder die Kommentare dazu?

    Comment by Rolf Schälike — 21.12, 2011 @ 01:15

  8. Jedenfalls die Kommentare. Die „Tatsachen“ sind an dieser Stelle bestenfalls irrelevant.

    Comment by ElGraf — 23.12, 2011 @ 12:26

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