Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.4.11

STFU

In den letzten Tagen wurde die Abmahnung eines Webshops wegen des Vertriebs von T-Shirts mit der Aufschrift „STFU“ wegen Verletzung der deutschen Wort-/Bildmarke „STFU“, die u.a. für Bekleidungsstücke Schutz genießt, heftig diskutiert. Der Abgemahnte hat eine Unterlassungserklärung abgegeben und sammelt jetzt aber für ein Löschungsverfahren.

Leider wird hier, auch von SPON, schon im Ausgangspunkt die falsche Frage gestellt. Die entscheidende Frage ist nämlich nicht, ob man sich STFU als Marke schützen lassen kann – ja man kann, jedenfalls für Bekleidung – sondern ob ein entsprechender T-Shirt-Aufdruck tatsächliche die Rechte des Markeninhabers verletzt. Vergleichbare T-Shirt-Fälle hat der BGH für die Aufdrucke CCCP und DDR – beides ebenfalls für Textilien als Marke eingetragen – entschieden und eine Markenrechtsverletzung verneint, denn der T-Shirt-Aufdruck stellt laut BGH keinen Herkunftshinweis auf den Inhaber der Marke dar. Das hätte hier vermutlich auch funktioniert, wenn man dem Gericht erläutert und belegt, dass es sich bei STFU um eine nicht ganz ungewöhnliche Abkürzung für „Shut The Fuck Up“ handelt.

Das abgemahnte Unternehmen „GetDigital“ hat also den falschen Weg gewählt. Man hätte keine Unterlassungserklärung abgegeben dürfen, sondern sich gegen die Abmahnung zur Wehr setzen müssen. Ein Antrag auf Markenlöschung dürfte demgegenüber wenig Aussicht auf Erfolg haben. Das Geld für eine Spende zur Unterstützung des Löschungsverfahrens kann man sich also sparen.

Eine zutreffende rechtliche Analyse bietet der Kollege Lampmann.

posted by Stadler at 22:59  

5 Comments

  1. Naja, ich könnte mir vorstellen, dass ein Löschungsangsantrag nach § 49 MarkenG Erfolg haben kann. Wenn man BGH CCCR/DDR zu Grunde legt, dann dürfte der Aufdruck auf der Vorderseite eines T-Shirts keine rechtserhaltende Benutzung sein, weil sie dort nicht zwingend markenmäßig aufgefasst wird.

    Dass die gewählte Strategie wohl risikoreicher ist, als das Wehren gegen den Anspruch in der Hauptsache…

    Comment by Dominik Boecker — 16.04, 2011 @ 06:50

  2. Danke für den Beitrag. Sie liegen mit Ihrer Einschätzung scheinbar auf einer Linie mit einer Reihe anderer Rechtsanwälte, denn ähnliche Meinungen erreichten uns auch per eMail. Wir werden das am Montag nochmal mit unserem Rechtsanwalt besprechen, aber wenn sich die Einschätzungen erhärten, müssen wir gucken, was wir aus der ganzen Sache machen. Wäre ja ziemlich dumm gelaufen, wir sind hier natürlich dem Rat unseres Rechtsanwaltes gefolgt :(

    Comment by Philipp (von getDigital) — 16.04, 2011 @ 10:13

  3. @Dominik

    Du hast Recht. Das waere moeglich. Wie die Marke fuer Bekleidung benutzt worden ist, darueber koennen wir aber natuerlich nur spekulieren.

    Damit koennte man jedenfalls versuchen, den Loeschungsantrag irgendwie zu „retten“.

    Comment by Arno Lampmann — 16.04, 2011 @ 20:42

  4. Moin zusammen,

    aus Anwaltssicht: Ein fast typisches IT-Rechtliches-Mandat mit öffentlicher Beobachtung und ziemlich typischen Voraussetzungen: Es gibt eine extrem unklare Variable in der Einschätzung, die an zwei Voraussetzungen hängt, nämlich: 1. den tatsächlichen Benutzungshandlungen des Markeninhabers sowie 2. den rechtlichen Bewertungen der Handlungen zu 1. Die rechtlichen Schlüsse lassen sich nur auf der prognostizierten(!) tatsächlichen Ausgangsbasis prognostizieren. Also Bewertung eines Wahrscheinlichkeitsszenarios.

    Das Recht ist dann noch mehrschichtig: das macht das Empfehlen der richtigen(tm) Strategie extrem schwer. Ich glaube nicht, dass der Kollege der Philipp berät, wirklich einen Bock geschossen hätte. Er kann einfach nur eine Strategie gewählt haben, die auf den ersten Blick atypisch aussieht, im Ergebnis aber die Treffende ist.

    Comment by le D — 17.04, 2011 @ 04:28

  5. Unser Anwalt hat eine Stellungnahme dazu geschrieben:

    In verschiedenen juristischen Beiträgen wird die Strategie einer Markenlöschung in Frage gestellt und eingewandt, dass man gegen eine Markenverletzung erfolgversprechender einwenden könne, es handele sich nicht um eine rechtsverletzende Benutzung.

    Offenbar sprechen die jeweiligen Verfasser hier die Fallgruppe der so genannten rein dekorativen Markenbenutzung an. Tatsächlich kann eine Markenverletzung ausscheiden, wenn auf Grund der Eigenart des Zeichens eine andere, nicht markenmäßige Bedeutung für den Verkehr ganz in den Vordergrund tritt. Die Rechtsprechung stellt jedoch hohe Anforderungen an eine solche rein dekorative Verwendung, die nach unserer Auffassung in dem vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. Eine bloße (nicht rechtswidrige) Markennennung hatte der Bundesgerichtshof bei den Zeichen CCCP (BGH, Urteil vom 14.01.2010, Az: I ZR 82/08) und DDR (BGH, Urteil vom 14.01.2010, Az: I ZR 92/08) zwar angenommen, allerdings nur, weil er diesen Abkürzungen noch (!) eine weit verbreitete Verkehrswahrnehmung als ehemalige Hoheitszeichen von Ostblockstaaten zusprach. Von einer derartigen Wahrnehmung des Zeichens STFU als offensichtlich rein dekoratives Element für die maßgeblichen Waren ist nach unserer Auffassung leider nicht auszugehen. Auch um dem erheblichen Kostenrisiko aus einem Verletzungsverfahren zu entgehen, wurde deshalb eine Unterlassungserklärung abgegeben.

    Demgegenüber beurteilen wir die Erfolgsaussichten einer Geltendmachung der inhaltlichen Bedeutung des Zeichens STFU als absolutes Schutzhindernis in einem Markenlöschungsverfahren zumindest als offen. In einem Löschungsverfahren könnte insbesondere ohne zeitliche Bedrängnis ermittelt werden, ob das Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen ausschließlich als eine gebräuchliche Abkürzung verstanden wird und ihm deshalb die Unterscheidungskraft fehlt. Es könnte auch ermittelt werden, ob die Marke auf Grund mangelnder Benutzung wegen Verfalls gelöscht werden könnte. Mit der entsprechenden Unterstützung der Internetgemeinde kann daher eine Beseitigung der Marke versucht werden.

    Comment by Philipp (von getDigital) — 18.04, 2011 @ 14:38

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