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Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

22.3.11

Ungarns neue Verfassung als nationales Glaubensbekenntnis

Der geschätze Kollege Max Steinbeis ist gerade in Budapest und berichtet in seinem Blog über den Verfassungsentwurf, den die Fidesz, die Partei des ungarischen Premierministers Viktor Orbán, die im ungarischen Parlament über eine Zweidrittelmehrheit verfügt, soeben vorgestellt hat und der zügig verabschiedet werden soll. Um es vorwegzunehmen: Der Bericht von Steinbeis verheißt nichts Gutes.

Die Präambel der geplanten neuen ungarischen Verfassung trägt die Überschrift „nationales Glaubensbekenntnis“ und glänzt insgesamt durch nationalistische Rhetorik. Was Steinbeis im Weiteren beschreibt, klingt nicht minder bedenklich. Viktor Orbán hat ganz augenscheinlich vor, ein nationalistisches und von ihm autokratisch geführtes Staatswesen zu errichten. Der Vergleich mit Putin ist deshalb nicht nur angebracht, sondern drängt sich förmlich auf.

posted by Stadler at 10:25  

2 Comments

  1. Eigentlich drängt sich ein anderer Vergleich auf — und das mittem im Europa der 2000er Jahre! Unglaublich. Putin hatte wenigstens noch soviel Respekt vor der Verfassung, dass er eine Marionette in den Kreml schickte, als er nicht mehr kandidieren durft …

    Comment by Alex — 22.03, 2011 @ 10:39

  2. Viktor Orbán hat ganz augenscheinlich vor, ein nationalistisches und von ihm autokratisch geführtes Staatswesen zu errichten. Der Vergleich mit Putin ist deshalb nicht nur angebracht, sondern drängt sich förmlich auf.

    Kann man das wirklich so „einfach“ sehen? Schwarz oder Weiß, Schublade auf?
    Für mich persönlich ist Putin eher so ’ne Art Manager der „Kreml AG“, die ich eher als einen Hybrid sehe, also als eine Art „aristokratische Oligarchie“…wenn man so will. Auch die plebiszitären Elemente (Putins regelmäßige „Gespräche mit dem Volk“, welche ihm m.M.n. die entsprechende in der Bevölkerung sicherten) im „System Putin“ lassen m.E. vordergründig nicht unbedingt von einem Alleinherrscher im eigentlichen Sinne ausgehen.

    Nimmt man zum Beispiel den Chodorkowskij-Steuer-Prozess, dann stellt sich die Frage ob das Ergebnis -welches m.M.n. der Welt eindrucksvoll die willkürliche Anwendung von Gesetzen durch Regierung und Justiz- demonstriert hatte allein auf Putin zurückzuführen war, oder ob es nicht vielmehr an dem Verhalten lag, sich allgemeinen an der Moskauer „Machtelite“ zu orientieren. Und das auch noch in Speichellecker- , Stiefelputzer- bzw. Arschkriechmanier!?

    Bei Viktor Orbán in Ungarn könnte man auf den ersten Blick durchaus auf die Idee kommen, er würde autokratisch als Despot herrschen. Allerdings herrschen m.M.n. auch dort eher eine Zahl verschiedener Oligarchen und Orban ist dabei so ’ne Art Geschäftsführer oder so… Im Grunde kann man m.E. heutzutage nicht mehr so eindeutig klassifizieren, sondern höchstens Mischformen bzw. hybride Regime identifizieren.
    Natürlich ist gerade in Ungarn aktuell auch eine gewisse Form von nationalistischer Hegemonie nicht von der Hand zu weisen.

    Diesen Aspekt konnte man meiner Meinung nach besonders gut an der Ausgestaltung des ungarischen Mediengetzes sehen. Denn Printmedien, Funk und Fernsehen ist das Eine. Diese Medien lassen sich m.E. relativ leicht „kaufen“ (Begriff ist hier nicht auf das Monetäre beschränkt) und demnach kontrollieren (= ZENSIEREN)! Beim Thema INTERconnected NETworks sieht es da bekanntermaßen ein wenig anders aus.
    Foren, Blogs und weitere Plattformen lassen sich nun ‚mal nicht in nationalstaatliche Regelungen pressen!

    Damit möchte ich gerne noch kurz einen Blick zur EU werfen… An Ungarn sollte man m.M.n. ein Exempel statuiert werden (Rausschmiß aus der EU), sollte Viktor Orban weiterhin derart abdriften. Wer allen Ernstes behauptet, daß diese ungarische Verfassung mit den Werten der Europäischen Menschenrechtskonvention (Voraussetzung für einen EU-Mitgliedsausweis), der möge dies bitte einmal einem Laien auf „Normaldeutsch“ darlegen. Danke.

    Abschließend noch folgende Rhetorische Frage(n):

    – Wie kann eigentlich eine Demokratie ohne Demokraten verfaßt sein?
    – Ich persönlich hatte mir diese Frage einmal für Deutschland gestellt, nachdem rekordverdächtig viele Gesetze vom BVerfG korrigiert/verworfen wurden/werden.

    Das mittlerweile ganz offensichtliche Bestreben von Politik und Wirtschaft mit aller Gewalt und mit allerlei fadenscheinigen „Begründungen“, das -allgemein ausgedrückt- Interconnected Network (durch Zensur) zu kontrollieren, ist für mich persönlich besorgniserregend! Stark untertrieben formuliert…

    In diesem Sinne, Baxter
    _________________________________
    P.S.: Dieser Beitrag ist lediglich Ausdruck meiner ganz persönlichen Meinung gemäß Art. 5, GG!

    Comment by Baxter — 22.03, 2011 @ 11:59

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