Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

23.3.11

LG Berlin entscheidet über Facebook Like-Button

Das Landgericht Berlin (Beschluss vom 14.03.2011, Az. 91 O 25/11) musste sich mit der Frage beschäftigen, ob die Einbindung des Facebook Like-Buttons auf einer Website außerhalb von Facebook gegen die datenschutzrechtliche Vorschrift des § 13 TMG verstößt und ob dies wiederum einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellt.

Die datenschutzrechtliche Frage hat das Gericht erst gar nicht erörtert, weil es der Ansicht war, dass die Vorschrift des § 13 TMG keine sog. Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellt und bereits deshalb ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß nicht in Betracht kommt.

Dieses Begründung des Landgerichts Berlin ist allerdings wenig überzeugend. Das Gericht macht zunächst ganz allgemeine Ausführungen zur Frage des Vorliegens von Marktverhaltensregeln, um sich dann ohne nähere konkrete Argumentation auf ein Urteil des OLG Hamburg zu berufen, wonach die datenschutzrechtliche Vorschrift des § 28 Abs. 4 BDSG keine Marktverhaltensregelung darstellen soll, woraus das Landgericht schließt, dass dasselbe dann auch für § 13 TMG gelten müsse. An dieser Stelle versäumt das Gericht allerdings zu erwähnen, dass eine Verletzung von § 28 (und auch § 35) BDSG von mindestens zwei anderen Oberlandesgerichten (OLG Naumburg, Urteil vom 10. 10. 2003, Az.: 1 U 17/03 und OLG Stuttgart) durchaus als wettbewerbsrechtlich relevant eingestuft worden ist.

Darüber hinaus wird vom Landgericht Berlin in dieser Frage zu wenig beachtet, dass spätestens mit dem Inkrafttreten der letzten UWG-Novelle zum 30.12.2008 ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Das deutsche Wettbewerbsrecht regelte bis zum Jahre 2004 ausschließlich das Verhältnis von Mitbewerbern zueinander und war ein echtes Wettbewerbsrecht. Unter dem Einfluss der EU entwickelte sich das Wettbewerbsrecht allerdings immer stärker zu einer Art  Verbraucherschutzrecht. Gerade die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, die mit der Neureglung vom 30.12.2008 umgesetzt wurde, betrifft ausschließlich unlautere Verhaltensweisen gegenüber Verbrauchern. Dieser Paradigmenwechsel zeigt sich auch daran, dass der alte Zentralbegriff der „Wettbewerbshandlung“ durch den der „geschäftlichen Handlung“ ersetzt worden ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Die geschäftliche Handlung ist deutlich weiter und umfasst alle Handlungen gegenüber Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern (z.B. Verbrauchern und potentiellen gewerblichen Kunden) vor, bei und nach Vertragsschluss. Bei der Bezugnahme auf ältere Urteile, die noch zur alten Rechtslage ergangen sind, ist daher stets Vorsicht geboten.

Vor dem skizzierten Hintergrund wird man datenschutzrechtliche Vorschriften in der Tendenz überwiegend als Marktverhaltensregeln qualifizieren müssen, zumindest dann, wenn eine Verarbeitung von Daten von Verbrauchern und/oder potentiellen Kunden erfolgt. Genau das ist aber bei der Vorschrift des § 13 TMG, die eine Datenerhebung (bei jedem beliebigen Nutzer) im Zusammenhang mit dem Betrieb von Telemedien, also insbesondere Websites, regelt, der Fall.

Man darf die Entscheidung des Landgerichts Berlin also nicht überbewerten, zumal Grund zu der Annahme besteht, dass andere Gerichte eine abweichende rechtliche Bewertung vornehmen werden.

posted by Stadler at 12:30  

3 Comments

  1. Sehe ich auch so. Bei Piper/Ohly/Sosnitza heisst es auch (UWG-Kommentar, § 4 Rn. 11/77):

    „Verschiedene Vorschriften des Verbraucherschutzrechts verpflichten den Unternehmer, vor Vertragsschluss den Verbraucher über seine Rechte oder andere wesentliche Umstände zu informieren. Dabei handelt es sich um Marktverhaltenspflichten, die der Sicherung einer rationalen Nachfrageentscheidung dienen und daher in den Anwendungsbereich des § 4 Nr 11 fallen (OLG Frankfurt GRUR-RR 07, 56, 57 – sprechender Link; ebenso zu § 1 aF BGHZ 109, 127 = GRUR 90, 46 – Heizgeräte-Vertrieb; BGH GRUR 00, 731, 733 – Sicherungsschein; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rdn 11.170).“

    Die datenschutzrechtlichen Informationspflichten dienen bei kommerziellen Webseiten ebenfalls dazu, dem Nutzer eine rationale Entscheidung zu ermöglichen, ob er diese Webseite weiterhin aufrufen möchte oder – ggf. aufgrund umfassender Datenerfassungen – lieber nicht. § 13 TMG müsste deshalb ebenso unter § 4 Nr. 11 TMG fallen.

    Comment by Nils — 23.03, 2011 @ 13:52

  2. P.S.: Als Vorschriften des Verbraucherschutzrechts werden hier die Informationspflichten wie § 355 BGB genannt (Hinweis auf das Widerrufsrecht).

    Comment by Nils — 23.03, 2011 @ 14:07

  3. Danke für die fundierte, detaillierte und belegte Entscheidungs-Kritik, die unmittelbar einleuchtet. Kompliment.

    Comment by Ralf Petring — 23.03, 2011 @ 20:48

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