Computerverbot im Bundestag?
Auf Twitter und in verschiedenen Blogs wird gerade heftig über ein angebliches Computerverbot im Deutschen Bundestag diskutiert. Der Abgeordente Jimmy Schulz hat eine Rede im Plenum kürzlich von einem iPad abgelesen, worauf hin man ihn darauf aufmerksam gemacht haben soll, dass dies gegen die Geschäftsordnung des Bundestags verstoßen würde. Die Berliner Morgenpost schrieb daraufhin, dass Computer und Laptops im Bundestag verboten seien.
Wenn man die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags auf ein Computerverbot hin durchforstet, wird man allerdings nicht fündig. Ein solches Verbot ist dort nämlich nicht normiert.
§ 33 der GO-BT besagt lediglich, dass die Redner grundsätzlich in freiem Vortrag sprechen, dabei aber Aufzeichnungen benutzen dürfen. An elektronische Aufzeichnungen hat man da ursprünglich vermutlich zwar nicht gedacht, andererseits schließt die Regelung aber die Benutzung von Hilfsmitteln wie Notebooks oder iPads auch nicht aus.
Ein Computerverbot, von dem gerade die Rede ist, existiert jedenfalls nicht. Die Diskussion ist wieder ein schönes Beispiel eines medialen Herdentriebs.
Och – dabei haben wir doch eigentlich genügend andere Säue, die das durch’s-Dorf-teiben verlohnen … Oder sollte das die Sehnsucht nach einer richtigen Sommerpause sein?
Comment by vera — 24.06, 2010 @ 18:20
Es wäre schön zu wissen, w e r – und zwar mit Namen ganz konkret – sich zur Verwendung des ipads negativ geäussert hat. Wie aus einer anderen seite zu entnehmen ist, der Sitzungspräsident war es nicht.
Zu monieren wäre m.E. etwas anderes. Gerade auf der „Regierungsbank“ sind die Herrschaften ständig mit dem lesen von Dokumenten und der Abarbeitung von Postmappen beschäftigt. Ich finde dies eine Frechheit.
Comment by GustavMahler — 24.06, 2010 @ 18:41
Hmm, sicher mit dem Berliner-Morgenpost-Link? Oh, ich sehe grade, daß http://www.morgenpost.de/politik/article1329805/iPad-Nutzung-im-Bundestag-sorgt-fuer-Aerger.html jetzt auf article1329805/Linke-fordern-Handyverbot-in-Bundesversammlung.html endet …
Komischer Zufall. Zählt die Berliner Morgenpost eigentlich zum Kreis derer, deren Macher den »Qualitätsjournalismus« reklamieren?
Comment by Kai 'wusel' Siering — 24.06, 2010 @ 19:13
Oh, scheint jetzt kostenpflichtig zu sein? Die Suche brachte http://www.morgenpost.de/politik/article1330562/Ein-iPad-sorgt-fuer-Aerger-im-Bundestag.html – leider nur gegen Aufpreis zu lesen: »Jetzt weiterlesen … Mit einem Online Zugang haben Sie zusätzlich Zugriff auf alle kostenpfichtigen Artikel.«
Ob’s Geld zurück gibt, wenn die Schlagzeile »Im Bundestag aber sind Notebooks verboten. Einem FDP-Politiker wurde das zum Verhängnis.« sich als falsch erweisen sollte?
Comment by Kai 'wusel' Siering — 24.06, 2010 @ 19:17
Also, ich sehe nur eine Weiterleitung auf den Artikel mit den Linken. Einen Hinweis, dass der Artikel kostpflichtig sei, konnte ich nicht finden.
Allerdings berichteten auch andere Zeitungen darüber, deren Beiträge sehr einfach über Google News zu finden sind.
Bisher konnte ich nur zwei Paragraphen im 1.Anhang finden, der die Mitnahme und Nutzung der Bild und Tongeräte behandelt. Danach ist diese nur nach einer Erlaubnis des Präsidenten möglich.
Da einerseits zu Herrn Schulz in den Medien steht, dass er sich für die Aufhebung des Verbots einsetzt als auch zitiert wird, dass der Geschäftsordnungsausschuss sich mit dem Vorfall beschäftigen wird, nehme ich an, dass alle sich auf den für die Besucher relevanten Paragraphen §5 der Hausordnung beziehen.
Falls es so ist, dass hat wohl nicht einmal der Ausschuss die Geschäftsordnung und deren Anhänge korrekt gelesen, denn nur §6 würde die Abgeordneten mit einbeziehen.
Comment by blubb — 24.06, 2010 @ 20:11
Ob Computer im Bundestag verboten sind, oder nicht – aber ich hoffe doch, dass Werbung im Plenum verboten ist. Die Aufmerksamkeit, die diese Nachricht erhält und auf das von der amerikanischen Obst-Firma produzierte Gerät lenkt, erscheint mir keineswegs zufällig.
Comment by Oliver — 25.06, 2010 @ 12:55