Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.2.10

Was bitte ist „Digital rights fair trade“?

Die grüne Europaageordnete Helga Trüpel hält die Idee einer Kulturflatrate für unausgereift und fordert stattdessen ein „Digital rights fair trade“. Ihre diesbezüglichen Vorstellungen hat sie in einem Thesenpapier und in einem Interview mit Carta zum Besten gegeben.

Nach der Lektüre der 12 Thesen wird schnell klar, dass es sich um nichts weiter handelt, als die gute alte Kopiergeräteabgabe in neuem Gewand. Internet Service Provider und Hardwarehersteller sollen dazu gezwungen werden, die Kreativen, von denen sie nach Ansicht von Frau Trüpel leben, angemessen zu bezahlen. Das ist nicht lediglich alter Wein in neuen Schläuchen, sondern weist eine enge geistige Nähe zur Forderung der Verleger nach Schaffung eines neuen Leistungsschutzrechts auf.

Dass Frau Trüpel insgesamt sehr schlecht informiert ist, zeigen die zahlreichen inhaltlichen Mängel ihres Papiers. So spricht sie z.B. von ISP Adressen, wenn sie IP-Adressen meint.

Die Kernaussage der Europaabgeordneten Trüpel lautet:

Gerätehersteller wie Apple, Unternehmen wie Amazon und Internetserviceprovider verdienen Rekordsummen, ohne diejenigen, die die Inhalte schaffen, angemessen zu beteiligen

Das hätte man unzutreffender wohl kaum formulieren können.

Was Amazon in dieser Aufzählung verloren hat, erschließt sich mir überhaupt nicht. Denn Amazon verkauft Bücher, DVD’s, CD’s und MP3-Dateien und sorgt somit dafür, dass die Content-Industrie und die Künstler verdienen. Das gilt in abgeschwächter Form auch für Apple, denn schließlich ist ITunes die vermutlich größte Plattform für Paid-Content im Musikbereich. Somit generiert auch Apple Umsätze zugunsten der Content-Industrie und macht damit das Gegenteil dessen, was Frau Trüpel behauptet. Bleiben noch die Provider. Die Forderung, dass ISP’s Abgaben zugunsten von Content-Anbietern zahlen sollen, ist nicht wirklich neu. Würde man dies in die Tat umsetzen, dann führte das zunächst zu einer erheblichen Verteuerung des Internetzugangs zu Lasten aller Nutzer, denn die ISP’s würden ihre gestiegenen Kosten natürlich auf die Kunden umlegen. Gerade in einer Informationsgesellschaft kann der Vorschlag von Trüpel deshalb nur als töricht bezeichnet werden.

Ganz abgesehen davon, stellt sich natürlich auch die Frage, was daran denn gegenüber der Idee einer Kulturflatrate vorzugswürdig sein soll.

posted by Stadler at 18:30  

Keine Kommentare

  1. So wie ich den Ausgangsbeitrag verstanden habe, steckt da etwas mehr dahinter, als nur eine Abgabe auf Internetanschlüsse, die über die Provider erhoben werden soll.

    Es ist ja davon die Rede, dass die ISP gezwungen werden sollen, Verträge mit der Content-Verwertungsindustrie abzuschließen. Nur: welchen Inhalt diese Verträge haben sollen, wird nicht mitgeteilt.

    Provider müssen aber zum Abschluß lukrativer Verträge nicht gezwungen werden. Also könnte ein solcher gesetzlich erzwungener Vertrag mit der Verwertungsindustrie im Kern nur zum Inhalt haben, dass Zahlungen von den Providern an die Verwertungsindustrie geleistet würden. Mit einem Hauch von Sarkasmus würde ich meinen, dass die rechtlich effizientes Form dafür ein staatlich erzwungener Schenkungsvertrag zwischen Providern und Verwertungsindustrie wäre.

    Die Zeche zahlt natürlich der Internetnutzer. Und einen echten Vorteil gegenüber einer Kulturflatrate kann ich jetzt auch noch nicht erkennen.

    Comment by Anonymous — 19.02, 2010 @ 19:00

  2. Die kritisierte 9. These macht mehr Sinn, wenn statt Amazon "Google" da steht. Im älteren Carta-Beitrag pro Kultur-Flatrate war die Auflistung: "Apple, Google oder News Corporation". Google und Apple sind allerdings nur Beispiele für Internet-Unternehmen und Hardware-Hersteller.

    Ich sehe den Vorschlag lediglich als Versuch die festgefahrene Diskussion wieder in Gang zu setzen, die Kosten nicht nach gestaffelten Volumen zu bestimmen, sondern ein echtes branchenspezifisches Flatrate einzuführen. Ein Vorteil ist auf Anhieb nicht ersichtlich.

    Comment by Dreizack — 20.02, 2010 @ 00:12

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