Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.1.10

LKA Sachsen verlangt Sperrung der Website "dresden-nazifrei.de"

Das LKA Sachsen hat den, nach eigenen Worten, „technischen Provider“ der Domain „dresden-nazifrei.deim Auftrag der Staatsanwaltschaft aufgefordert, die Domain zu sperren. Bei United Domains handelt es sich aber keineswegs um den Host-Provider, sondern um den bei Denic als Tech-C eingetragenen Domain-Dienstleister.

Auf der besagten Website hatte ein Aktionsbündnis bis vor kurzem einen Aufruf zu zivilem Ungehorsam und zur Blockade eines Naziaufmarschs veröffentlicht. Der Aufruf wird u.a. von mehreren Bundestagsabgeordneten und den Musikern Bela B (Ärzte) und Konstantin Wecker unterstützt.

Die Staatsanwaltschaft Dresden sieht in dem Aufruf eine öffentliche Aufforderung zu Straftaten und hat eine Verfügung erlassen, die dem LKA aufgibt, die Provider der Internetseite auf die Strafbarkeit des Aufrufs hinzuweisen und die Provider unter Hinweis darauf, dass sie sich wegen Beihilfe strafbar machen können, zur Sperrung bzw. Entfernung aufzufordern.

Bereits die Verfügung der Staatsanwaltschaft ist rechtswidrig. Die Sperrung von Websites oder Domains dient nicht der Ermittlung bereits begangener Straftaten, sondern der Verhinderung von (weiteren) Straftaten und stellt damit eine Maßnahme der Gefahrenabwehr dar und fällt damit gar nicht in den Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaften. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat mit dieser Verfügung also ihre Kompetenzen überschritten.

Im Bereich der Gefahrenabwehr, für die die Polizei- und Sicherheitsbehörden zuständig sind, existiert eine abgestufte Störerverantwortlichkeit. Das heißt, dass der Handlungsstörer (Betreiber der Website) vorrangig in Anspruch zu nehmen ist, sofern er greifbar ist und seine Inanspruchnahme keine besonderen Schwierigkeiten verursacht. Nachdem aber sowohl die Initiatoren als auch der Domaininhaber bekannt sind, ist eine Inanspruchnahme eines Tech-C gänzlich unverhältnismäßig. Noch vor dem Nichtstörer Tech-C wäre übrigens auch der Hoster als Zustandstörer in Anspruch zu nehmen.

Nichts anderes lässt sich auch aus der Vorschrift des § 10 TMG entnehmen, deren Sinn und Zweck man gerne auf den Kopf stellt, indem man versucht, aus ihr Handlungspflichten von Providern abzuleitet. Vorliegend scheitert eine Anwendung von § 10 TMG bereits daran, dass der Tech-C keine fremden Informationen für einen Nutzer speichert, mithin kein Host-Proivder ist. Die Vorschrift begründet aber auch keine Haftung, sondern kann nur dazu führen, dass eine gesetzliche Haftungsprivilegierung wieder entfällt.

Die Vorstellung, ein Tech-C einer Domain könne sich wegen Beihilfe strafbar machen, wenn er die technische Verwaltung einer Domain inne hat, unter der wiederum eine Website aufgerufen werden kann, die strafbare Inhalte enthält, drängt sich ebenfalls nicht unbedingt auf. Die technische Dienstleistung eines Domain-Service-Anbieters stellt für sich genommen noch keine geeignete Beihilfehandlung dar.

Ob der Aufruf selbst strafbar ist, darf man bezweifeln. Der insoweit einschlägige Straftatbestand ist § 21 Versammlungsgesetz, der es verbietet, nichtverbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln. Hierzu müssen aber Gewalttätigkeiten vorgenommen, angedroht oder zumindest eine grobe Störungen verursacht werden. In diesem Kontext ist aber stets auf die Grundrechte der Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit besonders zu achten. Zur Gewalt hat das Bündnis aber nicht aufgerufen, sondern explizit die Gewaltfreiheit betont. Die gewaltfreie Störung oder Bloackade einer Versammlung ist aber nicht per se strafbar, wie man seit der Sitzblockaden-Entscheidung des BVerfG weiß.

Update:
Die fundierte rechtliche Einschätzung von Telemedicus sollte man gelesen haben.

Update vom 25.01.10:
Und auch Prof. Henning Ernst Müller, Inhaber eines Lehrstuhls für Strafrecht an der Uni Regensburg, hält die Maßnahme von LKA und Staatsanwaltschaft, in einer Anmerkung im Beck-Blog, nicht für rechtmäßig.

posted by Stadler at 20:42  

22.1.10

BGH: Unzulässige Fernabsatzklauseln eines eBay-Händlers

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 09.12.2009 (Az.: VIII ZR 219/08), das jetzt im Volltext vorliegt, zwei Klauseln eines eBay-Händlers im Zusammenhang mit der Warenrückgabe nach Ausübung des fernabsatzrechtlichen Widerrufsrechts beanstandet. Der BGH hat folgende amtliche Leitsätze formuliert:

a) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen verwendet werden, hält folgende Klausel der Inhaltskontrolle nicht stand:
[Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben.] Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung.

b) Aus dem Erfordernis einer möglichst umfassenden, unmissverständlichen und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Rückgabebelehrung lässt sich keine Pflicht ableiten, für jeden im Fernabsatz angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht.

c) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen der vorgenannten Art hält folgende Klausel der Inhaltskontrolle nicht stand:
[Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu geben.] Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung – wie sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre – zurückzuführen ist.

posted by Stadler at 17:52  

22.1.10

Keine Haftung des Portalbetreibers für kritische Nutzeräußerungen

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Urteil vom 13.01.2010 (Az.: 3 O 3692/09) eine Haftung des Betreibers eines Verbraucherportals für kritische Nutzeräußerungen über die Leistungen eines Unternehmens, verneint. Geklagt hatte ein Online-Single-Portal (Partnervermittlungsinstitut), das sich durch eine negative Bewertung seiner Leistungen gestört fühlte. Das Single-Portal hat vom Betreiber des Verbraucherportals ohne Erfolg die Unterlassung der Veröffentlichung des kritischen Nutzerbeitrags gefordert. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

posted by Stadler at 16:52  

22.1.10

Stadt Mannheim verlangt Unterlassung des Twitter-Namens „Mannheim“

Dass es zu solchen Streitigkeiten kommen würde, war absehbar. Eine Privatperson hatte sich in der Anfangszeit von Twitter (2007) dort den Nutzernamen „Mannheim“ gesichert. Die Stadt Mannheim hat mehr als zwei Jahr gebraucht um dies zu bemerken und verlangt nun von dem Nutzer Unterlassung und Freigabe. Zu Recht?

Für Domains ist diese Fragestellung längst geklärt. Wer sich den Namen einer Stadt als Domain registriert, verletzt, von einigen Ausnahmefällen abgesehen, die Namensrechte der Kommune und ist zur Unterlassung verpflichtet.

Ob man das bei Twitter auch so sehen kann, halte ich allerdings für zweifelhaft. Denn die Benutzung des Twitter-Namens müsste als namensmäßiger Gebrauch des Städtenamens aufgefasst werden und beim Publikum müsste die Erwartung bestehen, unter dem Twitter-Profil „Mannheim“ tatsächlich auf die Stadt zu treffen. Ob man insoweit die Domainrechtsprechung eins zu eins übertragen kann, ist eine offene und bislang ungeklärte Frage. Ich denke allerdings, dass die Erwartungshaltung der Twitter-Nutzer im Hinblick auf Nutzernamen eine andere ist, als die Erwartungshaltung bezüglich einer Domain. Der Twitter-Nutzer weiß, dass er es bei Twitter häufig nur mit Nicknames zu tun hat, weshalb zumindest meine Erwartung nicht dahin geht, hinter „Mannheim“ auf ein Twitter-Profil der Stadt zu treffen. Wer allerdings die Neigung der Gerichte kennt, vorhandene Rechtsprechung auf nicht ganz passende neue Sachverhalte zu übertragen, muss damit rechnen, dass sich Gerichte finden werden, die hier eine Verletzung der Namensrechte annehmen werden.

posted by Stadler at 09:22  

22.1.10

Stadt Mannheim verlangt Unterlassung des Twitter-Namens "Mannheim"

Dass es zu solchen Streitigkeiten kommen würde, war absehbar. Eine Privatperson hatte sich in der Anfangszeit von Twitter (2007) dort den Nutzernamen „Mannheim“ gesichert. Die Stadt Mannheim hat mehr als zwei Jahr gebraucht um dies zu bemerken und verlangt nun von dem Nutzer Unterlassung und Freigabe. Zu Recht?

Für Domains ist diese Fragestellung längst geklärt. Wer sich den Namen einer Stadt als Domain registriert, verletzt, von einigen Ausnahmefällen abgesehen, die Namensrechte der Kommune und ist zur Unterlassung verpflichtet.

Ob man das bei Twitter auch so sehen kann, halte ich allerdings für zweifelhaft. Denn die Benutzung des Twitter-Namens müsste als namensmäßiger Gebrauch des Städtenamens aufgefasst werden und beim Publikum müsste die Erwartung bestehen, unter dem Twitter-Profil „Mannheim“ tatsächlich auf die Stadt zu treffen. Ob man insoweit die Domainrechtsprechung eins zu eins übertragen kann, ist eine offene und bislang ungeklärte Frage. Ich denke allerdings, dass die Erwartungshaltung der Twitter-Nutzer im Hinblick auf Nutzernamen eine andere ist, als die Erwartungshaltung bezüglich einer Domain. Der Twitter-Nutzer weiß, dass er es bei Twitter häufig nur mit Nicknames zu tun hat, weshalb zumindest meine Erwartung nicht dahin geht, hinter „Mannheim“ auf ein Twitter-Profil der Stadt zu treffen. Wer allerdings die Neigung der Gerichte kennt, vorhandene Rechtsprechung auf nicht ganz passende neue Sachverhalte zu übertragen, muss damit rechnen, dass sich Gerichte finden werden, die hier eine Verletzung der Namensrechte annehmen werden.

posted by Stadler at 09:22  

21.1.10

Filesharing: Wie funktioniert das Abmahngeschäft von DigiProtect konkret?

Filesharing-Abmahnungen werden mittlerweile häufig von Unternehmen ausgesprochen, deren Geschäftszweck es ist, P2P-Netzwerke zu überwachen, dort Filesharer zu ermitteln und anschließend mit anwaltlicher Hilfe zu verfolgen. Wie das genau funktioniert, möchte ich anhand des Beispiels der Fa. „DigiProtect Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien GmbH“ einmal näher erläutern.

In einem ersten Schritt lässt sich DigiProtect von einem Rechteinhaber urheberrechtliche Nutzungsrechte einräumen. Bei dem Chart-Hit „Ayo Technology“ des Künstlers Milow, der im letzten Jahr sehr häufig Gegenstand von Abmahnungen war, ist Rechteinhaber eine Firma B1 Recordings. Diese Firma räumt der DigiProtect ausschließliche Nutzungsrechte ein, aber nur im Hinblick auf die Nutzung in Filesharing-Netzen. Ob das als eigenständige Nutzungsart durchgeht und eine solche beschränkte Rechtseinräumung somit überhaupt möglich ist, ist noch nicht abschließend geklärt, wird aber von der Rechtsprechung bislang durchgehend bejaht.

Anschließend beauftragt DigiProtect die Fa. DigiRight Solutions, die mit ihrer Software „File Watch“ in Peer-To-Peer-Netzwerken gezielt danach sucht, ob das Musikstück von Milow getauscht wird. Nach den Aussagen von DigiProtect in Antragsschriften zum Landgericht Köln werden „einschlägige Internettauschbörsen über einen längeren Zeitraum überwacht“ und dabei IP-Adressen von Tauchbörsennutzern erfasst und gespeichert, zusammen mit Datum und sekundengenauer Uhrzeit. Um festzustellen, dass es sich tatsächlich um das Stück von Milow handelt, bedient sich DigiRight Solutions der sog. Hash-Wert-Methode. Hierzu wird nach Angaben von DigiRight Solutions bei jedem einzelnen Teilnehmer ein Testdownload gestartet, um einen Teil der Datei zu erlangen und so den Hash-Wert-Vergleich zu ermöglichen. Was die Zuverlässigkeit dieser Form der Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen angeht, verweist DigiProtect auf ein Gutachten eines Dipl. Wirtschaftsingenieurs.

Mittels dieser IP-Adressen ermittelt man dann anhand einer WhoIs-Abfrage den Zugangsprovider, wobei die Software der DigiRight Solutions bereits automatisiert zu jeder ermittelten IP-Adresse eine WhoIs-Abfrage durchführt.

Mit diesen Informationen stellt DigiProtect schließlich, zumeist vertreten durch die Rechtsanwälte Kornmeier und Partner, beim Landgericht Köln einen „Antrag auf Anordnung der Zulässigkeit einer Auskunftserteilung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG“.

Das Landgericht Köln verpflichtet die Telekom dann in einem ersten Schritt per einstweiliger Anordnung die Verkehrsdaten zu sichern, da ja eine Löschung droht und gibt der Telekom außerdem Gelegenheit zur Stellungnahme.

In einem zweiten Schritt gestattet das Gericht dem Provider (Telekom) dann, Auskunft zu erteilen, über Namen und Anschrift des Nutzers der die ermittelte IP-Adresse zu dem fraglichen Zeitpunkt genutzt hatte. Die Telekom schickt der DigiProtect anschließend eine Liste mit Namen und Anschriften ihrer Kunden.

In einem solchen gerichtlichen Antrag werden von DigiProtect tausende von IP-Adressen gebündelt. In einem Beschluss des Landgerichts Köln vom 10.06.09 waren es beispielsweise 3641 IP-Adressen. Es gibt sogar Auskunftsverfahren, die mehr als 10.000 IP-Adressen zum Gegenstand haben.

Es werden also in einem einzigen Verfahren, das die Antragstellerin nur Gerichtsgebühren von EUR 200,- kostet, tausende von Filesharern ermittelt. Nachdem deutschlandweit jährlich hunderte, möglicherweise tausende solcher Anträge gestellt werden, kann man sich leicht ausrechnen, was für ein Massengeschäft dahinter steckt. Eine auf Schätzungen basierende Statistik geht von ca. 450.000 Filesharing-Abmahnungen im Jahre 2009 aus. Und das könnte noch zu tief gegriffen sein.

Und dieses Abmahngeschäft steht juristisch auf sehr wackeligen Beinen, wie ich schon dargelegt habe.

posted by Stadler at 12:00  

21.1.10

LAG München: Fristlose Kündigung eines Systemadministrators

Die Onlinezeitschrift „Medien Internet und Recht“, berichtet über ein Urteil des Landesarbeitsgerichts München(Urteil vom 08.07.2009, Az. 11 Sa 54/09), in dem über die Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung eines Systemadministrators zu entscheiden war. Das Arbeitsgericht München hatte die fristlose Kündigung als rechtmäßig angesehen, weil der Systemadministrator unter Missbrauch der ihm übertragenen Befugnisse und technischen Möglichkeiten auf die E-Mails eines Geschäftsführers Zugriff genommen hatte und damit nach Ansicht des Gerichts in schwerwiegender Weise gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen hat. Das LAG hat das Urteil des Arbeitsgerichts bestätigt.

posted by Stadler at 10:30  

20.1.10

Das Landgericht Hamburg und die Filtertüten

Es schien so, als sei es Melitta, einem Hersteller von Kaffeefiltern, gelungen, einem Konkurrenten per einstweiliger Verfügung zu verbieten, sich über Filtertüten lustig zu machen.

Dass beim Landgericht Hamburg alles möglich ist, war schließlich bekannt. Aber weit gefehlt, denn die Hamburger Richter haben sich nur an einem Lohnkostenzähler in dem Werbespot gestört. Den hat die Firma Kaffee Partner jetzt rausgenommen und der Clip ist auch wieder im Netz. Eine schere juristische Schlappe für den deutschen Filterkaffee.

Und eine Pressemitteilung mit dem Titel „Kalle gib ma Melitta“ hat der Kaffee Partner gleich nachgeschoben. Vielleicht möchte sich Melitta ja dagegen nochmals beim Landgericht Hamburg versuchen.

posted by Stadler at 17:40  

20.1.10

Bayern will eigene Top Level Domain

Nach einer Meldung der Augsburger Allgemeinen hat der Europaausschuss des Bayerischen Landtags beschlossen, bei der ICANN eine eigene Top Level Domain „.bayern“ zu beantragen.

Auch wenn der frühere Staatskanzleichef Eberhard Sinner (CSU) als Urheber der Initiative erklärte, man wolle die erste Region sein, die eine eigene Top Level Domain erhält, so ist das Vorhaben Bayern vor dem Hintergrund zu sehen, dass die ICANN derzeit die Einführung neuer Top Level Domains für Städte, Regionen, Unternehmen und NGO’s plant (New gTLD Program). Bayern würde dann vermutlich gleichzeitig mit einer Reihe anderer Regionen und Städte eine Top Level Domain erhalten, aber kaum als erste Region.

Bayern hätte damit die Position eines NIC (ähnlich der DENIC) inne und müsste anschließend nach bestimmten Kriterien Second-Level-Domains vergeben. Ob jeder (bayerische) Bürger die Möglichkeit erhalten wird, eine Domain zu beantragen oder nur Unternehmen und Gemeinden, bleibt abzuwarten.

posted by Stadler at 14:30  

20.1.10

Links, Google, Datenschutz

ZeitOnline veröffentlicht einen Artikel von Jeff Jarvis mit dem vielversprechenden Titel „Verlinken ist kein Diebstahl„. Jarvis, der vielen als Vordenker gilt, lässt in dem Beitrag eine klare inhaltliche Linie allerdings vermissen und überrascht mit ein paar seltsamen Argumenten.

Dass die Verlinkung kein Diebstahl ist und der Link das Kernstück der freien Rede im Internet darstellt, würde ich sofort unterschreiben. Nachdem diese Ausgangsthese formuliert ist, schwenkt Jarvis zu „Google Street View“ und der damit in Zusammenhang stehenden datenschutzrechtlichen Diskussion. Seine sehr amerikanische Sichtweise gipfelt in der Aussage:

Ich habe Verständnis dafür, dass Menschen, die von „Streetview“ dabei erwischt wurden, wie sie Drogen kaufen oder in ein Bordell gehen, nicht wollen, dass wir das sehen können. Aber wenn wir irgendwem das Recht einräumen, die Verwendung dieser Bilder zu beschränken, dann geben wir auch dem Bürgermeister das Recht, uns mundtot zu machen, wenn wir ein Bild von ihm veröffentlichen wollen, wie er in eine Opiumhöhle schleicht.“ (ZEIT ONLINE vom 19.01.2010)

Mich erinnert das an ein Argument, das ich am Rande der letzten „Freiheit Statt Angst“ Demonstration in Berlin gehört habe. Irgendjemand hielt es für widersprüchlich einerseits mit Digitalkameras und Handys Polizisten zu filmen, die gerade Demonstranten verprügeln, aber andererseits gegen staatliche Überwachungskameras Position zu beziehen.

Wer darin einen Widerspruch sieht, hat ein paar grundlegende Zusammenhänge nicht verstanden. Der Bürger ist Träger von Grundrechten. Als solcher kann er vom Staat sowohl verlangen, dass nicht in diese Rechte eingriffen wird, als auch, dass der Staat sich schützend vor die Grundrechte stellt. Der Staat und seine Repräsentanten, die ein Amt bekleiden, sind in dieser Funktion demgegenüber keine Träger von Grundrechten, sondern das Gegenteil davon. Sie sind nämlich Grundrechtsverpflichtete.

Das Beispiel von Jarvis ist zwar noch etwas anders gelagert, aber es atmet argumentativ denselben Geist. Wenn ein Bürgermeister in eine Opiumhöhle schleicht – der sonst vielleicht auch noch den Hardliner in der Drogenpolitik gibt – ist das natürlich nicht dasselbe, wie wenn ein x-beliebiger Bürger in ein Bordell schleicht. In dem einen Fall besteht ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit, in dem anderen Fall nicht.

Und was das alles mit Verlinkung zu tun hat, habe ich auch bis zum Ende des Artikels von Jeff Jarvis nicht verstanden. Jarvis vermengt das Urheberrecht mit dem Persönlichkeitsrecht bzw. dem, was die Amerikaner „Privacy“ nennen. Beides hat wenig miteinander zu tun, der unmittelbare Zusammenhang erschließt sich mir nicht.

Zu den Mythen und Fehlvorstellungen über den Hyperlink im Kontext des Urheberrechts hat Tim Berners-Lee bereits im Jahre 1997 einen kurzen aber sehr treffenden Text verfasst, der auch heute noch Gültigkeit besitzt. Ich verlinke ihn deshalb immer wieder gerne und weise auch auf die deutsche Übersetzung hin.

posted by Stadler at 08:30  
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