Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

27.10.09

Hamburger Justizsenator erwartet "vollständige Verrechtlichung des Internets"

Netzpolitik.org hat ein Interview mit dem hanseatischen Justizsenator Till Steffen geführt, in dem der Politiker der Grünen interessante Ausführungen zum Internet und den Bürgerrechten macht und von seiner Erwartung einer vollständigen Verrechtlichung des Internets spricht.

Till Steffen: (…) Die Internetsperren sind jetzt erstmal um ein Jahr verschoben, können also doch noch kommen. Die dafür entworfene Kontrollarchitektur dürfte aber zur Anwendung kommen, wenn die angestrebte vollständige Verrechtlichung des Internets umgesetzt wird. Dann kommen die Netzsperren eben zur Durchsetzung von Urheberrechten.

netzpolitik.org: Was meinen Sie mit „Verrechtlichung des Internets“?

Till Steffen: Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat ja angekündigt, hier umfassende rechtliche Regelungen schaffen zu wollen. Das bedeutet auch möglicherweise eine Überregulierung. Dann gibt es für private Nutzer ganz schnell stärkere Haftungsfragen bei der Verlinkung von ihrer Homepage, auch bei der Veröffentlichung können schnell verschärfte Haftungsbedingungen entstehen.

posted by Stadler at 15:15  

27.10.09

Vorratsdatenspeicherung auf dem Prüfstand

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am 15.12.2009 über die Verfassungsbeschwerden gegen §§ 113a, 113b des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in dem die sog. Vorratsdatenspeicherung geregelt ist.

Das Gericht hatte in mehreren Eilentscheidungen die Vorratsdatenspeicherung vorläufig eingeschränkt und damit bereits eine kritische Haltung zu dieser Regelung erkennen lassen.

Die vielleicht spannendste Frage wird sein, wie das Gericht das Verhältnis von europäischer Umsetzungspflicht zum deutschen Grundgesetz bewertet und inwieweit es sich durch die europarechtliche Vorgabe gebunden sieht.

posted by Stadler at 13:07  

27.10.09

Kommen die Netzsperren über den Umweg Brüssel?

Nach dem Koalitionsvertrag soll das Zugangserschwerungsgesetz für die Dauer eines Jahres nicht angewendet werden. Die FDP hat versucht, dieses Verhandlungsergebnis als großen Erfolg zu verbuchen.

In diesem Zusammenhang sollte man allerdings bedenken, dass auf EU-Ebene bereits seit dem Frühjahr ein Vorschlag der Kommission für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie der Kinderpornografie existiert. Dieser Vorschlag liegt derzeit dem EU-Parlament zur Entscheidung vor.

Der Vorschlag führt zum Thema Netzsperren u.a. folgendes aus:

„Durch die zunehmende Erschwerung des Zugangs zu öffentlichen Webseiten soll die Verbreitung von Kinderpornografie eingeschränkt werden. Allerdings ist diese Maßnahme kein Ersatz für die Entfernung der Inhalte an der Quelle oder für die Verfolgung der Straftäter“.

„Inhaltlich enthält der Vorschlag Elemente, die im Übereinkommen des Europarats nicht enthalten sind wie die Durchsetzung eines EU-weiten Verbots für Sexualstraftäter, Tätigkeiten im Kontakt mit Kindern auszuüben, die Sperrung des Zugangs zu Kinderpornografie im Internet …“

Das Thema der Access-Sperren steht in Brüssel also ganz konkret auf der Agenda. Das Kalkül der Union in den Koalitionsverhandlungen könnte deshalb schlicht folgendes gewesen sein: Man gönnt der FDP medial noch einen Verhandlungserfolg in der Erwartung, dass aus Brüssel ohnehin die verbindliche Vorgabe kommt, den Zugang zu kinderpornografischen Websites zu blockieren. Denn dann kann man anschließend einfach hergehen und das bereits bestehende Gesetz unter Verweis auf die europarechtlichen Vorgaben in Kraft setzen. Und das ist möglicherweise auch der Grund dafür, dass die Union das Gesetz nur auf Eis legen möchte.

Wenn die FDP Netzsperren also tatsächlich verhindern will, dann ist es nötig, dass sie jetzt auf EU-Ebene, insbesondere auch mithilfe ihrer Europaabgeordneten, aktiv wird. Gleiches gilt auch für die Bürgerrechtsorganisationen, die sich zu oft nur auf ihre nationalen Vorgänge konzentrieren.

Update:
Über den Stand beim EU-Parlament hat EDRi kürzlich berichtet. Nach allzu heftigem Widerstand des Parlaments sieht es offenbar bislang nicht aus.

posted by Stadler at 10:30  

26.10.09

Systematische Datenschutzverstöße bei der Postbank?

Dieser Bericht von Heise hat mich aufgeschreckt, weil ich selbst ein Girokonto bei der Postbank habe. Heise berichtet, die Postbank würde 4000 freien Handelsvertretern Zugriff auf Girokontodaten der Kunden gewähren. Die freien Mitarbeiter hätten Einsicht in alle Kontobewegungen, berichtet Heise unter Berufung auf Stiftung Warentest.

Ich werde das zum Anlass nehmen, gegenüber der Postbank von meinem Auskunftsanspruch nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz Gebrauch zu machen. Danach kann man als Betroffener Auskunft über die Empfänger verlangen, an die Daten weitergegeben werden (§ 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG).

posted by Stadler at 17:49  

26.10.09

Zum Schutz der Meinungsfreiheit bei kritischen Äußerungen über ein Unternehmen

Das Urteil des BGH, über das ich hier schon vor ein paar Wochen berichtet habe, ist nunmehr im Volltext online.

Der Bundesgerichtshof stärkt einmal mehr die Meinungsfreiheit und erteilt der z.t. meinungsfeindlichen hanseatischen Rechtsprechung eine Absage.

Der BGH führt u.a. aus:

„So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem – zu würdigenden – Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (…) Dabei ist zu beachten, dass sich der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden“

BGH, Urteil vom 22.09.2009, Az.: VI ZR 19/08

posted by Stadler at 10:27  

25.10.09

Verantwortliche von YouTube wegen Urheberrechtsverletzung strafbar?

Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen die Verantwortlichen von YouTube und deren Mutter Google wegen des Verdachts von Urheberrechtsverletzungen.

Anlass der Ermittlungen ist offenbar eine Strafanzeige eines Hamburger Rechtsanwalts, der Musiker, Autoren, Produzenten und Musikverlage vertritt, die sich daran stören, dass ihre Musik ohne ihre Zustimmung veröffentlicht wird.

Eine Strafbarkeit und auch eine zivilrechtliche Haftung von YouTube kommt zumindest dann in Betracht, wenn YouTube (vom Rechteinhaber) auf die Urheberrechtsverletzung bzw. darauf hingewiesen wird, dass er mit der öffentlichen Zugänglichmachung seines Werks nicht einverstanden ist und dann nicht sofort handelt und den beanstandeten Content vom Netz nimmt. Das dürfte hier vermutlich der Fall sein.

Nachdem sich die großen Plattenlabels mit YouTube arrangiert haben, blieben Verfahren wie dieses bisher der Ausnahme. Man darf gespannt sein, wie gerade Google, das ja offenbar weiter ins Musikgeschäft vordringen will, mit diesem Problem umgeht. Es wird vermutlich vorher zu einer wirtschaftlichen Lösung kommen, verbunden mit einer Rücknahme der gestellten Strafanträge.

Update vom 26.10.09: Die Strafanzeige bzw. Strafanträge wurden laut Medienberichten an ein bereits laufendes zivilgerichtliches Verfahren angehängt, in dem es offenbar in der Tat darum geht, YouTube zu Vorkehrungen zu zwingen, die verhindern sollen, dass die Musik der beteiligten Künstler (z.B. Sarah Brightman) überhaupt auf YouTube geladen werden kann. Wirtschaftlich betrachet, dürfte es darum gehen, dass YouTube an die klagenden Künstler pro Abruf einen bestimmten Betrag bezahlt. Und insowweit dient die Strafanzeige wohl nur dazu, zusätzlichen Druck aufbauen um YouTube bzw. Google zum Abschluss einer solchen Vereinbarung zu bewegen.

posted by Stadler at 13:34  

25.10.09

AK Zensur: Abschaffen statt Aufschieben

Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur hat zum Ergebnis der Koalitionsverhandlungen Stellung genommen und fordert mit Blick auf das Zugangserschwerungsgesetz: Abschaffen statt Aufschieben.

Die von der Koalition beschlossene Nichtanwendung des Sperrgesetzes bedarf in jedem Fall einer sauberen rechtsstaatlichen Lösung. Und die kann nur darin bestehen, ein Änderungsgesetz in den Bundestag einzubringen. Das bietet dann aber die Chance, das Gesetz insgesamt zu überdenken.

posted by Stadler at 10:49  

24.10.09

Das Internet darf kein merkbefreiter Raum sein

Der Teil der Koalitionsvereinbarung zur Informationsgesellschaft ist mittlerweile online und das ausgerechnet bei den Linken.

Der Text enthält einige Platitüden, die in dem Satz „das Internet darf kein urheberrechtsfreier Raum sein“ gipfeln (Zeile 2749). Anknüpfungspunkt ist die Ankündigung eines dritten Korbs zur Weiterentwicklung des Urheberrechts.

Die Einigung zu den Netzsperren besagt übrigens nur, dass man das Zugangserschwerungsgesetz für die Dauer eines Jahres nicht anwenden möchte. Ob dies mittels eines fragwürdigen Nichtanwendungserlasses geschehen soll – was ein Novum in der deutschen Rechtsgeschichte darstellen würde – oder den rechtsstaatlichen Weg eines Änderungsgesetzes beschreitet, wird sich zeigen.

posted by Stadler at 10:15  

24.10.09

Das Internet darf kein merkbefreiter Raum sein

Der Teil der Koalitionsvereinbarung zur Informationsgesellschaft ist mittlerweile online und das ausgerechnet bei den Linken.

Der Text enthält einige Platitüden, die in dem Satz „das Internet darf kein urheberrechtsfreier Raum sein“ gipfeln (Zeile 2749). Anknüpfungspunkt ist die Ankündigung eines dritten Korbs zur Weiterentwicklung des Urheberrechts.

Die Einigung zu den Netzsperren besagt übrigens nur, dass man das Zugangserschwerungsgesetz für die Dauer eines Jahres nicht anwenden möchte. Ob dies mittels eines fragwürdigen Nichtanwendungserlasses geschehen soll – was ein Novum in der deutschen Rechtsgeschichte darstellen würde – oder den rechtsstaatlichen Weg eines Änderungsgesetzes beschreitet, wird sich zeigen.

posted by Stadler at 09:15  

23.10.09

Denic registriert sich selbst als Inhaber der Domain „de.de“

Die DENIC hat heute die Registrierungsphase für die neuen ein- und zweistelligen Domainnamen begonnen und sogleich für sich selbst u.a. die Domain „de.de“ registriert.

Das nenne ich „first come first served“.

Am Domainhandel kannn sich die nach eigener Aussage ohne Gewinnerzielungsabsicht handelnde Genossenschaft DENIC eigentlich nicht beteiligen. Wozu braucht DENIC aber dann diese Domain?

posted by Stadler at 11:12  
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