Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

22.8.09

Neues Datenschutzrecht für das Internet?

Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert fordert offenbar ein eigenes Datenschutzgesetz für das Internet. Hintergrund ist das gestern bekannt gewordene Gutachten, wonach sich mehr als 1/4 der Arbeitgeber vor einem Vorstellungsgespräch im Internet über ihren Bewerber informieren.

Dass die Unternehmer dies machen, ist wenig überraschend, weshalb ich die öffentliche Aufregung hierüber auch ich nicht wirklich nachvollziehen kann. Schließlich hat ein Arbeitgeber ein durchaus legitimes Interesse daran, sich über die Person und Qualifikation eines Bewerbers zu informieren. Hierbei greift er auch nur auf frei zugängliche Informationen zurück, die die Betroffenen oftmals selbst ins Netz gestellt haben.

Ob es Aufgabe des Datenschutzrechts sein kann, derartige Recherchen zu reglementieren, wage ich zu bezweifeln. Vielmehr sind es Forderungen wie die des Landesdatenschutzbeauftragten Weichert, die den Datenschutz immer wieder in Misskredit bringen und Wasser auf die Mühlen derjenigen gießen, die das Datenschutzrecht ohnehin für deutlich überzogen halten.

Die Verweigerung des Zugangs zu personenbezogenen Daten, die der Betroffene selbst und freiwillig öffentlich zugänglich gemacht hat, würde außerdem einen datenschutzrechtlichen Paradigmenwechsel bedeuten, weil man sich in vielen Fällen über den ausdrücklichen Willen des Betroffenen hinwegsetzen müsste. Es gibt schlicht eine ganze Menge Menschen, die sich bewusst im Netz präsentieren, auch um auf ihre beruflichen Qualifikationen aufmerksam zu machen. Sollen solche Informationen von möglichen Arbeitgebern auch nicht mehr recherchiert werden dürfen, obwohl der Betroffene seine Daten vielleicht gerade auch zu diesem Zweck ins Netz gestellt hat?

Die Frage, ob das Internet spezielle eigene datenschutzrechtliche Regelungen, die es ansatzweise im TMG bereits gibt, benötigt, ist durchaus diskutabel. Eine Einflussnahme auf die Zulässigkeit einer Recherche von fremden Inhalten, die für jeden Nutzer frei zugänglich sind, gehört aber nicht zu den regelungsbedürftigen Aspekten.

posted by Stadler at 13:00  

Keine Kommentare

  1. Vorallen wurde auch hier wieder mit den rechtsfreien Raum Internet argumentiert. Das einzig Sinnvolle wäre wirklich wenn in der Schule das Thema Datenschutz mehr gewicht hätte. Alles andere ist kein Datenschutz sondern Zensur.Wenn sich jemand frei Entscheidet Partybilder zu veröffentlichen, so sollte er das tun.

    Comment by Anonymous — 22.08, 2009 @ 14:06

  2. Vorausgesetzt, er (oder sie) veröfentlicht auch selber. Und es ist nicht der Ex-Freund, der Nacktfotos ohne Erlaubnis irgendwo hochlädt – dann handelt es sich nämlich durchaus um ein Problem von Datenschutz und informationeller Selbstbestimmung.

    Und immer gleich (voller Unverstand) Zensur zu schreien macht es auch nicht besser. Ich kann es nicht mehr lesen/hören.

    Comment by Fawkes — 22.08, 2009 @ 14:53

  3. @ Fawkes
    Es ist Zensur … Die Frage ist nur berechtigt oder nicht. Wenn jemand freiwillig seine Partyfots veröffentlichen möchte , was spricht dagegen dass es derjenige tun soll.Natürlich besteht die Gefahr des Mißbrauches, aber soll man deswegen generell Verbieten Party Fotos hochzuladen ? Wobei Nacktfotos in Communtiys in der Regel generell nicht erlaubt sind.. wegen Jugendschutz .. ist auch ok so.Von daher ist die Argumentation mit Nacktfotos von fremden hochgeladen nicht besonders gut. Wenn überhaupt sind es spezielle Communitys wo man sich als über 18 ausweisen muss.. womit man sich dann indirekt auch als real authentifizieren muss.
    Irgendwelche Schutzgesetze sollten den Bürger stärken, nicht bevormunden. Es wäre also eher angesagt dass man den Anbieter verbietet teile des Profiles zu Werbezwecken zu verwenden, es sein denn der User willigt ein. Oder dass Profile wirklich gelöscht werden müssen wenn es der user wünscht.
    Alles andere, inbesondere was der einzellne User von sich veröffentlicht, bleibt seine Sache. Das sollte man nicht mit einen Gesetz einschränken. Es kann nicht sein dass man für fehlendes Datenschutzsbewustsein der Bevölkerung anscheinend nur mit Gesetzen weiter kommt

    Comment by Anonymous — 22.08, 2009 @ 17:05

  4. Zumal die Debatte doch völlig abwegig verläuft: Welcher Personalchef wird denn einen Akademiker deshalb ablehnen, weil er während seines Studiums an wilden Feiern* teilgenommen hat?

    Glaubt irgendjemand, dass Unternehmen sich lieber einen Bewerber aussuchen, der ein zurückgezogenes Dasein als Mauerblümchen geführt hat?

    *Mal abgesehen von Idioten, die schweriegende Straftaten dokumentieren und online stellen.

    Comment by Marc B. — 22.08, 2009 @ 19:03

  5. Ich denke auch das ist eher Ablenkung.Im Gegensatz zu staatlichen massen Überwachungen (VDS , Kontenüberwachung etc. ) kann man sich hier einfach schützen.Solche Dinge nicht reinstellen.. so einfach ist das.Oder Album nur für Freunde.Da brauchen wir keinen Staat der uns bevormundet..
    Ich glaube auch dass es nur bei extremen Dingen ins Gewicht fällt..bei uns feiert gerne mal die ganze Firma zusammen.. der Chef würde kaum einen deswegen ablehnen… Bei Abwertenden äußerungen zum Thema arbeit denke ich jedoch schon

    Comment by Anonymous — 22.08, 2009 @ 21:43

  6. Was mich hierbei stoert ist die Tatsache, dass durch diverse cache-Seiten eigentlich alles, was jemand jemals ins Web stellt erhalten bleibt. Auch gegen den Willen des Autors.
    Und es ist durchaus schon vorgekommen, das Akademiker eben nicht angestellt wurden, weil Personalchefs auf Fotos, Texte, … aus den fruehen Teenager-Jahren des Bewerbers gestossen sind.
    Bisher ist mir dies nur aus den USA bekannt, aber der Sprung ist nicht weit.
    Hier sollte meines Erachtens eben doch ueber eine Form des Datenschutz nachgedacht werden. Kein 14-jaehriger ueberlegt sich, wie sinnvoll es ist von der "voll krassen Party auf der wir alle so besoffen und zugekifft waren" zu berichten. Soll ihm dies wirklich 16 Jahre spaeter, wenn er weiser und erfahrener ist zum Strick gedreht werden (koennen)?

    Wuerde ich mich heute als mittdreissiger auf eine Stelle fuer Webdesign bewerben, wuerden Personalchefs ueberwiegend meine ersten Schritte von vor 20+ Jahren finden. Ich habe bewusst in den letzten Jahren nichts mehr veroeffentlicht, aber was wuerden diese kindischen Seiten fuer ein Licht auf meine Qualifikationen werfen?

    Datenschutz und aehnliches in der Schule zu unterrichten waere ein Anfang, aber ich bin nicht ueberzeugt, dass Kinder die Tragweite ihrer Handlungen abschaetzen koennen, vor allem wenn man bedenkt, dass sie immer juenger sind, wenn sie das erste Mal Kontakt mit dem Netz haben.

    Comment by politicalia — 23.08, 2009 @ 03:43

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