Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

29.4.09

Forderung nach Netzsperren auch aus Brüssel

Die EU-Kommission schlägt dem Rat einen Rahmenbeschluss zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs
und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie vor.

Der Vorschlag enthält in Art. 18 auch die Forderung nach Access-Sperren:

„Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, damit die zuständigen Justiz- oder Polizeibehörden vorbehaltlich angemessener Schutzvorschriften die Sperrung des Zugangs von Internet-Nutzern zu Webseiten, die Kinderpornografie enthalten oder verbreiten, anordnen oder auf ähnliche Weise erwirken können; insbesondere soll sichergestellt werden, dass die Sperrung auf das Nötige beschränkt wird, dass die Nutzer über die Gründe für die Sperrung informiert werden und dass Inhalteanbieter darüber unterrichtet werden, dass sie die Entscheidung anfechten können.“

Das klingt zumindest etwas rechtsstaatlicher als die derzeitige deutsche Gesetzesinitiative, weil die Inhaltsanbieter informiert werden müssen und eine Rechtsbehelfsbelehrung erhalten sollen.

posted by Stadler at 07:59  

Ein Kommentar

  1. Die Unterrichtung der Inhalteanbieter ist in der Tat ein wichtiger Schritt hin zur Verfassungsmäßigkeit, da nach Medienberichten auf den von Experten überprüften aufgetauchten Sperrlisten anderer Länder hauptsächlich legale (pornographische) Inhalte zu finden waren. Es ist aber trotzdem noch zu bezweifeln, dass in allen Fällen tatsächlich unterrichtet wird, und für die naive Öffentlichkeit mag so eine Unterrichtung doch schon skandalös erscheinen.

    Allerdings droht der Rahmenbeschluss an anderer Stelle wieder alles auf den Kopf zu stellen: Artikel 1 a und b – Kinderpornographie wird wieder neu definiert und ausgeweitet: jetzt nimmt man die Jugendpornographie dazu, die der deutsche Gesetzgeber erst vor ein paar Monaten neu in § 184c StGB geregelt hat. Kind ist nach Art. 1 jede Person unter 18 und jede andere Person, die als unter 18 erscheint. Schein’jugendliche‘ sind nach deutschem Recht in § 184c erfasst; nach einer Verfassungsbeschwerde von Hustler musste erst das BVerfG den uferlosen Wortlaut stark einschränken (Beschluss vom 6. 12. 2008 – 2 BvR 2369/ 08): für eine Strafbarkeit „müsste der Beobachter … eindeutig zu dem Schluss kommen, dass jugendliche Darsteller beteiligt sind“, und die Personen müssten fast schon wie Kinder (also unter 14) wirken und das Material „somit schon in die Nähe von Darstellungen geraten, die als (Schein-) Kinderpornographie unter den Straftatbestand des § 184b StGB“ fällt.

    Die Definition in Art. 1 differenziert nicht und orientiert sich strikt am Aussehen. Sollte es dabei bleiben, wäre das das Berufsverbot für zu jung aussehende Pornodarsteller. Mit einem Schlag würde massenhaft legale Pornographie kriminalisiert. Dazu kommen Abgrenzungsprobleme, und schließlich können mit so einer weiten Definition bspw. auch Musikvideos als Pornographie angesehen werden, wenn „sexuelle Handlungen simuliert“ werden.

    Comment by Tobias Fuentes — 29.04, 2009 @ 12:39

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