Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.3.09

Update zum Fall Tauss

Jörg Tauss hat Rückendeckung vom Karlsruher Bundestagskanditaten der Grünen erhalten und sein Verteidiger beklagt sich in einem Interview mit dem Reutlinger General-Anzeiger über das Vorgehen der Staatsanwaltschaft, das einer sozialen Exekution nahe komme.

Offenbar hatte die Verteidigung nach wie vor keine Akteneinsicht, während die Staatsanwaltschaft munter mit Journalisten über den Stand der Ermittlungen plaudert.

In der Netzgemeinde ist die Stimmung immer noch eher pro Tauss, auch Solidaritätsplattformen bilden sich jetzt.

Das Verhalten der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ist in einem Rechtsstaat wirklich schwer erträglich. Und auch die Aussage, des Oberstaatsanwalts Rehring, dass man seitens der Staatsanwaltschaft „leise und rücksichtsvoll an Herrn Tauss herantreten“ wollte, aber „durch die verkündete Aufhebung der Immunität von Tauss und der Veröffentlichung von Akteninhalten im Internet“ sei dann ein „Tsunami“ entstanden, klingt mehr als heuchlerisch. Es muss die Frage erlaubt sein, wer denn die Presse mit Akteninhalten versorgt hat, wenn nicht die Staatsanwaltschaft selbst. Auch nachdem der „Tsunami“ losgebrochen war, plauderte Rehring freilich weiter freimütig mit den Journalisten, während der Beschuldigte und sein Verteiger immer noch keine Akteneinsicht erhalten haben und deshalb gar nicht in der Lage sind, sich zum konkreten Tatvorwurf zu äußern. Ein faires, rechtsstaatliches Verfahren sieht anders aus.

Lesenswert ist hierzu auch der Beitrag des Kollegen Flauaus, der zu Recht darauf hinweist, dass das Verhalten der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) verstößt und die Vernichtung des Beschuldigten Tauss betreibt.

posted by Stadler at 09:02  

2 Comments

  1. Etwas allgemeiner, aber lesenswert zum Thema:

    http://www.datenschutzbeauftragter-online.de/schuld-und-unschuld/

    Bei aller Sympathie sollte man mit Solidarität aber zurückhaltend sein: Man kann auch abwarten, ohne vor zu verurteilen. Ich bin gespannt und hoffe.

    Comment by Anonymous — 10.03, 2009 @ 10:18

  2. Wie soll man gegen eine öffentliche Person, bei der man erstmal die Immunität öffentlich beseitigen muss, ansonsten vorgehen?

    Durch die Stellung des Abgeordneten und durch die öffentliche Aufhebung der Immunität weiß die Prese bescheid und wird jetzt (im besten Fall) nachforschen. An diesem Punkt ist bereits die „soziale Exekution“ (O-Ton Flauaus) eingetreten. Alleine der Vorwurf reicht für eine Nichtwiederaufstellung bereits aus!

    Dass die Staatsanwaltschaft hier dann den öffentlichen Äußerungen Tauss‘, es sei ja alles dienstlich, widersprochen hat, ist auch nicht sonderlich verwerflich. Das ergibt sich bereits aus dem berechtigten Öffentlichkeitsinteresse: Wenn der Beschuldigte hier etwas behauptet, was nach Ansicht der StA nicht wahr ist, muss die StA ihre Ansicht zumindest auch kundtun dürfen.

    Hätte Tauss geschwiegen, wäre die StA somit also nicht genötigt gewesen, das nach ihrer Ansicht richtig zu stellen.

    Was lernen wir daraus? Bei einem MdB kann man gar nicht öffentlichkeitsausschließend das Verfahren betreiben. Die Regelung in den RiStBv sind nunmal sehr allgemein und für den Unterfall MdB auch nicht passend. Das Amt als MdB ist sehr öffentlichkeitswirksam, im positiven wie im negativen Sinne.

    Zudem besteht ja auch der nicht unwahrscheinliche Verdacht, dass Tauss aus seinem näheren Umfeld in die Pfanne gehauen wurde und auch dieser Schädiger Informationen weitergibt. Das Einprügeln auf Journalisten mag hier daher verfehlt sein.

    Comment by Anonymous — 10.03, 2009 @ 14:50

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