Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

11.3.09

Presseerklärung von Jörg Tauss

Jörg Tauss hat heute zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen des Besitzes kinderpornografischer Schriften in einer Presseerklärung Stellung genommen.

Taus räumt den Besitz von, nicht näher beschriebenem, kinderpornografischem Material ein, versucht dies aber mit seiner Stellung als Abgeordneter zu begründen. Er habe versucht, Erkenntnisse für die politische und gesetzgeberische Arbeit zu diesem Thema zu gewinnen und wollte u.a. belegen, dass man im Internet nicht zufällig auf kinderpornografische Seiten stößt, sondern sich die Szene vielmehr wieder auf andere Verbreitungswege und Medien verlagert hat.

Unabhängig von der rechtlichen Würdigung, stellt sich die Frage, ob man diese Begründung für glaubwürdig erachtet. Für mich klingt das schlicht eine Spur zu naiv. Ist einer wie Tauss tatsächlich bereit, durch solche „Privatermittlungen“ seine politische Karriere zu gefährden? Es sind Zweifel an dieser Darstellung angebracht.

Strafrechtlich wird ihm diese Erklärung vermutlich nicht helfen, sondern dürfte von der Staatsanwaltschaft eher als „öffentliches“ Geständnis gewertet werden. Strafbar wäre selbst das von Tauss eingeräumte Verhalten nämlich nur dann nicht, wenn es der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dient. Und ob der privat ermittelnde Abgeordnete unter die Vorschrift fällt, darf zumindest bezweifelt werden.

posted by Stadler at 17:26  

4 Comments

  1. Ich sehe das auch eher als eine Art Geständnis, allerdings wüsste ich auch nicht, was bei einer schon weitgehend durchgelaufenen Hexenjagd wirklich helfen würde – keiner glaubt wirklich nichts.

    Über Naivität lässt sich diskutieren, der Hang zur schnellen Selbstjustiz ist in Bereichen mit Macht – wie auch immer diese definiert ist – durchaus nachvollziehbar. Das gibt es beispielsweise auch bei Sysadmins, die in Abuse-Fällen gern selbst einen Kunden sperren, obwohl die Rechtslage ihm da vielleicht gar keine Berechtigung gibt, man denke da an Mail-Abuse.

    Ich glaube, das hat Jörg Tauss auch recht deutlich zugegeben („Ja, ich habe Mist gebaut“).

    Comment by Besim Karadeniz — 11.03, 2009 @ 18:13

  2. Wie ich eben schon auf Twitter sagte: Die Tatsache, daß er technisch versiert ist, spricht für mich eher dafür, daß er sich sicher war, daß das, was er tat, nicht strafbar ist. Juristisch „ungeschickt“ bleibt sein Vorgehen auch dann. Der Schaden ist immens, nicht nur für ihn und seine Partei, sondern auch für den effektiven Kampf gegen Kinderpornographie und für die Bewegung, die sich gegen weitere Einschränkungen digitaler Bürgerrechte unter dem Deckmäntelchen der Kinderpornographie einsetzt.

    Comment by Alex Schestag — 11.03, 2009 @ 18:42

  3. Tauss fordert hier ein Sonderrecht für Abgeordnete, wenn man ihn denn ernst nehmen könnte.

    Er hat selbst gestanden in der PM, dass er die Bilder zum Tausch weitergeben wollte.

    § 184b V rechtfertigt aber nur die eigene Verschaffung oder das Verschaffen für einen Dritten. Hier wollte er aber mit den Bildern ganz offenbar Handel betreiben, um „tiefer“ in die Szene einzutauchen.

    Dass alleine ist schon ein Witz, denn spätestens wenn er die „Produktionsstätten“ besichtigt hätte, wäre er wohl durch seine öffentliche Bekanntheit in der Szene aufgeflogen oder zumindestens erpressbar gewesen.

    Außerdem ist es völlig unglaubwürdig, wenn er als Medien- und Kulturspitzenkraft alleine und ohne Einschaltung näherer Personen oder der Polizei den Agent Provocateuer spielen wollte. Sein Mißtrauen gegen das BKA mag sicherlich begründet sein, aber was ist mit dem LKA? Er hätte sich ja selbst ans Berliner LKA wenden können, wenn er dem LKA aus dem Ländle nicht traun mag.

    Der Eindruck, den die PM bei mir hinterlassen hat, lässt sich wohl mit Größenwahn und gnadenloser Selbstüberschätzung am ehesten beschreiben. Einfach unfassbar.

    Comment by Anonymous — 11.03, 2009 @ 20:11

  4. >Hier wollte er aber mit den >Bildern ganz offenbar Handel >betreiben, um "tiefer" in die >Szene einzutauchen.

    So ein Unsinn! Wo haste das denn her? Das behauptet ja noch nicht einmal die Presse oder die Staatsanwaltschaft.

    >Sein Mißtrauen gegen das BKA mag >sicherlich begründet sein, aber >was ist mit dem LKA? Er hätte >sich ja selbst ans Berliner LKA >wenden können, wenn er dem LKA >aus dem Ländle nicht traun mag.

    Na ja – das BKA ist eben die "Zentralstelle zur Bekämpfung von KiPo", die gegenüber dem Bundestag über die Erkenntnisse der LKAen berichten soll. Was nützt es, sich mit einer generellen Frage an ein einzelnes LKA zu wenden? Das BKA kann dann trotzdem sagen: "Das mag ja in Berlin so sein, aber bundesweit ist es eben anders."

    >Sonderrecht für Abgeordnete

    Na logo – schau mal ins Grundgesetz! Abgeordnete haben selbstverständlich Sonderrechte – wer denn sonst. Schließlich sollen sie frei entscheiden und Exekutive und Legislative kontrollieren können. Jeder, der sich Journalist nennt, darf straffrei über KiPo recherchieren. Wieso denn kein Abgeordneter?

    Sind Polizeibeamte und Staatsanwälte denn bessere Menschen? Ich finde nicht! Abgeordnete kann man wenigstens abwählen.

    Comment by Anonymous — 17.03, 2009 @ 21:40

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