Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.7.14

Amtsgericht Düsseldorf dampft Schadensersatz beim Filesharing ein

Das Amtsgericht Düsseldorf hat, vermutlich als erstes deutsches Gericht, entschieden, dass bei einer Schadensersatzhaftung in Fällen des Filesharing nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, der private Filesharer nicht mit einem kommerziellen Lizenznehmer gleichgesetzt werden kann (Urteil vom 03.06.2014, Az.: 57 C 3122/13).

Die Berechnung des Schadenersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie sei in einem solchen Fall zwar nicht unzulässig, denn diese Berechnungsmethode wurde durch den Gesetzgeber ausdrücklich normiert. Jedoch gebiete ihre Anwendung Zurückhaltung dahingehend, dass gegenüber verbraucherähnlich handelnden Personen keine Pauschallizenzen als Vergleichsmaßstab in Betracht kommen dürften, sondern der Schadenersatz nach Lizenzanalogie für Filesharing sich an den auf dem Markt erzielbaren Lizenzeinnahmen für einen Einzeldownload über einen legalen Anbieter zu orientieren habe.

Das Amtsgericht geht demzufolge von einem Betrag von 92 Cent für einen einzelnen Download aus und multipliziert diesen Betrag mit der Zahl der (möglichen) Downloads durch andere Tauschbörsenteilnehmer. Im konkreten Fall unterstellte das Amtsgericht 56 mögliche Kopien, wobei es für das Inland lediglich einen Anteil von 20 % annimmt, also 11 Kopien. Hieraus errechnete es einen Lizenzbetrag von 10,12 EUR pro Titel. Dieser Betrag wurde vom Gericht anschließend aber noch angemessen erhöht, d.h. verdoppelt, weil die zum Vergleich angenommene Lizenz zur Ermöglichung des Downloads durch Dritte eingriffsärmer sei als das vorgenommene Filesharing, dem eine weitergehende Verbreitung immanent sei. Das Amstgericht hat den Lizenzbetrag für einen Titel deshalb verdoppelt auf 20,24 EUR und für die geltend gemachten 15 Titel insgesamt einen Schadensbetrag von EUR 303,60 zugesprochen. Die Klägerin hatte demgegenüber 2500 EUR Schadensersatz geltend gemacht. Ansgesichts des Umstandes, dass andere Gerichte bereits bei einem einzigen Musiktitel regelmäßig einen Schadensersatz von mehreren hundert EUR berechnen, würde dieser Ansatz zu einer deutlichen Reduzierung der Schadensersatzbeträge im Bereich des Filesharing führen.

Auch wenn man die Schadensberechnung des Amtsgerichts Düsseldorf kritisch sehen kann, erscheint der grundlegende Ansatz, dass man einen privaten Filesharer nicht mit einem gewerblichen Lizenznehmer gleichsetzen kann und der Anknüpfungspunkt für die Bemessung des Schadensersatzes die konkrete Dauer des Filesharingvorgangs sein müsse, durchaus zutreffend.

Die ebenfalls eingeklagten Anwaltskosten hat das Gericht nicht zugesprochen. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass die Abmahnung unwirksam war, weil nicht die Unterlassung des konkreten Rechtsverstoßes verlangt worden ist, sondern allgemein die Unterlassung, jegliches Musikrepertoire der Klägerin im Internet verfügbar zu machen. Eine derart unwirksame Abmahnung begründe keinen Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten.

posted by Stadler at 15:53  

2 Comments

  1. Alles, was das Geschäftsmodell der Abmahnmafia zum Austrocknen bringt, ist ausdrücklich zu begrüßen.

    Comment by Rangar — 17.07, 2014 @ 11:18

  2. Dieses wurde mit Urteil des LG Düsseldorf vom 03.06.2015 aufgehoben (Az. 12 S 17/14). Der Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin EUR 3.151,80 zu zahlen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus EUR 2.500,00 Schadensersatz (wie beantragt) und EUR 651,80 Rechtsanwaltskosten (= 1,3 Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000).

    Comment by Mirko Brüß — 1.07, 2015 @ 11:24

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