Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

22.5.14

Wie die Union ihre Abgeordneten bei TTIP auf Linie bringen will

Das geplante transatlantische Freihandelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP) wird zur Zeit viel und kontrovers diskutiert. Leider sind die aktuellen Verhandlungspapiere noch nicht einmal der Bundesregierung bekannt.

Dennoch versucht die Union die Abgeordneten ihrer Bundestagsfraktion derzeit entsprechend einzunorden und zwar mithilfe eines Rundschreibens, das den Parlamentariern Argumentshilfe geben soll, die selbstverständlich ausschließlich pro TTIP ausgerichtet ist. Das Schreiben wiederholt die bekannte Legende von angeblich 400.000 neuen Arbeitsplätzen in Europa sowie die Behauptung, dass eine Absenkung europäischer Schutzstandards nicht zur Debatte stünde. Das ist schon deshalb falsch, weil eine Harmonisierung unterschiedlicher Standards erklärte Zielsetzung der Verhandlungen ist und kaum zu erwarten steht, dass sich die USA und vor allem die unmittelbar am Verhandlungstisch sitzenden Industrievertreter auf die z.T. deutlich höheren europäischen Standards einlassen werden. Harmonisierung bedeutet Angleichung und die geschieht durch Absenkung der höheren Standards, zumal sich die USA bislang nicht erkennbar auf europäische Positionen zubewegt. Die Gefahr eines „Race To The Bottom“ ist diesen Verhandlungen immanent.

Zu dem zentralen Aspekt des Investitionsschutzes bleibt das Papier dann äußerst vage. Geradezu kühn ist die Behauptung, die Verhandlungen würden mit großer Transparenz geführt. Das Unionspapier ist ein interessantes Lehrstück dafür, wie originäre Wirtschaftsinteressen so dargestellt werden, dass sie am Ende immer dem Wohl aller Bürger dienen sollen. Dem wirtschafts- und energiepolitischen Sprecher der Fraktion von CDU/CSU haben erkennbar Industrielobbyisten die Feder geführt.

Relativ gut, ausführlich und ausgewogen ist übrigens der Wikipedia-Eintrag zu TTIP, der die Argumente beider Seiten ausführlich darstellt. Auch für Parlamentarier stellt er sicherlich eine bessere Informationsquelle dar, als das angesprochene äußerst einseitige Rundschreiben.

posted by Stadler at 17:24  

7 Comments

  1. 400.000 neue Pöstchen für brave Politiker bei europäischen Konzernen! Du mußt das nur richtig interpretieren. SCNR ;-)

    Comment by Atari-Frosch — 22.05, 2014 @ 17:42

  2. Herr Stadler, Sie nehmen ja kein Blatt vor den Mund normalerweise. Aber der Satz, „gradezu kühn“ sei die Behauptung zur Transparenz, ist zu lasch. Das ist vielmehr eine infame Lüge! „Geschickt“ tut man bei der CDU so, als sei eine Information über den Gang des Verfahrens auch eine zum Inhalt. Dort besteht keinerlei Transparenz, von daher ist der Satz eben eine Lüge, sonst nichts.

    Mein Lieblingszitat ansonsten: „Ohne Investitionen ist kein Wirtschaften möglich, ohne Investitionsschutz keine Investitionen.“
    Man fragt sich, wie der internationale Handel überhaupt entstehen konnte! Oder woher die 1 Mrd. an Autozöllen herkommt, wenn doch ohne Investitionsschutz niemand investiert.

    Comment by Student — 23.05, 2014 @ 09:30

  3. Dann nennen Sie mir ein anderes Abkommen, über das so viel berichtet und informiert wurde, wie über TTIP? Mag sein, dass das auch dem öffentlichen Druck geschuldet ist. Trotzdem, parallel wird ein Handelsabkommen mit Kanada ausgehandelt und niemanden interessiert es. Worüber reden wir eigentlich? Über ein Dokument, was noch nicht existiert. Niemand weiß wirklich, was besprochen wird und was nicht. Sie sind Anwalt?!? Sie würden doch auch nicht mit Gott und der Welt Verträge besprechen, die sie gerade aushandeln. Der EU-Kommission wurde von den Mitgliedsstaaten ein Verhandlungsmandat gegeben, damit in Ruhe Verhandlungen geführt werden können, ohne jeden Schritt mit allen absprechen zu müssen. Am Ende kommt ein Dokument heraus, über das der Rat und das Europäische Parlament abstimmen müssen. Das Europäische Parlament hat bereits im vergangenen Jahr beschlossen, wo die Rote Linie bei TTIP zu ziehen ist. So einfach kann sich auch die Kommission nicht darüber hinweg setzten, da sonst Gefahr besteht, dass TTIP im EP scheitert. Wie das geht, hat ACTA gezeigt.

    Und wieso gibt es eigentlich immer die Pauschalisierung, dass US-Standards geringer sind. Das mag in einigen Bereichen (z.B. Datenschutz) der Fall sein. Da darf man sich sicherlich nicht runterhandeln lassen. Aber auch die Amis sagen in anderen Fällen, dass denen unsere laschen Regeln zu wenig sind.

    Also bitte nicht nur die Argumente der Bundesregierung kritisch hinterfragen, sondern auch die der tausend Verschwörungstheoretiker.

    Comment by Gruste — 23.05, 2014 @ 10:45

  4. Der Generalsekretär geht in seinem Wahlkreis auch schon Klinken putzen und erzählt Blödsinn, wie unsere regionale Tageszeitung berichtete.

    http://tseeling.blogspot.com/2014/05/peter-tauber-mdb-wirbt-fur-ttip.html

    Comment by ths — 23.05, 2014 @ 11:15

  5. Geht es nicht immer nur um Kohle?

    Angesichts der EU-Wahl kann ich nur lachen!! Wertegemeinschaft????

    US-Folterknäste in Polen, Ungarn und weiteren Balkanstaaten, die sich diese Länder haben bezahlen lassen. Das sind Menschen zu Tode gefoldert worden. Vor unserer Haustür!

    In Spanien übelste Tierquälerei, auch Stierkampf genannt, als Volksbelustigung! Was für ein Abschaum!

    Gemeinsame Werte mit den USA? Drohnenmord und Staatsmord (auch Todestrafe genannt).

    Was für eine feine EU.

    Eine feige Bande von Totalversagern, die sich die NSA noch schönsaufen!

    Pfui!!

    Comment by Fredi — 23.05, 2014 @ 17:01

  6. @3: Private Verträge sind wohl ein bisschen was anderes. Hier geht es um einen internationalen Vertrag zwischen Staaten. Der wirkt auch gegen die BRD, die Regierung weiß aber nicht, was verhandelt wird. Hä? Und zu den Inhalten ist auch nichts bekannt, oder wissen Sie mehr? Grobe Themen hätte ich mir bei einem Freihandelsabkommen auch grad noch selbst zusammengereimt. Es bleibt dabei: Transparenz sagen, aber Geheimverhandlungen führen, das deckt sich nicht.
    Und wie kommen Sie darauf, dass es relevant ist, wessen Standards höher sind? Das Abkommen wird alle absenken, auch in den USA. Machts das besser?

    Comment by Student — 23.05, 2014 @ 18:29

  7. Für mich stellt sich die Frage, ob die Regierung eigentlich berechtigt ist, solche Abkommen überhaupt zu unterzeichnen. Gerade die Sache mit dem Investorenschutz sollte mal höhstrichterlich geklärt werden.

    Comment by Grundgesetz — 24.05, 2014 @ 20:25

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