Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

11.8.13

Landrat gründet eigene Facebookgruppe um einen Bürger zu kritisieren

Der Landrat des niederbayerischen Landkreises Regen, Michael Adam, hat zu einer bemerkenswerten Maßnahme gegriffen, um einen unbequemen Bürger in die Schranken zu weisen. Er hat kurzerhand eine Facebookgruppe gegründet mit dem Namen „Dauer-Leserbriefschreiber Helmut Geiss for President!“. Diese Facebookgruppe hat der Landrat aufgrund erheblicher Kritik zwischenzeitlich in „Leserbrief-Diskussionsforum Landkreis Regen“ umbenannt.

Die Gründung der Facebookgruppe durch den Landrat war nach der Berichterstattung der Passauer Neuen Presse eine Reaktion auf den Leserbrief des Bürgers Helmut Geiss an die Zeitung.

Das Verhalten des Landrats erscheint mir juristisch vor allen Dingen auch deshalb interessant zu sein, weil es in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Amtstätigkeit steht und deshalb vermutlich gar nicht nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen sein dürfte, sondern nach denen des öffentlichen Rechts. Indem der Landrat einen kritischen Bürger in einer Facebookgruppe praktisch an den Pranger stellt, weil er einerseits die Gruppe nach dem besagten Bürger benennt und andererseits mit seinem eigenen Eingangsposting über den Bürger u.a. mit den Worten er sei ein „unverbesserliches „Gescheidhaferl“ herzieht, greift Adam als Amtsträger m.E. direkt in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bürgers ein.

Natürlich muss es auch einem Politiker möglich sein, auf öffentlich geäußerte Kritik eines Bürgers entsprechend zu reagieren. Aber er muss in dieser Konstellation darauf achten, dass er als Amtsträger dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtet ist. Die Eröffnung einer Facebookgruppe in der geschilderten Art und Weise entfaltet faktisch eine öffentliche Prangerwirkung zu Lasten des betroffenen Bürgers. Man wird dieses Verhalten deshalb als (Grund-)Rechtsverletzung durch den Landrat bewerten können.

Noch eindeutiger als die rechtliche Bewertung dürfte allerdings die politische ausfallen. Das hat der Landrat vermutlich mittlerweile auch selbst erkannt, oder es wurde ihm von Menschen gesagt, die über einen etwas klareren Blick verfügen als er selbst.

In Niederbayern ist das Thema aber offenbar noch nicht durch, denn die Passauer Neue Presse wird das Thema morgen in einer Gesamtausgabe nochmals groß aufgreifen.

posted by Stadler at 13:41  

17 Comments

  1. Die Qualität mancher Beiträge in Foren oder Leserbriefspalten ist sicher immer wieder mal grenzwertig. Das gilt für mich im selben Maße für die Qualität allgemeiner oder spezieller Beiträge, die von Verwaltungen oder höher angesiedelten Gremien veröffentlicht werden. Ich habe Zeiten erlebt, in denen Tucholsky-Zitate zu Strafanzeigen oder Anklagen geführt haben. Es gab Vorstösse, Leserbriefe als Grundlage für eine Anklage wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu nehmen. Ich halte die Facebook-Gruppe für den falschen Weg. Wenn vermeintlich zivil- oder strafrechtlich relevante Sachverhalte behauptet werden, ist der Weg klar. Ansonsten sollte sich der Betroffene direkt mit der angeblich unangemessenen Kritik auseinandersetzen. Es gibt im Alltag immer mehr Sektoren, in denen Betroffene aus wirtschaftlicher Not oder Angst schweigen oder ihre berechtigten Ansprüche weder anmelden noch durchsetzen. Diesen Trend sollte man nicht unnötig verstärken.

    Comment by Bert Grönheim — 11.08, 2013 @ 14:15

  2. Wollen Sie den etablierten Ansätzen zur Abgrenzung von zivilrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Handeln jetzt eine „Zusammenhangstheorie“ hinzufügen?

    Comment by Gast — 11.08, 2013 @ 14:55

  3. 1. Auch ein Politiker hat Meinungsfreiheit.

    2. Dieser Leserbriefschreiber hat selbst entschieden in die Öffentlichkeit zu treten. Da muss er auch den Gegenwind aushalten.

    3. Hab das jetzt ein wenig recherchiert und der Typ ist wohl wirklich ein „unverbesserliches Gscheidhaferl“

    4. Juristisch gesehen ist Herrn Stadlers Beitrag wohl stochern im Nebel …

    Comment by Trino — 11.08, 2013 @ 21:11

  4. Nein. Die gängigen Abgrenzungskriterien sind völlig ausreichend. Der Sachverhalt ist nach öffentlichem Recht zu beurteilen, denn der Landrat handelt hier ja nicht privat, sondern in seiner Funktion als Landrat.

    Comment by Stadler — 11.08, 2013 @ 21:38

  5. @Trino:
    Der Begriff des Politikers ist hier etwas ungenau. Ein Amtsträger der in Ausübung seines Amtes handelt, kann sich hierbei natürlich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen. Grundrechte sind Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat und nicht umgekehrt.

    Juristisch ist die hiesige Fragestellung natürlich ungeklärt.

    Comment by Stadler — 11.08, 2013 @ 21:46

  6. @ Rino:
    1. Meinungsfreiheit rechtfertig aber nicht das Vorgehen des Landrates (die Gruppengründung hätte wohl besser jemanden aus seiner treuen Facebookgemeinde übernehmen sollen)

    2. Gegenwind aushalten ist ja ok – aber sich von der versammelten Adam-Facebook-Anhängerschafft beleidigen lassen, sozusagen jeder dümmliche Kommentar abgesegnet von IHM selbst – das ist unter aller Kanone!

    3. was haben Sie denn da tolles „recherchiert“, dass Sie zu dieser Meinung gekommen sind?

    4. ich vermute, dass Sie juristisch ähnlich viel Ahnung haben wie ich ==> Sie sollten hier also besser keine Wertung abgeben!

    Sind Sie vielleicht wieder mal einer von Adams guten JUSO Freunden wie der gute Thomas Asböck die immer schön Stimmung machen für den Chef?
    Ganz wichtig bei diesen Burschen, ja nichts hinterfragen immer schön dem jungen, schwulen, evangelischen Überflieger alles nachplappern …

    Comment by Hans Maulwurf — 11.08, 2013 @ 21:55

  7. @ Stadler: Sie müssen schon das Amt und die natürliche Person, die das Amt derzeit bekleidet (den Politiker), auseinanderhalten. Ein Politiker im Wahlkampf ist kein „Amtsträger, der in Ausübung seines Amtes handelt“, sondern insofern Privatmann.

    Comment by Gast — 11.08, 2013 @ 23:21

  8. Adam befindet sich nicht im Wahlkampf. Er sitzt bist 2017 fest im Sattel. Adam hat privates Profil und Profil als Landrat. Obiger Fall mit Landrat-Profil geschehen.

    Comment by Gast — 11.08, 2013 @ 23:32

  9. @Hans Maulwurf:
    Mal ganz unabhängig von Herrn Adam oder seinen „JUSO Freunden“, wie Sie das nannten. Haben Sie etwas gegen Evangelisten und/oder Schwule, oder wie ist der letzte Satz Ihrerseits zu verstehen? Und nein ich kenne Herrn Adam nicht, komme nicht aus Bayern und bin nicht sein Sympathisant, mir geht es nur um diesen Satz.

    Herr Stadler, sie sollten zwecks dieses Kommentars dringend eingreifen oder ist das nach Ihrer Gescher von freier Meinungsäußerung gedeckelt? Dann wäre es die Facebook-Gruppe nämlich auch ;)

    Comment by Pascal Rosenberg — 12.08, 2013 @ 12:55

  10. @Stadler

    Sie müssten mir schon erklären, warum der Landrat als Amtsträger und nicht als „Politiker“ handelt. Ich denke nicht, dass das daran hängt ob es vom Landrat-Facebook-Account oder vom privaten Account veröffentlicht wird.Die „Zusammenhangstheorie“ lässt grüßen …

    Subsumieren Sie doch mal anhand der gängigen Theorien wieso hier ein Amtsträger handelt …

    Hätten Sie das gleiche Problem, wenn der Landrat in einem Leserbrief geantwortet hätte, dass sich Geiss als Prädident aufstellen lassen soll anstatt ständig nur vom Spielfeldrand zu meckern? Wohl kaum … wäre aber im Ergebnis das Gleiche. Nur weils mal wieder Facebook ist ist es gleich eine Grundrechtsverletzung. Welches Grundrecht ist überhaupt verletzt? Na klar, es kann ja nur das allg. Auffanggrundrecht i.d.F. der Informationellen Selbstbestimmung sein … und das ist dann auch noch wegen der „Unverhältnismäßigkeit“ beeinträchtigt … schwammiger geht´s nicht (nur noch die Menschenwürde wäre diffuser, aber so weit würden sie wohl nicht gehen?)…

    @hans maulwurf

    nur ganz kurz, dann betrachte ich die „Diskussion“ als beendet:

    1. finde die Meinungsfreiheit rechtfertigt so einiges

    2. davon lese ich zum Ersten mal (ich habe keinen Facebookaccount). Jedoch auch wenn das so ist, dann sehe ich den Unterschied zu einer Printveröfentlichung (Leserbrief) nicht … auch hier gibt es eine öffentliche Diskussion und in der PNP sogar Onlinekommentare

    3. zugegeben keine tiefe Recherche, aber in der PNP stand, dass dieser Typ dieses Jahr schon 30 Leserbriefe geschrieben hat und diese offenbar zu verschiedenen Themen … hier kämpft also nicht ein Bürger gegen konkretes Unrecht, sondern hier will jemand zu möglichst vielen Themen seinen Senf ablassen …

    4. sie haben also keine Ahnung und „vermuten“ deshalb, dass ich ebenso keine habe? Nun gut … ich veröffentliche bestimmt keine Zeugnisse

    5. Wie kommen Sie darauf, dass ich einer von „Adams Jüngern“ sein könnte? Das klingt mir, als ob sie ein wenig paranoid wären … hinter jeder andersartigen Meinung stecken die Verschwörer ….

    Vielleicht mag genügen, dass ich schon des öfteren hier den ein oder anderen Kommentar abgegeben habe, ich bin also kein PR-Agent der SPD sondern ein Stammleser des Blogs …

    Comment by Trino — 12.08, 2013 @ 13:26

  11. @Trino:
    Der Landrat nimmt an einer öffentlichen Diskussion über ein kommunales Straßenbauprojekt teil, das in seine Zuständigkeit fällt und das von ihm befürwortet wird. Herr Adam nimmt somit nicht als Privatperson an dieser Diskussion teil, sondern in seiner Funktion als Landrat. Sein diesbezügliches Handeln ist an öffentlich-rechtlichen Maßstäben zu messen. Prüfen Sie das doch einfach mal anhand der vorherrschenden Sonderrechtstheorie.

    Wenn der Landrat in einem Leserbrief geantwortet hätte, wäre das zumindest von anderer Qualität, weil er damit kein neues Forum eröffenet hätte und die von mir beanstandete Prangerwirkung – die durch eine Facebookgruppe geschaffen wird – nicht entstehen kann. Ist also nicht dasselbe.

    Comment by Stadler — 12.08, 2013 @ 15:03

  12. Und die nächste Umbennenung folgt sogleich. Nu heißt das Ding plötzlich

    „Kommunalpolitik-Diskussionsforum Landkreis Regen“

    Da will wohl einer krampfhaft auf konstruktiv machen, nachdem er beim Trollen erwischt wurde. ;)

    Comment by doc-rofl — 12.08, 2013 @ 17:28

  13. Am 10.8.13 hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur aktuellen Thematik ein Urteil gefällt: Behörden müssen sich auch harsche Kritik gefallen lassen, das gehöre zum Kernbereich der Meinungsfreiheit. Bei der Kritik von Behörden sind auch „polemische Zuspitzungen“ erlaubt. (Az: 1 BvR 444/13 und 1 BvR 527/13)

    Ich bin übrigens der von einem der Kommentatoren als „Senfablasser“ geschmähte Leserbriefschreiber.Ich habe mir irgendwann in den späten Siebzigern angewöhnt gegen Machtmißbrauch und Volksverdummung den Mund aufzumachen um ein kleines publizistisches Gegengewicht zu sein, gegen die verbreitete Hofberichterstattung der Presse. Mein Anliegen ist das Anregen von Debatten über aktuelle Problematiken. Im Laufe der Jahre sind etwa 400 Kommentare von regionalen und überregionalen Medien gedruckt worden, sie scheinen also so schlecht nicht zu sein. Wie oft darf ein Bürger seine Meinung schreiben, Herr „Maulwurf“, der Deckname scheint wirklich zu Ihnen zu passen.

    Comment by Helmut Geiss — 13.08, 2013 @ 14:12

  14. Sorry, Hans Maulwurf, da habe ich den falschen kritisiert, meine Kritik galt dem User Trino.
    Gruß H. Geiss

    Comment by Helmut Geiss — 14.08, 2013 @ 09:35

  15. bin ich gesperrt? kann keine Kommentare mehr hinzufügen ??

    Comment by Trino1 — 14.08, 2013 @ 13:11

  16. Hallo Herr Geiss,

    damit wir uns nicht falsch verstehen: ich habe nichts dagegen, dass sie ständig und zu allem ihren Senf dazu geben, das hält unserer Demokratie schon aus und es muss ja keiner lesen. Sie wollen doch aber nicht ernsthaft leugnen, dass Sie das sind, was man in Bayern ein „Gescheidhaferl“ nennt? Nach eigener Aussage 400 Kommentare in regionalen und überregionalen Medien !! Sind Sie ein Universalgenie, verfügen Sie über ein Informantennetz in Politik und Verwaltung oder warum haben Sie soviel „anzumerken“? Wie gesagt: weiter so ! Aber m.E. haben Sie bewusst den Weg der öffentlichen Diskussion gewählt und müssen es hinnehmen, wenn sie auch mal öffentlich kritisiert werden. (Jetzt könnte man noch darüber streiten, ob das guter Stil war, was Adam gemacht hat … mir hat´s ganz ehrlich gefallen, denn obwohl ich Ihre Leserbriefe nicht kenne, gibt es auch in meiner Region Leute, die ihre Banalitäten möglichst weit verstreuen wollen und mit denen habe ich Sie einfach (vielleicht ungerechterweise) in einen Topf geworfen).

    Wobei ich ehrlich gesagt nicht weiß, ob der „Aufschrei“ gegen Adams Facebook Gruppe überhaupt von Ihnen ausging. Könnte mir vorstellen, dass hier ein typischer Sommerlochskandal zelebriert wurde … vielleicht wollte die Printpresse auch ihr „Leserbriefmonopol“ verteidigen …

    Grüße Trino

    Comment by Trino1 — 14.08, 2013 @ 13:12

  17. Für jemanden, der hier schon mehrere nicht gerade kurze Kommentare abgelassen hat (innerhalb von 3 Tagen) … Trino … überschlagen Sie doch mal kurz Ihren Jahresdurchschnitt bei der Frequenz und dann teilen Sie uns zeitnah mit, ob Sie selber eventuell in die Kategorie „Gescheidhaferl“ passen.

    Bloß weil man nicht seine komplette Freizeit vor der Glotze verbringt und sich gesellschaftlich interessiert und engagiert, sollte man nich diffamiert werden. Wenn die Leserbriefe denn pures Klugshicertum sind – warum druckt die betreffende Zeitung Sie denn immer, hm? Warum tritt der SPD-mann dem „Widersacher“ nicht ebendort entgegen, wo die unabhängige Zeitung über die Spielregel wacht?

    In der betreffenden Facebookgruppe wird dazu gleich eine Medienverschwörung gegen die SPD behauptet. 2-seitige Interviews mit dem SPD Kanzlerkandidaten werden da dann schonmal gern ignoriert.

    Will sagen: die Debatte bräuchte mehr Gelassenheit und die seh ich derzeit nur beim Herrn Geiss, der wede Abmahnt noch sonstwelche Geschütze auffährt. Kann man mal sehn, wer hier mehr und wer weniger auf den Busch klopft …

    Abstempelungen zum „Geswcheidwhatever“ helfen bei der Versachlichung sicher nicht. Einfach mal nachdenken vorm Schreiben, bevor man andere mit solchen Unverschämtheiten angeht.

    Comment by doc-rofl — 15.08, 2013 @ 10:43

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